Entgelte eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers - hier: DB- und DZ-Pflicht
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden MMag. Gerald Erwin Ehgartner und die weiteren Mitglieder Mag. Elisabeth Traxler, Mag. Petra-Maria Ibounig und Mag. Heinrich Witetschka in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BONAFIDE Treuhand- und Revisionsgesellschaft m.b.H., Berggasse 10, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Kalenderjahre 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Bei der Beschwerdeführerin (Bf) handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die (seit Juni 2001) im Alleineigentum des Herrn ***1*** steht, der (seit Juni 2001) auch ihr (alleiniger) Geschäftsführer ist.
Strittig ist - als Ergebnis einer Lohnsteuerprüfung (§ 86 Abs. 1 EStG 1988) -, ob die Entgelte, die der Geschäftsführer in den Jahren 2015-2019 von der Bf. erhalten hat, in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (§ 41 Abs. 3 FLAG) und des Zuschlages dazu (§ 122 Abs. 7 WKG 1998) einzubeziehen sind.
Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:
Zur Begründung der nunmehr angefochtenen Bescheide vom hat das Finanzamt auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO (vom ) verwiesen. In dieser Niederschrift hat das Finanzamt - soweit dies für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung ist - Folgendes ausgeführt: Aus der Buchhaltung der Jahre 2015-2019, Konto 771 "GF-Bezüge", gehe hervor, dass der zu 100% beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer, Herr ***1***, von der Bf monatlich € 700,00 (jährlich € 8.400,00) als Geschäftsführerhonorar erhalten habe, welches (in diesen Jahren) nicht in die Bemessungsgrundlage ua. für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages dazu einbezogen worden sei. Laut Schreiben (Mail) der steuerlichen Vertretung sei Herr ***1*** zwar Geschäftsführer, aber nicht in die betriebliche Organisation eingebunden. Aus den Einnahmen-Ausgabenrechnungen (Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen) der Jahre 2015-2019 sei ersichtlich, dass diese Geschäftsführerhonorare als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 versteuert worden seien.
Gemäß § 41 FLAG 1967 hätten den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigten. Darunter fielen auch Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988. Unter "Gehälter und sonstige Vergütungen" im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 würden alle Vergütungen von der GmbH an den Gesellschafter-Geschäftsführer, die für eine den Unternehmenszweck verwirklichende Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers geleistet würden, fallen. Die zivilrechtliche Gestaltung der Leistungsbeziehung sei dabei irrelevant, weil die Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG 1967 iVm § 22 Z 2 EStG 1988 auf die Art der Tätigkeit des an der Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligten nicht abstellen würde. Der Beurteilung der Einkünfte als solche nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 stehe es daher nach der Rechtsprechung nicht entgegen, wenn die Art der Tätigkeit, würde sie nicht gegenüber der Gesellschaft erbracht werden, eine andere Qualifikation der daraus erzielten Einnahmen, etwa nach § 22 Z 1 EStG 1988 oder § 23 EStG 1988, nach sich ziehen würde ( Zl. 2010/15/0121; vom , Zl. 2007/15/0181; vom , Zl. 2008/15/0083).
In der in der Niederschrift angesprochenen Mail (vom an das Prüfungsorgan) hat die Bf ua. ausgeführt, dass die Nachversteuerung (§§ 201 Abs. 2 Z 3, 303 BAO) deswegen nicht vorzunehmen sei, weil die Ermessensübung nach § 21 BAO (gemeint wohl: § 20 BAO) nicht berücksichtigt worden sei, weil es sich unbestrittenermaßen um geringfügige Beträge handle und daher kein Wiederaufnahmetatbestand vorliege.
Ihre dagegen eingebrachte Beschwerde vom hat die Bf wie folgt begründet: Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers, Herrn ***1***, in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages dazu einbezogen worden seien, und zwar deshalb, weil Herr ***1*** als Alleingesellschafter keinerlei Weisungen unterliege, was nach den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens vernünftig erscheine, weil er sich selbst wohl keine Weisungen erteilen könne.
Weiters hat die Bf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Senat beantragt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde abgewiesen und diese Entscheidung wie folgt begründet: Als Dienstnehmer iSd § 41 FLAG 1967 würden ua. an Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligte Personen, wenn die Beschäftigung in der Kapitalgesellschaft sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweise, gelten (Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Beteiligung von mehr als 25%). Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer habe in den Jahren 2015-2019 von der Bf Geschäftsführerhonorare in Höhe von (insgesamt) € 42.000,00 erhalten, die nicht in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. In diese Bemessungsgrundlage würden auch Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988 fallen, wobei die zivilrechtliche Gestaltung der Leistungsbeziehung zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter-Geschäftsführer irrelevant sei. Aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergäbe sich, dass die Bezüge fast aller Gesellschafter-Geschäftsführer lohnnebenkostenpflichtig seien. Das wesentliche Kriterium, auf das abgestellt werde, sei die Eingliederung des Gesellschafter-Geschäftsführers in den Betrieb. Dies sei bereits dann gegeben, wenn jemand für längere Zeit als Geschäftsführer tätig sei. Daher seien die Geschäftsführerbezüge (insgesamt € 42.000,00) der Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag hinzuzurechnen gewesen.
