Konteneinschau Rekurs - Senat - Beschluss, BFG vom 09.02.2021, KR/2100001/2021

Bewilligung einer Konteneinschau

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
KR/2100001/2021-RS1
Darüber, wer berechtigt ist, einen Rekurs gegen die Bewilligung der Konteneinschau einzubringen, gibt § 9 Absatz 4 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz keine Auskunft. Sind von einer Konteneinschau zwei Personen betroffen, etwa derjenige, im Rahmen dessen Abgabenverfahren die Einschau beantragt wurde und derjenige, in dessen Konto die Einschau beantragt wurde, müssen beide – auch unabhängig voneinander – berechtigt sein, einen Rekurs einzubringen, um beiden Betroffenen den verfassungsrechtlich vorgesehenen Rechtsschutz zu gewähren. Beide Rekurse sind analog zu § 267 BAO zu verbinden.
KR/2100001/2021-RS2
Obgleich die Anhörung des Abgabepflichtigen gem. § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG nicht zu den explizit genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. § 8 KontRegG zählt, ist der Umstand, dass gem. § 8 Abs 1 Z 1 KontRegG „begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen“ in Verbindung mit der Vorschrift des § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG so zu lesen, dass die Konfrontation des Abgabepflichtigen mit der möglichen Konteneinschau eine zwingende Anwendungsvoraussetzung für die Bewilligung darstellt, da es ja um die Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen geht.
KR/2100001/2021-RS3
§ 9 Abs 2 Z 1 KontRegG idF BGBl 62/2018 ist so zu verstehen, dass die Abgabenbehörde dem BFG durch die Vorlage einer Niederschrift oder eines Schriftverkehrs nachzuweisen hat, dass der Abgabepflichtige vom Vorhaben des Auskunftsverlangens durch die Abgabenbehörde in Kenntnis gesetzt und ihm Gelegenheit gegeben wurde, die Konteneinschau durch eigene Offenlegung abzuwenden.
KR/2100001/2021-RS4
In der Ankündigung der Konteneinschau beim Konteninhaber dürfen die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen keinesfalls genannt werden. Es widerspräche der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht gem. § 48a BAO, einer anderen Person als dem Abgabepflichtigen Informationen über steuerrelevante Umstände zu geben.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***Ri***, den Richter ***Ri*** und die fachkundigen Laienrichter ***LR1*** und ***LR2*** über den Rekurs von

***Rw1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kanzlei Kleiner Eberl Brandstätter Steuerberatung GmbH, Burgring 22, 8010 Graz, und von

***Rw2***, ***Adr-Rw2*** vertreten durch Kanzlei Kleiner Eberl Brandstätter Steuerberatung GmbH, Burgring 22, 8010 Graz

vom gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , KE/7100002/2020 betreffend Bewilligung eines Auskunftsverlangens nach § 8 KontRegG für die Jahre 2015 bis 2018 bezüglich der Konten bei der Bank, Nr. .***2*** (Depot) und ***3*** (Girokonto), beschlossen:

Die Konteneinschau wurde zu Unrecht bewilligt.

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Begründung

Mit dem hier rekursgegenständlichen Beschluss vom , KE/7100002/2020 bewilligte das Bundesfinanzgericht durch Einzelrichter das Auskunftsverlangen. Der Begründung des Beschlusses ist neben der Feststellung, dass die formalen Voraussetzungen erfüllt wurden, zur Berechtigung der Abgabenbehörde, im gegenständlichen Fall über die oben angeführten Tatsachen der Geschäftsverbindung vom Kreditinstituten Auskunft zu verlangen, auszugsweise zu entnehmen:

"Konkret wurden für das Girokonto mit der Nummer ***4***, dessen Inhaber der Abgabepflichtige und seine Gattin sind, das aber dem Abgabepflichtigen wirtschaftlich zuzurechnen ist, in den Jahren 2015 und 2016 erfolgte Kontoabflüsse (Überweisungen) in Höhe von ***x***Euro sowie für das Konto ***3*** Kontoabflüsse in Höhe von ***y*** Euro gemeldet.

