Hauptwohnsitz, Mittelpunkt der Lebensinteressen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. J.O. in der Beschwerdesache ***15***. C.D, vertreten durch ***8*** ***9*** GmbH, über die Beschwerde vom ***24*** gegen den Bescheid des Finanzamtes Kl. vom Datum, vertreten durch Magistra M.Sch. und Herrn A.Sp. betreffend Einkommensteuer ***25*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) stand im Zeitraum bis in einem Dienstverhältnis zur Firma D. m GmbH.
Vom 01.04. bis bezog die Bf. Einkünfte der Firma D. P GmbH.
Vom 01.01. bis war die Bf. bei der Firma A.B ***13*** GmbH angestellt.
Die D. m GmbH und die Firma A.S AG sind zu je 50% als Gesellschafter an der A.B ***13*** GmbH beteiligt (FN ***28***v). Die Firmenänderungen ergaben sich als Folge durchgeführter gesellschaftsrechtlicher Umgründungen und Zusammenschlüsse. Die Bf. stand somit im Zeitraum 2012 bis 2018 in einem Arbeitsverhältnis zum gleichen Arbeitgeber (Auszug Firmenbuch).
Entsendungsvereinbarung vom t-m-j:
Die Bf. wurde mit Vereinbarung vom t-m-j, abgeschlossen zwischen ihr und D. e GmbH (Sitz: Ö), nach B entsandt, um die Geschäftsführung und den Aufbau des Marktes für ***16***- und ***11*** zu übernehmen. Vereinbart wurde, dass die Bf. ein Beschäftigungsverhältnis mit der - zum Konzern gehörenden - Firma vor Ort, der Firma D. A L eingehen und das Gehalt von dieser Firma bezahlt werden wird.
Die Dauer der Entsendung war mit drei Jahren begrenzt und verlängerbar. Nach Ablauf der drei Jahre hatte jede Partei das Recht, die Rückkehr nach Ö zu verlangen. Vereinbart wurde, dass die Bf. nach ihrer Rückkehr ein Recht auf adäquate Beschäftigung und Entlohnung im Unternehmen hat. Laut Punkt 10 der Vereinbarung richtete sich die steuerliche Behandlung der Bezüge nach den Bestimmungen in B.
Die Firma in Ö übernahm die Ausfallshaftung für das Gehalt, sowie die Kosten einer Rechtschutz- und Organhaftpflichtversicherung und auch die Kosten einer Unfall-, Kranken- und Rückholversicherung.
Die Bf. war organisatorisch (IT, Infrastruktur, Büroorganisation) dem Unternehmen im Inland eingegliedert und der Geschäftsführung in Ö unterstellt.
Die Kosten für Auto und Haus (Miete) wurden von der Firma übernommen.
Die Kosten für vier (4) Heimflüge im Jahr (Business Class), sowie für zwei (2) Heimflüge des Ehegatten wurden vom Unternehmen getragen.
Die Bf. war von Februar 2012 bis September 2016 in B tätig.
Entsendungsvereinbarung vom M-J:
Am M-J vereinbarte die Bf. mit der D. P GmbH die Entsendung nach P.St., befristet für ein Jahr. Aufgabe war der Marktaufbau als "sales director".
Unter Punkt 4.-tens wurde vereinbart, dass der bestehende Dienstvertrag vom t-m-j weiterhin aufrecht bleibe. Die Bruttovergütung wurde iHv Euro ***10*** pro Monat als "All-in" vereinbart. Der Dienstgeber stellte der Dienstnehmerin vor Ort einen Dienstwagen zur Verfügung und übernahm die Kosten inkl. Betriebs- und Versicherungskosten für eine Wohnung/Haus bis zu einem Betrag iHv Euro 2.300,00.
Unter Punkt 8.-tens wurde vereinbart, dass das Gehalt der Lohnbesteuerung und Sozialversicherungspflicht in Ö unterliege. Die Bf. war in Ö sozialversichert.
Unter Punkt 9.-tens ("Beendigung") wurde vereinbart, dass die Entsendung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 2 Monaten zum Ablauf eines Monates gekündigt werden kann.
Die D. P GmbH behielt vom 01.04. bis die Lohnsteuer ein und führte diese dem Finanzamt ab. Im Jahre 2017 führte die Firma A.B ***13*** GmbH die Lohnsteuer dem Finanzamt ab.
Die Antragstellerin wurde nach P.St. entsandt, wo sie bis einschließlich Juli/August 2018 ihre Tätigkeit (Marktaufbau) ausgeübt hat. Das Jahresgehalt 2017 wurde in P.St. nicht der Besteuerung unterzogen.
Antrag auf Rückerstattung von Lohnsteuer vom :
Die Bf. beantragte mit schriftlicher Eingabe vom die Rückerstattung der Lohnsteuer für die Jahre 2015 bis 2017. Begründet wurde der Antrag damit, dass sowohl der Tätigkeits- als auch der Ansässigkeitsstaat seit 2014 B (für 2015 und 2016) bzw. P.St. seit 2017 gewesen sind. Ausgeführt wurde, dass die Lohnsteuer
- 2015 und 1.1.- durch D. m GmbH,
- - durch D. P GmbH bzw. 2017 durch die A.B ***13*** GmbH abgeführt wurden.
