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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 26.07.2021, RV/7100251/2012

Unveränderter Spruch iZm Einkünftequalifikation

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100251/2012-RS1
Dass in einem Fall wie dem Beschwerdefall eine Einkommensteuerfestsetzung zu Gunsten der Beschwerdeführerin erfolgen kann, ist sowohl vom Wortlaut als auch vom Telos des § 209a BAO erfasst. Der mit AbgÄG 2011, BGBl Nr I 2011/14, eingefügte Abs. 4 der Bestimmung soll nach den Gesetzesmaterialien nämlich gerade sicherstellen, dass auch lange andauernde Verletzungen der Entscheidungspflicht über Abgabenerklärungen für den Abgabenpflichtigen nicht zum Verlust des Rechtsanspruches auf bescheidmäßige Erledigung führen (vgl EB RV 1212 BlgNR 24. GP 30). Die Verjährung stand somit gemäß § 209a Abs. 4 BAO der bescheidmäßigen Festsetzung der Einkommensteuer nicht entgegen.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die vorsitzende Richterin Mag. Aloisia Bergauer und die beisitzende Richterin Mag. Andrea Ebner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes Denk und Friedrich Nagl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BONAFIDE Treuhand- und Revisionsgesellschaft m.b.H., Berggasse 10, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2003 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit a Bundesabgabenordnung (BAO) als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 9 in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Feststellungen

Mit Bescheiden vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2001 mit EUR 2.304,46 und für das Jahr 2002 mit EUR 709,71 sowie mit Bescheid vom für das Jahr 2003 mit EUR 2.289,81 fest. Diese Bescheide erwuchsen in Rechtskraft. Einkommensteuervorauszahlungen waren für die Jahre 2001 bis 2003 jeweils mit EUR 501,44 festgesetzt und von der Beschwerdeführerin entrichtet worden.

Am stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2001 bis 2003 und verwies begründend auf die bei ihrem Ehegatten durchgeführte Betriebsprüfung, bei der ihr Arbeitsverhältnis als nichtselbstständige Tätigkeit (bisher: selbstständige Tätigkeit) eingestuft wurde. Die Beschwerdeführerin beantragte eine dementsprechende Berichtigung ihrer Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2001 bis 2003.

Am beantragte die Beschwerdeführerin (abermals) die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2001 bis 2003. Mit Bescheid vom erteilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin diesbezüglich einen Mängelbehebungsauftrag. Mit Schriftsatz vom ergänzte die Beschwerdeführerin ihren Antrag. Mit Bescheid vom beurteilte die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag als zurückgenommen, weil der beauftragten Mängelbehebung nicht vollinhaltlich entsprochen worden sei. Gegen diesen Zurücknahmebescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom Berufung.

Mit Bescheid vom erteilte die belangte Behörde einen Mängelbehebungsauftrag zum Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2001 bis 2003 vom . Soweit aus dem Verwaltungsakt ersichtlich, erfolgte in diesem Zusammenhang weder eine Mängelbehebung durch die Beschwerdeführerin noch eine Zurücknahmeerklärung durch die belangte Behörde.

Mit Bescheiden vom erfolgte die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2001 bis 2003 gemäß § 303 Abs. 4 BAO von Amts wegen auf Anregung der Beschwerdeführerin sowie mit Bescheiden vom selben Tag die Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2003 mit jeweils EUR 0,00. Diese Abgabenfestsetzungen führten jeweils zu einer Abgabengutschrift. Soweit für das Bundesfinanzgericht ersichtlich, erfolgte die Abänderung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide wie auch die Einstufung der Einkünfte der Beschwerdeführerin als solche aus nichtselbstständiger Tätigkeit unter vollinhaltlicher Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin in den jeweiligen Wiederaufnahmeanträgen geäußerten Begehren.

