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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.02.2021, RV/6100380/2018

Bestimmte Dauer bei einem befristeten Bestandvertrag über ein Geschäftslokal in einem Einkaufszentrum trotz Kündigungsmöglichkeit nach § 30 MRG - Verlängerungsoption bei Einräumung eines Vorpachtrechtes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den vorläufigen Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren 2018, ErfNr. ***1***, Team 22, StNr. 10-***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert wie folgt.

Die Gebühr wird gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig festgesetzt mit € 38.634,81
(1% einer Bemessungsgrundlage iHv € 3.863.481,22).

Soweit durch dieses Erkenntnis ein Mehrbetrag der Abgabe festgesetzt wird, ist dieser Betrag (€ 600,00) gemäß § 93a BAO iVm 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monats nach Zustellung des Erkenntnisses fällig.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Gebührenanzeige

Am wurde dem (damaligen) Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, kurz FA) ein am zwischen der ***2*** Vermietung GmbH (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) als Verpächterin und der ***3*** ***4*** GmbH (kurz ***3***) als Pächterin abgeschlossener "1. Nachtrag zum Pachtvertrag vom über eine Geschäftsfläche im ***2*** Einkaufszentrum ***5***" (kurz "1. Nachtrag") angezeigt, der beim FA unter ErfNr. ***1*** erfasst wurde.

2. Ermittlungen des Finanzamtes über das zu entrichtende Bruttoentgelt

Über Vorhalt des Finanzamtes gab die steuerliche Vertreterin der Bf. dem FA am bekannt, dass der Pachtzins monatlich brutto € 13.342,43, die Werbekosten monatlich brutto € 1.732,24 und die Betriebskosten monatlich brutto € 4.647,46 betragen würden.

3. vorläufiger Gebührenbescheid

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für den gegenständlichen "1. Nachtrag" gemäß § 200 Abs. 1 BAO iVm § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG vorläufig eine Gebühr ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € 3.8003.481,22 iHv € 38.034,81 gegenüber der Bf. fest.

Das Finanzamt begründete dies wie folgt:

"Da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabenpflicht noch ungewiss ist, erfolgt die Vorschreibung vorläufig.

Die vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten waren bei der Vertragsdauer zu berücksichtigen.

Auf Grund des umsatzabhängigen Entgelts erfolgt die Vorschreibung vorläufig.

Durch die Änderung des Tops von 20 auf 25 war auch die Zeit ab Übersiedlung in das neue Geschäftslokal bis zum bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen."

4. Beschwerde

Die Beschwerde vom richtet sich gegen die Höhe der festgesetzten Gebühr.

Es sei zur Berechnung der Rechtsgeschäftsgebühr unrichtigerweise der sechzehnfache Jahreswert der vertraglich vereinbarten Zahlungen zugrunde gelegt worden. Richtigerweise wäre von einem aus gebührenrechtlicher Sicht unbefristeten Vertragsverhältnis ohne Berücksichtigung der Verlängerungsmöglichkeit auszugehen und somit die Gebühr auf Grundlage des dreifachen Jahreswertes zu berechnen.

Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 MRG

Der gegenständliche Pachtvertrag sei als unbefristet anzusehen, da die Parteien in Punkt 4 des Nachtrages die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit für den Verpächter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 30 MRG vereinbart hätten. Grundsätzlich stehe es den Vertragsparteien im Sinne der Vertragsautonomie frei, den Inhalt des MRG oder Teile davon zum Vertragsinhalt zu machen. Maßgeblich für die Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer sei ua, dass keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten vorliegt, was laut herrschender Judikatur (insbesondere ) etwa bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG gegeben ist (BFG, RV/7102166/2012). Nach der Judikatur des VwGH könne nur dann von einer Beschränkung auf einzelne im Vertrag genannte Kündigungsmöglichkeiten gesprochen werden, wenn nicht alle denkmöglichen im § 30 Abs 2 genannten Kündigungsgrunde vereinbart werden (vgl BFG, RV/5100753/2013). Gemäß Punkt 4.3. Teil A des Vertrages seien, inter alia, sämtliche denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 MRG vereinbart worden. Da also der VwGH zur Annahme eines unbefristeten Vertrages bereits die Vereinbarung der denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG als ausreichend erachte, sei es völlig unerheblich, wie viele der in § 30 Abs 2 MRG genannten Kündigungsgründe auf den gegenständlichen Vertrag theoretisch anwendbar sind. Ausschlaggebend sei, dass von den theoretisch auf den gegenständlichen Vertrag anwendbaren Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG auch alle vertraglich vereinbart und nicht etwa abbedungen sind. Das vom Finanzamt ins Treffen geführte Erfordernis eines "schrankenlosen Kündigungsrechts" bestehe nicht.

