Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.07.2021, RV/5100039/2019

1. teilweise Rückforderung der (erhöhten) Familienbeihilfe bei Überschreiten der Einkommensgrenze des § 5 Abs 1 FLAG 2. zu versteuerndes Einkommen innerhalb der "Einschleifspanne"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi in der Beschwerdesache Bf1, Bf1-Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag Jänner 2015 bis Februar 2018 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde betreffend die Familienbeihilfe Jänner 2015 bis Februar 2018 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die Rückforderung an Familienbeihilfe beträgt 9.756,13 Euro.

II. Der Beschwerde betreffend Kinderabsetzbetrag Jänner 2015 bis Februar 2018 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (Bf.) hat im Beschwerdezeitraum erhöhte Familienbeihilfe wegen eigener Behinderung bezogen.

2. Mit Schreiben vom teilte der Erwachsenenvertreter der Bf. dem Finanzamt mit, dass die Bf. seit Rehageld beziehe.

3. Am erließ das Finanzamt einen Bescheid über die Rückforderung von zu Unrecht bezogener Beiträge und forderte zur Gänze die Familienbeihilfe (iHv 11.906,40 Euro) und den Kinderabsetzbetrag (iHv 2.219,20 Euro) für die Zeiträume Jänner 2015 bis Februar 2018 zurück. Begründend führte das Finanzamt aus, dass für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet und die in einem Kalenderjahr ein zu versteuerndes Einkommen bezogen hätten, das den Betrag von 10.000 Euro übersteige, keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hätten.

4. Der Erwachsenenvertreter der Bf. brachte mit Fax vom (bzw. per Post einlangend mit ) Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid ein. Darin wird vorgebracht, die Bf. habe im Zeitraum von bis Rehageld und davor Krankengeld bezogen und gehe daher davon aus, dass für das Jahr 2015 die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag nicht zurückzuzahlen seien. Sollte für dieses Jahr dennoch eine Rückforderung bestehen, werde zumindest die Einschleifregelung für den 10.000 Euro übersteigenden Betrag anzuwenden sein. Betreffend die Rückzahlung von bis (gemeint wohl ) werde darauf hingewiesen, dass eine offene Forderung iHv 2.942,02 Euro gegen die Bf. mit aufrechtem Exekutionstitel bestehe, die im Moment getilgt werde. Die Bf. sei psychisch krank, für ihre Betreuung und durch ihre Krankheit fielen immer wieder Mehraufwendungen an. Damit sie ihren Alltag bestreiten und eine adäquate Betreuung finanzieren könne sowie um eine Verschlechterung ihrer psychischen Erkrankung zu verhindern, werde ersucht iSd § 26 Abs 4 FLAG von der Rückforderung wegen Unbilligkeit abzusehen bzw. eine Reduktion der Forderung in Betracht zu ziehen.

Der Beschwerde beigelegt wurde ein Versicherungsdatenauszug der Bf.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das (näher bezeichnete) zu versteuernde Einkommen sei in allen Jahren über der jeweiligen Einschleifspanne. Auch ein Absehen von der Rückforderung sei nicht möglich, da die objektive Erstattungspflicht des § 26 Abs 1 FLAG keine Rücksicht darauf nehmen könne, ob die bezogenen Beträge gutgläubig empfangen worden seien oder ob die Rückgabe eine Härte bedeute. Zudem sei erst am die Auszahlung eines Rehageldes ab dem Jahr 2015 durch den Sachwalter dem Finanzamt gegenüber angezeigt worden.

6. Im Vorlageantrag vom brachte der Erwachsenenvertreter der Bf. vor, dass zwischenzeitlich für das Kalenderjahr 2017 die Arbeitnehmerveranlagung eingebracht worden und dem Berechnungsblatt ein steuerpflichtiges Einkommen iHv 12.612,43 Euro zu entnehmen sei. Dieses liege daher innerhalb der Einschleifspanne und sei die für das Jahr 2017 bezogene Familienbeihilfe nicht zur Gänze, sondern nur anteilig zurückzuzahlen. Für die Jahre 2015 und 2016 könne zum jetzigen Zeitpunkt nur eine pauschale Veranlagung durchgeführt werden, da der vorherige Sachwalter die Herausgabe der Rechnungsbelege unter Hinweis auf das Pflegschaftsgericht bis dato verweigere. Da die absoluten Höchstgrenzen für den gesamten bescheidgegenständlichen Zeitraum durchwegs knapp überschritten worden seien und von einer erhöhten Entschädigung auszugehen sein werde, sei von einer signifikanten Verringerung des steuerpflichtigen Einkommens auszugehen. Dies führe zu einer wesentlich geringeren Rückforderung. Betreffend die Monate Jänner und Februar 2018 könne die Berechnung eines angeblichen und deutlich höheren Jahreseinkommens nicht nachvollzogen werden. Zudem sei es der Bf. noch nicht möglich, ihre Steuerabsetzposten für 2018 geltend zu machen und könne daher über den Zeitraum Jänner und Februar 2018 nicht abgesprochen werden. Da im gesamten Zeitraum die jeweiligen absoluten Höchstgrenzen nicht überschritten werden würden, bestehe kein Rückforderungsbetrag in der ursprünglich im angefochtenen Bescheid genannten Höhe.

