In den für den Alleinverdienerabsetzbetrag maßgeblichen Grenzbetrag sind auch Einkünfte, die einem besonderen Steuersatz unterliegen, einzubeziehen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch ***R1*** als Vorsitzende, die Richterin ***R2*** als beisitzende Richterin sowie ***R3*** und ***R4*** als fachkundige Laienrichter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom erhob der Beschwerdeführer (Bf.) Beschwerde und beantragte die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages.
Begründend brachte er vor, dass die Rechtsansicht des Finanzamtes, wonach mit dem besonderen Steuersatz besteuerte Einkünfte des Ehepartners bei Ermittlung der Einkunftsgrenze von 6.000 Euro für den Alleinverdienerabsetzbetrag zu berücksichtigen seien, im Widerspruch zur Rechtsprechung des VwGH stünden. In Rz 774 der LStR 2002 führe die Finanzverwaltung auch widersprüchlich aus, dass einerseits der Gesamtbetrag aller Einkünfte für die Ermittlung des Grenzbetrages maßgeblich wäre, während andererseits Einkünfte, die dem Grunde nach steuerpflichtig wären und im Einzelfall nur auf Grund von Tarifvorschriften zu keiner Einkommensteuer führen würden, nicht als "steuerfreie Einkünfte" im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 zu behandeln seien und daher nicht für die Berechnung des Grenzbetrages herangezogen werden dürften.
Nach der Rechtsprechung des VwGH gehe es bei Anwendung des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 darum, den Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehepartners zu ermitteln, und nicht darum, welcher Teil nach dem Tarif und welcher nach festen Steuersätzen besteuert werde.
Nach dem Erkenntnis vom , Ro 2014/15/0034 ziele die Bestimmung des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 bei der Normierung der für den Alleinverdienerabsetzbetrag maßgeblichen Grenze ausdrücklich auf die "Einkünfte" des (Ehe)Partners ab und bezieht sich demnach aus systematischer Sicht auf die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG 1988, somit auch auf jene Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes, die die Frage der Einkünfteermittlung behandeln.
Auch im Erkenntnis vom , 97/14/0033 habe der VwGH ausgesprochen, dass die Berechnung des Grenzbetrages iSd § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 auf die Einkünfte des (Ehe)Partners nach § 2 Abs. 4 EStG 1988 abstelle. In weiterer Folge habe der VwGH erkannt, dass Einkünfte iSd § 2 Abs. 4 EStG 1988 bei den außerbetrieblichen Einkünften der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten bei den einzelnen Einkunftsarten darstelle. Abschließend habe der VwGH festgehalten, dass sich kein Anhaltspunkt dafür ergäbe, dass diese Definition der Einkünfte lediglich für die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage, nicht aber auch für den Alleinverdienerabsetzbetrag des § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 heranzuziehen wäre. Nach der eindeutigen Rechtsprechung des VwGH sei bei der Ermittlung des Grenzbetrages für die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages also auf die Einkünfteermittlung nach § 2 Abs. 2 bis Abs. 4 EStG 1988 abzustellen.
Die gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 einem besonderen Steuersatz von 30% unterliegenden Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 EStG 1988 seien bei der Berechnung der Einkommensteuer weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (§ 30a Abs. 2 EStG 1988) anzuwenden sei.
Wenn nach der Rechtsprechung des VwGH also bei der Ermittlung des Grenzbetrages nach § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 auf die Gewinnermittlung des (Ehe)Partners nach § 2 Abs. 2 bis Abs. 4 EStG 1988 abzustellen sei und gleichzeitig die Einkünfte aus der privaten Grundstücksveräußerung - bei Anwendung des besonderen Steuersatzes - ex lege weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen zu berücksichtigen seien, dann dürften diese Einkünfte auch nicht bei der Ermittlung des Grenzbetrages in Abzug gebracht werden.
Der Bf. verzichtete auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO und beantragte die Direktvorlage der Beschwerde gemäß § 262 Abs. 2 lit. b BAO an das Bundesfinanzgericht.
Im Vorlagebericht führte die Abgabenbehörde aus, dass Einkünfte, auf die der besondere Steuersatz anzuwenden sei, bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte und des Einkommens außer Ansatz blieben. Dies habe für alle Anknüpfungen an den Gesamtbetrag der Einkünfte (vgl. zB § 18 Abs. 1 Z 7 und Abs. 3 Z 2 EStG 1988) oder das Einkommen (vgl. zB § 33 Abs. 1, § 34 Abs. 4 EStG 1988) Bedeutung. Dies gelte jedoch nur für die Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen. Mit dem besonderen Steuersatz besteuerte Einkünfte des Ehepartners seien hingegen für die Einkunftsgrenze von 6.000 Euro für den Alleinverdienerabsetzbetrag zu berücksichtigen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Strittig ist, ob bei der Ermittlung der für die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages relevanten Einkunftsgrenze von 6.000 Euro Einkünfte aus der privaten Grundstücksveräußerung des Ehepartners, die mit dem besonderen Steuersatz besteuert werden, zu berücksichtigen sind.
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 steht Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält. Dieser beträgt jährlich
bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro
bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.
Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs.3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit.a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oderanderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe-)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe-)Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe-)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe-)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden(Ehe-)Partner zu.
Wie sich aus § 33 Abs. 4 EStG 1988 ergibt, ist für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages unter anderem Voraussetzung, dass der Ehepartner Einkünfte von insgesamt nicht mehr als 6.000 Euro im Kalenderjahr erzielt.
