Bestandvertrag von zunächst bestimmter und dann unbestimmter Dauer, wenn der Vertrag in einem bestimmten Zeitraum nur aus einzelnen Gründen, deren Realisierung unwahrscheinlich ist, aufgelöst werden kann
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kuhn Rechtsanwälte GmbH, Elisabethstraße 22, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren 2018, ErfNr. ***1***, Steuernummer 10 - ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf
1. Gebührenanzeige
Am wurde dem (damaligen) Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten, kurz FA) von der ***Bf1*** (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) ein am zwischen ihr als Bestandgeberin und der ***2*** AG (kurz ***2***) als Bestandnehmerin abgeschlossener Bestandvertrag über eine näher bezeichnete Geschäftsfläche im Einkaufszentrum ***3*** angezeigt, der beim FA unter ErfNr. ***1*** erfasst wurde.
2. Gebührenbescheid
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für den gegenständlichen Bestandvertrag gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG eine Gebühr ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € 3.447.600,00 mit € 34.476,00 gegenüber der Bf. fest.
Das Finanzamt begründete dies wie folgt:
"Solange der Vertrag von beiden Vertragsteilen unkündbar ist, gilt er als auf bestimmte Dauer abgeschlossen. Darüber hinaus ist ein Vertrag auf unbestimmte Dauer gegeben."
3. Beschwerde
Die Beschwerde vom richtet sich gegen die Höhe der festgesetzten Gebühr.
Bei dem Bestandvertrag (Beilage ./1) handle es sich um einen über ein Bestandobjekt (Geschäftsflächen) in einem Einkaufszentrum. Dieser Bestandvertrag regle in dessen Punkten 5 und 20 die Bestandzeit und Auflösbarkeit.
In Punkt 5.1 des Bestandvertrages sei zunächst geregelt, dass das Bestandverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und beide Parteien den Bestandvertrag zu jedem Quartalsende unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist mittels eingeschriebenen Briefs aufkündigen könnten.
Weiters sei in Punkt 5.1 vereinbart, dass der Bestandgeber dieses Kündigungsrecht aus den in § 30 MRG genannten Gründen oder aus wichtigen Gründen, die in dem Vertrag vereinbart sind, ausüben könne, während der Bestandnehmer sich verpflichte, von seinem Kündigungsrecht innerhalb der ersten 10 Jahre des Bestandverhältnisses keinen Gebrauch zu machen.
In Punkt 20 des Bestandvertrages sei die Vertragsauflösung aus wichtigem Grund geregelt. Wenn die in Punkt 20.1 angeführten wichtigen Gründe vorliegen, sei der Bestandgeber berechtigt, den Bestandvertrag ohne Einhaltung von Fristen und Terminen aufzulösen.
Damit erweise sich aber der Bestandvertrag als einer der gebührenrechtlich als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen anzusehen ist, weil
- der Bestandvertrag tatsachlich auf unbestimmte Dauer abgeschlossen sei;
- der Bestandnehmer zwar auf 10 Jahre auf die Ausübung seines Kündigungsrechts verzichte;
- der Bestandgeber den Bestandvertrag aber aus den Gründen des § 30 MRG kündigen und bei Vorlegen im Vertrag aufgezählter wichtiger Gründe ohne Einhaltung von Fristen und Terminen auflösen könne.
Gemäß Anfragebeantwortung des Finanzamts fü Gebühren und Verkehrsteuern vom zu AZ 37/2009 (Beilage . /2) sei das Bestandverhältnis in seiner Dauer selbst dann unbestimmt, wenn ein Bestandvertrag zwar auf bestimmte Dauer abgeschlossen wird, aber vor Ablauf der vereinbarten Dauer von jedem der beiden Vertragsteile oder auch nur von einem von ihnen beliebig aufgelöst werden kann; diese beliebige Auflösbarkeit liegt vor, wenn alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. (2) MRG angewendet werden können. Im vorliegenden Fall sei das Bestandverhältnis auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und die Kündigung durch den Bestandgeber nicht auf einzelne, im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Falle eingeschränkt, sondern beziehe sich das Kündigungsrecht des Bestandgebers auf alle Kündigungsgründe des § 30 MRG (und darüber hinaus auf wichtige Gründe).