Der durch diese Kapitalabflüsse indizierte Vermögenszuwachs auf den Konten ist, um überprüfen zu können, ob dieser aus bisher steuerlich nicht einbekannten Einnahmen herrührt, jedenfalls aufklärungsbedürftig. Angaben, die zu einer zweifelsfreien Aufklärung beitragen könnten, hat der Abgabepflichtige jedoch nicht gemacht; auch dem Schreiben vom sind nur allgemein gehalten Angaben zu den Konten der Gattin zu entnehmen.

Darin, dass sich die Gattin jeder persönlichen Äußerung zur beabsichtigten Konteneinschau enthalten, sondern den Vorhalt an den Abgabepflichtigen weitergegeben hat, ist zumindest ein Indiz dafür zu sehen ist, dass auch die Vorgänge auf den in Rede stehenden Konten der Gattin Belange des Abgabepflichtigen betroffen haben. Jedenfalls in Zusammenschau mit den ihrer Herkunft nach nicht geklärten Kapitalabflüssen auf dem im wirtschaftlichen Eigentum des Abgabepflichtigen stehenden Konto ***4*** drängt sich der vom Finanzamt gehegte Verdacht auf, dass der Abgabepflichtige seine Zeichnungsberechtigung auf den Konten der Gattin dazu benutzt hat, um über diese Konten ihm zurechenbare, in den steuerlichenAufzeichnungen nicht erfasste Zahlungen zu leiten. Die allgemeinen und unbelegtenErläuterungen in den vom Abgabepflichtigen eingereichten Stellungnahmen beseitigen diesenVerdacht nicht und sind daher, wie die in der Begründung der Konteneinschau enthalteneWürdigung dieser Stellungnahme dargelegt, nicht geeignet, die Zweifel an der Richtigkeit derAngaben auszuräumen. "

(…)

"Es liegt auf der Hand, dass die Einsicht in die in Rede stehenden Konten geeignet ist, die Zweifel, ob in dem vom Auskunftsverlangen umfassten Zeitraum bis über diese Konten dem Abgabepflichtigen zurechenbare, bislang steuerlich nicht erfasste Zahlungsflüsse stattgefunden haben, aufzuklären.Da nicht auszuschließen ist, dass sich die steuerliche Bemessungsgrundlage bei Bestätigung des vom Finanzamt gehegten Verdachts wesentlich erhöht und die zweifelhaften Angaben des Abgabepflichtigen durch keine anderen zweckmäßigen Ermittlungsmaßnahmen überprüft werden können, ist auch nicht zu erwarten ist, dass der mit der Auskunftserteilung verbundene Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Kundin des Kreditinstituts außer Verhältnis zum Zweck der Ermittlungsmaßnahme steht. "

Die Rekurswerber haben mit Schreiben vom den Rekurs gegen diesen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes eingelegt und in der Begründung das Vorliegen der Berechtigung der Abgabenbehörde, im gegenständlichen Fall Auskunft über Tatsachen einer Geschäftsverbindung vom Kreditinstitut zu verlangen (§ 8 Abs. 1 KontRegG), bestritten.

Im Rekurs führten die Rekurswerber aus, dass das Finanzamt ihnen nicht mitgeteilt habe, welche begründeten Zweifel bzw. Fragen es habe (Bedenkenvorhalt iSd § 161 Abs 2 BAO). Das Finanzamt bleibe weiters jede Aussage darüber schuldig, welche Unterlagen Anlass für Zweifel gäben bzw. welche Unterlagen zur Ausräumung der Zweifel erforderlich gewesen wären. Der Rw, Mag. ***Rw1*** habe dem Finanzamt bereits mitgeteilt, dass es sich bei den Kapitalabfüssen um Kontoüberträge handle.

Die Rw ***Rw2*** habe ebenfalls keine Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt, weil auch ihr gegenüber kein konkreter Verdacht geäußert wurde bzw. nicht erläutert wurde, welche Tatsachen offenzulegen seien.

Somit habe weder der Rw. noch die Rw. Gelegenheit gehabt, ihre Rechte zu wahren und sich zur beabsichtigten Konteneinschau zu äußern.

