Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 21.07.2021, RV/7100051/2021

1. Tragung der Sozialversicherungsbeiträge für den Geschäftsführer durch die Gesellschaft, obwohl dies dem schriftlichen Geschäftsführervertrag widerspricht 2. Übernahme von Lieferverbindlichkeiten, die von den Gläubigern der Gesellschaft erlassen wurden, durch den Geschäftsführer

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100051/2021-RS1
Übernimmt eine GmbH die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge des Geschäftsführers als weitere Entlohnung für seine Geschäftsführungstätigkeit und erbringt damit insgesamt ein angemessenes Entgelt für ihr gegenüber erbrachte Leistungen, ist dieses Entgelt auf Seiten der Gesellschaft betrieblich veranlasst (vgl. ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Anna Radschek, die Richterin Dr. Elfriede Murtinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Kandlhofer und Gerald Cuny-Kreuzer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch i-tax Steuerberatungs GmbH, Triesterstraße 14, 2351 Wiener Neudorf, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ehemaligen Finanzamtes Baden Mödling

  • vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO betreffend Körperschaftsteuersteuer 2015 bis 2017, sowie betreffend Körperschaftsteuersteuer 2015 bis 2018 und Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO für 2016 und 2017 und

  • vom betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für November 2015, Dezember 2016 sowie für 2017 und 2018,

Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Andrea Newrkla

A. zu Recht erkannt:

  • a) Die angefochtenen Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich Körperschaftsteuersteuer 2015 und 2017 sowie Haftung für Kapitalertragsteuer für November 2015, für Dezember 2016, sowie für 2017 und 2018 werden - ersatzlos - aufgehoben.

    b) Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich Körperschaftsteuersteuer 2016 und Festsetzung von Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO für 2016 und 2017 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

    c) Der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2016 und 2018 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
    Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
    Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

B. beschlossen:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Außenprüfung

Im Rahmen einer bei der beschwerdeführenden Gesellschaft, die im Geschäftszweig EDV Consulting tätig wurde, durchgeführten Außenprüfung u.a. bezüglich Körperschaftsteuer 2015 bis 2018 wurden u.a. folgende - im gegenständlichen Beschwerdeverfahren bekämpfte - Feststellungen getroffen:

  • Betreffend Sozialversicherungsbeiträge des Geschäftsführers (Tz 1 des Berichtes vom ):

Herr ***GF***, geboren am ***Datum1***, sei mit Geschäftsführervertrag vom ***Datum2*** zum Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestellt worden. Er sei der Bruder des Alleingesellschafters ***Ges***, geboren am ***Datum3***.

Laut Geschäftsführervertrag hätte der Geschäftsführer als Entgelt für seine gesamte Tätigkeit ein jährliches Entgelt in Höhe von zumindest 25.000,00 Euro erhalten sollen, wobei die Gehaltshöhe an den Umsatz des Unternehmens gekoppelt sei und sich somit am konkreten wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens orientiere.

Laut Geschäftsführervertrag hätte es sich nicht um einen Dienstvertrag handeln und arbeitsrechtliche Bestimmungen keine Anwendung finden sollen. Für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge und die Versteuerung des Entgeltes hätte der Geschäftsführer selbst aufzukommen gehabt.

Auf dem Konto 2300 "Verrechnungskonto ***GF***", bei dem es sich um das Verrechnungskonto des Geschäftsführers ***GF*** handle, werde das Geschäftsführerentgelt mit den auf diesem Konto verbuchten offenen Forderungen gegenüber Herrn ***GF*** verrechnet.

Im Zuge der Außenprüfung sei festgestellt worden, dass in den Jahren 2015 bis 2018 auf dem Konto 6565 "Sozialversicherung GF" die Sozialversicherungsbeiträge für Herrn ***GF*** als Aufwand verbucht und erfolgswirksam berücksichtigt worden seien.

In Höhe der geleisteten Zahlungen für Sozialversicherungsbeiträge an die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen liege eine Vorteilszuwendung in Form einer verdeckten Ausschüttung gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 vor, wobei der ungerechtfertigte Aufwand 2015 in Höhe von 4.127,71 Euro, 2016 von 5.252,09 Euro, 2017 von 14.258,36 Euro und 2018 von 17.065,25 Euro gewinnerhöhend auszuscheiden sei. Die Korrektur habe in Kennzahl 9230 "übrige Betriebsausgaben" zu erfolgen.

Der Umstand, dass die Sozialversicherungsbeiträge des GF als Aufwand unter übrigen Betriebsausgaben erfolgswirksam berücksichtigt worden sei, sei erst im Rahmen der Außenprüfung neu hervorgekommen und stelle für die Jahre 2015 bis 2018 eine neu hervorgekommene Tatsache gemäß § 303 BAO dar.

Da der Geschäftsführer laut Vertrag für seine Sozialversicherungsbeiträge selbst aufzukommen gehabt hätte, komme es durch die Kostenübernahme durch die Körperschaft zu einer Bereicherung einer dem Anteilsinhaber (100%) nahestehenden Person (Bruder) zu Lasten der Körperschaft. Aus den Umständen der Sachlage lasse sich eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willenserklärung ableiten, zudem habe die Gesellschaft nichts unternommen, um die Vorteilsgewährung rückgängig zu machen.

Die Kapitalertragsteuer werde vom Gesellschafter getragen.

  • Betreffend Wegfall von Verbindlichkeiten (Tz 4 des Berichtes vom )

Auf dem Konto 3302 "Lieferverbindlichkeiten" habe zum eine Verbindlichkeit (EB) in Höhe von 32.930,27 Euro bestanden. Zum Bilanzstichtag () seien Verbindlichkeiten vom Konto 3651 "sonstige Verbindlichkeiten" in Höhe von 18.742,36 Euro auf das Kto 3302 "Verbindlichkeiten" umgebucht worden.

Zum Bilanzstichtag sei u.a. eine Verrechnung mit Konto 2300 "Verrechnungskonto ***GF***" vorgenommen worden, wodurch die Lieferverbindlichkeiten um 43.534,48 Euro reduziert worden seien.

Im Zusammenhang mit dem Forderungsausgleich auf Verrechnungskonto 2300 sei in der Besprechung vom erklärt worden, dass Zahlungen in dieser Höhe erfolgt wären, wobei der Nachweis dieser Zahlungen zugesagt worden sei. Weitere Aufforderungen zur Übermittlung der Zahlungsnachweise seien per E-Mail am 05.03., 03.06. und erfolgt. Im Zuge der Schlussbesprechung am sei durch die steuerliche Vertretung - Mag. Haselmann - vorgebracht worden, dass es sich bei Lieferverbindlichkeiten in Höhe von 43.534,48 Euro um Vorleistungen für den Kunden "***1***" handle, welche vom Kunden nicht beglichen worden seien. Der Geschäftsführer ***GF*** hätte jedoch diese Kosten selbst übernommen - daher sei der Ausgleich über das Verrechnungskonto in dieser Höhe erfolgt. Die vom Geschäftsführer übernommenen Verbindlichkeiten seien ihm jedoch durch die Gläubiger erlassen worden, wodurch es zu keinen Zahlungen gekommen sei.

Die Ausführungen vom stünden somit im Widerspruch zu den Ausführungen vom (Besprechungstermin). Es hätten am keine Unterlagen zum Nachweis des beschriebenen Sachverhaltes vorgelegt werden können.