Die Anfragebeantwortung vom fuße auf der ständigen Judikatur des VwGH (90/15/0034), die in der neueren Judikatur des VwGH (Ra 2017/16/0111, Ra 2015/16/0072) ausdrücklich zitiert und aufrechterhalten werde.
Damit erweise sich die Vorschreibung einer Bestandvertragsgebühr des Bestandzinses für mehr als 3 Jahre (sondern offenbar für 13 Jahre) als rechtswidrig.
4. Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt begründete die Entscheidung in einer gesonderten Begründung vom wie folgt:
"Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandvertragen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht.
Grundsätzlich steht es den Vertragsparteien im Sinne der Vertragsautonomie frei, den Inhalt des MRG oder Teile davon zum Vertragsinhalt zu machen. Maßgeblich für die Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer ist unter anderem, dass keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten vorliegt, was laut Rechtsprechung des VwGH etwa bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG gegeben ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann allerdings dann noch von einer Beschränkung auf einzelne im Vertrag genannte Kündigungsmöglichkeiten gesprochen werden, wenn nicht alle im § 30 Abs. 2 genannten Kündigungsgründe vereinbart werden. Im gegenständlichen Fall wurden zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG fixiert, jedoch kann die Bestandgeberin nicht auf alle in § 30 Abs. 2 MRG festgehaltenen Kündigungsgründe zurückgreifen.
Dazu ist zu auszuführen, dass sich § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG auf Wohnungen beziehen und daher im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommen. Ebenso scheiden die Z 2, 9, 10, 11, 12, 13, 14, und 15 auf Grund des Sachverhaltes von vornherein aus. Die denkmöglichen Kündigungsgründe beschränken sich somit auf die Z 1, 3, 4 und 7 des § 30 Abs. 2 MRG, welche allesamt ein Fehlverhalten des Bestandnehmers voraussetzen. Die der Bestandgeberin zur Verfügung stehenden Kündigungsrechte sind daher nicht derart umfassend, dass von einem auf den Abschluss eines unbefristeten Bestandverhältnis gerichteten Vertragswillen auszugehen ist.
Die der Verpächterin zuzuordnenden Kündigungsgründe sind also nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Pachtvertrages gegeben ist, weshalb im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957 die grundsätzlich vereinbarte Bindung der Vertragsparteien durch die im Vertrages bezeichnete Kündigungsmöglichkeit nicht aufgehoben werden kann (vgl. GZ. RV/7100693/2015).
Aufgrund des Vertragsinhaltes ist daher von bestimmter Dauer mit anschließender unbestimmter Dauer auszugehen.
Aus den vorgenannten Gründen war die Beschwerde abzuweisen."
5. Vorlageantrag
Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung erstattete die Bf. kein ergänzendes Vorbringen.
6. Vorlage der Beschwerde an das BFG
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Darin verwies das FA auf die in der Beschwerdevorentscheidung vertretene Rechtsansicht und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
7. Übergang der Zuständigkeit auf die GA 1062
Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses wurde (ua) die gegenständliche Rechtssache zum Stichtag gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der unbesetzten Gerichtsabteilung 7015 abgenommen und der Gerichtsabteilung 1062 zur Bearbeitung zugeteilt.
8. Beweisaufnahme durch das BFG
Von der nunmehr zuständigen Richterin des Bundesfinanzgerichtes wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr. ***1*** und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Am haben die Bf. als Bestandgeberin und ***2*** als Bestandnehmerin einen Bestandvertrag über eine im Vertrag näher bestimmte Geschäftsfläche im Einkaufszentrum ***3*** (kurz EKZ) durch Unterzeichnung der Vertragsurkunde abgeschlossen.