Auch die Auswahl der Konten und der Zeitraum seien nicht begründet: Die zitierte Kapitalabflussmeldung stütze sich nur auf das Konto ***3*** und nicht auf Depotkonto. Auch sei der Zeitraum von - exzessiv lang gewählt, weil der Abfluss nur 2017 stattfand und die Konten bereits am geschlossen wurden.

Zusammenfassend erklärten die Rw:

"Die gegenständliche Begründung des Auskunftsverlangens kann niemals geeignet sein, die Konten, schon gar nicht alle Konten, zu öffnen, da
> die in der allgemein gehaltenen Begründung von der Abgabenbehörde vorgebrachten Zweifel dem Abgabepflichtigen nachweislich aktenkundig in den 42 Monaten des Verfahrens zu keinem Zeitpunkt zur Äußerung vorgehalten wurden (Verletzung des Parteiengehörs),
> die als Begründung genannten Kapitalabflüsse nicht alle zur Öffnung beantragten Konten betreffen, somit der Umfang der beantragten Öffnung viel zu umfassend ist,
> sowie auch die Zeiträume der beantragten Öffnung zu wenig konkret sind,
> der Abgabepflichtige nachweislich aktenkundig nicht schriftlich über das Vorhaben einer Konteneinschau in Kenntnis gesetzt wurde (Verletzung des Parteiengehörs ! ) und
> der pauschal gehaltene Vorhalt der Abgabenbehörde vom an ***Rw2*** nicht einmal annähernd dem mir eine Konteneinschau notwendigen Konkretisierungserfordernis entspricht, da dieser Vorhalt keinerlei konkrete Bedenken enthielt, zu denen Stellung genommen hätte werden können."

Über den Rekurs wurde erwogen:

Rechtslage

Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, BGBl. I Nr. 116/2015 idF BGBl. I Nr. 62/2018 (gültig im Dezember 2020)

Auskunftsverlangen an Kreditinstitute

§ 8. (1) Die Abgabenbehörde ist berechtigt, in einem Ermittlungsverfahren nach Maßgabe des § 165 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, über Tatsachen einer Geschäftsverbindung von Kreditinstituten Auskunft zu verlangen, wenn

1. begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen,

2. zu erwarten ist, dass die Auskunft geeignet ist, die Zweifel aufzuklären und

3. zu erwarten ist, dass der mit der Auskunftserteilung verbundene Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Kunden des Kreditinstitutes nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der Ermittlungsmaßnahme steht.

(2) Auskunftsverlangen bedürfen der Schriftform und sind vom Leiter der Abgabenbehörde zu unterfertigen. Auskunftsersuchen und ihre Begründung sind im Abgabenakt zu dokumentieren.

(3) Im Verfahren zur Veranlagung der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer sind Auskunftsverlangen (Abs. 1) nicht zulässig, außer wenn - nach Ausräumung von Zweifeln durch einen Ergänzungsauftrag nach § 161 Abs. 1 BAO - die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hat, ein Ermittlungsverfahren gemäß § 161 Abs. 2 BAO einleitet und der Abgabepflichtige vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Die Würdigung der Stellungnahme ist aktenkundig zu machen. § 8 Abs. 1 gilt sinngemäß.

(4) Wenn der Abgabepflichtige nicht Inhaber des Kontos, sondern vertretungsbefugt, Treugeber oder wirtschaftlicher Eigentümer ist, darf ein schriftliches Auskunftsverlangen erst dann gestellt werden, wenn der Inhaber des Kontos vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Die Würdigung der Stellungnahme ist aktenkundig zu machen. § 8 Abs. 1 gilt sinngemäß.

§ 9. (1) (Verfassungsbestimmung) Das Bundesfinanzgericht entscheidet durch Einzelrichter mit Beschluss über die Bewilligung einer Konteneinschau.