In ihrem Vorlageantrag vom hat die Bf Folgendes ausgeführt: Da kein wie immer geartetes Dienstverhältnis vorgelegen habe und auch Weisungsgebundenheit nicht denkmöglich sei, würden die angefochtenen Bescheide rechtswidrig erscheinen.
Weiters hat die Bf - wie bereits in der Beschwerde - die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Senat beantragt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Unstrittig ist, dass Herr ***1*** seit 2001 Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG 1967 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.
Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und Abs. 8 des Wirtschaftskammergesetzes (WKG) 1998, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967 gilt.
Nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Die Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 beschreibt das steuerrechtliche Dienstverhältnis mit zwei Merkmalen, nämlich der Weisungsgebundenheit einerseits und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers andererseits. Im Erkenntnis (eines verstärkten Senates) vom , Zl. 2003/13/0018, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass der Gesetzgeber mit dem Wort "sonst" in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 den Umstand der gesellschaftsvertraglich begründeten Freiheit des Geschäftsführers (oder in anderer Weise für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters) von jeder Fremdbestimmung ansprechen und damit das Merkmal der Weisungsgebundenheit als Tatbestandsvoraussetzung der Erzielung von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 beseitigen wollte. Das bedeutet, dass der Tatbestand des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 auch dann verwirklicht ist, wenn der Geschäftsführer (oder der in anderer Weise für die Gesellschaft tägige Gesellschafter) seine Tätigkeit nicht weisungsgebunden iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 ausübt. Der Einwand der Bf, dass Herr ***1*** seine Tätigkeit nicht weisungsgebunden bzw. nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt habe, steht daher der Beurteilung, dass er mit seinen von der Bf erhaltenen Entgelten Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 bezogen hat, nicht entgegen.
Im (bereits angesprochenen) Erkenntnis vom , Zl. 2003/13/0018, hat der Verwaltungsgerichtshof auch klargestellt, dass bei der Beurteilung, ob Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, dem Umstand, ob der Geschäftsführer (oder der in anderer Weise für die Gesellschaft tätige Gesellschafter) bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist, entscheidende Bedeutung zukommt. Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist nach dieser Rechtsprechung dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss, wobei die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung für die Eingliederung spricht. Unstrittig ist, dass Herr ***1*** seit dem Jahr 2001 - und damit: "kontinuierlich und über einen längeren Zeitraum" - die Funktion des Geschäftsführers ausübt. Das bedeutet, dass Herr ***1*** mit seinen von der Bf dafür erhaltenen Entgelten Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt und damit den Tatbestand des § 41 Abs. 3 FLAG 1967 verwirklicht hat.
Das Finanzamt hat seine bescheidmäßigen Festsetzungen auf § 201 Abs. 2 Z 3 BAO iVm § 303 BAO gestützt. Bei diesen Festsetzungen handelt es sich um Ermessensentscheidungen (Ritz, BAO, Kommentar, 6. Auflage, Tz 38 zu § 201; Zl. 2008/13/0232). Ermessensentscheidungen müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht und innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO). Unter Billigkeit ist nach der Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei" und unter Zweckmäßigkeit das "öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" zu verstehen (Ritz, BAO, Kommentar, Rz 7 zu § 20, und die dort angeführte Rechtsprechung). Vorrangig hat sich die Ermessensübung aber am Zweck der Norm zu orientieren. Für die (hier: sinngemäß anzuwendende Bestimmung über die) Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 303 BAO) bedeutet die Orientierung am Normzweck, dass das Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu beachten ist (Ritz, BAO, Kommentar, Rz 8 zu § 20). Aber auch aus dem Wortlaut des § 201 Abs. 1 BAO - "… keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist" - geht (eindeutig) hervor, dass auch diese Bestimmung vom Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) getragen ist. Die Beachtung des Prinzips der Gleichmäßigkeit der Besteuerung - sprich: der Normzweck der §§ 201, 303 BAO - spricht im gegenständlich Fall daher unstrittig für die bescheidmäßig erfolgten Festsetzungen.
Dass ein öffentliches Interesse an der Einbringung von Abgaben besteht, steht ebenfalls außer Zweifel, sodass auch die Zweckmäßigkeit zu bejahen ist.
