Verspätete Beschwerde und verspäteter Vorlageantrag
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RV/7101514/2021-RS1 | Wenn in einer Rechtssache sowohl die Beschwerde als auch der Vorlageantrag verspätet sind, so hat das BFG den Vorlageantrag als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen. Die Beschwerde bleibt durch die Beschwerdevorentscheidung abschließend erledigt, die vom verspäteten Vorlageantrag unberührt bleibt. |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,
betreffend Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 und den Umsatzsteuerbescheid 2018 des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom zu Steuernummer ***BF1StNr1***,
hinsichtlich des diesbezüglichen Vorlageantrages vom gegen die zur Beschwerde ergangenen Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes Österreich vom ,
beschlossen:
Der Vorlageantrag vom gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom des Finanzamtes Österreich hinsichtlich Einkommensteuer 2018 und Umsatzsteuer 2018 wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Das Finanzamt Wien 4/5/10 erließ an die Beschwerdeführerin (Bf.) den mit datierten Einkommensteuerbescheid 2018 und den mit datierten Umsatzsteuerbescheid 2018, wobei jeweils die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen geschätzt wurden. Die Zustellung der Bescheide erfolgte mit Rückscheinbrief. Laut Rückscheinen erfolgte hierbei die Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am .
Gegen diese Bescheide wurde mit Eingabe vom Beschwerde eingebracht.
Das Finanzamt Wien 4/5/10 richtete an die Bf. ein mit datiertes Ergänzungsersuchen (Vorhalt) mit Beantwortungsfrist , wonach die Deckung der Lebenshaltungskosten anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen sei.
Am trat das Finanzamt Österreich an die Stelle des Finanzamtes Wien 4/5/10.
Das Finanzamt Österreich richtete an die Bf. ein mit datiertes Erinnerungsschreiben mit dem Ersuchen, die noch nicht erfolgte Vorhaltsbeantwortung bis nachzuholen.
Nachdem weiterhin keine Vorhaltsbeantwortung erfolgt war, erließ das Finanzamt Österreich an die Bf.:
eine mit datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 vom als unbegründet abgewiesen wurde;
eine mit datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde vom gegen den Umsatzsteuerbescheid 2018 vom als unbegründet abgewiesen wurde.
Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen erfolgte mit Rückscheinbrief. Laut Rückschein erfolgte hierbei die Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am .
Gegen die Beschwerdevorentscheidungen wurde am über FinanzOnline eine als Vorlageantrag zu wertende Eingabe eingebracht.
Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde am an das Bundesfinanzgericht (BFG) vor. In dem zugleich erstatteten Vorlagebericht führte das Finanzamt aus, dass die Beschwerde und der Vorlageantrag verspätet eingebracht worden seien, sowie dass die Zurückweisung der Beschwerde als verspätet beantragt werde.
Das BFG hielt der Bf. mit Vorhalt vom die Verspätung der Beschwerde und des Vorlageantrages, auf welche die Aktenlage hindeute, vor.
Die Bf. nahm zum Vorhalt mit Schreiben vom , beim BFG eingebracht per Telefax am , Stellung. Darin argumentiert die Bf. mit ihren Erkrankungen:
2018 Gehörsturz mit erheblichen Gleichgewichtsstörungen, von welchem sich die Bf. nicht erholt habe, mit der Folge der Erwerbsunfähigkeitspension;
dann Diagnose von Lungenkrebs;
Belastung durch die Chemotherapie: nach jeder Chemotherapie gehe es der Bf. mindestens 14 Tage sehr schlecht und dann stehe schon die nächste Chemotherapie an.
Erwägungen
Die als Beschwerde gewertete Eingabe vom wurde nicht fristgerecht eingebracht:
Beginn der Abholfrist der Sendungen mit Einkommensteuerbescheid 2018 und Umsatzsteuerbescheid 2018 war Samstag, der , welcher gemäß § 17 Abs. 3 ZustG als Tag der Zustellung gilt. An diesem Tag wurden die Bescheide gemäß § 97 Abs. 1 BAO durch Bekanntgabe wirksam und die einmonatige Beschwerdefrist gemäß § 245 Abs. 1 BAO begann zu laufen.