Es fehle somit der Nachweis, dass der Forderungsverzicht des Lieferanten nicht gegenüber der Beschwerdeführerin, sondern gegenüber ihrem Geschäftsführer erfolgt sei. Aufgrund dieser Sachlage sei somit ein außerordentlicher Ertrag aufgrund des Schuldenerlasses zu berücksichtigen. Der steuerpflichtige Gewinn des Jahres 2016 sei daher um 43.534,48 Euro zu erhöhen. Der beschriebene Sachverhalt sei im Zuge der Außenprüfung neu hervorgekommen und stelle einen Wiederaufnahmsgrund für das Jahr 2016 dar.

Angefochtene Bescheide

Das Finanzamt verfügte mit Bescheiden vom die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO bezüglich Körperschaftsteuer 2015 bis 2017 und folgte in den Körperschaftsteuerbescheiden 2015 bis 2018 sowie in den Haftungsbescheiden betreffend Kapitalertragsteuer für November 2015, Dezember 2016, und für die Jahre 2017 und 2018 den Feststellungen der Außenprüfung. Als Begründung wurde auf die Niederschrift vom sowie auf den Bericht der Außenprüfung verwiesen. Mit gleichem Datum wurden Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2016 und 2017 erlassen, die anhand der Gegenüberstellung der sich aus den neu erlassenen Körperschaftsteuerbescheiden ergebenden Abgabenforderung mit dem bisher vorgeschriebenen Betrag berechnet wurden.

Beschwerde

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wandte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführerin Folgendes ein:

  • Betreffend Sozialversicherungsbeiträge des Geschäftsführers:

Es stehe fest, dass die Beschwerdeführerin die Sozialversicherungsbeiträge als Teil des Geschäftsführerbezuges für den Geschäftsführer ***GF*** in den Jahren 2015 bis 2018 direkt an die Sozialversicherungsanstalt bezahlt habe.

Im Geschäftsführervertrag sei für Herrn ***GF*** eine Mindestvergütung in Höhe von 25.000,00 EUR pro Jahr für den Fall der Erfüllung der vorweg festgelegten wirtschaftlichen Ziele enthalten. Der tatsächlich pro Jahr auszuzahlende Geschäftsführerbezug für Herrn ***GF*** werde grundsätzlich und sei auch in den Jahren 2015 bis 2018 in Absprache mit der Generalversammlung jährlich festgelegt worden, u.a. in Relation zur Geschäftsentwicklung (Umsätzen, Gemeinkosten, etc.) der Beschwerdeführerin.

Für die Jahre 2015 bis 2018 seien zwischen der Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführer ***GF***, basierend auf dem Geschäftsführervertrag, folgende Vereinbarungen hinsichtlich des Geschäftsführerbezugs getroffen worden, wobei die Dynamisierung der Geschäftsführervergütung durch wirtschaftliche Einflussfaktoren ausgeklammert worden seien:

2014 (gemeint 2015): Basis 25.000,00 Euro zuzüglich SVA-Beiträge in vorgeschriebener Höhe
2015 (gemeint 2016): Basis 25.000,00 Euro zuzüglich SVA-Beiträge in vorgeschriebener Höhe
2016 (gemeint 2017): Basis 30.000,00 Euro zuzüglich SVA-Beiträge in vorgeschriebener Höhe
2017 (gemeint 2018): Basis 30.000,00 Euro zuzüglich SVA-Beiträge in vorgeschriebener Höhe

Zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn ***GF*** sei des Weiteren vereinbart worden, dass die Beschwerdeführerin die Vorschreibungen der Sozialversicherungsanstalt direkt im Namen und auf Rechnung von Herrn ***GF*** an diese zahle, da sich ansonsten der Verwaltungsaufwand samt Bankspesen (Überweisung der SV-Beiträge von der Beschwerdeführerin an ***GF*** und nachfolgend Überweisung ***GF*** an Sozialversicherungsanstalt) wesentlich umfangreicher dargestellt hätte.

Der verkürzte Zahlungsweg hinsichtlich der SV-Beiträge, der im Übrigen bei der Abwicklung von Vergütungen an SVA-pflichtige Geschäftsführer weit verbreitet sei, bedeute allerdings nicht, dass Herr ***GF*** nicht selbst und somit entgegen den Bestimmungen des Geschäftsführervertrages, für die Sozialversicherung und die Versteuerung seiner Geschäftsführervergütungen aufgekommen sei. Diese Bestimmung würde aus haftungstechnischen Gründen lediglich besagen, dass die Beschwerdeführerin keinen ASVG- und Lohnsteuerabzug von der Geschäftsführervergütung vornehme und somit diese Verpflichtung beim freien Dienstnehmer ***GF*** liege. Es komme somit durch die Überweisung des Basisgeschäftsführerbezuges an Herrn ***GF*** und die Überweisung der SV-Beiträge an die SVA lediglich zu einer zahlungstechnischen Splittung des vereinbarten Gesamtgeschäftsführerbezuges.

Diese Vorgehensweise sei üblich und könne somit per se keine verdeckte Gewinnausschüttung des Geschäftsführers ***GF*** für den Gesellschafter ***Ges*** bewirken. Vielmehr sei im Zuge der Prüfung, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen könnte, zu hinterfragen, ob durch die Festlegung der Geschäftsführerbezüge in den obig dargelegten Höhen der Jahre 2015 bis 2018 eine fremdunübliche Vorgehensweise und somit der Ansatz zu hoher Aufwendungen bei der Beschwerdeführerin verwirklicht worden sei.

Diese Recherche sei von der Abgabenbehörde offensichtlich nicht durchgeführt worden, denn die monatlichen Geschäftsführervergütungen unter Einbeziehung der von der Beschwerdeführerin direkt an die Sozialversicherungsanstalt bezahlten SVA-Beiträge für Herrn ***GF*** als Teil des jährlichen Gesamtgeschäftsführerbezuges würden sich wie folgt darstellen:

2015: 2.427,31 Euro (auf Basis von 12 Monaten); 2.080,55 Euro (auf Basis von 14 Monaten)
2016: 2.521,01 Euro (auf Basis von 12 Monaten); 2.160,87 Euro (auf Basis von 14 Monaten)
2017: 3.688,20 Euro (auf Basis von 12 Monaten); 3.161,14 Euro (auf Basis von 14 Monaten)
2018: 3.922,10 Euro (auf Basis von 12 Monaten); 3.361,80 Euro (auf Basis von 14 Monaten)

Alle Beträge verstünden sich vor Belastung durch SVA und Ertragsteuer; um beides hätte sich Herr ***GF*** selbst kümmern müssen. Die obigen Beträge stellten somit Bruttogrößen dar. Angemerkt werde, dass im Kollektivvertrag für Angestellte der Datenverarbeitung und Informationstechnik das Bruttoeinstiegsgehalt von leitenden Angestellten 2015 bei 3.729,00 Euro bei 14-maliger Auszahlung betragen habe.

