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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 26.05.2021, RV/2101175/2018

Zurückweisung: Keine Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide mehr möglich nach Erlassung von Jahresbescheiden für diesen Zeitraum

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch StB. betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Judenburg Liezen vom betreffend Umsatzsteuerfestsetzung der Monate 4-12/2016 und 1-7/2017 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig geworden zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 253 BAO tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst.

Mit Erkenntnis vom zu RV/2101129/2018 wurden die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerjahresbescheide 2012-2017 erledigt. Mit der Erlassung der Jahresbescheide, die denselben Zeitraum einschließen, werden die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen außer Kraft gesetzt ( unter Hinweis auf , Slg 9218; , B 411/80, Slg 9445; und , 84/15/0078; , 87/15/0101; , 91/15/0059; , 91/13/0128; , 95/14/0024). Ab der Erlassung des Veranlagungsbescheides entfaltet daher der Vorauszahlungsbescheid keine Rechtswirkungen mehr (); er scheidet aus dem Rechtsbestand aus (). Die Beschwerden gegen die Vorauszahlungsbescheide waren daher nach der Rechtsprechung des VwGH nach Erlassung des Jahresbescheides gegenstandslos und zurückzuweisen (). § 300 BAO hindert die Erlassung des USt-Jahresbescheides nicht (; dagegen Ritz, taxlex 2015, 111) (Ruppe/Achatz, UStG5, § 21, Rz. 22), wobei allerdings das von den vorhin zit. Autoren als Beleg herangezogene VwGH-Erkenntnis vom , 2004/13/0124 eine hinreichende Deutlichkeit vermissen lässt, in dem es Folgendes wörtlich ausführt:
"Vergleichbare Gesichtspunkte mangelnder zeitlicher Kongruenz hat der Verwaltungsgerichtshof in dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/15/0339, einer einschränkenden Auslegung des Begriffs der "abändernden, aufhebenden oder ersetzenden Bescheide im Sinne des § 289 Abs. 3 BAO" zugrunde gelegt (vgl. dazu auch RdW 2008, 308 f). Die dafür nach diesem Erkenntnis maßgeblichen Gründe sind jedoch auf die Frage, ob unerledigte Berufungen gegen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide bei Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides von der Wirkung des § 274 BAO ausgeschlossen bleiben sollen, sodass der Jahresbescheid mangels Erhebung einer weiteren Berufung unangefochten in Rechtskraft erwachsen würde, nicht übertragbar. Der Jahresbescheid, durch den die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide aus dem Rechtsbestand ausscheiden, tritt daher auch im Sinne des § 274 erster Satz BAO an ihre Stelle. Dies trägt dem nunmehrigen Gleichklang der Formulierungen in §§ 251 und 274 BAO und der neueren hg. Rechtsprechung zum Verhältnis von Umsatzsteuerfestsetzungs- und Umsatzsteuerjahresbescheid (vgl. dazu das Erkenntnis vom , Zl. 95/14/0117, Slg. Nr. 7201/F, Punkt A 5 der Entscheidungsgründe) Rechnung und entspricht auch der im Schrifttum bei weitem überwiegenden Ansicht (vgl. dazu die Nachweise bei Ritz, BAO3, § 274 Tz 2, und zuletzt Gassner in SWK 2008, S 457). Durch den Umsatzsteuerjahresbescheid vom , mit dem der Beschwerdeführer ein weiteres Mal unter Verneinung seiner Unternehmereigenschaft zur Entrichtung von Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 verpflichtet wurde, war den Berufungsbegehren des Beschwerdeführers auch nicht im Sinne des § 274 zweiter Satz BAO Rechnung getragen worden. Der auf die Zurückweisung der Berufungen gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für Jänner bis August 2002 bezogene Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben."
Diese Schlussfolgerung des VwGH könnte wahrscheinlich auf der Überlegung beruhen, dass die damalige belangte Behörde lediglich die Beschwerde gegen den Vorauszahlungszeitraum zurückgewiesen und über den Jahresbescheid keine meritorische Entscheidung getroffen hat, obwohl dieser als mitangefochten gegolten hat.
In einem späteren Erkenntnis vom , 2009/13/0186 kommt der VwGH zum gegenteiligen Ergebnis, in dem er ausführt:
"Die Beschwerde ist damit im Recht, dass der Umsatzsteuerjahresbescheid 2004 an die Stelle des Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides für November 2004 vom getreten ist, weshalb gemäß § 274 BAO die gegen den Festsetzungsbescheid vom erhobene Berufung vom auch als gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid gerichtet galt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2004/13/0124). Ob davon ausgehend die gegen den Jahresbescheid nachträglich gesondert erhobene Berufung vom im Sinn des hg. Erkenntnisses vom , 2006/15/0085, nur als ergänzender Schriftsatz zur Berufung vom zu verstehen gewesen wäre, kann dahinstehen. Jedenfalls wurde in der Folge allein diese Berufung mit dem oben erwähnten Bescheid der belangten Behörde vom erledigt, und zwar dergestalt, dass sie (die Berufung vom ) als unbegründet abgewiesen wurde. Mithin existierte aber nunmehr ein rechtskräftiger Berufungsbescheid "Jahresumsatzsteuer 2004", dessen Rechtskraftwirkung einer neuerlichen Berufungsentscheidung - jetzt auf Grund der Berufung vom - entgegenstand (dass das in dieser Berufung enthaltene Vorbringen der Sache nach ohnehin Berücksichtigung gefunden hat, sei nur mehr der Vollständigkeit halber erwähnt). Wenn die belangte Behörde davon ausgehend zu dem Ergebnis gelangte, dass sich "die von der Amtspartei ausgesprochene Zurückweisung als rechtskonform (geworden)" erweise und diese erstinstanzliche Zurückweisung daher zu bestätigen sei, so kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß
§ 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen."