(2) Auskunftsverlangen (§ 8) bedürfen der Bewilligung durch das Bundesfinanzgericht. Dazu hat die Abgabenbehörde folgende Unterlagen elektronisch vorzulegen:

1. die Niederschrift über Anhörung des Abgabepflichtigen oder den diesbezüglichen Schriftverkehr, wenn es aus Gründen, die beim Abgabepflichtigen liegen, nicht zu einer Anhörung gekommen ist; in den Fällen des § 8 Abs. 4 auch die Würdigung der Stellungnahme der Person, die nicht Partei des Abgabenverfahrens ist,

2. das vom Leiter der Abgabenbehörde unterfertigte Auskunftsverlangen, und

3. die Begründung.

(3) Das Bundesfinanzgericht prüft auf Basis des vorgelegten Auskunftsverlangens das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Konteneinschau nach diesem Gesetz. Die Entscheidung ist tunlichst binnen 3 Tagen zu treffen.

(4) (Verfassungsbestimmung) Gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts nach Abs. 1 kann ein Rekurs eingelegt werden, über den das Bundesfinanzgericht durch einen Senat entscheidet. § 288 BAO ist sinngemäß anzuwenden.

(5) Entscheidet das Bundesfinanzgericht nach Abs. 4 dass die Konteneinschau zu Unrecht bewilligt wurde, dann gilt bezüglich der bei dieser Konteneinschau gewonnenen Beweise ein Verwertungsverbot in dem Abgabenverfahren, in dem das Auskunftsverlangen gestellt wurde.

Verfahrensrechtliches zum Rekursverfahren

§ 9 Absatz 4 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz normiert, dass gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts betreffend Bewilligung der Konterneinschau ein Rekurs eingelegt werden kann.

Darüber, wer berechtigt ist, den Rekurs einzubringen, gibt § 9 Abs 4 KontRegG keine Auskunft.

Im Rekursfall sind zwei Personen von der Konteneinschau betroffen, nämlich Herr Mag. ***Rw1***, im Rahmen dessen Abgabenverfahren die Einschau beantragt wurde und seine Gattin Frau ***Rw2*** als Kontoinhaberin, in deren Konto die Einschau beantragt wurde.

Um beiden Betroffenen den verfassungsrechtlich vorgesehenen Rechtsschutz zu gewähren, müssen beide - auch unabhängig voneinander - berechtigt sein, einen Rekurs einzubringen.

§ 267 BAO sieht vor, dass in dem Fall, in dem ein Bescheid von mehreren Beschwerdeführern angefochten ist, diese Beschwerden zu einem gemeinsamen Verfahren zu verbinden sind. Da der Gesetzgeber für den Rekurs die Bestimmungen der BAO zumindest analog anwenden wollte (siehe dazu etwa den Verweis auf § 288 BAO in § 9 Abs 4 KontRegG), waren in diesem Verfahren der Rekurs von Herrn Mag. ***Rw1*** und der Rekurs von Frau ***Rw2*** zu verbinden.

Würdigung der Einwände

A Berechtigung zur Konteneinschau

Im Rekursfall hat das BFG die Einschau bewilligt, weil begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen vorlagen, die Einschau in die Konten geeignet war, diese Zweifel zu beseitigen und der Eingriff in die schutzwürdigen Interessen verhältnismäßig war.

Die Rekurswerber bestreiten die Rechtmäßigkeit im Wesentlichen damit, dass ihnen keine konkreten Zweifel bekannt gegeben wurden und sie so keine Gelegenheit hatten, die Zweifel anders als durch Öffnung der Konten zu beseitigen.

Nach § 119 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen. Diese Offenlegungspflicht betrifft - auch aufgrund der Buchführungsvorschriften des § 131ff BAO - sämtliche Belege, also jedenfalls auch die Kontoauszüge der Konten, auf denen steuerpflichtige Einnahmen vereinnahmt wurden.