Obwohl der Automatismus der Koppelung der Höhe der Geschäftsführerbezüge an wirtschaftliche Kenngrößen zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn ***GF*** in den Jahren 2015 bis 2018 außer Kraft gesetzt worden sei, zeige sich auf Grund der folgenden Darstellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin in den Jahren 2015 bis 2018 eine durchaus korrelierende Entwicklung der Höhe der Geschäftsführerbezüge mit dieser wirtschaftlichen Kenngröße:

2015: 39.596,22 Euro Einkünfte aus Gewerbebetrieb (inkl. Berücksichtigung obiger GF-Bezüge)
2016: 45.453,60 Euro Einkünfte aus Gewerbebetrieb (inkl. Berücksichtigung obiger GF-Bezüge)
2017: 57.402,79 Euro Einkünfte aus Gewerbebetrieb (inkl. Berücksichtigung obiger GF-Bezüge)
2018: 88.892,24 Euro Einkünfte aus Gewerbebetrieb (inkl. Berücksichtigung obiger GF-Bezüge)

Auf Grund der Höhe der monatlich zu zahlenden Geschäftsführervergütungen (bei 14-monatlicher Auszahlung im Vergleich zu einem angestellten Geschäftsführer und einem leitenden Angestellten im selben Anwendungsbereich des Kollektivvertrages) sei somit klar zu erkennen, dass keine verdeckte Ausschüttung an den Gesellschafter ***Ges*** durch die Einbeziehung der getrennt überwiesenen SV-Beiträge für Herrn ***GF*** an die Sozialversicherungsanstalt vorliegen könne, da der monatliche Gesamtbezug in den Jahren 2015 bis 2018 betragsmäßig zur Gänze fremdüblich sei und auch der Ergebnisentwicklung der Beschwerdeführerin in den Jahren 2015 bis 2018 entspreche.

Die separaten Zahlungen der Beschwerdeführerin für Herrn ***GF*** an die Sozialversicherung stellten daher Geschäftsführerbezüge von Herrn ***GF*** in den Jahren 2015 bis 2018, dar, denen in seinen persönlichen Einkommensteuererklärungen Betriebsausgaben in selber Höhe gegenüberstünden (zusätzlich zum Betriebsausgabenpauschale gemäß § 17 EStG 1988).

  • Betreffend Wegfall von Verbindlichkeiten:

Herr ***GF*** sei aufgrund der Insolvenz eines Großkunden im Jahr 2016 gezwungen gewesen, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bei einem Lieferanten persönlich zu übernehmen, um die Geltendmachung einer Geschäftsführerhaftung durch diesen hintanzuhalten.

Die Betreuung des in Konkurs gegangenen Großkunden sei durch einen Subunternehmer der Beschwerdeführerin, der Firma ***2*** e.U. von Herrn ***Sub*** (kurz ***2***) erfolgt. Als Zahlungsmodalität für die erbrachten Subleistungen zwischen der Beschwerdeführerin und ***2*** sei vor Betreuungsbeginn vereinbart worden, dass die Zahlungen durch die Beschwerdefüherin an ***2*** erst dann erfolgen sollten, wenn der Großkunde seinerseits an die Beschwerdeführerin gezahlt habe.

Aus diesem Grund habe Herr ***GF*** mit ***2*** vorab Folgendes vereinbart:

Sollte die Einbringlichkeit der offenen Forderungen der Beschwerdeführerin beim Großkunden, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr gegeben sein, übernehme Herr ***GF*** persönlich die Begleichung der offenen Rechnungen gegenüber ***2***. Die entsprechende Vereinbarung sei der Beschwerde beigefügt.

Dementsprechend habe Herr ***GF*** durch die oben angeführte Schuldübernahme eine Forderung in gleicher Höhe gegenüber der Beschwerdeführerin erworben, die in Kompensation gegen das Verrechnungskonto von Herrn ***GF*** gebucht worden sei. Herr ***GF*** habe erst zeitlich wesentlich nachgelagert erreicht, dass die ***2*** ihm gegenüber auf die Bezahlung der Forderung langfristig verzichtet habe.

Aus diesem Grund liege kein Schuldnachlass - wie von der Abgabenbehörde dargelegt - dieses Lieferanten gegenüber der Beschwerdeführerin vor, sondern handle es sich um eine Übernahme dieser Verbindlichkeiten durch Herrn ***GF*** persönlich.

Aus diesen Gründen werde die Abänderung der genannten Bescheide Im Hinblick auf die Tz 1 und Tz 4 des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung vom begehrt.

Vorlage der Beschwerde

Da die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 2 BAO gestellt hatte, legte die belangte Behörde die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mängelbehebungsauftrag

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 2a BAO aufgetragen, die der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO betreffend Körperschaftsteuer 2015 bis 2017 und betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2016 und 2017 anhaftenden Mängel innerhalb einer Frist von 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zu beheben:

Der Bescheidbeschwerde vom fehlten hinsichtlich der angeführten Bescheide:

• die Erklärung, in welchen Punkten diese Bescheide angefochten werden (§ 250 Abs. 1
lit. b BAO);
• die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden (§ 250 Abs. 1 lit. c BAO);
• eine Begründung (§ 250 Abs. 1 lit. d BAO).

Begründet wurde dieser Auftrag damit, dass die Beschwerde lediglich Ausführungen betreffend die Körperschaftsteuer- und Kapitalertragsteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2018, nicht jedoch betreffend die oben angeführten Bescheide enthalte.

Mängelbehebung

Innerhalb der erstreckten Frist gab die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom folgende Erklärung ab:

  • Betreffend die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2015 bis 2017

Die Beschwerde richte sich gegen die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide, da im Zuge der Außenprüfung keine neuen Tatsachen hervorgekommen seien. Bezüglich der in Tz 1 des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung in Frage stehenden SVA-Zahlungen seien bei der Übermittlung der Steuererklärungen an die Abgabenbehörde auch die entsprechenden Jahresabschlüsse in Papierform angeschlossen gewesen. Darin sei in den Erläuterungen zur Gewinn- und Verlustrechnung ersichtlich, dass neben dem Geschäftsführerbezug auch SVA-Beiträge von der beschwerdeführenden Gesellschaft getragen worden seien. Dementsprechend sei der Abgabenbehörde die Tragung der SVA-Beiträge durch die Gesellschaft bekannt gewesen. Da nicht davon auszugehen gewesen sei, dass diese weit verbreitete und rechtlich zulässige Vorgehensweise der direkten Zahlung von SVA-Beiträgen als Teil des Geschäftsführerentgelts abgabenrechtlich - so wie in diesem Fall - ausgelegt werden könne (verdeckte Gewinnausschüttung), sei dieser Umstand bei der Übermittlung der Steuererklärungen, in Ermangelung einer vom anerkannten Rechtsbestand abweichenden Vorgehensweise, nicht nochmals der Abgabenbehörde offengelegt worden. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht der Anerkennung der Direktzahlungen der Gesellschaft an die Sozialversicherungsanstalt als Teil des Geschäftsführerbezuges werde auch sachverhaltstechnisch dadurch gestützt, dass die SVA-Beiträge in den Einkommensteuererklärungen des Geschäftsführers in den betroffenen Jahren weder als Geschäftsführerbezüge noch als "zusätzliche" Betriebsausgaben erfasst worden seien. Würde daher in diesem Fall eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Geschäftsführer angenommen werden, würden die von der Beschwerdeführerin direkt geleisteten SVA-Zahlungen für den Geschäftsführer steuerlich komplett unberücksichtigt bleiben.

Die Feststellung in Tz 3 sei nur aus verfahrensökonomischen Gründen akzeptiert worden. Ein Nachweis der "fehlenden" 3.514,63 Euro wäre seitens der Beschwerdeführerin schwierig aber möglich gewesen, steIIe aber alleine für sich betrachtet keinen Wiederaufnahmsgrund dar.