Dem Vorlageantrag beigelegt wurden Unterlagen zur Berechnung des zu versteuernden Einkommens für die Jahre 2015 bis 2017.

7. Mit Vorlagebericht vom beantragte das Finanzamt die Rückforderung der Familienbeihilfe iHv 9.497,46 Euro festzusetzen, da mit Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2015 und 2016 (beide vom ) und für das Jahr 2017 (vom ) das jährliche Einkommen für 2015 mit 13.418,31 Euro, für 2016 mit 13.456,26 Euro und für 2017 mit 12.622,89 Euro festgestellt worden sei. Die Rückforderungsbeträge an Familienbeihilfe betrügen daher für 2015 3.418,31 Euro, für 2016 3.456,26 Euro und für 2017 2.622,89 Euro, der Kinderabsetzbetrag stehe in diesen Jahren in voller Höhe zu. Da das Einkommen für das Jahr 2018 noch nicht berechnet werden könne, sei für dieses Jahr von einer Rückforderung bis zur endgültigen Feststellung des Einkommens einstweilen abzusehen.

8. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde der gegenständliche Akt dem bisher zuständig gewesenen Richter gemäß § 9 Abs 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung **** zugewiesen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

1. Die im Jahr 1994 geborene Bf. hat im streitgegenständlichen Zeitraum Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe wegen eigener Behinderung bezogen. Von März bis Dezember 2018 wurde bislang keine Familienbeihilfe und kein Erhöhungsbetrag beantragt (siehe Ausdruck aus dem Familienbeihilfenprogramm des Finanzamtes vom ).

2. Der Grad der Behinderung der Bf. beträgt 50 % ab dem . Die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit ist vor dem vollendeten 21. Lebensjahr eingetreten (siehe Bescheinigung des Sozialministeriumservice vom ).

3. Im Jahr 2015 hat die Bf. bis 31.07. Krankengeld bezogen. Ab bis (zumindest) hat sie Rehageld erhalten.

Die Bf. bezog im gesamten Jahr 2018 gleichbleibend 37,95 Euro pro Tag an Rehageld durch die OÖ Gebietskrankenkasse (siehe übermittelte Lohnzettel der OÖ Gebietskrankenkasse).

4. Das zu versteuernde Einkommen betrug

  • im Jahr 2015 13.418,31 Euro (siehe Einkommensteuerbescheid vom );

  • im Jahr 2016 13.456,26 Euro (siehe Einkommensteuerbescheid vom );

  • im Jahr 2017 12.622,89 Euro (siehe Einkommensteuerbescheid vom );

  • im Jahr 2018 11.600,26 Euro. Vom Gesamtbetrag der Einkünfte - unter Berücksichtigung des Werbungskostenpauschales - wurden neben dem Pauschbetrag für Sonderausgaben auch Steuerberatungskosten iHv 1.135,04 Euro sowie tatsächliche Kosten aus der eigenen Behinderung iHv 926,00 Euro abgezogen (siehe Einkommensteuerbescheid vom ).

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten aktenkundigen Unterlagen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

1. Gemäß § 26 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967) hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat.

2. Gemäß § 5 Abs 1 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 138/2013 führt ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs 1 EStG 1988) eines Kindes bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs 2 einschließlich § 8 Abs 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

Maßgeblich ist das zu versteuernde Einkommen, das in Zeiträumen erzielt wird, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Die einkommensteuerfreien Bezüge des Kindes bleiben außer Betracht (vgl Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG, 2. Aufl. 2020, § 5, Rz 4).