Abgabenbescheide - Datum
Das Finanzamt führte die Veranlagung für die Jahre 2015, 2016 und 2017 durch und setzte mit Bescheiden vom Datum die Einkommensteuer, wie folgt fest:
ESt 2015: ESt. iHv Euro - ***20*** - Gesamtbetrag d Einkünfte: Euro ***21***;
ESt 2016: ESt. iHv Euro - ***19*** - Gesamtbetrag d. Einkünfte: Euro ***23***,35;
ESt 2017: ESt iHv Euro ***17***. - Gesamtbetrag d. Einkünfte: Euro ***18***.
Beschwerde vom ***24***:
In der innerhalb verlängerter Frist eingebrachten Beschwerde vom brachte die Bf. vor, sie habe sich im Jahr 2017 beruflich überwiegend in P.St. aufgehalten und dort gearbeitet. Der Tätigkeits- und Ansässigkeitsort wären P.St. gewesen. Das Besteuerungsrecht liege ausschließlich bei der Republik P.St. .
Verwiesen wurde auf die vorgelegten Reiseunterlagen, Mietvertrag, Mietzahlung (01/2018) und die Unterlagen betreffend einer Autoversicherung im Jahr 2017. Vorgelegt wurde die Aufenthaltserlaubnis der Behörden (***12***) vom und der Republik vom bis 2027 (Aufenthaltsgenehmigung).
Vorhalt :
Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um Übermittlung einer Ansässigkeitsbescheinigung der Steuerbehörden und Aufstellung der jeweiligen Tätigkeitstage.
Schriftsatz vom :
Am übermittelte die Bf. die Nachweise der Besteuerung für die Jahre 2015 und 2016 in B. Zum Nachweis der Ansässigkeit wurden der Mietvertrag (samt Verlängerungen), Reisekostenabrechnungen und Nachweise der Aufenthaltserlaubnis bis 2027 übermittelt.
Die Bf. arbeitete seit Oktober 2016 in P.St. (Nachweis: Bescheinigung d. Generalkonsulates vom , Mietvertrag über ein Appartement ab September 2016).
Vorgelegt wurden:
-Reisekostenabrechnungen samt Belegen;
-zwei Dokumente als Bestätigung für Büromiete,
-ein Mietvertrag betreffend ein Appartement, abgeschlossen durch die Bf. mit der Vermieterin.
Die Bf. erklärte, dass sie seit 2012 grundsätzlich in B angestellt gewesen ist und von der Firma vor Ort ihren Lohn erhalten hat. Sie war als Geschäftsführerin für den Marktaufbau zuständig. Ab ist sie nach P.St. gezogen und war bei der Firma in Ö angestellt, weil der Konzern vor Ort keine Niederlassung gehabt hat.
Die Tätigkeitstage wurden unter Punkt "Drittens" angeführt:
2015:
B: 229 Tage
Rest ***11*** ***5***: 90 Tage
Ö: 45 Tage
Rest E.: 1 Tag;
2016:
B: 154 Tage
P.St.: 60 Tage
Rest ***11*** ***5***: 45 Tage
Ö: 52 Tage
Rest E.: 49 Tage
F.: 1 Tag;
2017:
P.St.: 191 Tage
Rest ***11*** ***5***: 92 Tage
Ö: 74 Tage
Rest E.: 8 Tage.
Unter Punkt "Viertens" führte die Bf. aus, dass sich die Bezeichnung "Teilzeitbeschäftigung" in den Lohnzetteln daraus ergebe, dass sie neben den beiden Entsendungen, zusätzlich als Firmenjuristin für die D. Gruppe zuständig war. Insoweit sei die Beschäftigung aufgeteilt zwischen Ö und B gewesen.
Sie habe die Rechtsberatungstätigkeiten (Vertragsformulierungen, Beratungen) via Skype vor Ort ausführen können.
Unter Punkt "Fünftens" führte die Bf. aus, dass sie grundsätzlich in B angestellt gewesen sei und von der dortigen Firma ihren Lohn erhalten hat. Sie sei in Ö teilzeitbeschäftigt gewesen. Zusätzlich habe sie bei Zielerreichung verschieden hohe Prämien erhalten.
Per Oktober 2016 sei sie für die Firma nach P.St. gezogen und wiederum bei der Firma in Ö angestellt gewesen, weil man vor Ort keine Firma gehabt habe.
Vorgelegt wurden auch - neben den bereits erwähnten Aufenthaltsbescheinigungen der Republik - eine Bestätigung des Generalkonsulates vom , wonach die Bf vom bis in P.St. ansässig gewesen ist.
Beschwerdevorentscheidung - Einkommensteuer Jahr 2017 vom :
Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 als unbegründet ab.
Begründend wurde unter Hinweis auf § 1 Abs. 2 EStG 1988 ausgeführt, dass all jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig sind, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstrecke sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte (Welteinkommen).
Da die Bf. seit ihren Hauptwohnsitz in ***2*** hat und im maßgeblichen Zeitraum über eine Wohnung im Inland verfügte, unterliege sie in diesem Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht in Ö. Die Bf. sei mit ihrem ordentlichen Wohnsitz als Hauptwohnsitz gemeldet und unterliege der Einkommensteuer. Auf die Erkenntnisse des und , Ra 2015/15/0066, wurde verwiesen.
Im gegenständlichen Sachverhalt bestehe kein Doppelbesteuerungsabkommen beider Staaten, sodass grundsätzlich § 48 Bundesabgabenordnung (BAO) und die darauf gründende Verordnung BGBl. II Nr. 474/2002 zur Anwendung gelangen können.