Wie bereits zu Tz 4 dargelegt, sei die in Diskussion stehende Verbindlichkeit der Gesellschaft nicht erlassen, sondern vom Geschäftsführer übernommen worden, was dazu führe, dass sich der Status des Vorhandenseins der Verbindlichkeit dadurch nicht geändert habe, wohl aber die Person des Gläubigers der Gesellschaft. Dieser Sachverhalt sei gesetzeskonform im Jahresabschluss 2016 der Gesellschaft abgebildet und über die Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz für die Steuerbilanz auch in der Steuererklärung 2016 erfasst worden. Die Übernahme dieser Verbindlichkeit durch den Geschäftsführer stelle daher kein Hervorkommen neuer Tatsachen dar, welches eine Wiederaufnahme rechtfertigen würde.

Die verbleibende Feststellung in Tz 2 stelle aufgrund ihrer Geringfügigkeit und unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen ebenfalls keinen Grund für eine Wiederaufnahme dar.

Es werde daher die ersatzlose Aufhebung der Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2015 bis 201 7 beantragt.

  • Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2016 bis 2017

Die Beschwerde richte sich gegen den Spruch der angefochtenen Bescheide, da sich mit Abänderung der durch die eingebrachte Beschwerde angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2016 und 2017 die Körperschaftsteuernachzahlungen jeweils wieder derart verringern würden, dass Anspruchszinsen gemäß § 205 Abs. 2 BAO nicht festzusetzen wären. Als Begründung hierzu werde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen. Es werde daher die ersatzlose Aufhebung der Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2016 und 2017 beantragt.

Stellungnahme der Prüferin

Die Prüferin entgegnete in ihrer nachträglich übermittelten Stellungnahme zur Beschwerde vom , die auch der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht wurde, nach Darstellung des Prüfungsgeschehens und Wiedergabe der in Beschwerde gezogenen Prüfungsfeststellungen und Beschwerdeausführungen den Ausführungen in der Bescheidbeschwerde Folgendes:

Ad 1. Sozialversicherungsbeiträge des Geschäftsführers:

Im Zuge der Außenprüfung sei die in der Beschwerde angeführte Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn ***GF*** weder von der steuerlichen Vertretung noch vom Geschäftsführer angesprochen worden. Eine schriftliche Vereinbarung liege auch der Beschwerde nicht bei.

Die Geschäftsführerbezüge seien auf Konto 6250 verbucht worden und seien weder ausbezahlt noch überwiesen worden. Diese seien gegen offene Forderungen auf dem Verrechnungskonto ***GF***, Konto 2300, verrechnet worden.

Die SVA-Beiträge seien auf Konto 6565 verbucht und an die Sozialversicherungsanstalt überwiesen worden.

Den Ausführungen in der Beschwerde, die separaten Zahlungen der Beschwerdeführerin für Herrn ***GF*** an die Sozialversicherungsanstalt würden daher Geschäftsführerbezüge von Herrn ***GF*** in den Jahren 2015 bis 2018 darstellen, denen in seinen persönlichen Einkommensteuererklärungen Betriebsausgaben in selber Höhe gegenüberstünden (zusätzlich zum Betriebsausgabenpauschale gemäß § 17 EStG 1988) sei entgegenzuhalten, dass wenn die SVA-Beiträge Bestandteil des Geschäftsführer-Entgeltes gewesen wären, eine Erklärung der Einnahmen in entsprechender Höhe hätte erfolgen müssen. Herr ***GF*** habe jedoch in den Jahren 2015 bis 2018 stets nur die Höhe der Geschäftsführer-Entgelte exklusive SVA-Beiträge als Einnahmen erklärt.

Die Darstellung in der Beschwerde, dass Bezüge in Höhe der GF-Bezüge inkl. Sozialversicherungsbeiträge als Geschäftsführerbezüge durch Herrn ***GF*** behandelt worden seien, könne somit nicht nachvollzogen werden.

Zu dem Vorwurf in der Beschwerde, es wäre von der Abgabenbehörde unterlassen worden zu hinterfragen, ob eine fremdunübliche Vorgehensweise und somit der Ansatz zu hoher Aufwendungen in der Beschwerdeführerin verwirklicht worden sei, sei festzuhalten, dass nicht die Fremdüblichkeit in Frage gestellt worden sei, sondern die richtige Erfassung des vertraglich vereinbarten Geschäftsführerbezuges laut dem vorgelegten Geschäftsführervertrag.

Ad 2. Wegfall von Verbindlichkeiten:

In der Besprechung vom (während der Außenprüfung) mit dem Buchhalter, Herrn ***BuchHa***, dem Geschäftsführer ***GF*** und dem Steuerberater, Herrn Mag. Haselmann, sei der Prüferin und dem Kollegen ***P2*** erklärt worden, dass die Verbindlichkeiten in Höhe von 43.534,48 Euro von Herrn ***GF*** beglichen worden seien. Daraufhin sei ein Zahlungsnachweis abverlangt worden. Dieser sei auch im E-Mail vom 05.03., 03.06. und erneut abverlangt worden.

Am (Termin der Schlussbesprechung) sei vom steuerlichen Vertreter angemerkt worden, dass die Lieferverbindlichkeiten als Vorleistungen für den Kunden "***1***" entstanden und nicht beglichen worden seien.

Dies stehe im Widerspruch zu den Angaben im Zuge der Besprechung vom . Bei Unterzeichnung der Niederschrift zur Schlussbesprechung am sei von der steuerlichen Vertretung eine Stellungnahme zu Tz 4 vorgelegt worden. Daraus gehe hervor, dass der Geschäftsführer aufgrund der Insolvenz eines Großkunden gezwungen gewesen sei, persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bei Lieferanten einzustehen, um die Geltendmachung einer Geschäftsführer-Haftung hintanzuhalten. Ein Nachweis dafür, dass eine Geschäftsführer-Haftung schlagend werden würde bzw. ein Nachweis für die Behauptung, dass die Verbindlichkeiten durch den Geschäftsführer tatsächlich übernommen worden seien, habe im Zuge der Außenprüfung nicht erbracht werden können. Eine Aufschlüsselung, um welche Verbindlichkeiten es sich handle (offene Postenliste, ursprüngliche Rechnungen etc.), sei trotz Verlangen nicht vorgelegt worden.

Das nunmehr mit der Beschwerde vorgelegte Schreiben (Vereinbarung ***3***) sei während der Außenprüfung nicht bekannt gewesen. Aus der schriftlichen Stellungnahme zur Schlussbesprechung gehe hervor, dass Herr ***GF*** aufgrund der Insolvenz eines Großkunden - hier werde nicht "***3***" und nicht "***1***" genannt - gezwungen gewesen wäre, persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bei Lieferanten (offenbar Mehrzahl) einzustehen. Im Zuge der Außenprüfung habe keine Aufschlüsselung zu den betroffenen Verbindlichkeiten erbracht werden können. Die mit der Beschwerde vorgelegte "Vereinbarung ***3***" lasse nicht erkennen, um welche offenen Rechnungen es sich dabei handle.

Mit der nachträglich vorgelegten "Vereinbarung ***3***" sei für die Prüferin somit kein ausreichender Nachweis erbracht, dass der Forderungsverzicht der/des Lieferanten nicht gegenüber der Beschwerdeführerin, sondern gegenüber dem Geschäftsführer erfolgt sei. Im Übrigen hätten der Geschäftsführer und der steuerliche Vertreter während der Außenprüfung angegeben, dass der Geschäftsführer offene Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin übernommen und bezahlt hätte. Eine Aufstellung, um welche Verbindlichkeiten es sich gehandelt habe, sowie Zahlungsnachweise seien zwar mehrmals abverlangt, aber nicht vorgelegt worden.