In einem jüngeren Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0035 führt der VwGH unter Wiederholung seiner früheren Judikatur aus, es entspreche sohin dem offenkundigen Willen des Gesetzgebers, dass Umsatzsteuerjahresbescheide während eines anhängigen Beschwerdeverfahrens an die Stelle eines Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides treten können. Da die Erlassung eines Umsatzsteuerjahresbescheides eine andere Sache betreffe als jene eines Festsetzungsbescheides, auch wenn dessen Zeitraum im Zeitraum des Jahresbescheides beinhaltet ist, bestehen insoweit keine konkurrierenden Zuständigkeiten. Dieser Fall sei daher vom Regelungsziel des § 300 BAO nicht umfasst. Das Außer-Kraft-Setzen des Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides durch die Erlassung des Jahresbescheides sei somit nicht als Aufhebung oder Abänderung im Sinne des § 300 Abs. 1 BAO zu beurteilen (in diesem Sinne auch Mayr/Ungericht, Umsatzsteuergesetz 19944, § 21 Anm. 11) Der Jahresbescheid trete in derartigen Fällen gemäß § 253 BAO an die Stelle des Festsetzungsbescheides. Daraus ergibt sich auch, dass in diesen Fällen regelmäßig und systemkonform keine (weitere) Beschwerdevorentscheidung ergehen kann.
Daraus ist zu schließen, dass im Falle des Ersetzens des Festsetzungsbescheides durch den Jahresbescheid auch keine weitere Erledigung im gegenständlichen Verfahren erfolgen kann und die Beschwerde als im Nachhinein unzulässig geworden betrachtet werden kann. Der Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 wird durch Erlassung des Jahresbescheides außer Kraft gesetzt; nach Wirksamkeit des Jahresbescheides ergehende Beschwerdeerledigungen hinsichtlich des Vorauszahlungsbescheides entfalten keine Rechtwirkungen und gehen damit ins Leere (; , 95/14/0024; , 2000/13/0011, sowie ; , B 2557/96 und Ritz, BAO6, § 260 Rz. 17).

Gemäß § 272 Abs. 4 BAO gilt Folgendes:
Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegen auch zunächst die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen (§ 85 Abs. 2) und von Aufträgen gemäß § 86a Abs. 1 sowie Zurückweisungen (§ 260), Zurücknahmeerklärungen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1), Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3, § 261), Verfügungen der Aussetzung der Entscheidung (§ 271 Abs. 1) und Beschlüsse gemäß § 300 Abs. 1 lit. b.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 21 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 272 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise









ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101175.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at