Der schriftliche Vertragstext entspricht den übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien bei Abschluss des Bestandvertrages.
Die über den Bestandvertrag errichtete Vertragsurkunde hat auszugsweise folgenden Inhalt:
"…
5. Bestandzeit
5.1 Das Bestandverhältnis beginnt mit der Übergabe des Bestandsobjektes und wird auf die unbestimmte Dauer abgeschlossen.
Beide Vertragsparteien können den Bestandsvertrag zu jedem Quartalsende unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist aufkündigen mittels eingeschriebenen Briefs.
Der Bestandgeber kann diese Kündigung jedoch nur aus den in § 30MRG genannten Gründen oder aus wichtigen Gründen die in diesem Vertrag vereinbart sind, ausüben.
Der Bestandnehmer verpflichtet sich von seinem Kündigungsrecht innerhalb der ersten zehn Jahre des Bestandverhältnisses keinen Gebrauch zu machen.
5.2 Der Bestandgeber kann das Bestandverhältnis während der gem. Punkt 5.1 vereinbarten Bestandszeit bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unbeschadet Punkt 20. dieses Vertrages bei Vorliegen eines der im Folgenden aufgezahlten Gründe beenden.
5.3 Beendigungserklärungen können von den Vertragsparteien auch außergerichtlich wirksam erklärt werden.
…
19. Untervermietung, Weitergabe
19.1 Dem Bestandnehmer wird jedoch das Recht eingeräumt diesen Bestandsvertrag, mit all seinen Rechten und Pflichten innerhalb des ***6***-Konzerns weiterzugeben, solange der Bestandszweck des Vertrages erfüllt wird.
19.2 Der Bestandnehmer ist ferner berechtigt, das Bestandsobjekt ganz oder teilweise in Unterbestand zu geben oder Dritten die Mitbenutzung zu gestatten. In jedem Fall der Unterbestandgabe bleibt der Bestandnehmer für die Einhaltung der Bestimmungen des Bestandsvertrages, insbesondere auch des vereinbarten Verwendungszweckes uneingeschränkt verantwortlich.
19.3 Der Bestandgeber ist berechtigt, die ihn aufgrund dieses Bestandvertrages treffenden Rechte und Pflichten auf Dritte zu übertragen, wobei er verpflichtet ist, dies dem Bestandnehmer binnen 30 Tagen ab Rechtswirksamkeit der Übertragung mitzuteilen. Der Bestandnehmer erklärt, aus einer derartigen Rechteübertragung, auch wenn diese in einem Wechsel der Gesellschafter/Geschäftsführer der Bestandgebergesellschaft besteht, keine Rechtsfolgen abzuleiten oder geltend zu machen.
20. Vertragsauflösung aus wichtigem Grund
20.1. Der Bestandgeber ist berechtigt, diesen Bestandvertrag ungeachtet der abgeschlossenen Dauer ohne Einhaltung von Fristen oder Terminen aufzulösen, wenn der Bestandnehmer:
- mit Entgeltzahlungen trotz schriftlicher Mahnung und Nachfristsetzung von 14 Tagen im Rückstand ist, wobei die Auflösung des Bestandvertrages auch wirksam mit Räumungsklage erklärt werden kann,
- den Bestandgegenstand, die der gemeinsamen Verwendung und Benützung dienenden Bereiche und technischen Anlagen unbefugt benutzt oder diese an Dritte weitergibt und dieses Verhalten trotz schriftlicher Abmahnung und Nachfristsetzung belbehalten und nicht unterlassen wird;
- sich gegenüber dem Bestandgeber, dessen Angestellten und Bediensteten, Kunden oder Besuchern des Freizeit- und Erlebnisshopping Centers oder anderen Bestandnehmern oder dessen Angestellten gegenüber grob ungebührlich verhalt und dieses ungebührliche Verhalten trotz schriftlicher Mahnung und Setzung einer angemessenen, mindestens 14-tagigen Nachfrist nicht einstellt;
- ein Insolvenzverfahren eröffnet, oder mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wird;
- wiederholte Male Exekutionen im Bestandobjekt durchgeführt werden oder ein Zwangsverwalter eingesetzt wird.