Die nunmehrige Argumentation sei erst bei der Schlussbesprechung vorgebracht worden. Im gesamten Prüfungsverfahren seien keine Angaben zum angesprochenen Großkunden bzw. zu (einem) Subunternehmer bzw. Lieferanten gemacht worden, dadurch sei der Außenprüfung eine Sachverhaltsermittlung in diesem Zusammenhang verwehrt worden.

Sämtliche Angaben während der Prüfung seien ohne Untermauerung mit existierenden Vereinbarungen, vorgelagerten Korrespondenzen oder Nachweisen erfolgt. Die in der Beschwerde vorgelegten Vereinbarung ***3*** mit der Firma ***2*** e.U. lasse die Frage offen, um welche Vorleistungen es sich gehandelt haben solle, ob Waren, die noch im Eigentum der ***2*** gestanden seien, rückgestellt worden seien, welche offenen Rechnungen für welche Leistungen und Waren gegenüber der Beschwerdeführerin in welcher Höhe bestanden und welche besonderen Umstände zu dieser Vereinbarung geführt hätten.

Mündliche Verhandlung

Die antragsgemäß durchgeführte mündliche Verhandlung wurde am in Abwesenheit eines Vertreters des Finanzamtes, dessen ordnungsgemäße Ladung ausgewiesen ist, abgehalten.

In dieser wiederholten die Vertreter der Beschwerdeführerin bezüglich der Entrichtung der SVA-Beiträge des Geschäftsführers durch die Beschwerdeführerin das Vorbringen in ihren bisherigen Schriftsätzen.

Hinsichtlich des in Tz 4 des Berichtes über die Außenprüfung angeführten Wegfalls von Verbindlichkeiten gaben der steuerliche Vertreter und der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin Folgendes an:

Der Auftrag der "***1***" (***3***) an die Beschwerdeführerin, die gesamte Datenmigration und den Aufbau eines Netzwerkes mit den Filialen vorzunehmen, sei an einen Subunternehmer - ***2*** bzw. ***Sub*** - übergeben worden. Diese Firma hätte akzeptiert, dass Zahlungen durch die Beschwerdeführerin erst erfolgen sollten, wenn der Auftraggeber an die Beschwerdeführerin Zahlungen geleistet habe. Dazu sei aber ausbedungen worden, dass der Geschäftsführer für die Verbindlichkeiten persönlich hafte.

Wann ***Sub*** auf die aushaftenden Beträge verzichtet habe, sei derzeit nicht eruierbar.

Auf den Vorhalt der Richterin, die Firma ***1*** sei im November 2016 insolvent geworden und Herr ***Sub*** sei am aus der Firma ***2*** ausgestiegen, erklärte der Geschäftsführer, ***Sub*** habe nur seinen Namen geändert und der nunmehrige Inhaber sei mit ihm ident.

Auf die Frage, ob der Geschäftsführer den aus dem Verbindlichkeitsnachlass entstandenen Gewinn je versteuert habe, erklärte er, dass er dazu derzeit nichts sagen könne.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer 2015 bis 2017:

Sachverhalt:

Das Finanzamt hat zur Begründung der angefochtenen Wiederaufnahmsbescheide auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien, verwiesen.

Im Rahmen der Außenprüfung wurden unter den Tz 1 bis 4 (wovon nur die Tz 1 und 4 in der Beschwerde bekämpft werden) Feststellungen getroffen, die zu nachfolgend angeführter Erhöhung der bisherigen Bemessungsgrundlage geführt haben (Beträge in Euro):


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Tz
2015
2016
2017
1
4.127,71
5.252,09
14.258,36
2
4.781,46
94,84
3
-1.054,38
4
43.534,48
insgesamt
3.073,33
53.568,03
14.353,20

Für sämtliche Feststellungen wurde im Prüfungsbericht festgehalten, warum die dargelegten Sachverhalte erst im Rahmen der Außenprüfung hervorgekommen sind und nicht schon im ursprünglichen Veranlagungsverfahren bekannt waren.

Die zu Tz 1 getroffenen Feststellungen stellen jedoch - wie unten ausgeführt - keinen tauglichen Wiederaufnahmsgrund dar.

Hinsichtlich der Feststellungen in Tz 2 und 3 wird das Neuhervorkommen von Tatsachen nicht bestritten, wobei jedoch angemerkt wird, die Höhe der Feststellungen in Tz 2 sei geringfügig und die in Tz 3 getroffene Feststellung sei lediglich aus verfahrensökonomischen Gründen akzeptiert worden.

Im Hinblick darauf, dass die zu Tz 3 festgestellte Differenz des verbuchten PKW-Aufwandes bis dato nicht aufgeklärt werden konnte, ist insoweit von den Feststellungen der Außenprüfung und von einem tauglichen Wiederaufnahmsgrund auszugehen.

Auch die zu Tz 4 getroffenen Feststellungen waren entgegen den Beschwerdeausführungen für das Finanzamt aus der Steuerbilanz nicht erkennbar, zumal nicht einmal im Rahmen der Außenprüfung geklärt werden konnte, um welche Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin es sich gehandelt hat und warum diese auf das Verrechnungskonto des Geschäftsführers umgebucht worden waren. Da - wie unten noch dargelegt werden wird - davon auszugehen ist, dass der Wegfall dieser Verbindlichkeiten tatsächlich bei der Gewinnermittlung der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen gewesen wäre, und die gewählte Vorgangsweise eine ausschließlich durch das Naheverhältnis des Geschäftsführers zum Alleingesellschafter bedingte Bereicherung des Geschäftsführers darstellt, und dieser Umstand tatsächlich erst im Rahmen der Außenprüfung hervorgekommen ist, ist diesbezüglich von einem tauglichen Wiederaufsnahmsgrund auszugehen.

Die Änderungen der Bemessungsgrundlagen im jeweils wiederaufgenommenen Verfahren stellen sich daher in folgender Höhe dar (Beträge in Euro):


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Tz
2015
2016
2017
2
4.781,46
94,84
3
-1.054,38
4
43.534,48
insgesamt
-1.054,38
48.315,94
94.84

Daraus ergeben sich folgende körperschaftsteuerliche Änderungen (Beträge in Euro):


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Jahr
2015
2016
2017
Änderung der Körperschaftsteuer
- 263,96
12.078,99
23,71

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Feststellungen der Außenprüfung, den nachfolgenden rechtlichen Beurteilungen der in Beschwerde gezogenen Feststellungen und - soweit das Neuhervorkommen von Tatsachen im Hinblick auf die in Tz 4 getroffenen Feststellungen bestritten wird, aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Aus der vorgelegten Bilanz kann lediglich erkannt werden, dass die Lieferverbindlichkeiten um 43.534,48 Euro reduziert und als Verbindlichkeiten auf das Verrechnungskonto des Geschäftsführers umgebucht wurden. Der dieser Transaktion zu Grunde liegende Umstand konnte aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersehen werden und konnte auch im Rahmen der Außenprüfung nicht aufgeklärt werden, zumal sich die dazu zunächst aufgestellte Behauptung, dass der Geschäftsführer diese Verbindlichkeiten getilgt hätte, als unrichtig herausstellte. Es ist daher unzutreffend, dass der den erkennbaren Buchungen zugrundeliegende Sachverhalt bereits anlässlich der Erlassung des Erstbescheides offengelegt worden wäre.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung allein oder iVm dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (vgl. ; , mwN).