Gegen diese Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2003 vom richtet sich die verfahrensgegenständliche Berufung vom (nunmehr als Beschwerde zu bezeichnen); die Wiederaufnahmebescheide vom wurden nicht bekämpft und sind somit rechtskräftig. In der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2003 wird ausgeführt, dass die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nicht als solche aus nichtselbstständiger Arbeit zu qualifizieren seien. Die Beschwerdeführerin beantragte daher "die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Erlassung geänderter Bescheide, in [welcher] meine Einkünfte aus meiner Werksvertragstätigkeit für meinen Ehemann ***Dr. X*** als solche aus selbstständiger Arbeit ausgewiesen werden". Weitere Änderungen gegenüber ihrem ursprünglichen in den Wiederaufnahmeanträgen geäußerten Begehren wurden nicht vorgebracht.

Die Beschwerde vom wurde von der belangten Behörde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt. Im Vorlagebericht beantragte die belangte Behörde die Zurückweisung der Beschwerde und führte begründend aus, dass nur der Spruch eines Bescheides Anfechtungsgegenstand sein könne, sich die Beschwerde jedoch ausschließlich gegen die Begründung richte.

Mit Entscheidung vom , GZ: RV/1740-W/08, gab der Unabhängige Finanzsenat der Berufung der Beschwerdeführerin vom gegen die Zurücknahmeerklärung vom des Antrages vom auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2001 bis 2003 statt. Dieser Antrag auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2001 bis 2003 ist somit, soweit aus den Verwaltungsakten ersichtlich, noch unerledigt.

Mit Beschluss vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die Parteien zur Stellungnahme ua zur Festsetzungsverjährung im Zusammenhang mit den Streitjahren 2001 bis 2003. Die dazu erfolgte Stellungnahme der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführerin zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Die Beschwerdeführerin weist in ihrer Stellungnahme vom darauf hin, dass die belangte Behörde trotz der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZ: RV/1740-W/08, keine geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2003 erlassen habe.

Weitere Amtshandlungen iSd § 209 BAO wurden von der belangten Behörde nicht gesetzt (siehe die Stellungnahme vom ).

Am fand auf Antrag der Beschwerdeführerin eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht statt. Die Ladung zu dieser mündlichen Verhandlung vom wurde der belangten Behörde am und der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin am nachweislich zugestellt. Zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am sind die Parteien des Verfahrens nicht erschienen.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Die Wiederaufnahmen der Einkommensteuerverfahren der Jahre 2001 bis 2003 mit Bescheiden vom erfolgten von Amts wegen gemäß § 303 Abs. 4 BAO. In den Bescheidbegründungen wurde darauf verwiesen, dass die Wiederaufnahmen auf Grund der diesbezüglichen Anregungen der Beschwerdeführerin erfolgt seien. Der Stellungnahme der belangten Behörde vom ist zu entnehmen, dass der Wiederaufnahmeantrag der Beschwerdeführerin vom nach Ansicht der belangten Behörde "formell nicht beendet", diesem jedoch inhaltlich entsprochen worden sei. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass im Beschwerdefall eine Wiederaufnahme von Amts wegen intendiert war.

In den für die Jahre 2001 bis 2003 abgeänderten Einkommensteuerbescheiden vom wurde von der belangten Behörde begründend ausgeführt, dass die Berechnung entsprechend den Anbringen der Beschwerdeführerin [Wiederaufnahmeanträge] erfolgt sei. Im Wiederaufnahmeantrag vom beantragte die Beschwerdeführerin "eine entsprechende Berichtigung der Besteuerungsgrundlagen der Jahre 2001-2003 auf Basis der Feststellungen der Betriebsprüfung gemäß Betriebsprüfungsbericht vom ". Die belangte Behörde legte den Einkommensteuerveranlagungen der Beschwerdeführerin für die Jahre 2001 bis 2003 die im Verfahren ihres Ehegatten ermittelten Einkünfte zu Grunde (siehe auch Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZ: RV/1590-W/06, RV 1879-1880 W/06 und RV 1949-W/06 und ). Daher wurde den von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren insbesondere im Zuge der Wiederaufnahmeanträge gestellten Begehren mit den für die Jahre 2001 bis 2003 abgeänderten verfahrensgegenständlichen Einkommensteuerbescheiden vollinhaltlich Rechnung getragen.