Dementsprechende hat das BFG in seiner Bewilligung KE/7100002/2020 auch festgehalten, dass "im Hinblick darauf, dass nur die Einsichtnahme in die Konten Aufklärung bringen kann, im Sinne des § 165 BAO Verhandlungen mit dem Abgabepflichtigen nicht zum Ziel führen bzw. keinen Erfolg versprechen. "

Die gesetzlich vorgesehene Vorlage von Belegen, die für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, soll es der Abgabenbehörde ermöglichen, die Richtigkeit der Erklärungen zu überprüfen. Die gebotene Offenlegung kann auch nicht dadurch vermieden werden, dass der Abgabepflichtige (nur) detaillierte Fragen des Finanzamtes beantwortet, ohne die dazu gehörigen Kontoauszüge offenzulegen. Besteht beispielsweise der (begründete) Verdacht, dass zusätzlich zum erklärten Kaufpreis weitere Gelder auf Privatkonten geflossen sind, dann kann dieser Verdacht nur durch die Offenlegung der Privatkonten ausgeräumt werden.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes dient die Aufbewahrung - und in weiterer Folge die Offenlegung - der Belege nämlich der verlässlichen Prüfung der Richtigkeit von Buchungen im Interesse der Abgabenerhebung ( oder ). Dieser Grundsatz muss sinngemäß auch für außerbetriebliche Einkünfte gelten (wie hier den Verkauf des Grundstückes).

Im Rekursfall hat der Rekurswerber die Vorlage der Bankauszüge verweigert. Die Abgabenbehörde war so nicht in der Lage zu überprüfen, ob alle Einnahmen ordnungsgemäß erklärt wurden. Zweifel daran hatte sie aufgrund der hohen Zahlungsflüsse, die ein Vielfaches der erklärten Gewinne ausmachten.

Genau für einen solchen Fall ist nach den Erläuternden Bemerkungen (685 der Beilagen XXV.GP) die Konteneinschau vorgesehen:
"Nach § 165 BAO sollen andere Personen erst dann befragt oder zur Vorlage von Büchern und Aufzeichnungen herangezogen werden, wenn die Verhandlungen mit dem Abgabepflichtigen nicht zum Ziel führen oder keinen Erfolg versprechen. Dieser Grundsatz gilt auch für an Kreditinstitute gerichtete Auskunftsverlangen der Abgabenbehörden. Solche Verlangen werden beispielsweise bei Außenprüfungen ( § 147 BAO) in der Regel nur dann zweckmäßig und mit § 165 BAO vereinbar sein, wenn der Abgabepflichtige sich weigert, die vollständigen Kontenunterlagen auf Verlangen des Prüfungsorgans vorzulegen. "

Die in § 8 Abs 1 KontRegG genannten Voraussetzungen für die Bewilligung eines Auskunftsverlangens (Konteneinschau) liegen damit vor.

B Einhaltung formeller Vorschriften

Für die Konteneinschau besteht nach Ansicht des Gesetzgebers der Bedarf eines besonderen Rechtsschutzes (EB zu § 9, 685 der Beilagen XXV.GP). Dieser drückt sich nicht nur durch ein förmliches Bewilligungsverfahren, sondern auch dadurch aus, dass der Abgabepflichtige in dieses Bewilligungsverfahren durch eine verpflichtende Stellungnahme eingebunden ist.

Dem Gesetzgeber war diese Stellungnahme offenbar so wichtig, dass er bei den für die Bewilligung der Konteneinschau gem. § 9 Abs 2 KontRegG vorzulegenden Unterlagen die Niederschrift über Anhörung des Abgabepflichtigen (oder den diesbezüglichen Schriftverkehr, wenn es aus Gründen, die beim Abgabepflichtigen liegen, nicht zu einer Anhörung gekommen ist ) an erster Stelle genannt hat und erst danach das Auskunftsverlagen und die Begründung auflistet.

In den Fällen, in denen der Abgabepflichtige (wie im Rekursfall) nicht Inhaber des Kontos, sondern vertretungsbefugt, Treugeber oder wirtschaftlicher Eigentümer ist, darf ein schriftliches Auskunftsverlangen erst dann gestellt werden, wenn (auch) der Inhaber des Kontos vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (§ 8 Abs 4 KontRegG). Auch die Würdigung dieser Stellungnahme ist aktenkundig zu machen.