Zweck der Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen (vgl. ). Gemeint sind also Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. ).

Wie bereits oben dargelegt, betreffen die in den Tz 2 bis 4 des Prüfungsberichtes festgehaltenen Feststellungen Sachverhaltselemente, die bei der Erstveranlagung unbekannt waren und deren Kenntnis im abgeschlossenen Verfahren zu einem anderen Ergebnis in dem aufgezeigten Ausmaß geführt hätte. Sie bilden daher taugliche Wiederaufnahmsgründe.

Die Verfügung der Wiederaufnahme liegt im Ermessen (vgl. Ritz, BAO6, § 303 Tz 62, und die dort wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).

Gemäß § 20 BAO sind Ermessensentscheidungen innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei ist dem Begriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen (vgl. etwa , mwN).

Eine derartige Interessensabwägung verbietet bei Geringfügigkeit der neu hervorgekommenen Tatsachen in der Regel den Gebrauch der Wiederaufnahmemöglichkeit. Die Geringfügigkeit ist dabei an Hand der steuerlichen Auswirkungen der konkreten Wiederaufnahmegründe und nicht auf Grund der steuerlichen Gesamtauswirkungen zu beurteilen, die infolge Änderungen auf Grund anderer rechtlicher Beurteilungen im Sachbescheid vorzunehmen wären. Nur im Falle der Geringfügigkeit neu hervorgekommener Tatsachen hat die Behörde Verhältnismäßigkeitsüberlegungen - insbesondere auch in Bezug auf das Ergebnis der neuen Sachentscheidung - in ihre Ermessensentscheidung einzubeziehen (vgl. nochmals , mwN; sowie ).

Bei Ausübung des Ermessens sind alle im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme in Betracht kommenden Umstände zu berücksichtigen. In den Jahren 2015 und 2017 bilden ausschließlich Feststellungen betreffend unrichtige Berechnung der KFZ-Kosten jene neu hervorgekommenen Tatsachen, die als Wiederaufnahmsgründe herangezogen werden können. Diese - im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung neu hervorgekommenen - Tatsachen führten dazu, dass einerseits 2015 die Körperschaftsteuer im Ausmaß von 263,96 Euro zu hoch bemessen wurde und es andrerseits 2017 zu einer Verkürzung der Körperschaftsteuer um 23,71 Euro kam.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt ausgesprochen, dass bei mehreren Verfahren die steuerlichen Auswirkungen nicht je Verfahren, sondern insgesamt zu berücksichtigen sind (vgl. z.B. ; , mwN; ), was im Streitfall schon allein deswegen geboten ist, weil es sich bei den in Bezug auf Körperschaftsteuer neu hervorgekommenen Tatsachen um im Wesentlichen gleich gelagerte Fakten handelt und lediglich von Berechnungsfehlern auszugehen ist.

Die steuerlichen Auswirkungen betragen daher für diese beiden Jahre insgesamt rund 240 Euro, was sowohl relativ als auch absolut als geringfügig bezeichnet werden kann.

Dementsprechend sind die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2017 ersatzlos aufzuheben.

Für 2016 führte neben der nicht ordnungsmäßigen Berechnung der KFZ-Kosten auch die nicht berücksichtigte Gewinnerhöhung aufgrund des Nachlasses von Verbindlichkeiten zu einer Verkürzung von insgesamt 12.078,99 Euro, was wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festhält, weder absolut noch relativ geringfügig ist (vgl. ; , , sowie ).

Die Auswirkungen der dargestellten Wiederaufnahmsgründe für 2016 sind somit nicht geringfügig, weshalb der angefochtene Wiederaufnahmsbescheid zu Recht erging.

Gewinnermittlung:

SVA-Beiträge des Geschäftsführers

  • Sachverhalt:

Herr ***GF***, der Bruder des Alleingesellschafters der Beschwerdeführerin, wurde mit Geschäftsführervertrag vom ***Datum2*** zum Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestellt. Laut Geschäftsführervertrag sollte er als Entgelt für seine gesamte Tätigkeit ein jährliches Entgelt in Höhe von zumindest 25.000,00 Euro erhalten, wobei sich die Gehaltshöhe am Umsatz des Unternehmens orientieren sollte. Für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge und die Versteuerung des Entgeltes hätte der Geschäftsführer laut Geschäftsführervertrag selbst aufzukommen gehabt.

Tatsächlich wurden dem Geschäftsführer 2015 und 2016 je 25.000,00 Euro und in den Jahren 2017 und 2018 je 30.000,00 Euro auf sein Verrechnungskonto verbucht und seine SVA-Beiträge zur Zahlung übernommen.

Diese Vorgangsweise erfolgte im Einvernehmen mit dem Alleingesellschafter.

  • Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem übereinstimmende Vorbringen beider Parteien.

  • Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 8 Abs. 2 Teilstrich 1 KStG 1988 ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt wird.

Wie der Verwaltungsgerichthof in ständiger Rechtsprechung festhält, ist das entscheidende Merkmal einer verdeckten Ausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverwendung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache ist an Hand eines Fremdvergleiches zu ermitteln (vgl. bspw. ; sowie ).

Im gegenständlichen Fall erhielt der Geschäftsführer von der Beschwerdeführerin für seine Geschäftsführungstätigkeit nicht nur eine regelmäßig auf sein Verrechnungskonto verbuchte Vergütung, sondern es wurden für ihn auch seine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet.

Einem Geschäftsführer einer GmbH gebührt - selbst ohne Vorliegen einer Vereinbarung - eine angemessene Entlohnung. Hinsichtlich der steuerlichen Folgen des Geschäftsführerbezuges stehen daher nicht formelle Vereinbarungen im Vordergrund. Es ist vielmehr auf die Angemessenheit des Geschäftsführerbzuges abzustellen (vgl. , 0199, mwN). Bezüglich der Wertung eines Geschäftsführerbezuges als verdeckte Ausschüttung kommt es daher nicht auf formelle Vereinbarungen, sondern auf die Angemessenheit der "Gesamtausstattung" der Entlohnung an (vgl. ; ; und nochmals , 0199).

Übernimmt eine GmbH die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge des Geschäftsführers als weitere Entlohnung für seine Geschäftsführungstätigkeit und erbringt sie damit insgesamt ein angemessenes Entgelt für ihr gegenüber erbrachte Leistungen, ist dieses Entgelt auf Seiten der Gesellschaft betrieblich veranlasst (vgl. ).

Soweit demgegenüber eine GmbH die Entrichtung der Sozailversicherungsbeiträge nicht als weitere Entlohnung der Geschäftsführungstätigkeit, sondern causa societatis, also als eine aus der Gesellschafterstellung des Bruders des Geschäftsführers resultierende Vermögenszuwendung überlässt, liegt eine (verdeckte) Ausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 vor (vgl. wiederum )

Um zu beurteilen, ob (und in welchem Ausmaß) die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge eine Entlohnung für die Geschäftsführertätigkeit oder eine (verdeckte) Ausschüttung darstellt, ist zunächst die Gesamtentlohnung des Geschäftsführers betragsmäßig festzustellen.

