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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.06.2021, RV/7101887/2019

Übernahme von Pflegekosten durch nahe Angehörige - Berechnung des vom Pflegling zu tragenden Eigenanteils

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache Bf., Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bf. (idF.: Bf.) bezieht Pensionseinkünfte. In der Erklärung zur Arbeiternehmerveranlagung 2016 machte sie den Abzug nachstehender außergewöhnlicher Belastungen geltend:

Über Aufforderung des Finanzamtes vom legte die Bf. mit Schreiben vom bezughabende Belege vor. Daraus geht hervor, dass die Krankheitskosten iHv. 1.734,48 € Aufwendungen betreffend die eigene Gesundheit der Bf. betreffen. Weiters ist aus den Unterlagen ersichtlich, dass die Bf. und ihre Schwester, BB, die für Krankenhaus- und Heimaufenthalte der am verstorbenen Mutter, CC angefallenen Kosten in Höhe von 19.466,03 € je zur Hälfte übernommen hatten. Laut Beschluss des BG XY vom unterblieb in der Verlassenschaftssache CC mangels den Wert von EUR 5.000,- übersteigenden Aktiven die Verlassenschaftsabhandlung.

Bei der Veranlagung der Bf. zur Einkommensteuer 2016 mit Bescheid vom fanden außergewöhnliche Belastungen nur im Betrag von € 5.989,47 vor Abzug eines Selbstbehaltes von € 2.714,48 Berücksichtigung. Begründend führte das Finanzamt aus:

…. Begräbniskosten inklusive Kränze und Blumen bzw. die Kosten eines Grabmals sind nach Erfahrungssätzen höchstens mit 5.000 € als zwangsläufig erwachsen anzuerkennen.

Begräbniskosten gehören zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten und sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten. Von den anzuerkennenden Aufwendungen (Bestattung 5.000,- + div. Gebühren und Notarkosten) waren daher die Aktiva der Verlassenschaft in Höhe von 2.508,93 € in Abzug zu bringen. Von den verbleibenden 2.984,46 wurden bei Ihnen 50% berücksichtigt.

Die Kosten für das Pflegeheim Ihrer Mutter stellen für Sie nur insoweit eine außergewöhnliche Belastung dar, als Ihre Mutter die angefallenen Kosten nicht aufgrund ihrer eigenen Einkünfte tragen kann.

Der von Ihrer Mutter absetzbare Betrag ist durch den Ausgleichszulagenrichtsatz von € 872,31mtl., das sind € 10.4762 (offenbar gemeint: € 10.467,72) im Jahr begrenzt, weil der Ausgleichszulagenrichtsatz betragsmäßig das lebensnotwendige Existenzminimum darstellt, das für Unterhaltsleistungen nicht herangezogen werden darf.

Berechnung: Einkommen der Mutter 10.114,50 € abzügl. 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes ergibt € 2.093,54 (richtig: € 8.020,96) an von der Mutter zu tragenden Kosten.

Von den gesamten Pflegekosten für Ihre Mutter in Höhe von 19.466,- ist eine Haushaltsersparnis von 1.883,52 sowie das Pflegegeld von 4.036,- in Abzug zu bringen. Von den verbleibenden Kosten von 13.546,48 sind Kosten in Höhe von 8.020,96 vom Pflegling, aufgrund vorgenannter Berechnung, selbst zu tragen, die restlichen Aufwendungen von 5.525,52 wurden bei Ihnen zu 50% berücksichtigt.

Mit Beschwerde vom beantragte die Bf. mit folgender Begründung, die außergewöhnlichen Belastungen in voller Höhe anzuerkennen:

Der mir in dem Einkommensteuerbescheid 2016 anerkannte Betrag iHv. EUR 5.989,47 ist für mich nicht nachvollziehbar. Die in der Begründung angeführten Angaben zu der Berechnung des anerkannten Betrags sind leider nicht ausführlich genug, sodass es mir nicht möglich ist, nachzuvollziehen, wie die belangte Behörde diesen Betrag errechnet hat. Weiters muss ich annehmen, dass die belangte Behörde von einer unrichtigen Annahme ausgegangen ist, die ich im Folgenden richtigstellen möchte:

Meine Mutter wohnte bis zur Spitalseinweisung am in ihrer eigenen Wohnung. Während dieser Zeit sind Kosten angefallen, wie zum Beispiel Kosten für die Wohnungserhaltung, Medikamente, Heilgymnastik und Pflege durch die Caritas, die sie in dieser Höhe selbst nicht mehr tragen hat können. Alleine für Medikamente sind Kosten entstanden, die den Betrag von € 1.000,00 weit überschritten haben. Bereits zu dieser Zeit musste ich meine Mutter in jeder Beziehung unterstützen, da die Caritas lediglich die Körperpflege meiner Mutter übernahm. Andere alltägliche Dinge, wie zum Beispiel einkaufen, habe ich übernommen.

Nach der notdürftigen Versorgung meiner Mutter im Krankenhaus ***3***, während dessen Aufenthalts meine Mutter sich vor Ort den Arm gebrochen hat, und der unzureichenden Pflege im Haus ***1***, während dieser Zeit wurden ihr Medikamente doppelt verabreicht, Infusionen wurden nicht aufgedreht, Wunden hat sie aufgrund mangelnder Fürsorge erlitten (wundsitzen/wundliegen), um nur einige Probleme aufzuzählen, war die erneute Verlegung in ein Spital unvermeidbar. In diesem wurden die eben beschriebenen Pflegemängel auch festgestellt.

Anschließend wurde meiner Mutter eine REHA bewilligt, die (sie) sodann im ***4*** in Anspruch genommen hat.

Aus diesem Grund ist die komplette Anrechnung des Pflegegeldes für zwei Monate Fremdversorgung, wobei während eines Spitalaufenthaltes bzw. einer REHA kein Pflegegeld ausbezahlt wurde, nicht richtig.

Eine Woche vor ihrem Tod mussten wir sie wieder in Spitalspflege geben, weil ich selbst nicht mehr in der Lage war, sie zu betreuen.

Mit Vorhalt vom führte das Finanzamt aus:

… Bei den anderen außergewöhnlichen Belastungen erfolgte eine Kürzung auf 2.762,76 €, die wie folgt berechnet worden ist: Von den gesamten Pflegekosten von 19.466.- € waren die Haushaltsersparnis von 1.883,52 € (für Verpflegung und Wohnkosten, die auf Grund der Pflege in einer Einrichtung erfolgt ist, nicht mehr zwangsläufig anfallen), sowie das Pflegegeld von 4.036.- € und die von der gepflegten Person zumutbar zu tragenden Kosten (Eigenanteil) von 8.020,96 € (siehe nachfolgende Berechnung dieses Betrages) in Abzug zu bringen: Es verbleibt ein Restbetrag von 5.525,52 €, der als zwangsläufig (auf Grund der zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung von Kindern ihren eigenen Eltern gegenüber) anzusetzen ist, wovon Ihnen auf Grund der Tragung des Hälfteanteiles 2.762,76 € als außergewöhnliche Belastung zustehen.

Berechnung des Eigenanteiles der gepflegten Person: 10.114,50 € Einkommen der gepflegten Person (It. übermittelten Lohnzettel), abzüglich von 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes (für anfallende Aufwendungen der privaten Lebensführung), das sind 2.093,54 €, ergibt einen Betrag von 8.020,96 €, das ist der zumutbare Eigenanteil für die eigenen Pflegekosten.

Zu Ihrem Einwand, dass für zwei Monate Pflege in einer Einrichtung das Pflegegeld für das gesamte Jahr in Abzug gebracht worden ist, wird mitgeteilt, dass auf Grund der gesetzlichen Regelung des § 34 Abs. 6 Teilstrich 6 behindertenbedingte Mehraufwendungen um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen zu kürzen sind. Eine Begrenzung des Abzuges des Pflegegeldes auf den Zeitraum, für den die pflegebedingten Aufwendungen geltend gemacht werden, wäre nur dann zulässig, wenn der pflegebedingte Aufwand Ihrer Mutter zumindest glaubhaft - wenn ein Nachweis nicht mehr möglich ist - gemacht werden kann.

Diesen Vorhalt beantwortete die Bf. mit Schreiben vom wie folgt:

Mein Einspruch richtet sich gegen die Berechnung des Eigenanteiles.

