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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.06.2021, RV/7103769/2017

Einwendungen gegen den Feststellungsbescheid sind im Verfahren gegen den abgeleiteten Bescheid nicht zulässig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***2*** vom hinsichtlich Grundsteuermessbescheid zum (Hauptveranlagung mit Wirksamkeit ab gem. § 20 GrStG 1955), ***3***, zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt

Am ergingen der "Einheitswertbescheid zum Hauptfeststellung mit Wirksamkeit ab " sowie der "Grundsteuermessbescheid zum Hauptveranlagung mit Wirksamkeit ab (§ 20 GrStG 1955)."

Der rechtsfreundliche Vertreter führt in seiner Beschwerde gegen den spruchgegenständlichen Bescheid unter anderem aus (Hervorhebungen durch das BFG):

"...II.

Die Einschreiterin hat den Einheitswertbescheid zum hinsichtlich der Grundstücke ***4*** vom zugestellt erhalten; dies mit der Festsetzung eines Einheitswertes von 173,09 €, gerundet € 150.

Weiters wurde ihr der Grundsteuermessbescheid vom vom zugestellt.

Innerhalb offener Frist erhebt die Einschreiterin das Rechtsmittel der

Beschwerde

gegen diese beiden Bescheide. Dies mit folgender Begründung:

Die Einschreiterin hat die von der Hauptfeststellung (Einheitswertbescheid) bzw. Hauptveranlagung (Grundsteuermessbescheid) mit Wirksamkeit ab betroffenen Grundflächen bereits mit Übergabsvertrag vom ***5*** an ihre Töchter übertragen. Die Einschreiterin ist damit nicht mehr Eigentümerin der von den angesprochenen Bescheiden betroffenen Grundflächen. Auf die Beilagen (Übergabsvertrag und Grundbuchsbeschluss) wird höflich hingewiesen.

Gestellt wird der

Antrag

den Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid mit Hauptfeststellung/Hauptveranlagung mit Wirksamkeit jeweils ab zu Einheitswert Aktenzeichen ***6***, jeweils vom ersatzlos zu beheben."

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Im dagegen mit Schriftsatz vom eingebrachten Vorlageantrag ergänzt die steuerliche Vertretung ihre Argumentation dahingehend, dass der dem gegenständlich angefochtenen Grundsteuermessbescheid vom zugrundeliegende Einheitswertbescheid vom der Beschwerdeführerin gegenüber noch nicht wirksam geworden sei, da dieser fristgerecht bekämpft worden und über die erhobene Beschwerde - nach wie vor - noch keine Entscheidung getroffen worden sei. Da der Grundlagenbescheid noch nicht rechtskräftig sei, greife die Beschränkung des Berufungsrechts gegen abgeleitete Bescheide nach § 252 BAO nicht.

Aus diesem Grund sei die von der belangten Behörde ausgesprochene Zurückweisung der Beschwerde über den Grundsteuermessbescheid vom unberechtigt.

Weiters wird darauf verwiesen, dass sich aus den angefochtenen Bescheiden vom eindeutig ergeben würde, dass diese zum Zwecke der "Hauptveranlagung mit Wirksamkeit ab (§ 20 GrStG 1995) bzw. zum Zwecke der Hauptfeststellung der Einheitswerte mit Wirksamkeit ab ergangen seien. Dies ergäbe sich bereits aus der Kopfzeile der beiden angesprochenen Bescheide.

Es gehe gegenständlich nicht um die Frage, ob Frau ***Bf1*** am noch Liegenschaftseigentümerin gewesen sei, sondern um die Frage, ob eine Hauptfeststellung (der Einheitswerte) bzw. eine Hauptveranlagung (des Grundsteuermessbetrages) mit Wirksamkeit ab (!) noch durchgeführt werden dürfe, wenn die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt seit mehr als einem halben Jahr nicht mehr Eigentümerin dieser Liegenschaftsflächen sei und dieser Umstand den Abgabenbehörden auch bekannt gegeben worden sei. Wenn die Voraussetzungen für eine Zurechnungsfortschreibung vorliegen, müsse von Amtswegen eine solche Fortschreibung mit Wirksamkeit zu Beginn des folgenden Jahres vorgenommen werden.