Nur wenn sich die Gesamtentlohnung als überhöht erweist, stellt die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge ertragsteuerlich insoweit eine verdeckte Ausschüttung dar, als sie nicht mehr in einer fremdüblichen Gesamtentlohnung Deckung findet, und bildet nur mit dem verbleibenden Teil die Entlohnung für die Geschäftsführungstätigkeit (vgl. wiederum und die dort angeführte Literatur).

Unter Berücksichtigung der entrichteten Sozialversicherungsbeiträge ergeben sich in den einzelnen Jahren Geschäftsführerbezüge in nachfolgend angeführter Höhe bei erklärten Gewinnen in folgender Höhe (Beträge in Euro):


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Jahr
Vergütung
SVA-Beiträge
Gesamtbezug
erklärter Gewinn
2015
25.000,00
4.127,71
29.127,71
30.596,22
2016
25.000,00
5.252,09
30.252,09
45.453,60
2017
30.000,00
14.258,36
44.258,36
57.402,79
2018
30.000,00
17.062,25
47.062,25
88.892,24

Da sich die in dieser Übersicht zeigende Entlohnung des Geschäftsführers weder absolut - im Hinblick auf die von ihm ausgeübte Tätigkeit - noch relativ - im Vergleich mit dem erklärten Gewinn - als überhöht erweist, war von der Annahme einer verdeckten Ausschüttung Abstand zu nehmen.

Wegfall von Verbindlichkeiten

  • Sachverhalt:

Der Beschwerdeführerin wurden Lieferverbindlichkeiten in Höhe von 43.534,48 Euro erlassen. Dieser Umstand wurde aber zum Bilanzstichtag nicht als gewinnerhöhend erfasst, sondern wurde der Reduktion der Verbindlichkeiten auf dem Konto "Lieferverbindlichkeiten" eine Erhöhung der Verbindlichkeiten auf dem Verrechnungskonto mit dem Geschäftsführer gegenübergestellt. Dies wurde damit begründet, dass der Geschäftsführer diese Verbindlichkeiten übernommen hätte und sie diesem erlassen worden wären.

Die zur Dokumentation dieser Vorgangsweise vorgelegten Unterlagen lassen aber lediglich den Schluss zu, dass auf diese Weise die gewinnerhöhende Verbuchung vermieden und der Geschäftsführer auf diese Weise bereichert werden sollte.

  • Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Feststellungen der Außenprüfung und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin.

Im Hinblick darauf, dass nicht erkennbar ist, aus welchem Grund und mit welchen Mitteln der Geschäftsführer die aushaftenden Verbindlichkeiten hätte begleichen sollen, und die Absicht des Geschäftsführers, diese Verbindlichkeiten tatsächlich aus eigenem Vermögen abdecken zu wollen, nicht dokumentiert werden konnte, wird davon ausgegangen, dass die Vorgangsweise ausschließlich deshalb gewählt wurde, um eine Gewinnerhöhung in der Bilanz der Beschwerdeführerin zu vermeiden und den Geschäftsführer in diesem Ausmaß zu bereichern.

Soweit die Beschwerdeführerin damit argumentiert, dass der Geschäftsführerführer zur Haftung hätte herangezogen werden können, und dies mit dem vorgelegten Übereinkommen dokumentieren will, ist darauf hinzuweisen, dass diesem Dokument keine tatsächliche Inanspruchnahme des Geschäftsführers entnommen werden kann, und im Übrigen zum Bilanzstichtag bereits bekannt war, dass diese Verbindlichkeiten erlassen wurden.

Wenn von den Vertretern der Beschwerdeführerin dazu ausgeführt wird, es sei nicht sicher, dass die Verbindlichkeiten bereits 2016 erlassen worden seien, so ist festzuhalten, dass sie selbst zugeben, dass über den Erlass der Verbindlichkeiten keine Urkunde erstellt wurde, sondern dieser lediglich im Rahmen von Gesprächen des Geschäftsführers mit dem Gläubiger erklärt wurde.

Da aber an der ernstlichen Absicht des Geschäftsführers, diese Verbindlichkeiten aus eigener Tasche zu finanzieren, schon deshalb zu zweifeln ist, weil die Verbindlichkeiten sein Jahresgehalt bei weitem übersteigen, und er auch in den Folgejahren eine ihm aus dem Nachlass der Verbindlichkeiten entstandenen Gewinn niemals erklärte, ist davon auszugehen, dass die Übernahme der Verbindlichkeiten erst zu dem Zeitpunkt verbucht wurde, zu dem bereits der Nachlass dieser Verbindlichkeiten bekannt war.

  • Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 ist Gewinn der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Der Gewinn wird durch Entnahmen nicht gekürzt und durch Einlagen nicht erhöht. Entnahmen sind alle nicht betrieblich veranlassten Abgänge von Werten (z.B. von Bargeld, Waren, Erzeugnissen und anderen Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, von Leistungen, von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder von Nutzungen solcher Wirtschaftsgüter). Einlagen sind alle Zuführungen von Wirtschaftsgütern aus dem außerbetrieblichen Bereich.

Gemäß § 21 Abs. 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Gemäß § 22 Abs. 1 BAO kann die Abgabepflicht durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des privaten Rechts nicht umgangen oder gemindert werden.

Missbrauch liegt nach § 22 Abs. 2 BAO vor, wenn eine rechtliche Gestaltung, die einen oder mehrere Schritte umfassen kann, oder eine Abfolge rechtlicher Gestaltungen im Hinblick auf die wirtschaftliche Zielsetzung unangemessen ist. Unangemessen sind solche Gestaltungen, die unter Außerachtlassung der damit verbundenen Steuerersparnis nicht mehr sinnvoll erscheinen, weil der wesentliche Zweck oder einer der wesentlichen Zwecke darin besteht, einen steuerlichen Vorteil zu erlangen, der dem Ziel oder Zweck des geltenden Steuerrechts zuwiderläuft. Bei Vorliegen von triftigen wirtschaftlichen Gründen, die die wirtschaftliche Realität widerspiegeln, liegt kein Missbrauch vor.

Liegt Missbrauch vor, so sind die Abgaben gemäß § 22 Abs. 3 BAO so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.

Unter Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes im Sinne des § 22 Abs. 1 BAO versteht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine solche rechtliche Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet (vgl. etwa ; ).

Es ist demnach zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Ergebnis der Steuerminderung einfach unverständlich wäre (vgl. wiederum ; ).

Beachtliche außersteuerliche Gründe für eine - wenn auch ungewöhnliche - Gestaltung schließen einen Missbrauch aus (vgl. etwa , VwSlg 7.989/F).

Verbindlichkeiten stellen eigene Wirtschaftsgüter dar. Der Erlass einer Verbindlichkeit aus betrieblichen Gründen stellt jedoch eine Betriebseinnahme dar (vgl. Jakom/Marschner EStG, 2021, § 4 Rz 256)

Die Beschwerdeführerin konnte für ihre Gestaltung keine überzeugenden außersteuerlichen Gründe darlegen, zumal weder jene Umstände, die eine Übernahme der Verbindlichkeiten durch den Geschäftsführer notwendig erscheinen lassen, noch die tatsächliche Übernahme dieser Verbindlichkeiten dokumentiert werden konnten. Im Übrigen findet sich in den vorgelegten Unterlagen auch keine Erklärung gegenüber dem angesprochenen Lieferanten, der zufolge nunmehr die Verbindlichkeiten durch den Geschäftsführer übernommen werden, wozu es jedenfalls auch einer Zustimmung des Gläubigers bedurft hätte.