Meine Mutter, CC, lebte bis zum ersten Spitalsaufenthalt in ihrer Wohnung, wofür sie auch entsprechende Aufwendungen hatte (siehe beiliegende Kontoauszüge). Hiezu kam, dass sie viele Medikamente nehmen musste, für deren Bezahlung (Rezeptgebühr, etc.) sie selbst aufkam.

Weiters war es damals nicht absehbar, dass meine Mutter nach ihrem Spitalsaufenthalt in ***2*** nicht mehr zu sich nach Hause (in ihre Wohnung) kommen würde. Wäre nämlich das Spitalspersonal in ***2*** während ihres dortigen Aufenthaltes seiner nötigen Sorgfaltspflicht nachgekommen, hätte es zum Sturz im Badezimmer vor Ort nie kommen dürfen (man überließ eine 97-jährige Frau - meine Mutter - bei ihrer täglichen Körperpflege sich selbst).

Ich ersuche daher um Anerkennung der außergewöhnlichen Belastungen laut Antrag.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit nachstehender Begründung ab:

Bei den Begräbniskosten ist im angefochtenen Bescheid eine Kürzung auf € 1.492,23 erfolgt: € 5.000.- dürfen maximal als Kosten für ein einfaches und würdiges Begräbnis als zwangsläufig iSd § 34 EStG angesetzt werden. Zu diesem Betrag konnten noch die Portokosten von 343,57 € und die Gebühren von 149,82 € angesetzt werden. Davon mussten die Aktiva der Verlassenschaft (Vermögen) von 2.508,93 € in Abzug gebracht werden. Von dem so ermittelten Betrag von 2.984,46 € steht Ihnen der Hälftebetrag von 1.492,23 € als außergewöhnliche Belastung zu, da Sie nach Ihren Angaben in der Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung vom Juli 2017 bekannt gegeben haben, den Hälfteanteil dieser Aufwendungen getragen zu haben.

Bei den anderen außergewöhnlichen Belastungen erfolgte eine Kürzung auf € 2.762,76; die wie folgt berechnet worden ist: Von den gesamten Pflegekosten von € 19.466.- waren die Haushaltsersparnis von € 1.883,52 (für Verpflegung und Wohnkosten, die auf Grund der Pflege in einer Einrichtung erfolgt ist, nicht mehr zwangsläufig anfallen), sowie das Pflegegeld von € 4.036.- und die von der gepflegten Person zumutbar zu tragenden Kosten (Eigenanteil) von € 8.020,96 (siehe nachfolgende Berechnung dieses Betrages) in Abzug zu bringen: Es verbleibt ein Restbetrag von € 5.525,52, der als zwangsläufig (auf Grund der zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung von Kindern ihren eigenen Eltern gegenüber) anzusetzen ist, wovon Ihnen auf Grund der Tragung des Hälfteanteiles € 2.762,76 als außergewöhnliche Belastung zustehen.

Berechnung des Eigenanteiles der gepflegten Person: € 10.114,50 Einkommen der gepflegten Person (It. übermittelten Lohnzettel), abzüglich von 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes (für anfallende Aufwendungen der privaten Lebensführung), das sind € 2.093,54, ergibt einen Betrag von € 8.020,96, das ist der zumutbare Eigenanteil für die eigenen Pflegekosten.

Zu Ihrem Einwand, dass für zwei Monate Pflege in einer Einrichtung das Pflegegeld für das gesamte Jahr in Abzug gebracht worden ist, wurde im Ersuchen um Ergänzung vom mitgeteilt, dass auf Grund der gesetzlichen Regelung des § 34 Abs. 6 Teilstrich 6 behindertenbedingte Mehraufwendungen um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen zu kürzen sind. Eine Begrenzung des Abzuges des Pflegegeldes auf den Zeitraum, für den die pflegebedingten Aufwendungen geltend gemacht werden, wäre nur dann zulässig, wenn der pflegebedingte Aufwand Ihrer Mutter zumindest glaubhaft - wenn ein Nachweis nicht mehr möglich ist - gemacht werden kann.

In Ihrem Antwortschreiben vom sind Sie darauf nicht direkt eingegangen, sondern haben nur erwähnt, dass während eines Spitalsaufenthaltes Ihrer Mutter nicht absehbar war, dass Ihre Mutter nicht mehr in ihre Wohnung zurückkehren würde. Eine Abänderung der Anrechnung des Pflegegeldes ist daher nicht vorzunehmen.