Dem Verhalten des Bestandnehmers ist dasjenige seiner Bediensteten und sonst für Ihn tätig werdenden Personen (Lieferanten u.s.w.) gleichzustellen, sofern er nicht unverzüglich geeignete Maßnahmen zum Abstellen und Vermeidung von Wiederholungsfällen trifft.
…"
Inhalt der Auskunft des Finanzamtes vom , Aktenzahl AZ 37/2009
Adressat der schriftlichen Auskunft des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern Wien vom war die ***4***.
Die Auskunft bezieht sich auf eine "Allgemeine Anfrage zur Selbstberechnung der Vertragsgebühr bei Mietverträgen auf bestimmte Dauer vom , Fr. ***5***" [Anmerkung: diese Anfrage wurde von der Bf. nicht vorgelegt und ist deren Inhalt somit nicht aktenkundig].
Der Inhalt der Auskunft lautete wie folgt [Hervorhebungen im Original]:
"Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind die wiederkehrenden Leistungen bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes zu bewerten. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen.
Eine bestimmte Dauer liegt vor, wenn nach dem Vertragsinhalt beide Parteien auf eine bestimmte Zeit an das Vertragsverhältnis gebunden sind. Ist ein Bestandvertrag der Form nach auf bestimmte Zeit abgeschlossen, kann er jedoch vor Ablauf der vereinbarten Dauer von jedem der beiden Vertragsteile oder auch nur von einem von ihnen beliebig aufgelöst werden, ist das Bestandverhältnis in seiner Dauer unbestimmt.
Bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG liegt ein Vertrag von unbestimmter Dauer vor (VwGH 17,9,1990, 90/15/0034). Ein auf bestimmte Dauer abgeschlossener Vertrag, der ein Kündigungsrecht nur für einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle vorsieht (z.B. §§ 1117, 1118 ABGB), bleibt ein Vertrag auf bestimmte Dauer.
…
Auf die Gebührenrichtlinien (Erlass des BMF vom 22,2.2007, GZ. 010206/0201-VI/5/2006) darf verwiesen werden. Diese sind auf der HP des BMF (www.bmf.gv.at/Steuern/Fachinformation/Richtlinien Steuerrecht) abrufbar.
Diese Auskunft ergeht nicht in Bescheidform, weshalb ein Rechtsmittel dagegen unzulässig ist. Es werden damit keine über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehenden Rechte oder Pflichten begründet. Eine Verbindlichkeit kann die Auskunft - im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben - nur unter bestimmten Voraussetzungen erlangen.
Näheres dazu finden Sie in einem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom
, BMF-01Q103/0023-VI/2006, Richtlinien zum Grundsatz von Treu und Glauben.
https: //findok.bmf.gv.at/findok/link?cz=%22BMF-010103%2F0023-VI%2F2006% 22&fassung=20060406&bereich=bmfseg"
Beweiswürdigung
Zu den - unstrittigen - Sachverhaltsfeststellungen gelangte das Bundesfinanzgericht durch die Einsicht in die vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile. Es liegt keinerlei Hinweis dafür vor, dass der Inhalt der Urkunde nicht dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entspricht, zumal die Bf. kein dem entgegenstehendes Vorbringen erstattet hat.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Rechtslage
Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird gemäß § 17 Abs. 2 GebG bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.
Gemäß § 33 TP 5 Z. 1 GebG 1957 unterliegen Bestandverträge (§§ 1090ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Wert.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.
§ 30 Mietrechtsgesetz (kurz MRG) bestimmt Folgendes:
"§ 30 (1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.