§ 48 BAO bestimme, dass die VO zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung anzuwenden ist. Daraus sei zu folgern, dass ein solcher Ausgleich nur dann stattfinden könne, wenn eine ausländische Besteuerung erfolgt sei, also eine tatsächliche ausländische Besteuerung vorliege. Die bloße Möglichkeit im Ausland auch in Anspruch genommen zu werden, reiche dafür nicht aus ( RV/0163-K/04).
Im Beschwerdefall sei für das Jahr 2017 eine Besteuerung in P.St. nicht erfolgt. Da nun weder durch ein anzuwendendes DBA noch durch die Anwendung des § 48 BAO ausländische Einkünfte von einer Besteuerung im konkreten Fall ausgenommen würden, sind die Gesamteinkünfte laut dem übermittelten Lohnzettel an das Wohnsitzfinanzamt der Besteuerung zu unterziehen.
2017:
ESt 2017: ESt iHv Euro ***17***. - Gesamtbetrag d. Eink.: Euro ***29***
Einkommensteuer 2015, 2016 v. :
Das Finanzamt gab mit Beschwerdevorentscheidungen vom den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 teilweise statt.
2015:
ESt bisher: Euro - ***20*** - Gesamtbetrag d Eink.: Euro ***21***
ESt neu: Euro - ***26***,00.
2016:
ESt bisher: Euro - ***19*** - Gesamtbetrag d. Eink.: Euro ***23***,35
ESt neu: Euro -***27***,00
Vorlageantrag -
Mit Schriftsatz vom teilte die Bf. zu ihrer Auslandstätigkeit mit, dass sie im Jahr 2012 von D. e GmbH nach B entsendet worden sei. Ihr Ehepartner ging ursprünglich mit, entschied sich jedoch nach mehreren Wochen zur Rückkehr nach E.. Schließlich kam es im Jahr 2014 zur Scheidung und übernahm die Bf. die zweite Haushälfte in ihr alleiniges Eigentum.
Sie habe im Jahr 2017 ihr Haus an weniger als 70 Tage genutzt. Demnach liege nach der Zweitwohnsitzverordnung kein Wohnsitz in Ö vor.
Festgehalten wurde, dass die Bf. laut Entsendungsvertrag vom M-J, der unter Bezugnahme auf den Dienstvertrag 2012 über die Entsendung nach B, zwischen der Bf. und der D. P GmbH abgeschlossen wurde, als Geschäftsführerin der D. tätig geworden ist und für den Marktaufbau verantwortlich war.
Beantragt wurde, den Lohnzettel 2017 zu korrigieren und die Lohnsteuer zu erstatten.
Die Aufteilung der Tätigkeitstage wurde wie folgt dargestellt:
Arbeitstage P.St.: 213 86%
Arbeitstage Ö: 34 14%
Folgende Zeiten wurden in Ö verbracht:
Urlaub Arbeit
01-: 2
24-: 2
01-11-04.2017: 4 7 K
12.-: 2 Wien
14.-: 2
20.06.-: 6 8 K
15.-: 8 5
28.-: 3 W/OÖ.
31.08.-02.09.217: 3
08.-: 2 1K
13.- 11 8K
40 34
Summe : 74 Tage
Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom brachte die Bf. ergänzend ausführlich vor, dass es sich bei bei den Entsendungen um eine einheitliche Entsendung gehandelt habe. Es sei durch die Verlegung des Tätigkeitsortes zu keiner Rückkehr gekommen. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen habe sich nicht zurückverlagert. Die Bf. habe sich vor der Übersiedelung nach P.St. nicht zurück nach Ö begeben und habe keinen Partner und Kinder gehabt.
Sie sei unmittelbar nach P.St. gezogen. Auf die Aufenthaltsbescheinigung und Aufenthaltsgenehmigung der Migrationsbehörde bis 2027 werde hingewiesen.
Freundschaften wurden primär vor Ort gepflegt, weil über derartig große Entfernungen Freundschaften nur schwierig aufrecht zu erhalten gewesen sind. Vielmehr trug sich die Bf. mit dem Gedanken auszuwandern.
Aus den Einkommensteuerrichtlinien Rz 7596 leite sich ab, dass bei einem länger als fünf Jahre dauernden Auslandsaufenthalt schon die äußere Vermutung für die Verlagerung des Mittelpunktes ins Ausland ableiten lasse. Die Bf. war mehr als 6 1/2 Jahre ununterbrochen im Ausland.
Die Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen habe sich in wirtschaftlicher und persönlicher Hinsicht ins Ausland ergeben, zumal die Bf. im Inland weder Kinder, Partner, noch pflegebedürftige Angehörige gehabt habe.
Aufgrund ihres ausgezeichneten Einvernehmens mit ihrem Arbeitgeber, habe keine Notwendigkeit bestanden, die Entsendungen schriftlich zu verlängern. Dies sei konkludent erfolgt.
Erörterungsgespräch am
Im Zuge des Erörterungsgespräches am führte die Bf. aus, dass sie in P.St. im Jahre 2017 über ein Büro mit zwei Mitarbeiterinnen verfügte. Die Verlegung des Tätigkeitsortes ist erfolgt, weil sich die politische Lage soweit verschlechtert hat, dass aus Sicherheitserwägungen ein neuer Tätigkeitsstandort gewählt werden musste.
Die Aufgaben blieben gleich. Es liege eine einheitliche Entsendung vor.