Gemäß § 108 BAO endete die einmonatige Beschwerdefrist mit Ablauf des (Dienstag). Die am eingebrachte Beschwerde erweist sich daher als nicht fristgerecht eingebracht und hätte daher vom Finanzamt eigentlich gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschwerdevorentscheidung zurückgewiesen werden müssen. Die stattdessen gemäß § 263 Abs. 1 letzter Fall BAO mit Beschwerdevorentscheidung erfolgte Abweisung der Beschwerde als unbegründet macht für den Verfahrensstand im Endergebnis keinen Unterschied: Die Abweisung als unbegründet lässt die angefochtenen Bescheide genauso unverändert wie die Zurückweisung. In beiden Fällen ergeht gemäß § 262 Abs. 1 BAO ein als Beschwerdevorentscheidung bezeichneter Bescheid des Finanzamtes, welcher über die (Bescheid)Beschwerde abspricht.
§ 264 Abs. 1 BAO bestimmt: "Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten."
Die als Vorlageantrag zu wertende Eingabe vom entspricht nicht dem letzten Satz von § 264 Abs. 1 BAO, weil sie die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung(en) nicht enthält, wiewohl im Zusammenhang zu erkennen ist, um welche Beschwerdevorentscheidungen es sich handelt. Dennoch ist hier nicht mit einem Mängelbehebungsauftrag vorzugehen, weil - wie noch gezeigt wird - der Vorlageantrag ohnehin als verspätet zurückzuweisen ist (vgl. Ritz, BAO6, § 85 Tz 15).
§ 264 Abs. 3 Satz 1 BAO bestimmt: "Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt."
Der Vorlageantrag vom wurde nicht fristgerecht eingebracht:
Beginn der Abholfrist der Sendung mit den Beschwerdevorentscheidungen war Donnerstag, der , welcher gemäß § 17 Abs. 3 ZustG als Tag der Zustellung und damit als Tag der Bekanntgabe im Sinne des § 97 Abs. 1 BAO gilt, und an welchem die einmonatige Frist zur Stellung eines Vorlageantrages zu laufen begann.
Gemäß § 108 BAO endete die einmonatige Frist zur Stellung eines Vorlageantrages mit Ablauf des (Montag).
Der am eingebrachte Vorlageantrag erweist sich daher als nicht fristgerecht eingebracht.
Die Wirkung eines rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrages gemäß § 264 Abs. 3 Satz 1 BAO, nämlich die Geltung der Beschwerde als unerledigt, ist hier wegen der Verspätung der Einbringung des Vorlageantrages nicht eingetreten. Vielmehr ist die Beschwerde vom weiterhin durch die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom erledigt. Das Bundesfinanzgericht (BFG) kann daher nicht (noch einmal) über die Beschwerde vom entscheiden; folglich kann die vom Finanzamt geforderte Zurückweisung der Beschwerde vom (mittels Beschlusses des BFG) nicht erfolgen.
Das BFG hat vielmehr mit beschlussmäßiger Zurückweisung des Vorlageantrages vom als nicht fristgerecht eingebracht vorzugehen, wie es von § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO vorgesehen ist. Über die Zuständigkeit für diese Zurückweisung bestimmt § 264 Abs. 5 BAO: "Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht." Das Bundesfinanzgericht (BFG) ist gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.
Die Erkrankungen der Bf. und die Belastung durch die Chemotherapie sind sicher bedauerlich, können aber nichts an dem Ablauf der Fristen ändern. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht gestellt und wäre ohnehin aussichtslos gewesen, weil die Erkrankungen der Bf. zwar schwer und sehr belastend sind, aber nicht zu einem die Dispositionsfähigkeit ausschließenden Zustand geführt haben.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes (BFG) ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hier ist aus folgenden Gründen keine (ordentliche) Revision zulässig:
Einerseits waren für den vorliegenden Beschluss des BFG Tatfragen (Sachverhaltsfeststellungen anhand der Aktenlage) maßgebend, welche keine Rechtsfragen sind (vgl. ).
Andererseits waren angesichts der eindeutigen Rechtslage keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen (vgl. ).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101514.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at