(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn
1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;
2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;
3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;
4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;
5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;
6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;
7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;
8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;
9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;
10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;
11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;
13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;
14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.
(3) Eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen soll, ist rechtsunwirksam. Überdies kann der Vermieter, der das Miethaus durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, aus dem Grund des Abs. 2 Z 8 nur kündigen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Erwerbung und dem Kündigungstermin mindestens zehn Jahre liegen. Ein Miteigentümer kann die Kündigungsgründe des Abs. 2 Z 8 bis 11 überdies nur geltend machen, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist."
Erwägungen
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass zwischen der Bf. und ***2*** ein Bestandvertrag iSd § 33 TP 5 Abs. 1 GebG über eine bestimmte Geschäftsfläche im Einkaufszentrum ***3*** abgeschlossen wurde, für den im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch die Vertragsparteien die Gebührenschuld entstanden ist.
Ebenso unstrittig ist die Höhe des jährlichen Entgelts samt Nebenkosten.
Strittig ist lediglich die Vertragsdauer.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht entgegensteht. Ein nach seinem Wortlaut auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist als ein Vertrag auf vorerst bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist.
Ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten vermögen die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben ().
Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. und 0112 mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages (etwa als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen), sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich ().
Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. , mwN).
Kündigungsgründe nach § 30 MRG
Die Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, weshalb in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. , und ).
Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. auch nochmals und 0112; , ).
Das Bundesfinanzgericht hat sich erst jüngst mehrfach mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG vereinbart haben, sich aus den übrigen Vertragsbestimmungen bzw. aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können. Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe verbleiben, wurden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt. Siehe dazu ua die folgenden Erkenntnisse:
; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; , 7103456/2020.
Die gegen die Entscheidungen , , , , sowie eingebrachten außerordentlichen Revisionen wurden vom Verwaltungsgerichtshof ebenso zurückgewiesen (siehe , , , , und ) wie die gegen eingebracht ordentliche Revision (siehe ).
Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen die Entscheidung eingebrachten Beschwerde abgelehnt (vgl. und E 1740/2017).
Der gegenständliche Mietvertrag wurde zwar laut Punkt 5.1 auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Allerdings verzichtet die Bestandnehmerin innerhalb der ersten 10 Jahre von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch zu machen. Das heißt, die Bestandnehmerin ist jedenfalls 10 Jahre an den Vertrag gebunden.
Es ist daher für die Gebührenbemessung entscheidend, ob der Vertrag vom Bestandgeber in den ersten 10 Jahren nur aus besonderen, gewichtigen Gründen, deren Verwirklichung unwahrscheinlich ist, gekündigt werden kann.
Punkt 5.1. enthält eine Regelung, die das Kündigungsrecht des Bestandgebers insofern einschränkt, als dieser nur aus den in § 30 MRG genannten Gründen oder aus den im Vertrag genannten wichtigen Gründen (diese sind im Punkt 20 aufgezählt) kündigen kann.
Wie vom Finanzamt bereits in der Beschwerdevorentscheidung zu Recht ausgeführt wurde, beziehen sich § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG auf Wohnungen und kommen daher im gegenständlichen Fall nicht in Betracht.
Die Kündigungsgründe der Z 2, 10, 11, und 12 des § 30 Abs. 2 MRG scheiden hier aus, weil der vereinbarte Mietzins nicht in Dienstleistungen der Bf. besteht, der Bestandgegenstand nicht zur Unterbringung von Arbeitern, … benötigt werden kann, der Mietgegenstand nicht dem Bund, einem Bundeland oder einer Gemeinde gehört, kein Untermietverhältnis begründet wurde.
Damit verbleiben nur mehr die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z. 1, 3, 4, 7, 9, 13, 14 und 15.