Die Bf. habe 2017 mit Kunden Berufsreisen nach E. absolviert, um Messen und Fabriken des Unternehmens zu besuchen und zu zeigen. Anlässlich dieser Aufenthalte in E. habe sie auch Urlaube am Wohnsitz angehängt. Der Aufenthalt an der Wohnadresse belief sich auf weniger als 70 Tage im Jahr. Sie habe sich nicht immer an der Wohnadresse aufgehalten, weil sie mit den Firmenkunden aus ***14*** in E. unterwegs gewesen ist.
Sie habe in Ö über ein Bankkonto verfügt. Das Gehalt wurde auf ihr Konto in P.St. überwiesen.
Urlaube habe sie primär in der ***4*** und den ***5*** verbracht, weil sie mit ihrem damaligen Partner aus den ***5*** viel Zeit verbracht hat.
Sie habe sich auch mit dem Gedanken getragen, auszuwandern.
Der Ehegatte habe nach seiner Rückkehr nach E. das gemeinsame Haus nicht mehr bezogen. Sie habe im Zuge der Scheidung die zweite Haushälfte übernommen, weil dies von Anbeginn der Ehe so geregelt worden sei.
Nach einem Einbruch in das leerstehende Haus, habe die Versicherung nicht die volle Schadensdeckung übernommen, weil das Haus unbewohnt gewesen ist.
Sie sei in das gesellschaftliche Leben in P.St. voll integriert gewesen. Sie habe regelmäßig ein Fitnesscenter aufgesucht, Freunde getroffen und eingeladen.
Dem hielt die Amtsvertreterin entgegen, dass im Haus auch Renovierungsarbeiten durchgeführt worden wären.
Rechtlich führte die steuerliche Vertreterin Mag.a K aus, dass die Zweitwohnsitzverordnung zur Anwendung gelange. Demnach habe die Bf. das Haus an weniger als 70 Tagen im Jahr benützt. Sie war über einen Zeitraum von mehr als 6 ½ Jahren durchwegs in ***16***- und ***11*** tätig.
Der Amtsvertreter verwies darauf, dass die Zweitwohnsitzverordnung nicht zur Anwendung gelange, weil eine Doppelbesteuerung gar nicht vorliege. Die Bf. habe 2017 ihren Hauptwohnsitz in ***2*** und sich wiederholt am Hauptwohnsitz aufgehalten. Auf die Anzahl der Tage komme es dabei nicht an. Beantragt wurde, die Abweisung der Beschwerde.
Dem hielt die Bf. entgegen, dass sie sich durchgängig über mehr als 6 ½ Jahre in ***16***- und ***11*** aufgehalten habe. Sie unterliege der beschränkten Steuerpflicht, wonach lediglich jene Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit der Besteuerung unterliegen, die in Ö erzielt wurden. Beantragt wurde die vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde.
Schriftsatz vom :
Mit ergänzendem Schriftsatz teilte die Bf. mit, dass infolge der Firmenänderungen und konzerninternen Zusammenschlüsse und Umgründungen eine Änderung des Arbeitsgebers nicht eingetreten sei. Es liege ein Angestelltenverhältnis zu demselben Arbeitgeber vor.
Zu dem vom Finanzamt angeführten Erkenntnis des GZl. RV/4100053/2018, führte die Bf. aus, dass es sich bei beiden Entsendungsvereinbarungen um sich ergänzende Vereinbarungen handelt. Die Vereinbarung vom t-m-j liege ausdrücklich der neuerlichen Vereinbarung vom M-J zu Grunde. Es liege ausschließlich eine Entsendung eines Arbeitgebers vor.
Die Gehaltszahlungen erfolgten in beiden Fällen auf ein Konto im Ausland.
Es wurden im Inland keine zusätzlichen Immobilien angeschafft.
Ein geerbtes Grundstück wurde verkauft.
Ansässigkeitsbescheinigungen der Republik wurden vorgelegt.
Die Bf. nahm in beiden Ländern an Sportveranstaltungen teil und war gesellschaftlich sehr gut integriert. Sie traf sich mit Freunden, organisierte Partys, ging Essen und lud selbst auch Freunde ein.
Fotos zum Beweis des Vorbringens wurden angeboten.
Sie habe die Weihnachtsferien nicht jedes Jahr in Ö verbracht.
Urlaube wurden 2017 vielmehr in der ***4*** und den ***5*** verbracht.
Im Zuge der Scheidung habe sie die Haushälfte übernommen.
Der Tätigkeitsort wurde infolge der instabilen politischen Verhältnisse in B verlegt.
Es liegen die Voraussetzungen für die Anwendung der Zweitwohnsitzverordnung BGBI. II Nr. 528/2003 vor.
Nach § 1 (1) begründet bei Abgabepflichtigen, deren Mittelpunkt der Lebensinteressen sich mehr als fünf Kalenderjahre im Ausland befindet, eine inländische Wohnung nur in jenen Jahren einen Wohnsitz im Sinne des § 1 EStG 1988, in denen diese Wohnung alleine oder gemeinsam mit anderen inländischen Wohnungen an mehr als 70 Tagen benutzt werde.
Die Bf. verwies auf das Erkenntnis des :
Demnach ist für die Beurteilung der Frage, zu welchem Ort (in welchem Staat) der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat, auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt.
Die Bf. habe in Ö in den Jahren 2012 bis 2017 keine Familie gehabt und verbrachte die Feiertage, Urlaube zum überwiegenden Teil im Ausland.
Dem Umstand, dass die Entsendungsvereinbarungen befristet abgeschlossen wurden, komme keine wesentliche Bedeutung zu, weil diese erfahrungsgemäß immer wieder verlängert worden wären.