Die Beschwerdeführerin stelle daher und wiederholt an das Bundesfinanzgericht den

antrag

den angefochtenen Grundsteuermessbescheid zum vom ersatzlos zu beheben.

Das ***7***, nunmehr ***FA***, legte gegenständliche Beschwerde am mit folgender Sachverhaltsdarstellung vor:

"Sachverhalt:

Die Beschwerde vom gegen den Grundsteuermessbescheid zum vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Verweis auf die einschränkenden beschwerdeverfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 252 BAO abgewiesen.

Im Vorlageantrag vom vermeint die Vertreterin der Beschwerdeführerin (Bf.) unter Verweis auf Ritz, BAO2, § 252 Tz 3, und die dort zitierte Rechtsprechung des VwGH, dass die Beschränkung des "Berufungsrechtes" nach § 252 BAO im gegenständlichen Fall deshalb nicht greife, weil eine Abweisung nach dieser Bestimmung voraussetze, dass der Grundlagenbescheid (Anm.: Einheitswertbescheid zum mit Wirkung ab ) dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden sei.

Der dem gegenständlich angefochtenen Grundsteuermessbetrag zugrunde liegende Einheitswertbescheid vom sei aber gegenüber der Bf. nicht wirksam geworden, da dieser fristgerecht bekämpft und über die erhobene Beschwerde noch keine Entscheidung getroffen wurde."

Das Finanzamt hat hiezu folgende Stellungnahme abgegeben:

"Stellungnahme:

Gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, soweit nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Gemäß § 191 Abs. 1 lit. a BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 186 (Einheitswertbescheide) an denjenigen, dem die wirtschaftliche Einheit zugerechnet wird.

Feststellungsbescheide wirken bei einheitlicher Feststellung von Einheitswerten (§ 186 BAO) gegen alle, die am Gegenstand der Feststellung (an der wirtschaftlichen Einheit) beteiligt sind (Ritz, BAO5, § 191 Tz 3). Wirksam werden solche Bescheide den Genannten gegenüber nur dann, wenn sie ihnen auch zugestellt wurden (§ 97 Abs. 1 lit. a BAO).

Aufgrund der Aktenlage kann ausgeschlossen werden, dass der Einheitswertbescheid zum vom der Bf. nicht zugestellt geworden wäre.

Gemäß § 246 Abs. 2 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen Feststellungsbescheide und Grundsteuermessbescheide jeder befugt, gegen den diese Bescheide gemäß § 191 Abs. 3, 4 und 5 und gemäß § 194 Abs. 5 wirken.

Gemäß § 254 BAO wird durch die Einbringung einer Bescheidbeschwerde die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt.

Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit Beschwerdevorentscheidung abzusprechen. Aufgrund der Aktenlage kann ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Beschwerde gegen den Einheitswertescheid zum der Bf. nicht zugestellt geworden wäre.

Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist der Beschwerdeführer und jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt, befugt (§ 264 Abs. 2 BAO).

Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Spruch des Einheitswertbescheides zum vom mit der Zustellung an die Bf. gegenüber dieser wirksam wurde und die Einbringung der Bescheidbeschwerde bzw. des Vorlageantrages die Wirksamkeit des angefochtenen Einheitswertbescheides bzw. die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht hemmt.

Das Vorbringen der Vertreterin der Bf. im Vorlageantrag, dass eine Abweisung gemäß § 252 BAO voraussetze, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist, geht daher aufgrund des Vorliegens dieser Voraussetzung ins Leere. Die Rechtskraft des Grundlagenbescheides ist für die Anwendung der einschränkenden beschwerdeverfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 252 BAO nicht Voraussetzung (Ritz, BAO5, § 252 Tz 1). Es wird daher die Abweisung der Beschwerde beantragt."

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronischen vorgelegten Aktenteile des Einheitswertaktes ***3***.

3. Rechtliche Beurteilung

Bei den streitgegenständlichen Grundstücken handelt es sich unstrittig um inländische Grundstücke, weshalb das Grundsteuergesetz 1955 zur Anwendung kommt.