Auf Ihr Vorbringen, wonach Ihrer Schwester bei deren Arbeitnehmerveranlagung die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen (die nach Ihren Angaben betragsmäßig ident sind) antragsgemäß anerkannt worden sind, ist nicht näher einzugehen, da ein Einkommensteuerbescheid keine Rechtswirkungen über die konkret veranlagte Steuererklärung bzw. bei einer Beschwerdevorentscheidung ebenso keine über die entschiedene Beschwerde hinausgehende Wirkung entfaltet.

Ihre Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Mit Vorlageantrag vom machte die Bf. geltend:

Ausgehend von den Berechnungen des Finanzamts bezüglich der von meiner verstorbenen Mutter, CC, selbst zu tragenden Kosten (Selbstbehalt), hätte sie in dem Zeitraum vom 01.01. bis , in welchem sie in ihrer Wohnung lebte und dementsprechende Kosten zu tragen hatte (bspw. Miete, Betriebs-, Lebenserhaltungs- und Pflegekosten), mit einem Betrag von rund EUR 210,-- auskommen und damit alle in diesen sieben Monaten anfallenden Kosten begleichen müssen.

Für mich ist daher folgende, vom Finanzamt vorgenommene Berechnung zu den von meiner Schwester und mir getragenen und eingereichten Aufwendungen iHv EUR 19.466,-, nicht logisch nachvollziehbar:

Meine Mutter habe im Zeitraum vom 01.01. bis ihre Pension (EUR 10.114,50) und ein Pflegegeld iHv EUR 4.036,-, gesamt EUR 14.150,50 bezogen. Davon werden folgende Beträge abgezogen: 20 % Haushaltsersparnis (EUR 1.883,52), das Pflegegeld (EUR 4.036,-) und ein Eigenanteil von EUR 8.020,96. Folglich hätte meine Mutter nach diesen Berechnungen mit rund EUR 210,- ihren Lebensunterhalt bewältigen müssen.

In dieser Zeit wird allerdings fälschlicherweise davon ausgegangen, dass meine Mutter über den gesamten Zeitraum in Pflege gewesen sei und daher die Wohnungs- und Erhaltungskosten nicht mehr zwangsläufig gewesen wären. Das stimmt so nicht!

Meine Mutter wohnte bis zu ihrer Einlieferung am in das Krankenhaus Wien ***3*** in ihrer Wohnung und musste bis dahin selbst für ihre Kosten aufkommen. Folglich sind die bis dahin angefallenen Kosten zweifelsfrei zwangsläufig gewesen. Auch jene, die danach angefallen sind, waren notwendig, da bis zum diesem Zeitpunkt () niemand vorhersehen bzw. davon ausgehen konnte, dass meine Mutter nicht mehr in ihre Wohnung zurückkehren würde.

Zwischen 25.07. und war meine Mutter mehrmals im Spital: ***3***, für eine REHA-Behandlung war sie im ***4*** und zwei Mal in der ***5***. Diese Aufenthalte werden vom Finanzamt fälschlicherweise als Pflegeaufenthalt gewertet. Einzig der Kurzzeitaufenthalt im Caritas-Pflegeheim, der aber alles andere als zufriedenstellend war (sie musste von dort wieder in ein Spital gebracht werden und eine ca. sechswöchige 24-Stunden-Pflege, die ich selbst bei mir zu Hause auf mich nahm, können als Pflegeaufenthalt gesehen werden.

Ich habe meine Mutter unter anderem deshalb ab dem zu mir nach Hause zur Pflege genommen, da meine Schwester zu dieser Zeit auf Urlaub und wir uns nach ihrer Rückkehr um eine 24-Stunden-Pflege in ihrer Wohnung bemühen wollten. Meine Mutter war 97 Jahre alt. Sie wurde bereits vor ihrer Spitalseinlieferung am , von mir und meiner Schwester zu Hause unterstützt und das wollten wir ihr auch danach wieder ermöglichen.