Die Bf. habe ihren Wohnsitz 2017 an nicht mehr als 70 Tagen genutzt.
Es liegen daher sämtliche Voraussetzungen für die Anwendung der Zweitwohnsitzverordnung vor. Die Stattgabe der Beschwerde wurde beantragt.
Stellungnahme des Finanzamtes vom :
In der Stellungnahme vom führte das Finanzamt aus, dass davon ausgegangen werde, dass die Bf. verschiedene Arbeitgeber habe, zumal die Bf. in den Jahren 2013 und 2014 in B angestellt gewesen sei. Dazu liegen dem Finanzamt keine Lohnzettel vor.
Richtig ist, dass die Auslandsaufenthalte aufgrund zweier Entsendungen länger als sechs Jahre gedauert hätten. Die Entsendungen erfolgten in zwei verschiedene Staaten.
Die Bf. sei nach ihrer Rückkehr 2018 in das Präsidium eines B.. Sportverbandes für den Bereich Marketing und Zusammenarbeit unter den Landesverbänden kooptiert worden. Dies stelle ein Indiz für die gute gesellschaftliche Integration in Ö dar.
Sie hab Renovierungsarbeiten am Wohnhaus durchführen lassen und sohin eine wirtschaftliche Absicherung in Ö weiterentwickelt.
Ein Verzeichnis über die Benützung des Hauses liege dem Finanzamt nicht vor.
Der Großteil der Urlaube sei in Ö verbracht worden.
Replik vom :
Dem hielt die Bf. mit Schriftsatz vom entgegen, dass sie seit tt.mm.2020 wieder verheiratet sei. Im Jahre 2017 habe sie eine Beziehung zu einem Partner in ***30*** gehabt. Ihren Ehemann habe sie erst nach ihrer Rückkehr nach Ö kennengelernt.
Das Dienstverhältnis zum ersten Dienstgeber habe in allen Jahren aufrecht bestanden. Daran änderten auch die jeweiligen Firmenänderungen nichts, weil diese auf Umgründungen zurückzuführen gewesen wären und daher auch im Arbeitsrecht eine Rechtsnachfolge der jeweiligen Firmen bestanden hat.
Der Entsendung nach P.St. liege die Entsendevereinbarung aus dem Jahre 2012 zugrunde. Daher liegt nur eine Entsendung vor.
Soweit dass Finanzamt meine, die Bf. sei im Jahre 2018 in das Präsidium eines öe. Verbandes kooptiert worden, werde darauf hingewiesen, dass sie zuvor ein halbes Jahrzehnt im Ausland gelebt hat. Sie sei dort bestens gesellschaftlich integriert gewesen, was sich anhand von Photos belegen lasse. Diese hätten die Amtsvertreter nicht ansehen wollen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt:
Im vorliegenden Sachverhalt steht unstrittig fest, dass die Bf über den Zeitraum 02.2012 bis von der Firma D. nach B entsandt und von der dortigen Gesellschaft D. A L als Geschäftsführerin entlohnt worden ist. Der Lohn ist der nationalen Besteuerung in B unterzogen worden. Der inländische Arbeitgeber übernahm die Ausfallshaftung für das Gehalt und sämtliche im Entsendungsvertrag vereinbarten Leistungen.
Ab Oktober 2016 zog die Bf. nach P.St., mietete dort selbst ein Appartement und war für den Aufbau des Marktes zuständig.
Zu diesem Zweck wurde sie von ihrem inländischen Arbeitgeber mit Entsendungsvertrag vom M-J für bis (Dauer: 1 Jahr) entsandt. Vereinbart wurde eine zweimonatige Kündigungsfrist zum Ablauf eines jeden Monats.
Nunmehr übernahm die GmbH in Ö die Lohnzahlungen und behielt im Inland die Lohnabgaben ein und führte diese, wie schriftlich vereinbart, an das Finanzamt ab. Die Mietkosten und Kosten des Autos, mitsamt Betriebskosten wurden übernommen. Die Bf. war hinsichtlich IT Infrastruktur, organisatorisch dem Unternehmen im Inland eingegliedert und ausdrücklich der inländischen Geschäftsführung unterstellt (IT Infrastruktur, Organisation).
Die Bf. begründete somit einen Wohnsitz in P.St. und behielt ihren bisherigen Hauptwohnsitz in Ö bei. Sie verbrachte 2017 insgesamt 74 Tage in Ö.
Die Bf. stand im gesamten Zeitraum der inländischen Unternehmensleitung als Juristin bei der Ausarbeitung von Verträgen rechtsberatend zur Verfügung. Laut Lohnzettel wurde sie als teilzeitbeschäftigt geführt. Es bestand ein ausgezeichnetes Einvernehmen mit dem Arbeitgeber.
Die Beschwerdeführerin hat die längere Zeit ihrer Arbeitstage 2017 im Ausland verbracht. Fest steht indes auch, dass die Bf. auch 34 Tage in Ö für ihren Arbeitgeber tätig geworden ist und zusätzlich 40 Urlaubstage in Ö verbracht hat. P.St. hat die Einkünfte nicht besteuert.
Zur Entsendungsvereinbarung vom M-J:
Die Entsendungsvereinbarung vom M-J unterscheidet sich von der Vereinbarung vom t-m-j insoweit, als die Bf. nunmehr vom inländischen Arbeitgeber entlohnt worden ist. Die zweite Entsendung war mit einem Jahr befristet.