1. Stellungnahme des Kontoinhabers

Ist der Abgabepflichtige nicht Inhaber des Kontos, sondern vertretungsbefugt, Treugeber oder wirtschaftlicher Eigentümer, darf ein schriftliches Auskunftsverlangen erst dann gestellt werden, wenn der Inhaber des Kontos vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Die Würdigung der Stellungnahme ist aktenkundig zu machen (§ 8 Abs. 4 KontRegG).

Eine solche Stellungnahme des Kontoinhabers zählt zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Konteneinschau gem. § 8 Abs 4 KontRegG und ist für die Bewilligung zusätzlich zur Stellungnahme des Abgabepflichtigen vorgesehen.

Anders als die Rekurswerberin vermeint, dürfen in der Ankündigung der Konteneinschau beim Konteninhaber aber die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen keinesfalls genannt werden. Es widerspräche der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht gem. § 48a BAO, einer anderen Person als dem Abgabepflichtigen selbst Informationen über dessen steuerrelevante Umstände zu geben.

Auch in Hinblick auf den Schutzzweck ist es nicht notwendig, den Kontoinhaber mit den abgabenrechtlichen Zweifeln zu konfrontieren: Der Abgabepflichtige wird im Rahmen der abgabenbehördlichen Überprüfung den Fragen des Finanzamtes konfrontiert und mit einer gesonderten zwingend vorgesehenen Mitteilung von der beabsichtigten Konteneinschau informiert.

Zusätzlich dazu ist auch der Kontoinhaber von der Absicht der Konteneinschau zu informieren. Sein Beitrag zur Aufklärung soll nur darin bestehen, dass er sich zur Vertretungsbefugnis, zur Treugebereigenschaft oder wirtschaftlicher Eigentümerschaft des Abgabepflichtigen äußert und diese gegebenenfalls bestreitet. Selbstverständlich ist es auch dem Kontoinhaber möglich, die Konteneinschau durch Offenlegung der Konten abzuwenden.

Im Rekursfall wurde die Rekurswerberin ***Rw2*** mit der beabsichtigten Konteneinschau in der vorgesehenen Weise konfrontiert und sie hat auch (indirekt über ein Schreiben auch ihres steuerlichen Vertreters) dazu Stellung genommen. In diesem Zusammenhang wird angeführt, dass der zweite Rekurswerber, Herr Mag. ***Rw1*** tatsächlich alleiniger wirtschaftlicher Eigentümer der Konten ist.

Diese Stellungnahme hat das Finanzamt in der Begründung seines Auskunftsverlangens gewürdigt und damit aktenkundig gemacht. Die Voraussetzungen des § 8 Abs 4 KontRegG sind damit erfüllt.

2. Anhörung des Abgabepflichtigen

Obgleich die Anhörung des Abgabepflichtigen gem. § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG nicht zu den explizit genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. § 8 KontRegG zählt, ist der Umstand, dass gem. § 8 Abs 1 Z 1 KontRegG "begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen " müssen in Verbindung mit der Vorschrift des § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG so zu lesen, dass die Konfrontation des Abgabepflichtigen mit der möglichen Konteneinschau eine zwingende Anwendungsvoraussetzung für die Bewilligung darstellt, da es ja um die Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen geht. Nur dann, wenn er Gelegenheit hat, seine ursprünglichen Angaben zu verbessern, können Zweifel an den Angaben bestehen bleiben.

Ungeklärt ist die Rechtsfrage, was unter "Anhörung" iSd § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG zu verstehen ist. Die erläuternden Bemerkungen zu § 9 der Stammfassung (685 der Beilagen XXV.GP) äußern sich nicht dazu, worüber genau eine Niederschrift aufzunehmen ist.

Dem Sinn nach betrifft die in § 9 Abs 2 KontRegG angesprochene Niederschrift über die Anhörung des Abgabepflichtigen seine Einwendungen zur Konteneinschau (vgl Rauscher, Auskunftsverlangen der Abgabenbehörden an Kreditinstitute und deren Bewilligung durch das BFG, SWK 2019, 727) und nicht seine Einwendungen zu den Zweifeln an der Richtigkeit seiner Angaben.