Zu den Bezügen aus einer Kranken- und Unfallversorgung iSd § 25 Abs 1 lit c EStG 1988 zählt auch das Rehabilitationsgeld nach § 143a ASVG (vgl ).

Bei Ermittlung der eigenen Einkünfte eines Kindes iSd § 5 Abs 1 leg. cit. ist, wie sich aus der wörtlichen Auslegung dieser Bestimmung ergibt, grundsätzlich jeder Monat für sich zu betrachten. Eine derartige wörtliche Auslegung erweist sich aber nur in jenen Fällen als möglich, in welchen das Kind aus nichtselbständiger Arbeit Monatsbezüge erhält, die in den einzelnen Monaten im Wesentlichen gleich hoch sind (vgl Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG, 2. Aufl. 2020, § 5, Rz 5).

Die Frage, ob die Bf. in den streitgegenständlichen Jahren ein den Betrag von 10.000 Euro übersteigendes Einkommen erzielt hat, ist eine Vorfrage, die im Einkommensteuerverfahren derselben mit der Feststellung der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer (des im jeweiligen Jahr erzielten Einkommens) bereits rechtskräftig als Hauptfrage entscheiden wurde. Dieser Entscheidung kommt Bindungswirkung für das gegenständliche Verfahren zu (vgl. zur Bindungswirkung allgemein Ritz, BAO, 6. Aufl., § 116, Tz 5; Stoll, BAO, 1319).

3. Wird die Einkommensgrenze von 10.000 Euro überschritten, so muss lediglich der 10.000 Euro übersteigende Betrag im Falle einer Rückforderung (§ 26 Abs 1) refundiert werden. Diese "Einschleifspanne" liegt zwischen 10.001 Euro und der Summe aus 10.001 Euro plus Familienbeihilfen-Hochrechnungsbetrag in Bezug auf das Kalenderjahr.

Der Familienbeihilfen-Hochrechnungsbetrag ermittelt sich aus dem monatlichen Betrag der - im vorliegenden Fall - erhöhten Familienbeihilfe multipliziert mit der Anzahl der Monate, für die Familienbeihilfe bestanden hat.

Die Rückforderungshöhe bestimmt sich mit jenem Betrag, mit dem das Einkommen die 10.000 Euro-Grenze übersteigt.

4. Für die Antwort auf die Frage, ob die Einkommensgrenze des § 5 Abs 1 überschritten wurde, ist zufolge der gesetzlichen Anordnung, dass § 10 Abs 2 dabei nicht anzuwenden ist, hier eine Ex-post-Betrachtung zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres anzustellen. Dabei sind alle in dieses Kalenderjahr fallenden Zeiten zu berücksichtigen, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (vgl. mit Hinweis auf ).

5. Eine Vorfrage ist eine Frage, deren Beantwortung ein unentbehrliches Tatbestandselement für die Entscheidung der Hauptfrage im konkreten Rechtsfall bildet (zB ), ein vorweg zu klärendes rechtliches Moment, das für sich allein Gegenstand einer bindenden Entscheidung einer anderen Behörde bzw. derselben Behörde in einem anderen Verfahren ist (Ritz, BAO, 6. Aufl., § 116, Rz 1).

Eine Vorfrage ist somit eine Rechtsfrage, für deren Entscheidung die Behörde nicht zuständig ist, die aber für ihre Entscheidung eine notwendige Grundlage bildet. Bei der Vorfrage handelt es sich um eine Frage, die als Hauptfrage Gegenstand einer Absprache rechtsfeststellender oder rechtsgestaltender Natur ist (zB ; , 2005/15/0005).

5. Die Änderungsbefugnis ("nach jeder Richtung") ist durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (zB ; ; ).

6. Der Rückforderungsbescheid ist ein Sammelbescheid hinsichtlich der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages (Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG, 2. Aufl. 2020, § 26, Rz 11).

7. Die Rechtsmittelbehörde hat grundsätzlich von der Sachlage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen (zB ; ; ). Daher sind Veränderungen des Sachverhaltes idR zu berücksichtigen ().

8. Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag in näher angeführter Höhe zu. Werden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

9. Unstrittig ist, dass der Bf. im Streitzeitraum die Familienbeihilfe und der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe aufgrund ihrer vor dem 21. Lebensjahr eingetretenen dauernden Erwerbsunfähigkeit zusteht.

Zu prüfen ist, daher, ob die Bf. in den einzelnen Jahren die Einkommensgrenze des § 5 Abs 1 FLAG 1967 überschritten hat.