Die Einkommensteuervorauszahlungen der Beschwerdeführerin betrugen in den Jahren 2001 bis 2003 jeweils EUR 501,44 und wurden bei der Berechnung der Abgabenschuld für die Jahre 2001 bis 2003 jeweils in Abzug gebracht. Mit Bescheiden vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2001 mit EUR 2.304,46 und für das Jahr 2002 mit EUR 709,71 und mit Bescheid vom für das Jahr 2003 mit EUR 2.289,81 fest. Es ergab sich daher jeweils eine Abgabennachforderung. Mit Bescheiden vom erfolgte nach Wiederaufnahme der Verfahren die Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2003 mit jeweils EUR 0,00. Es ergab sich daher jeweils eine Abgabengutschrift.

Neben den festgestellten Amtshandlungen setzte die belangte Behörde - soweit aus dem Verwaltungsakt ersichtlich - keine weiteren Amtshandlungen zur Feststellung des Abgabenanspruches. Vielmehr räumt die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom ein, keine Amtshandlungen gesetzt zu haben da von der Beschwerdeführerin ein Antrag auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2001 bis 2003 eingebracht worden sei und sie davon ausgegangen wäre, dass es dadurch nicht zur Verjährung hätte kommen können.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

Rechtliche Beurteilung

1. Verjährung

§ 303 BAO in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl I Nr 97/2002 lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und
a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder
c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) [...]
(3) [...]
(4) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."

§ 304 BAO in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl I Nr 57/2004 lautet:

"Nach Eintritt der Verjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein
a) innerhalb des Zeitraumes, bis zu dessen Ablauf die Wiederaufnahme von Amts wegen unter der Annahme einer Verjährungsfrist (§§ 207 bis 209 Abs. 2) von sieben Jahren zulässig wäre, oder
b) vor dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides
eingebrachter Antrag gemäß § 303 Abs. 1 zugrunde liegt."

§ 307 Abs. 1 lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. [...]"

§ 209a BAO in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl I Nr 76/2011 lautet:

"(1) Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt, wenn ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs. 1 oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinn des § 304 eingebracht wurde.
(3) Sofern nicht Abs. 1 oder 2 anzuwenden ist, darf in einem an die Stelle eines früheren Bescheides tretenden Abgabenbescheid, soweit für einen Teil der festzusetzenden Abgabe bereits Verjährung eingetreten ist, vom früheren Bescheid nicht abgewichen werden.
(4) Abgabenerklärungen gelten als Anträge im Sinn des Abs. 2, wenn die nach Eintritt der Verjährung vorzunehmende Abgabenfestsetzung zu einer Gutschrift führen würde."

Zwar stellte die Beschwerdeführerin für die Jahre 2001 bis 2003 zwei Anträge ( und ) auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren, die Wiederaufnahmen dieser Einkommensteuerverfahren erfolgten jedoch mit Bescheiden vom von Amts wegen.

Ob diese amtswegigen Wiederaufnahmen der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2001 bis 2003 rechtmäßig erfolgt sind, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil diese Wiederaufnahmebescheide vom von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft wurden und somit in Rechtskraft erwuchsen. Ebenso kann für den Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob von der Beschwerdeführerin zwei eigenständige Anträge auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2001 bis 2003 eingebracht wurden oder der Antrag vom als Urgenz zum Antrag vom anzusehen ist (vgl. dahingehend etwa ).

Mit den (rechtskräftigen) Wiederaufnahmen der Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2001 bis 2003 vom sind die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 und 2002 vom und für das Jahr 2003 vom nach § 307 BAO jedenfalls aus dem Rechtsbestand ausgeschieden (vgl. Ritz, BAO3, § 307 Tz 1 ff sowie ).