Unter Berücksichtigung der (unstrittigen) Tatsache, dass mit dem oben mehrfach zitierten und aus dem Jahr 2004 stammenden Judikat eines verstärkten Senates hinreichend klargestellt wurde, dass Vergütungen jeglicher Art an an Kapitalgesellschaften wesentlich Beteiligten zu Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1998 (und damit auch: zur Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages dazu) führen und der Bf das Erkennen der Abgabepflicht zumutbar gewesen wäre, stehen den gegenständlichen bescheidmäßigen Festsetzungen auch keine Billigkeitsüberlegungen - sprich: berechtigte Interessen der Partei - entgegen (in diesem Sinn auch: Stoll, BAO, Kommentar, Seite 208). Es wäre mit § 20 BAO jedoch unvereinbar und die (sinngemäße) Wiederaufnahme des Verfahrens würde auf eine unrichtige Ermessensübung zurückgehen, wenn die die (sinngemäße) Wiederaufnahme des Verfahrens auslösenden, neu hervorgekommenen Tatsachen und die damit verbundenen Nachforderungen einerseits und die durch die Wiederaufrollung sich ergebenden Mehrsteuern andererseits in ihrem zahlenmäßigen Ausdruck überaus stark voneinander abweichen würden, der Wiederaufnahmegrund und seine steuerlichen Auswirkungen zur Gesamtnachforderung also außer jedem Verhältnis stünden (Stoll, BAO, Kommentar, Seite 2939). Das ist hier aber nicht der Fall, weil die gegenständlichen Nachforderungen - von geringfügigen und nur das Kalenderjahr 2019 betreffenden Abfuhrdifferenzen abgesehen - einzig und allein aus der neu hervorgekommenen Tatsache, dass die an den Alleingesellschafter und Geschäftsführer ausbezahlten Entgelte nicht in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages samt Zuschlag einbezogen wurden, resultieren. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die Ermessensübung des Finanzamtes daher als mit der Bestimmung des § 20 BAO in Einklang stehend und damit als rechtsrichtig.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verbietet bei Geringfügigkeit der neu hervorgekommenen Tatsachen die im Rahmen der Ermessensübung vorzunehmende Interessenabwägung in der Regel den Gebrauch der (sinngemäßen) Wiederaufnahmemöglichkeit ( Zl. 94/13/0032; vom , Zl. 90/14/0044; vom , Zl. 90/13/0238). Dass die Bf die Entgelte, die sie an ihren Alleingesellschafter und Geschäftsführer ausbezahlt hat, zur Gänze und in allen beschwerdegegenständlichen Kalenderjahren nicht in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages samt Zuschlag einbezogen hat, kann nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes nicht als "geringfügig" bezeichnet werden, auch nicht die auf diese Entgelte entfallenden Abgabenbeträge (Dienstgeberbeitrag pro Jahr: € 378,00, Zuschlag pro Jahr: € 33,60). Wollte man die genannten Abgabenbeträge - wie dies die Bf vermeint - tatsächlich als "geringfügig" bezeichnen, so käme dies im ggstdl. Fall einer - gesetzlich nicht vorgesehenen - Abgabenbefreiung für Bezüge nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 in Höhe von monatlich € 700,00 gleich. Wie bereits ausgeführt wurde, ist es Zweck sowohl der (hier sinngemäß anzuwendenden) Bestimmung über die Wiederaufnahme der Verfahren (§ 303) als auch der Festsetzung nach § 201 BAO, dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) Rechnung zu tragen. Ein Absehen von den beschwerdegegenständlichen Abgabennachforderungen würde diesem Prinzip nicht Rechnung tragen.
Die positive Ermessensübung steht daher nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes im Einklang mit den im gegebenen Zusammenhang maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen.
Der Beschwerde war daher der gewünschte Erfolg zur Gänze zu versagen.
Die Bf hat auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung dient nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dazu, bei der Aufklärung des (entscheidungsrelevanten) Sachverhaltes mitzuwirken und zu Beweisergebnissen Stellung zu nehmen ( Zl. 2013/15/0245). Dass bzw. in welcher Höhe der Gesellschafter-Geschäftsführer in den beschwerdegegenständlichen Kalenderjahren von der Bf Entgelte erhalten hat, steht außer Streit und bedarf daher keiner Aufklärung. Beweise wurden keine aufgenommen, sodass sich auch eine diesbezügliche Stellungnahme dazu erübrigt.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde daher Abstand genommen.
Zur Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG):
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nur dann zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet worden ist. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Entgelte an Kapitalgesellschaften wesentlich Beteiligter den Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zuzuordnen sind, gibt es eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die - soweit erkennbar - einheitlich ist. Das Bundesfinanzgericht ist davon nicht abgewichen.
Die Revision ist daher nicht zulässig.
Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 122 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 41 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100533.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at