Zutreffend hat der Bf. unter Hinweis auf die Rechtsprechung des VwGH vorgebracht, dass die genannte gesetzliche Bestimmung bei der Normierung der für den Alleinverdienerabsetzbetrag maßgeblichen Grenze ausdrücklich auf die seitens des (Ehe-) Partners bezogenen Einkünfte abzielt und aus systematischer Sicht auf die Einkünfte iSd § 2 Abs. 2-4 EStG 1988 Bezug nimmt (vgl. ; , Ro 2014/15/0034).
Welche Einkünfte der Besteuerung durch das Einkommensteuergesetz unterliegen, ist in § 2 Abs. 3 EStG 1988 geregelt. Demnach sind von der gesetzlichen Bestimmung des § 2 Abs. 3 EStG 1988 (unter anderem) sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 leg. cit erfasst, zu welchen wiederum (gemäß § 29 Z 2 leg. cit.) Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30) zählen. Somit zählen Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen zweifelsfrei zu den sonstigen Einkünften und sind daher von der gesetzlichen Bestimmung des § 2 Abs. 3 EStG 1988 erfasst .
Dem Einwand des Bf., dass die gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 einem besonderen Steuersatz von 30% unterliegenden Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 leg.cit. bei der Berechnung der Einkommensteuer weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) zu berücksichtigen sind, sofern nicht die Regelbesteuerung (§ 30a Abs. 2 EStG 1988) anzuwenden ist, wird entgegengehalten:
Einkünfte, die dem besonderen Steuersatz unterliegen, bleiben immer dann unbeachtlich, wenn im Rahmen der Einkommensermittlung des Stpfl. auf dessen eigenen Gesamtbetrag der Einkünfte oder Einkommen Bezug genommen wird (zB 10%-Grenze für abzugsfähige Spenden gem. § 18 Abs. 1 Z 7, Bemessung des Selbstbehaltes für außergewöhnliche Belastungen gem. § 34 Abs. 4). Wird dagegen bloß auf Einkünfte eines anderen Steuerpflichtigen Bezug genommen (zB die 6.000 Euro-Grenze für die Einkünfte des Ehepartners für den Alleinverdienerabsetzbetrag) sind auch die dem besonderen Steuersatz unterliegenden Einkünfte zu berücksichtigen (Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 30a Tz 10). Die zu einem festen ("besonderen") Steuersatz zu besteuernden (positiven) Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Grundstücksveräußerungen zählen nach § 27a Abs. 1 und § 30a Abs. 1 nur "bei Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen" nicht zum Einkommen (Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 33 Tz 44/2).
Dies erschließt sich zum einen eindeutig aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 30a leg.cit., die explizit auf die Berechnung der Einkommensteuer des "Steuerpflichtigen" abstellt und zum anderen daraus, dass mit der genannten Bestimmung dem Umstand Rechnung getragen wird, dass bei Inanspruchnahme des besonderen Steuersatzes eine Progressionswirkung für die übrigen Einkünfte des Steuerpflichtigen vermieden werden soll.
Die dem besonderen Steuersatz unterliegenden Einkünfte führen daher für die übrigen Einkünfte des Steuerpflichtigen zu keiner Progressionswirkung, sondern werden in einer gesonderten Schedule besteuert. Wie im Bereich des Kapitalvermögens gilt die Regelung nur für Zwecke der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen. Für die Frage, ob die in § 33 Abs. 4 Z 1 normierte Einkunftsgrenze überschritten ist, sind die sonderbesteuerten Einkünfte des Partners anzusetzen (Kanduth-Kristen in Jakom, EStG13, § 30a Rz 2).
Dementsprechend ist für die Ermittlung des Grenzbetrages von 6.000 Euro der Gesamtbetrag der Einkünfte iSd § 2 Abs. 2 zuzüglich bestimmter steuerfreier Einkünfte sowie sonderbesteuerter Einkünfte maßgebend. In den Grenzbetrag sind daher auch alle insbesondere nach §§ 67, 69, 27a Abs. 1, 30a Abs. 1 mit einem festen Steuersatz besteuerte Einkünfte einzubeziehen, auch wenn sie durch Steuerabzug endbesteuert sind und daher nicht in die Veranlagung aufzunehmen sind (vgl. Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 33 Tz 44/2; Kanduth-Kristen in Jakom, EStG13, § 33 Rz 57).
Daraus folgt, dass bei Beurteilung der Frage, ob dem Bf. der Alleinverdienerabsetzbetrag zusteht, die seitens der Ehegattin im Jahr 2020 erzielten Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung iHv 7.700 Euro - entgegen der Rechtsansicht des Bf. - bei der Berechnung der Höhe des Grenzbetrages gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG zusätzlich zu den dem Finanzamt gemeldeten steuerpflichtigen Bezügen iHv 53,34 Euro zu berücksichtigen sind. Der Beschwerdeeinwand, dass die Einkünfte aus der privaten Grundstücksveräußerung - bei Anwendung des besonderen Steuersatzes - ex lege weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen zu berücksichtigen seien und diese Einkünfte daher auch nicht bei der Ermittlung des Grenzbetrages in Abzug gebracht werden dürften, geht aus den eben dargelegten Gründen ins Leere.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem vorliegenden Erkenntnis folgt das BFG hinsichtlich der Ermittlung der für den Alleinverdienerabsetzbetrag maßgeblichen Grenze der darin angeführten Rechtsprechung. Die Rechtsfolge, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag bei Überschreiten des Grenzbetrages gemäß § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 nicht zusteht, ergibt sich zwingend aus dem Gesetz. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, §33 Tz 44/2 Jakom, EStG13, § 33 Rz57 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101107.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at