Nach der dargestellten Rechtslage steht der Eintritt der Verjährung der Abgabenfestsetzung nur dann nicht entgegen, wenn diese von der Erledigung eines Antrages abhängt, wie etwa ein rechtzeitig eingebrachter Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens (vgl. Ritz, BAO3, § 209a Tz 6 ff). Im Beschwerdefall erfolgte die Wiederaufnahme der streitgegenständlichen Einkommensteuerverfahren gerade nicht in Abhängigkeit eines von der Beschwerdeführerin gestellten Wiederaufnahmeantrages, sondern von Amts wegen. Da den amtswegigen Wiederaufnahmen nach § 304 BAO in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung der Eintritt der Verjährung entgegensteht (vgl. Ritz, BAO3, § 304 Tz 4 sowie G 3/92), erstreckt sich der Anwendungsbereich des § 209a BAO auf diese nicht. Im Beschwerdefall wäre daher grundsätzlich zu prüfen, ob die mit Bescheiden vom festgesetzte Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2003 bereits verjährt war. Aufgrund des Wegfalls der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2003 durch die Wiederaufnahme dieser Verfahren von Amts wegen waren die Einkommensteuererklärungen dieser Jahre wieder unerledigt. Nach dem mit in Kraft getretenen § 209a Abs. 4 BAO gelten Abgabenerklärungen als Anträge im Sinne des § 209a Abs. 2 BAO und stehen somit der Abgabenfestsetzung nach Eintritt der Verjährung dann nicht entgegen, wenn die nach Eintritt der Verjährung vorzunehmende Abgabenfestsetzung zu einer Gutschrift führen würde (siehe zum Inkrafttreten § 323 Abs. 31 BAO).

Die Einkommensteuervorauszahlungen der Beschwerdeführerin waren für die Jahre 2001 bis 2003 jeweils mit EUR 501,44 festgesetzt. Mit den ursprünglichen Einkommensteuerbescheiden vom und setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2001 mit EUR 2.304,46, für das Jahr 2002 mit EUR 709,71 und für das Jahr 2003 mit EUR 2.289,81 fest. Diese Bescheide wurden mit (rechtskräftiger) Wiederaufnahme vom beseitigt und schieden somit endgültig aus dem Rechtsbestand aus. Wie bereits ausgeführt waren damit die Abgabenerklärungen der Beschwerdeführerin für die Jahre 2001 bis 2003 wieder unerledigt. Diese Abgabenerklärungen für die Jahre 2001 bis 2003 sind in Zusammenschau mit den als Ergänzung dazu anzusehenden Wiederaufnahmeanträgen auszulegen. In diesen Wiederaufnahmeanträgen erklärte die Beschwerdeführerin (in Anlehnung an die Feststellungen der bei ihrem Ehegatten durchgeführten Betriebsprüfung) geringere Einkünfte als ursprünglich erklärt. Die mit jeweils EUR 0,00 beantragten Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2001 bis 2003 führen daher zu Abgabengutschriften iSd § 209a Abs. 4 BAO.

Diese Einkommensteuerfestsetzungen zu Gunsten der Beschwerdeführerin sind sowohl vom Wortlaut als auch vom Telos des § 209a BAO erfasst. Der mit AbgÄG 2011, BGBl Nr I 2011/14, eingefügte Abs. 4 der Bestimmung soll nach den Gesetzesmaterialien nämlich gerade sicherstellen, dass auch lange andauernde Verletzungen der Entscheidungspflicht über Abgabenerklärungen für den Abgabenpflichtigen nicht zum Verlust des Rechtsanspruches auf bescheidmäßige Erledigung führen (vgl. EB RV 1212 BlgNR 24. GP 30). Die Verjährung stand somit gemäß § 209a Abs. 4 BAO der bescheidmäßigen Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre für die Jahre 2001 bis 2003 am mit jeweils EUR 0,00 (bisher vorgeschriebene Einkommensteuer für das Jahr 2001 in Höhe von EUR 2.304,46, für das Jahr 2002 in Höhe von EUR 709,71 und für das Jahr 2003 in Höhe von EUR 2.289,81) nicht entgegen.

2. Anfechtungsgegenstand

§ 250 Abs. 1 BAO in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl Nr 151/1980 lautete:

"(1) Die Berufung muß enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung."

Dieselben Voraussetzungen gelten nunmehr auch für die seit nach § 250 Abs. 1 BAO idF BGBl I Nr 14/2013 zu erhebende Bescheidbeschwerde.

Da nur der Spruch eines Bescheides der Rechtskraft fähig ist (vgl. zB 2183, 2184/75), kann nur der Spruch (Teile des Spruches) Anfechtungsgegenstand iSd § 250 Abs. 1 lit b BAO sein (vgl. Ritz, BAO6, § 250 Tz 7).