Demensprechend wurde der Grundsteuermessbetrag mittels Grundsteuermessbescheid (Hauptveranlagung) vom , welcher mit dem Feststellungsbescheid (Hauptfeststellung des Einheitswertes) vom gleichen Tage einherging, festgesetzt.

Der bekämpfte Bescheid wurde vom Grundlagenbescheid, welcher gegenüber der Bf., iSd § 97 Abs.1 lit.a BAO, durch Zustellung wirksam geworden sind, abgeleitet.

Gegenteiliges wird auch nicht behauptet. Die steuerliche Vertretung führt in der Beschwerde aus, "Die Einschreiterin hat den Einheitswertbescheid zum hinsichtlich der Grundstücke ***4*** vom zugestellt erhalten; …..Weiters wurde ihr der Grundsteuermessbescheid vom vom zugestellt."

§ 252 Abs. 1 bis 3 BAO schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. Abs. 1 und 2 gelten auch für abgeleitete Erstbescheide. Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (zB ; ; ; in ), was das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom auch getan hat. Eine Zurückweisung - wie im Vorlageantrag ausgeführt - ist hingegen nicht erfolgt. Eine solche Abweisung setzt voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist () (vgl. Ritz, BAO6, § 252 Rz 3).

Wie das Finanzamt zutreffend ausführt, ist die Rechtskraft des Grundlagenbescheides nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit der einschränkenden beschwerdeverfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 252 BAO (Ritz, BAO5, § 252 Tz 1).

Die Beschwerde befasst sich mit dem Fehlen eines Rechtsgrundes für die Erlassung des Grundsteuermessbescheides in Zusammenhang mit der Erlassung des Einheitswertbescheides (Hauptfeststellung), wonach eine Hauptfeststellung (der Einheitswerte) bzw. eine Hauptveranlagung (des Grundsteuermessbetrages) mit Wirksamkeit ab mit Wirkung für die Bf. nicht mehr durchgeführt werden dürfe, wenn die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt seit mehr als einem halben Jahr nicht mehr Eigentümerin dieser Liegenschaftsflächen sei und dieser Umstand den Abgabenbehörden auch bekannt gegeben worden sei.

Da somit Einwendungen gegen im vorgenannten Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen vorgebracht werden, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Dabei war nicht schädlich, dass dieser Grundlagenbescheid mit Beschwerde bekämpft wurde. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 295 Abs. 1 BAO ist abzuleiten, dass abgeleitete Bescheide selbst vor Erlassung des jeweiligen Grundlagenbescheides ergehen dürfen (z.B. ; ; in ).

Dazu wird ausgeführt, dass das diesbezügliche Verfahren zu RV/7103091/2017 beim BFG anhängig ist und das diesbezügliche Erkenntnis unter einem ergeht.

Lediglich als obiter dicta wird dazu folgendes bemerkt:

Nach § 20 Abs. 1 BewG werden die Einheitswerte für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in Zeitabständen von je neun Jahren allgemein festgestellt (Hauptfeststellung).

Nach § 20 Abs. 2 BewG werden der Hauptfeststellung die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres (Hauptfeststellungszeitpunkt) zugrunde gelegt.

Nach § 20c Bewertungsgesetz 1955 ist die gemäß § 20 in Verbindung mit § 20a und § 20b zum vorgesehene Hauptfeststellung der Einheitswerte für wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und der Betriebsgrundstücke gemäß § 60 Abs. 1 Z 2 ist zum durchzuführen, wobei § 20 Abs. 3 sinngemäße Anwendung findet.

Dementsprechend sind der Hauptfeststellung zum die (Eigentums-) Verhältnisse zum zugrunde zu legen und die aufgrund des Übergabsvertrages vom ***5*** eingetretenen Änderungen hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse im Rahmen einer (Zurechnungs-)Fortschreibung zum zu berücksichtigen.

4. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Erkenntnis orientiert sich an der bestehenden Rechtslage und Rechtsprechung. Eine Rechtsfrage von besonderer Bedeutung liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 252 Abs. 1 bis 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103769.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at