Meine Mutter war immer für uns Kinder da und es wäre für uns mit unserem Gewissen unvereinbar gewesen, sie gegen ihren Willen in einem Pflegeheim unterzubringen. Meine Mutter war seit der Entlassung vom ***4*** am ein 24-Stunden- Pflegefall, was mir allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht ausdrücklich mitgeteilt wurde.

Jedenfalls war ich am Tag ihrer Einlieferung in die ***5***, am , mittlerweile auch so geschwächt, dass ich sie nicht mal mehr zum WC bringen konnte. Ich wusste mir in diesem Moment einfach nicht mehr zu helfen. Eine Spitalsaufnahme war daher aus meiner Sicht unausweichlich.

Sie können davon ausgehen, dass ich das Geld lieber für einen Urlaub für mich, als für die ***5*** verwendet hätte. Aber es war an diesem Tag ein außergewöhnlicher Notfall von meiner Seite.

Ich ersuche hiermit, die beantragten Kosten entsprechend zu berücksichtigen und den Bescheid dahingehend abzuändern.

Laut Beilage zum Vorlageantrag stellten sich die Spitals- bzw. Pflegeaufenthalte der Mutter der Bf. im Zeitraum vom 25.07. bis wie folgt dar:

[…]

Das Finanzamt beantragte im Vorlagebericht vom die Abweisung der Beschwerde, da Begräbniskosten als bevorrechtete Nachlassverbindlichkeiten in erster Linie aus dem Nachlassvermögen zu bestreiten seien.

Hinsichtlich der Höhe des Kostenbeitrages der Bf. betreffend die Pflegeheim- und anderen Krankheitskosten der Mutter liege eine außergewöhnliche Belastung nur für jenen Betrag vor, den die Mutter aus eigenen Einkünften (einschließlich des Pflegegeldes) nicht bestreiten konnte, sodass von einer Unterhaltsverpflichtung der Bf. gegenüber der leiblichen Mutter auszugehen ist.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Berechnung der Begräbniskosten wurde von der Bf. im Vorlageantrag außer Streit gestellt.

Unstrittig ist weiters, dass für Aufenthalte der Mutter der Bf. in verschiedenen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im Zeitraum 25.7. bis Kosten im Betrag von € 19.466,00 anfielen, welche je zur Hälfte von der Bf. und ihrer Schwester getragen wurden.

Strittig ist lediglich, in welcher Höhe die Bf. diese Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen bzw. wie der von der Mutter zu tragende "Eigenanteil" der Pflegekosten zu berechnen ist.

§ 34 EStG 1988 in der für den Beschwerdezeitraum 2016 maßgebenden Fassung lautet auszugsweise:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen


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von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………………….…….
6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….……………………………
8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………...........................................
10%.
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..………………………...
12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt


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- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt
- für jedes Kind (§ 106).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.


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(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.
3. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010).
4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

Grundsätzlich können Kosten für Aufenthalte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nur nach Abzug einer Haushaltsersparnis für ersparte Verpflegungskosten steuerlich berücksichtigt werden. Nach Rz 887 LStR sind dafür 8/10 des Wertes der vollen freien Station gemäß Sachbezugsverordnung, das sind für das Jahr 2016 5,23 € täglich, anzusetzen (Jakom/Peyerl, EStG, 2018, § 34 Rz 90 Altersheim/Pflegeheim).

Überschreiten Krankheits- und Pflegekosten eines Elternteils dessen nach Abzug der Lebenshaltungskosten verbleibendes wirtschaftliches Nettoeinkommen, ist die Verwertung von Vermögen des Elternteils mangels eines solchen nicht möglich und kommen andere Unterhaltspflichtige nicht (ganz oder teilweise) zur Leistung in Betracht, ist das Kind im Rahmen des § 143 ABGB zur Unterhaltsleistung verpflichtet. Derartige Unterhaltsleistungen sind insoweit den nach § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 abzugsfähigen Unterhaltsleistungen zuzuordnen, als sie das nach Abzug der Lebenshaltungskosten und allfälliger sonstiger zwingender Aufwendungen zur Verfügung stehende Nettoeinkommen des Elternteils übersteigen (vgl. ).