10. Die Familienbeihilfe inklusive Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe betrug 2015 308,90 Euro pro Monat. Im Jahr 2015 hat die Bf. das ganze Jahr hindurch Bezüge aus einer Krankenversorgung bezogen. Somit liegt die Einschleifspanne zwischen 10.001,00 Euro und 13.706,80 Euro (= 10.000,00 Euro + [308,90 Euro x 12 Monate]). Im Jahr 2015 betrugen die Einkünfte der Bf. 13.418,31 Euro (das vom 26.09.-31.12. bezogene Arbeitslosengeld iHv 2.820,76 Euro bleibt gemäß § 3 Abs. 5 EStG 1988 außer Ansatz). Die Rückforderung beträgt daher 3.418,31 Euro für das Jahr 2015. Der Ansicht der Bf., sie habe bis Krankengeld bezogen und führe dies zu keiner Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages, kann nicht gefolgt werden.

11. Die Familienbeihilfe inklusive Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe betrug 2016 und 2017 314,90 Euro pro Monat. In beiden Jahren hat die Bf. das ganze Jahr hindurch Bezüge aus einer Krankenversorgung bezogen. Somit liegt die Einschleifspanne zwischen 10.001,00 Euro und 13.778,80 Euro (= 10.000,00 Euro + [314,90 Euro x 12 Monate]).

Im Jahr 2016 betrugen die Einkünfte der Bf. 13.456,26 Euro. Die Rückforderung beträgt daher 3.456,26 Euro für das Jahr 2016.

12. Im Jahr 2017 betrugen die Einkünfte der Bf. 12.622,89 Euro. Die Rückforderung beträgt daher 2.622,89 Euro für das Jahr 2017.

13. Im Jahr 2018 hat das Finanzamt - aufgrund des am erlassenen Rückforderungsbescheides - lediglich für Jänner und Februar die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag rückgefordert. Für die Monate März bis Dezember wurden von der Bf. bisher keine Familienbeihilfe und kein Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe beantragt. Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist durch die Sache begrenzt. Somit darf das Bundesfinanzgericht lediglich über eine Rückforderung für Jänner und Februar 2018 entscheiden.

Das Bundesfinanzgericht hat von der Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen. Nunmehr steht fest, dass die Bf. im gesamten Jahr 2018 Bezüge aus einer Krankenversorgung bezogen und ein zu versteuerndes Einkommen iHv 11.600,26 Euro erzielt hat (ex post Betrachtung).

Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens bleibt das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, außer Betracht. Ob nun für die Zeiträume März bis Dezember 2018 Anspruch auf Familienbeihilfe und auf den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe besteht, ist, da die Bf. für diese Zeiträume bisher keinen Antrag gestellt hat, vom Bundesfinanzgericht als Vorfrage (iSd § 116 BAO) zu beurteilen.

Bei der Bf. wurde festgestellt, dass seit dem ein Grad der Behinderung iHv 50 % vorliegt und die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit vor dem vollendeten 21. Lebensjahr eingetreten ist. Somit liegen bei der Bf. die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe von März bis Dezember 2018 vor. Daher sind in die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens auch die Monate März bis Dezember einzubeziehen.

Für 2018 betrug die Familienbeihilfe inklusive Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe 321,00 Euro pro Monat. Somit liegt die Einschleifspanne zwischen 10.001,00 Euro und 13.852,00 Euro (= 10.000,00 Euro + [321,00 Euro x 12 Monate]).

Im Jahr 2018 betrug das Einkommen der Bf. 11.600,26 Euro, somit befindet sich dieses in der Einschleifspanne zwischen 10.001,00 Euro und 13.852,00 Euro. Wäre für das gesamte Jahr 2018 Familienbeihilfe und der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe gewährt worden, so betrüge die Rückforderung für 2018 1.600,26 Euro. Da § 5 Abs 1 FLAG 1967 von einer Betrachtung des Kalenderjahres ausgeht, ist die Rückforderung nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes somit entsprechend der in diesen Monaten erzielten Einkommen zu aliquotieren. Umgerechnet auf die Monate Jänner und Februar ergibt sich nunmehr eine Rückforderung iHv 258,67 Euro (= 1.600,26 Euro / 365 Tage x 59 Tage).

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

1. Im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe. Somit steht der Kinderabsetzbetrag in voller Höhe zu.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, da es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt und die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet sind.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100039.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at