Der gegenständliche Bestandvertrag hat eine Geschäftsfläche in einem Einkaufszentrum zum Gegenstand und handelt es sich bei der Bestandgeberin um eine juristische Person, bei der eine Kündigung wegen Eigenbedarf nach § 30 Abs. 2 Z. 9 MRG nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes voraussetzen würde, dass die juristische Person die von ihr vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zweckes, also für ihren Betrieb, dringend benötigt (vgl. mit Judikaturhinweisen).
Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z. 14 MRG würde voraussetzen, dass eine ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses aus den (erhöhten) Hauptmietzinsen nicht auf Dauer sichergestellt werden kann und dass eine baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt wird. Es liegt keinerlei Anhaltspunkt dafür vor, dass diese Voraussetzungen auf die gegenständliche Liegenschaft innerhalb der ersten 10 Jahre ab Vertragsabschluss zutreffen werden.
Auch die Verwirklichung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG erscheint äußerst unwahrscheinlich, setzt dieser doch eine Abtragung oder einen Umbau des Miethauses im öffentlichen Interesse voraus.
Die unter Punkt 20 im Vertrag für eine Auflösung aus wichtigem Grund für die Vermieterin genannten Gründe ergeben sich ebenso wie die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z. 1, 3, 4, und 7 aus der Verletzung von Vertragspflichten bzw qualifiziertem Fehlverhalten des anderen Vertragspartners, womit die Kündigungsrechte von der Vermieterin nicht nach Belieben ausgeübt werden können und vielmehr jeglichem Einfluss entzogen sind. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlverhaltens vor.
Nach dem Gesamtbild ist im gegenständlichen Fall gerade kein schrankenloses Kündigungsrecht vereinbart worden und sind die der Bestandgeberin zuzuordnenden Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer Auflösung des Mietvertrages innerhalb der ersten zehn Jahre gegeben ist.
Die vertragliche Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten führen daher im gegenständlichen Fall dazu, dass eine Bindung der Vertragsparteien für eine bestimmte Dauer von 10 Jahren besteht und erst anschließend ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vorliegt.
Weitergaberecht
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0072 klargestellt, dass die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/16/0017, vertretene Ansicht, durch Ausüben des vertraglich vereinbarten Weitergaberechts könne die Vertragspartei den Bestandvertrag auflösen, nicht aufrechterhalten wird (vgl. auch ).
Der Verwaltungsgerichthof unterscheidet in seiner jüngsten Rechtsprechung zwischen dem Präsentationsrecht und dem Weitergaberecht ().
Ein Präsentationsrecht enthält nur die Verpflichtung etwa des Vermieters gegenüberdem Mieter, unter gewissen Bedingungen mit einem vom Mieter vorgeschlagenen geeignetenDritten einen Vertrag gleichen oder bestimmten anderen Inhaltes abzuschließen (OGH28.06.2000, 6 Ob 258/99f). Ein solches in einem Bestandvertrag eingeräumtes Präsentationsrecht bewirkt inder Regel, dass von einer unbestimmten Vertragsdauer im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG auszugehen ist (). Ein Weitergaberecht berechtigt zur Übertragung der Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis auf einen Dritten, ohne dass es einer (weiteren) Erklärung des Bestandnehmers bedarf. Mit Ausübung des Weitergaberechtes kommt es zur Vertragsübernahme durch den neuen Mieter, die ohne weitere Erklärung durch den Vermieter erfolgt. Eine Auflösung des Vertrages wird dadurch nicht bewirkt ().
Der gegenständliche Vertrag enthält in Punkt 19.1 ein Weitergaberecht (und kein Präsentationsrecht) für die Bestandnehmerin, dass noch dazu auf Gesellschaften des ***6***-Konzern eingeschränkt ist. Auch bei Übertragung der Rechte und Pflichten aus dem Bestandvertrag durch den Bestandgeber kann die Bestandnehmerin keine Rechtsfolgen daraus ableiten oder gelten machen (siehe Punkt 19.3). Das Weitergaberecht berechtigt somit nicht zur Auflösung des Vertrages innerhalb der ersten 10 Jahre und hat daher keine Auswirkung auf die Lösung der Frage, ob ein Vertrag von unbestimmter oder bestimmter Dauer vorliegt.