Die Niederschrift wird in einem Absatz mit dem Auskunftsverlangen genannt und muss sich demnach nach der im Rekursfall geltenden Rechtslage (§ 9 Abs 2 Z 1 KontRegG idF BGBl I Nr. 62/2018) auf das Auskunftsverlangen beziehen (erst mit BGBl I Nr. 25/2021 wurde in § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG die Wortfolge: "als Nachweis betreffend die Wahrung des Parteiengehörs zu § 8 Abs. 1 Z 1 " eingefügt).

Der Abgabepflichtige muss vor der Beantragung der Bewilligung Gelegenheit zur Stellungnahme zur begehrten Konteneinschau haben, wobei die Würdigung seiner Stellungnahme aktenkundig zu machen ist (vgl. § 8 Abs 1 und 3 KontRegG).

Im Rekursfall erfolgte der Antrag auf Bewilligung der Konteneinschau im Rahmen eines abgabenbehördlichen Überprüfungsverfahrens. In diesem Verfahren wurden dem Abgabepflichtigen u.a. Kontoabflussmeldungen vorgehalten und zT auch mündlich der eine oder andere Verdacht geäußert, was u.a. durch den vorgelegten Schriftverkehr dokumentiert ist. Die verbleibenden Zweifel lassen sich der Begründung des Auskunftsverlangens entnehmen.

Nach Ansicht des erkennenden Senates ist § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG idF BGBl 62/2018 , demzufolge die Abgabenbehörde dem BFG durch die Vorlage einer Niederschrift oder eines Schriftverkehrs nachzuweisen hat, dass der Abgabepflichtige vom Vorhaben des Auskunftsverlangens durch die Abgabenbehörde in Kenntnis gesetzt wurde, zwingende Voraussetzung für die Bewilligung eines Auskunftsverlangens.

Im Rekursfall hat der Prüfer laut Aktenvermerk vom bei der steuerlichen Vertretung zwar das Vorhaben der Konteneinschau angesprochen, die Konteneinschau dem Abgabepflichtigen jedoch nicht - wie auch in Punkt 2.3.1. des Kontenregister- und Konteneinschau-Anwendungserlasses des BMF vorgeschrieben - nachweislich angekündigt und in Folge auch keine Niederschrift über dessen Äußerung erstellt (eine Niederschrift aus dem Jahr 2020 ist nicht aktenkundig).

Das Finanzamt kann somit nicht nachweisen, dass der Rekurswerber Gelegenheit gehabt hat, sich zur beabsichtigten Kontoöffnung zu äußern. Der Rekurswerber bestreitet das auch ausdrücklich.

3. Zusammenfassung

Im Rekursfall wurde die Kontoinhaberin gem. § 8 Abs 4 KontRegG von der beabsichtigten Konteneinschau informiert und hat dazu eine Stellungnahme abgegeben. Das Finanzamt hat diese Stellungnahme in der Begründung seines Auskunftsersuchens gewürdigt.

Der Abgabepflichtige (zugleich wirtschaftlicher Eigentümer und Rekurswerber) hingegen wurde aktenkundig nicht gesondert mit der Absicht der Konteneinschau konfrontiert.

Da das Bundesfinanzgericht der Bestimmung des § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG idF BGBl I Nr. 62/2018 die Bedeutung beimisst, dass eine dokumentierte Konfrontation des Abgabepflichtigen mit der beabsichtigten Konteneinschau und eine Niederschrift seiner Stellungnahme dazu Anwendungsvoraussetzung für die Bewilligung eines Auskunftsersuchens ist, erfolgte die Einschau zu Unrecht.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Rekursfall gibt es keine Rechtsprechung zur Frage, wer im Falle der Konteneinschau in Fremdkonten berechtigt ist, einen Rekurs einzubringen. Ebenfalls fehlt Rechtsprechung zur Frage, ob eine Konteneinschau trotz fehlender Äußerung des Abgabepflichtigen zulässig ist.

Die Revision war daher zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Rauscher, Auskunftsverlangen der Abgabenbehörden an Kreditinstitute und deren Bewilligung durch das BFG, SWK 2019, 727
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:KR.2100001.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at