Zum wirtschaftlichen Nettoeinkommen des Elternteiles zählen alle Einkünfte im betreffenden Veranlagungszeitraum, also nicht nur das steuerliche Nettoeinkommen, sondern zB. auch die Summe der Pflegegeldzahlungen. Davon abzuziehen wären allfällige zwingende Aufwendungen. Das kann zB. bei entsprechendem Nachweis sonstige Krankheitskosten betreffen, welche vom Elternteil selbst getragen wurden.

Zur Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten erachtet das Bundesfinanzgericht die vom Bund den Pensionsbeziehern in Form der Ausgleichszulage gewährte bedarfsorientierte Mindestsicherung als geeignete Größe, um den Mindestaufwand für die Lebensführung bei alleinstehenden Personen, welche eine Pension beziehen, zu ermitteln (). Der Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende (§ 293 Abs. 1 lit. a ASVG) betrug für das Jahr 2016 882,78 € monatlich.

Wenn der eigene Haushalt während der Krankenhaus- oder Pflegeheimaufenthalte des Pfleglings nicht aufgegeben wurde, ist als Maßstab für die Lebenshaltungskosten des Pfleglings nicht 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes, sondern der volle Ausgleichszulagenrichtsatz anzusetzen (vgl. ).

Die bei der Bf. als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Unterhaltsleistungen sind daher wie folgt zu berechnen:

1) Eine Haushaltsersparnis von den Pflegekosten ist nicht für ein gesamtes Jahr, sondern nur für die Anzahl der Tage, an denen die Mutter sich tatsächlich außerhalb ihrer Wohnung in Pflege befand, abzuziehen:

25.7. bis = 109 Tage x 5,23 € = 570,07 € Haushaltsersparnis

2) Der Ermittlung des von der Mutter zu tragenden Eigenanteils der Pflegekosten ist neben dem steuerlichen Jahresnettoeinkommen (10.114,50 €) auch die Summe der Pflegegeldzahlungen (4.036,00 €) zugrundezulegen.

Ein verwertbares Vermögen der Mutter war nach der Aktenlage nicht vorhanden (siehe von der Bf. vorgelegter Gerichtsbeschluss betreffend das Unterbleiben einer Verlassenschaftsabhandlung).

3) Das Vorbringen der Bf. im Vorlageantrag, nach Berechnung des Finanzamtes hätte ihre Mutter im Ergebnis mit rund € 210,00 (gemeint: jährlich) ihren Lebensunterhalt bewältigen müssen, ist unzutreffend. Vielmehr wurden vom Finanzamt - offenbar unter der Annahme eines ganzjährigen Aufenthaltes der Mutter in Pflegeeinrichtungen unter Aufgabe der eigenen Wohnung - 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes, das sind € 2.093,54 jährlich bzw. € 156,96 monatlich, als Betrag zur Abdeckung der notwendigen Lebenshaltungskosten angesetzt.

4) Da sich die Mutter der Bf. im Veranlagungszeitraum 2016 nicht unter Aufgabe der eigenen Wohnung in Pflegeeinrichtungen befand, sondern unter Aufrechterhaltung der eigenen Wohnung kurzfristig in verschiedenen Krankenhäusern untergebracht war, sind zur Berücksichtigung des notwendigen Lebenshaltungskosten der Mutter von ihren Einkünften nicht 20% des Ausgleichszulagenrichtsatzes, sondern der volle Ausgleichszulagenrichtsatz für 10 Monate und 12 Tage als Beitrag zur Deckung der notwendigen Lebenshaltungskosten in Abzug zu bringen:

(882,78 x 10 =) 8.827,80 + (29,43 x 12 =) 353,16 = 9.180,96 €

Ein Nachweis allfälliger zwingender Aufwendungen, welche von der Mutter selbst getragen wurden, wurde im Beschwerdefall, wie das Finanzamt zutreffend ausführte, nicht erbracht.

Die abzugsfähigen Unterhaltsleistungen berechnen sich somit wie folgt:

Die außergewöhnlichen Belastungen vor Abzug des Selbstbehaltes betragen somit insgesamt 10.189,91 €.

Der Beschwerde war daher teilweise stattzugeben und der angefochtene Bescheid wie in dem beiliegenden Berechnungsblatt dargestellt, abzuändern.

Zulässigkeit der Revision

Gegen das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Erkenntnis weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt eine solche Rechtsprechung oder ist eine Rechtsfrage zu lösen, die in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101887.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at