Zusätzlich wurde eine zweimonatige Kündigungsfrist zum Ablauf eines jeden Monats vereinbart. Beide Parteien verständigten sich darauf, dass die Lohnzahlungen der inländischen Besteuerung in Ö unterliegen. Die Bf. war in Ö sozialversichert (Punkt 8).
Die Bf. hat nach ihrer Entsendung weiterhin als Juristin für die D. Gruppe in Ö gearbeitet. Diese Tätigkeiten betrafen Vertragsformulierungen und Beratungen.
Sie verbrachte das Jahr 2017 laut ihrer kalendarischen Aufzeichnung, (1 Kalenderblatt-Jahresübersicht, in welchem die einzelnen Aufenthaltsstaaten mit dem Anfangsbuchstaben vermerkt sind), wie folgt:
191 Arbeitstage in P.St.,
92 Tage ***11*** und ***5***,
34 Arbeitstage Ö,
40 Urlaubstage Ö,
8 Tage Rest E..
Die Bf. verbrachte 2017 den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit in P.St. .
Ihre Freizeit verbrachte sie mit ihrem damaligen Partner (T) in den ***5*** und der ***4*** (***22***). Tatsache ist somit auch, dass die Bf. ihre Freizeit in den ***5*** , der ***4*** und Ö verbracht hatte.
Die Bf. war auch an ihrem neuen Tätigkeitsort gesellschaftlich integriert. Sie traf sich mit Freunden, besuchte ein Fitnesscenter, nahm am Sportleben aktiv teil und lud Freunde ein.
Beweiswürdigung:
Aufgrund der Tatsache, dass die zweite Entsendung mit einem Jahr befristet wurde, schließt der erkennende Richter, dass die Bf. ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht in P.St. begründet hat. Aus der Sicht des erkennenden Richters kommt der einjährigen Befristung die Bedeutung zu, dass ein längeres Auslandsengagement von beiden Parteien im Zeitpunkt des Abschlusses nicht geplant gewesen ist.
Der Umstand, dass die Bf. vor Ort ein Fitnesscenter besuchte und mit Freunden, Geschäftspartnern, in das gesellschaftliche Leben gut integriert war, fällt aus der Sicht des erkennenden Richters angesichts von der eher kurzfristigen vertraglich vereinbarten Entsendedauer von einem Jahr nicht derart entscheidend ins Gewicht.
Der Umstand, dass sie eine längere Aufenthaltsgenehmigung von der Republik erhalten hat, ist ebenfalls von untergeordneter Bedeutung.
Soweit die Bf. meint, die Entsendungen wären im gutem Einvernehmen ohnehin immer verlängert worden, ist festzuhalten, dass gerade der hier relevante Aufenthalt unter geänderten, insbesondere verkürzten, Voraussetzungen stattgefunden hat. Die 2017 gültige Entsendungsvereinbarung war mit einem Jahr befristet und enthielt eine zweimonatige Kündigungsfrist (Punkt "Beendigung").
Der Lohn wurde vom inländischen Arbeitgeber angewiesen , die Lohnabgaben einbehalten und abgeführt. Beiden Parteien waren sich einig, dass die Lohnsteuer in Ö abzuführen ist. Die Bf. war in Ö sozialversichert.
Die nunmehrige Entsendung erfolgte schließlich durch den Arbeitgeber mit geänderter Gesellschafterstruktur.
Daraus und aus dem Umstand, dass die Bf. seit 2002 das Haus in Ö als Hauptwohnsitz nützt und dieses im Jahr 2017 (April, Sommer, Weihnachten) während ihrer Arbeits- (34 Tage) und Urlaubsaufenthalte (40 Tage) zum Teil auch genützt hat, leitet sich für den erkennenden Richter schlüssig ab, dass die Bf. ihr Haus zu dem Zwecke innehatte, dieses dauernd zu nützen.
Gerade die vertraglichen Änderungen und kürzeren Befristungen lassen darauf schließen, dass auch eine etwaige Verlängerung kurzfristig erfolgen würde.
Damit liegen aus Sicht des erkennenden Richters durchaus Umstände vor, die darauf schließen lasssen, dass die Bf. ihren Wohnsitz in Ö beibehalten und nicht längerfristig in P.St. für den inländischen Arbeitgeber tätig sein werde.
Die Bf. übermittelte das Jahreskalenderblatt 2017 eines Stehkalenders (Tischkalenders), in welchem die einzelnen Aufenthaltstage in den jeweiligen Staaten mit den jeweiligen Anfangsbuchstaben ganzjährig erfasst wurden als Anwesenheitsverzeichnis in Ö. Demnach war sie 74 Tage in Ö anwesend. Dabei habe sie ihren Wohnsitz nicht immer benützt, weil sie mit Kunden geschäftlich unterwegs gewesen ist. Sie habe durch ihre Geschäftstätigkeit das Haus an weniger als 70 Tage im Jahr genützt. Das Finanzamt anerkannte dieses Verzeichnis nicht als Anwesenheitsverzeichnis am Hauptwohnsitz an.
Die Bf. war als Konzernjuristin via skype mit ihrem Arbeitgeber in ständigen Kontakt und hat Beratungsleistungen erbracht und Vertragsformulierungen vorgenommen. Die Bf. war trotz großer Entfernung in das inländische Unternehmen organisatorisch eingegliedert und der inländischen Geschäftsführung unterstellt. Die Bf. war somit als Juristin in die heimische Wirtschaft eingebunden.