Die Qualifikation eines bestimmten wirtschaftlichen Erfolges unter eine bestimmte Einkunftsart gehört nicht zum (bindenden) Spruch, sondern zur Begründung des Bescheides, sodass davon auch keine bindende Rechtskraftwirkung ausgehen kann (vgl. zuletzt etwa ).

Die Wiederaufnahme und in der Folge die Abänderung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2003 erfolgte auf Anregung der Beschwerdeführerin. Dem Begehren der Beschwerdeführerin, ihre Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2001 bis 2003 entsprechend den Feststellungen der bei ihrem Ehegatten durchgeführten Betriebsprüfung zu berichtigen, wurde vollinhaltlich Rechnung getragen. Daher kann das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom , wonach kein sachgerechter Grund für die Erlassung berichtigter Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2003 vorgelegen sei, nicht nachvollzogen werden. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die amtswegigen Wiederaufnahmebescheide betreffend die Streitjahre nicht bekämpft wurden und die Beschwerdeführerin die Wiederaufnahme der betreffenden Verfahren selbst forderte. Soweit die Beschwerdeführerin daher in der Beschwerde ins Treffen führt, die Steuerbescheide würden keine sachgerechte Begründung für die Beurteilung ihrer Einkünfte enthalten, ist ihr zu entgegnen, dass nach § 93 Abs. 3 BAO eine Begründung entbehrlich ist, wenn einem Anbringen vollinhaltlich Rechnung getragen wird.

Die Beschwerde vom richtete sich bloß gegen die in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2001 bis 2003 erfolgte Qualifikation der Einkünfte der Beschwerdeführerin als solche aus nichtselbstständiger Arbeit und damit (bloß) gegen die Begründung der Einkommensteuerbescheide. Eine ausschließlich gegen die Begründung eines Bescheides gerichtete Bescheidbeschwerde (bzw. vormals Berufung) ist als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO6, § 260 Tz 14).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass mit dem FVwGG 2012, BGBl I Nr 14/2013, mit gemäß § 293a BAO ein Antragsrecht auf Bescheidberichtigung geschaffen wurde, wenn die Angabe der Einkunftsart in der Begründung (§ 93 Abs. 3 lit. a BAO) eines Abgabenbescheides rechtliche Interessen der Partei (§ 78 BAO) verletzt. Aus den Gesetzesmaterialen ergibt sich, dass die Änderung primär aufgrund der Judikatur im Sozialversicherungsrecht erfolgt ist, wonach eine Bindung der Sozialversicherung an die Qualifikation der Einkünfte in Einkommensteuerbescheiden besteht (vgl. ). Die bloße unrichtige Qualifikation unter eine Einkunftsart ist regelmäßig nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht anfechtbar (vgl. in ständiger Rechtsprechung ), weshalb der Gesetzgeber nunmehr bei rechtlichem Interesse der Partei (insbesondere aufgrund des Sozialversicherungsrechtes) ein Antragsrecht auf Berichtigung der Bescheidbegründung vorgesehen hat (vgl. EBRV 2007 BlgNR XXIV. GP 21).

Da das Antragsrecht nach § 293a BAO erst am geschaffen wurde, ist die am erhobene Beschwerde seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht in einen solchen Antrag umzudeuten. Darüber hinaus hätte über einen solchen Antrag erstmalig das zuständige Finanzamt zu entscheiden, was im Beschwerdefall nicht erfolgt ist.

Die Beschwerdeführerin ist darauf hinzuweisen, dass für die Stellung des Antrages nach § 293a BAO gesetzlich keine Antragsfrist normiert ist (vgl. weiterführend Ritz, BAO6, § 293a Tz 5).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass eine bloß gegen die Bescheidbegründung gerichtete Beschwerde zurückzuweisen ist, ergibt sich aus der oben näher dargelegten ständigen Rechtsprechung des VwGH (vgl. etwa und ), weswegen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gegeben ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 209a Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323 Abs. 31 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 213 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 78 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295a Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


G 3/92





Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100251.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at