Zum Hinweis auf die Auskunft vom zur AZ 37/2209
Der VwGH schützt in der Regel kein Vertrauen in die Richtigkeit von Erlässen (z.B.VwGH20.09.1995,95/13/0011;,95/14/0035;,94/13/0045;22.05.200299/15/0199;,2007/15/0253), sondern nur in die Richtigkeit von Rechtsauskünften im Einzelfall durch die zuständige Abgabenbehörde (z.B. ; , 2008/15/0054).
Die Auskunft vom zur AZ 37/2209 ist weder an die Bf., noch an die Bestandnehmerin adressiert und hat keinen konkreten Bezug zum gegenständlichen Bestandvertrag. Die Auskunft verweist im Betreff überdies auf die Selbstberechnung der Vertragsgebühr und wurde hier gerade keine Selbstberechnung der Bestandvertragsgebühr vorgenommen, sondern der Vertrag beim FA angezeigt.
Außerdem ist hier die Festsetzung einer Abgabe gegenständlich und besteht dabei kein Ermessensspielraum, der eine Berücksichtigung einer allfälligen Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben erlauben würde (vgl zur identen Auskunft auch ).
Die in der in der Auskunft angesprochenen Gebührenrichtlinien (die für das BFG mangels normativer Kraft nicht bindend sind) lauten auszugsweise wie folgt:
"Ein seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag ist gebührenrechtlich als solcher auf bestimmte Dauer anzusehen, wenn das Vertragsverhältnis vor Ablaufeiner bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist."
Rz 711 GebG:
"Eine unbestimmte Vertragsdauer liegt vor, wenn auch nur ein Vertragspartner in der Lage ist, den Vertrag jederzeit aufzulösen, wobei einzelne bestimmt bezeichnete Gründe, unberücksichtigt bleiben."
"Im Falle einer uneingeschränkten Kündigungsmöglichkeit liegt grundsätzlich ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor. Ebenso liegt bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ein Vertrag von unbestimmter Dauer vor ( 90/15/0034). Nähere Ausführungen siehe Rz 710."
In diesem Erkenntnis hat der VwGH - nach Vornahme der Einzelfallprüfung - entschieden, dass aufgrund des eingeräumten Präsentationsrechtes (und nicht aufgrund der Anführung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs.2 MRG) ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag vorliegt.
Hinzu kommt, dass in Rz 705 ausdrücklich auf Rz 710 verwiesen wird, wonach Bestandverträge dann, als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen zu gelten haben, wenn die Vereinbarung auf unbestimmte Zeit lautet oder eine Vereinbarung über die Dauer fehlt und auch sonst im Vertrag kein Anhaltspunkt enthalten ist, auf welche Dauer sich die Vertragsparteien binden wollten (vgl. dazu auch ).
Wie bereits oben ausgeführt haben sich im gegenständlichen Fall beide Vertragsparteien für die ersten 10 Jahre gebunden, zumal die Bestandnehmerin einen Kündigungsverzicht für diesen Zeitraum abgegeben hat und die der Bestandgeberin zuzuordnenden Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur sind, dass die Wahrscheinlichkeit einer Auflösung des Bestandvertrages in diesem Zeitraum gegeben ist.
Die Festsetzung der Gebühr wurde vom Finanzamt daher zu Recht vom 13-fachen des Jahresentgelts (10 Jahre bestimmte Dauer und 3 Jahre für die anschließende unbestimmte Dauer) vorgenommen.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist geklärt, dass die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nicht entgegen steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. ua. ; ). Die Gewichtung und Wahrscheinlichkeit der Realisierung der hier im konkreten Einzelfall vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe ist eine Tatfrage.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 30 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100449.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at