Es ist daher vielmehr davon auszugehen, dass der Erlass der Verbindlichkeiten gegenüber der Beschwerdeführerin erfolgte, und die Gestaltung lediglich dazu diente, eine Betriebseinnahme in dieser Höhe zu verhindern und dem Geschäftsführer auf diese Weise einen Vermögensvorteil zukommen zu lassen.

Im Übrigen stellt diese Gestaltung eine Verminderung des Betriebsvermögens der Beschwerdeführerin dar, die in dieser Weise nicht geduldet worden wäre, wenn keine verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin und deren Geschäftsführer vorlägen.

In diesem Sinne ist dem wahren wirtschaftlichen Gehalt folgend von einer Betriebseinnahme der Beschwerdeführerin in Höhe der ihr erlassenen Verbindlichkeiten auszugehen.

Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2016 und 2018:

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen sind daher die Körperschaftsteuerbemessungsgrundlagen für die beiden Jahre folgendermaßen zu ermitteln (Beträge in Euro):


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Jahr
2016
2018
Gewinn laut Erklärung
45.453,60
88.892,24
KFZ-Kosten laut Tz 2 AP-Bericht
4.781,46
3.852,11
Wegfall der Verbindlichkeiten laut Tz 4 AP-Bericht
43.534,48
Gewinn/Gesamtbetrag der Einkünfte
93.769,54
92.744,35

Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2017:

Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1 BAO) entsprochen, so ist eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1 BAO) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären.

Da die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2017 ersatzlos aufgehoben wurden, war die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2015 und 2017 mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären.

Bescheide betreffend Haftung für Kaptalertragsteuer:

Vorteilszuwendungen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften unterliegen nach § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 der Kapitalertragsteuer. Die Kapitalertragsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer; sie ist - soweit keine Endbesteuerung vorliegt - im Zuge der Veranlagung der Kapitalerträge auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld des Empfängers der betreffenden Kapitalerträge anrechenbar.

Gemäß § 27 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 EStG 1988 sind Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung Einkünfte aus Kapitalvermögen. Diese können in offener oder verdeckter Form vorliegen.

Bei inländischen Kapitalerträgen, zu denen nach § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 u. a. Einkünften aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 EStG 1988 zählen, wird die Einkommensteuer gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben.

Gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 haftet der Abzugsverpflichtete im Sinne des § 95 Abs. 2 EStG 1988 dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Da es sich bei den im AP-Bericht unter Tz 1 angeführten Zahlungen für den Geschäftsführer- wie oben dargestellt - keinesfalls um verdeckte Ausschüttungen im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmungen handelt, war die Beschwerdeführerin auch nicht zur Haftung der damit verbundenen Kapitalertragsteuer heranzuziehen.

Die angefochtenen Haftungsbescheide waren daher ersatzlos aufzuheben.

Betreffend Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO für 2016 und 2017

6.1. Sachverhalt:

Die im gemäß § 303 BAO wiederaufgenommenen Verfahren am erfolgten Veranlagungen zur Körperschaftsteuer 2016 und2017 führten zu Abgabennachforderungen in Höhe von 11.363,00 Euro für 2016 und 14.351,00 Euro für 2017. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden unter Zugrundelegung dieses Betrages als Bemessungsgrundlage Anspruchszinsen in Höhe von 538,41 Euro für 2016 und von 94,49 Euro für 2017 berechnet und festgesetzt.

6.2. Beweiswürdigung;

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakt und ist unstrittig.

6.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Die Anspruchszinsen betragen gemäß § 205 Abs. 2 BAO zwei Prozent über dem Basiszinssatz.

Anspruchszinsen sind mit Abgabenbescheid (§ 198 BAO) festzusetzen. Bemessungsgrundlage ist die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift.

Jede Nachforderung bzw. Gutschrift löst (gegebenenfalls) einen Anspruchszinsenbescheid aus. Es liegt je Differenzbetrag eine Abgabe vor.

Der Zinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden.

Der Zinsenbescheid ist mit Bescheidbeschwerde anfechtbar, etwa mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer-)bescheid sei nicht zugestellt worden oder der im Zinsenbescheid angenommene Zeitpunkt seiner Zustellung sei unzutreffend. Wegen der genannten Bindung ist der Zinsenbescheid allerdings nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer)bescheid sei inhaltlich rechtswidrig.

Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (z.B. Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung). Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid; es erfolgt daher keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides (vgl. Ritz, BAO6, § 205 Tz 32 ff und die dort wiedergegebene Literatur und Judikatur).

Den angefochtenen Anspruchszinsenbescheiden für das Jahr 2016 und 2017 liegen die in den Körperschaftsteuerbescheiden 2016 und 2017 vom ausgewiesenen Abgabennachforderungen zugrunde. Die Beschwerdeführerin bekämpft die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen mit der Begründung, die diesen zugrundeliegenden Abgabenvorschreibungen seien unrichtig vorgenommen worden, und bei richtiger Abgabenberechnung würden sich keine Anspruchszinsen ergeben.

Wie bereits oben ausgeführt, ist der Anspruchszinsenbescheid an die Höhe der im Bescheidspruch des Körperschaftsteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden. § 205 BAO beinhaltet keine Regelung, dass im Falle der nachträglichen Abänderung einer Körperschaftsteuernachforderung, die eine Festsetzung von Nachforderungszinsen ausgelöst hat, diese Zinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages neu zu berechnen (anzupassen) wären. Ein Zinsenbescheid setzt nämlich nicht die materielle Richtigkeit des Stammabgabenbescheides, wohl aber einen solchen Bescheid voraus. Ein solcher Bescheid ist daher auch nicht mit dem Argument anfechtbar, der Stammabgabenbescheid bzw. ein abgeänderter Bescheid wäre rechtswidrig ergangen.

Der Umstand, dass die den Anspruchszinsenbescheiden zugrundeliegenden Körperschaftsteuerbescheide 2016 und 2017 vom aufgrund diese Erkenntnisses zum Vorteil der Beschwerdeführerin abgeändert (betreffend Körperschaftsteuer 2016) bzw. wieder aus dem Rechtsbestand ausgeschieden werden (betreffend Körperschaftsteuer 2017), ändert nichts an deren rechtswirksamer Erlassung.

Im Hinblick darauf, dass sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Höhe der verfahrensgegenständlichen Anspruchszinsen nicht korrekt berechnet worden wäre, konnte wegen der Bindung der Zinsenbescheide an die im Spruch der Körperschaftsteuerbescheide 2016 und 2017 vom ausgewiesene Abgabennachforderung der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.

Da - entsprechend den obigen Ausführungen - nicht der Anspruchszinsenbescheid anzupassen sondern jeweils ein neuer Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen zu erlassen ist, war die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

Betreffend Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Beurteilung der dargestellten Rechtsfragen bezüglich Annahme einer verdeckten Ausschüttung im Zusammenhang mit Geschäftsführerbezügen und die steuerliche Behandlung von Schuldnachlässen im Sinne der wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs erfolgte, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gegen das Erkenntnis auszusprechen.

Soweit mit Beschluss über die Gegenstandsloserklärung der Beschwerde entscheiden wurde, ergibt dies bereits aus den wiedergegebenen gesetzlichen Bestimmungen, weshalb auch diesbezüglich die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 2 Teilstrich 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 4 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 21 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 22 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 22 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 22 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise















ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100051.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at