Rechtliche Beurteilung:
Nach § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in-und ausländischen Einkünfte. Nach § 26 Abs. 1 BAO hat jemand dort einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. "Innehaben" einer Wohnung ist die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, über die Wohnung zu verfügen, insbesondere sie für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können (). Bei der Verwendung als Wohnung kommt es weniger auf den tatsächlichen Aufenthalt als vielmehr auf die Bestimmung oder Widmung der Wohnung zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken durch den Steuerpflichtigen an ().
Es ist nicht entscheidend, in welchem Ausmaß eine Wohnung tatsächlich genutzt wird, insbesondere trifft es nicht zu, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine bestimmte Mindestanzahl von jährlichen Nächtigungen Voraussetzung dafür ist, eine Wohnung als Wohnsitz im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO zu qualifizieren ().
Die Bf. unterhielt im Jahr 2017 sowohl ihren Hauptwohnsitz im Inland seit 2002 als auch einen Wohnsitz in P.St..
Strittig ist, ob zwei unmittelbar aufeinanderfolgende befristete Entsendungen an zwei verschiedene Orte durch denselben Arbeitgeber die Wirkungen einer Entsendung an einem Ort auslösen und bewirken, wenn beide Tätigkeitsorte mehr als 4000 km voneinander entfernt sind, oder ob jede einzelne Entsendung rechtlich für sich selbständig zu beurteilen ist.
Soweit die Bf. meint, es liege eine einzige Entsendung vor, ist darauf hinzuweisen, dass die Bf. im Jahr 2017 in ein anderes Land entsendet worden ist und der neue Tätigkeitsort mehr als 4000 km vom ursprünglichen Tätigkeitsort entfernt ist.
Die Bf. meint, der Mittelpunkt der Lebensinteressen habe sich als Folge ihrer 6 1/2 jährigen Auslandstätigkeit von Ö wegverlagert.
Für die Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen sind grundsätzlich allein objektive Kriterien von Bedeutung, subjektive Absichten und Erklärungen sind dem gegenüber unbeachtlich. Entscheidend für die Lösung dieser Frage ist weiters das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt; wirtschaftlichen Beziehungen kommt in der Regel geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen (). Schließlich ist bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen regelmäßig nicht auf die Verhältnisse eines Jahres sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen ().
Im Zusammenhang mit Auslandsentsendungen stellt die Rechtsprechung im Rahmen der Feststellung des Lebensmittelpunktes wesentlich auf die Entsendungsdauer ab. Eine Entsendungsdauer von weniger als zwei Jahren indiziert, dass sich der Lebensmittelpunkt nicht verlagert ().
Dagegen wird bei einer Dauer von mehr als fünf Jahren eine Verlagerung vermutet, wenn die Familie (Ehegatte/in, haushaltszugehörige Kinder) mitumziehen. Zwischen zwei und fünf Jahren Auslandsaufenthalt sind die Umstände des Einzelfalles von Bedeutung.
Im vorliegenden Sachverhalt liegen unzweifelhaft zwei Entsendungsvereinbarungenden Auslandsaufenthalten der Bf. zugrunde, wobei beide Auslandsentsendungen für sich alleine betrachtet, befristet sind und die Entsendungen jeweils weniger als fünf Jahre gedauert haben. Die Bf. war insgesamt etwa 6 1/2 Jahre aufgrund von zwei Entsendungen im Ausland. Dabei ist richtig, dass die Bf. 4 Jahre und 7 Monate in B und danach etwa 22 Monate in P.St. tätig gewesen ist.
Die Bf. war mit Entsendungsvereinbarungen vom M-J für nur mehr ein Jahr nach P.St. entsandt worden. Im Gegensatz zur Entsendung nach B wurde sie nunmehr vom inländischen Arbeitgeber (Sitz in Kl.) entlohnt. Beide Parteien vereinbarten schriftlich, dass die gesamte Vergütung in Ö der Lohnbesteuerung und Sozialversicherungspflicht unterliege (Punkt 8. Steuer und Sozialversicherung).
Unter dem Punkt "Beendigung" wurde vereinbart, dass beide Parteien die Vereinbarung innerhalb von zwei Monaten zum jeweiligen Monatsende aufkündigen können.
Gerade diese Regelungen stellen für den Richter beim BFG ein deutliches Indiz dafür dar, dass die zweite Auslandsentsendung die Dauer eines Jahres nicht wesentlich überschreiten werde.
Den wiederholten Ausführungen, wonach es sich immer um eine einheitliche Entsendung gehandelt hat, kann aufgrund der objektiv vorliegenden zwei Vereinbarungen (zwei Willenserklärungen zweier Parteien) nicht gefolgt werden.
Vielmehr arbeitete die Bf. in zwei Städten, die einige Tausend Kilometer voneinander entfernt sind.
Die Bf. arbeitete in verschiedenen Staaten, basierend auf rechtlich eigenständiger Vereinbarungen.
Zutreffend ist dabei, dass sich die Vereinbarungen in wesentlichen Punkten ergänzen (Mietzahlungen, Auto, Versicherungen, Kranken-, Unfall-, Rückholversicherung, Invalidität, Organhaftpflichtversicherung, etc.).
Die Vereinbarungen unterscheiden sich aber im Hinblick auf die Bezahlung der laufenden Lohnkosten und die Abfuhr der Lohnabgaben durch den inländischen Arbeitgeber.
In der ersten Vereinbarung übernahm die Firma im Inland für die Lohnzahlungen eine Ausfallshaftung und erfolgte die Lohnzahlung vom Unternehmen vor Ort.
Die zweite Entsendung war eben mit einem Jahr befristet und dauerte circa 22 Monate.
Die Frage, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum befand ist anhand der Tatsachen, jeweils ortsbezogen anhand der Umstände des Einzelfalles zu lösen, wobei auch der in den Entsendungsvereinbarungen zum Ausdruck gebrachte Wille beider Parteien über die Entsendedauer (Befristung: 3 Jahre bzw. 1 Jahr) entscheidend ist.
Die vertragliche Entsendung vom M-J drückt objektiv aus, dass ein kürzeres Auslandsengagement gewollt und geplant gewesen ist. Glaubhaft ist, dass sich diese Entsendung verlängern konnte.
Schließlich verlängerte sich der Aufenthalt bis Juli/August 2018.
Soweit die Bf. auf ihre Aufenthaltsbescheinigung für P.St. bis 2027 verweist, ist zu berücksichtigen, dass die Bf. im August 2018 ihr Auslandengagement und schließlich auch das Dienstverhältnis zur ihrem Arbeitgeber beendet hat.
Gerade die berufliche und private Reisetätigkeit im Jahr 2017 mit Flügen in die ***4***, den ***5*** (insgesamt 92 Tage) und nach Ö (40 Urlaubtage, 34 Arbeitstage) stellt aus Sicht des erkennenden Richters ein starkes Indiz dafür dar, dass im Jahr 2017 der Tätigkeitsort nicht zum Mittelpunkt der Lebensinteressen geworden ist. Der Partner lebte zu dieser Zeit in T.
Schließlich war die Bf. während der gesamten Entsendung auch privat Ö verbunden, indem sie in den Jahren 2016: 31 Urlaubstage und 2017: 40 Urlaubstage in Ö verbracht und ihr Wohnhaus genutzt hat. Glaubhaft ist in diesem Zusammenhang, dass die Bf. diese Urlaube mit beruflichen Reisen mit Geschäftspartnern nach E. verbunden hat.
Nach den Entsendungsvereinbarungen hatte die Auslandstätigkeit keinen Einfluss auf das bestehende Arbeitsverhältnis zur Firma; die Bf. blieb weiterhin im inländischen Angestelltenverhältnis und Sozialversicherungssystem. Die Bf. wurde darüber hinaus vom Konzern mit einer Kranken-, Unfall-, und Rückholversicherung ausgestattet.
Die Bf. verfügte laufend über ein Bankkonto in Ö und ein weiteres bei einer Bank vor Ort.
Die befristeten Vertragsverhältnisse deuten darauf hin, dass im Jahr 2017 die Aufgabe des Wohnsitzes in Ö nicht beabsichtigt war. Die vertragliche Gestaltung der Auslandstätigkeit im Jahr 2017 spricht für den vorübergehenden Charakter der Entsendung (2017: Dauer - 1 Jahr, Kündigungsfrist - 2 Monate).
Diese Annahme wird auch dadurch gestützt, dass die Bf. im Falle einer Rückkehr nach Ö einen vertraglichen Anspruch auf eine gleichwertige Stelle im Inland vertraglich zugesichert gehabt hat. Die Bf. blieb im inländischen Gehaltsschema.
Schließlich hat sich die Bf. in ihrer Vereinbarung auch ausbedungen, dass sie vier bezahlte Heimreisen pro Jahr (Business Class) absolvieren könne. Glaubhaft ist, dass die Bf. in P.St. in das gesellschaftliche Leben integriert gewesen ist und aktiv daran teilgenommen (***22***, Fitnesscenter, Golf, Einladungen) hat.
Die Beschwerdeführerin ist nach ihrer Rückkehr im Jahr 2018 in das Präsidium des B.. Vereins kooptiert worden. Auch dies lässt auf ein gesellschaftliches Naheverhältnis und gute Kontakte zu den Mitgliedern auch während ihres Auslandsaufenthaltes schließen.
Es mag zutreffen, dass sich die Bf. aufgrund ihrer Auslandsengagements mit den Gedanken getragen hat, auszuwandern. Dies war jedoch tatsächlich nicht der Fall. Vielmehr ist die Bf. nach ihrer Rückkehr nach Ö auch hier beruflich und gesellschaftlich sehr gut integriert. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen verlagerte somit sich aus Sicht des erkennenden Richters beim BFG im Jahr 2017 nicht nach P.St..
Daraus folgt für den erkennenden Richter beim BFG, dass die Bf. nicht länger als fünf Jahre den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Ausland gehabt hat und die möglichen Voraussetzungen für die Anwendung im Sinne des § 1 Abs. 1 der Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II 2003/528, nicht vorgelegen sind.
Die Bf. übernahm nach der Scheidung von ihrem Ehegatten im Jahr 2014 die zweite Haushälfte in ihr Eigentum, welche sie erhalten und zum Teil auch renoviert hat. Aus all diesen Tatsachen leitet sich für den erkennenden Richter denklogisch ab, dass die Bf. ihr Haus in der Absicht innehat, dieses anlässlich ihrer Aufenthalte in Ö regelmäßig, wiederholt und nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes in P.St. zu Wohnzwecken zu nutzen (vgl. , ).
Auf die Erkenntnisse des des , vom , RV/7102611/2013, und die Berufungsentscheidung des RV/0163-K/04, wird hingewiesen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Zulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dies trifft aus der Sicht des erkennenden Richters auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu, insbesondere werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung zukäme, sodass beschlussmäßig zu entscheiden war.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | RV/0163-K/04 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100474.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at