Vereinbarung eines Vorpachtrechts

Unabhängig von der gebührenrechtlichen Beurteilung, ob ein Bestandvertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer vorliegt, sei jedenfalls die Verlängerungsmöglichkeit, welche in Punkt 4 Abs. 2 enthalten ist (sog. "Vorpachrecht"), nicht als "Option, d.h. ein Recht durch einseitige Erklärung das Bestandverhältnis zu verlängern" ausgestaltet, sondern als zweiseitig ausgestalteter Rechtsakt in Form einer beidseitig unterzeichneten Verlängerungsvereinbarung. Laut Rechtsinformation des Unternehmensserviceportals (https://www.usp.gv.at/Portal.Node/usp/public/content/steuern und finanzen/weitere steuern und abgaben/45034.html) sei nur eine Verlängerungsoption, die durch eine einseitige Vertragserklärung gezogen werden kann, von vornherein, also nach Vertragsunterzeichnung, in die Gebührenbemessung mit einzubeziehen. Da im gegenständlichen Nachtrag ein zweiseitiger Rechtsakt notwendig sei, um die Pachtdauer einmalig um weitere fünf Jahre zu verlängern, sei die Verlängerungsmöglichkeit gebührenrechtlich erst nach tatsachlichem Abschluss einer Verlängerungsvereinbarung zu berücksichtigen.

5. Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt begründete die Entscheidung in einer gesonderten Begründung vom wie folgt:

"Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandvertragen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht.

Grundsätzlich steht es den Vertragsparteien im Sinne der Vertragsautonomie frei, den Inhalt des MRG oder Teile davon zum Vertragsinhalt zu machen. Maßgeblich für die Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer ist unter anderem, dass keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten vorliegt, was laut Rechtsprechung des VwGH etwa bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG gegeben ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann allerdings dann noch von einer Beschränkung auf einzelne im Vertrag genannte Kündigungsmöglichkeiten gesprochen werden, wenn nicht alle im § 30 Abs. 2 genannten Kündigungsgründe vereinbart werden. Im gegenständlichen Fall wurden zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG fixiert, jedoch kann die Bestandgeberin nicht auf alle in § 30 Abs. 2 MRG festgehaltenen Kündigungsgründe zurückgreifen.

Dazu ist zu auszuführen, dass sich § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG auf Wohnungen beziehen und daher im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommen. Ebenso scheiden die Z 2, 9, 10, 11, 12, 13, 14, und 15 auf Grund des Sachverhaltes von vornherein aus. Die denkmöglichen Kündigungsgründe beschränken sich somit auf die Z 1, 3, 4 und 7 des § 30 Abs. 2 MRG, welche allesamt ein Fehlverhalten des Bestandnehmers voraussetzen. Die der Bestandgeberin zur Verfügung stehenden Kündigungsrechte sind daher nicht derart umfassend, dass von einem auf den Abschluss eines unbefristeten Bestandverhältnis gerichteten Vertragswillen auszugehen ist.

Die der Verpächterin zuzuordnenden Kündigungsgründe sind also nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Pachtvertrages gegeben ist, weshalb im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957 die grundsätzlich vereinbarte Bindung der Vertragsparteien durch die im Vertrages bezeichnete Kündigungsmöglichkeit nicht aufgehoben werden kann (vgl. GZ. RV/7100693/2015).

Vorbestandrecht: Wenn dieses Recht im vorliegenden Vertrag auch nicht Optionsrecht, sondern Vorbestandrecht genannt wurde, so ist dieses Recht in der Ausgestaltung einem Optionsrecht gleich. Vom Bestandgeber wurde dem Bestandnehmer das Recht eingeräumt, nach Ablauf der ersten Vertragsperiode den Vertrag um 5 Jahre zu verlängern zu den Vereinbarungen des bestehenden Bestandvertrages. Aus dieser Formulierung im Punkt4. Zweiter Absatz des Bestandvertrages geht eindeutig hervor, dass der Bestandnehmer die einseitige Möglichkeit der Laufzeitverlängerung zu den bestehenden Vertragsvereinbarungen hat. Für die Vertragsverlängerung ist entgegen den Ausführungen des Bf kein neuer Vertragsabschluss notwendig, keine neue Willenseinigung der Vertragspartner, sondern nur eine einseitige Erklärung des Bestandnehmers (vgl. GZ RV/7102981/2015).

Aus den vorgenannten Gründen war die Beschwerde abzuweisen."

6. Vorlageantrag

Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung führte die Bf. ergänzend aus:

Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 MRG

Es sei völlig unerheblich, wie viele der in § 30 Abs 2 MRG genannten Kündigungsgründe auf den gegenständlichen Vertrag theoretisch anwendbar sind, solange grundsätzlich alle denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 MRG vereinbart sind. Die Begründung des Finanzamts scheine ein auf den konkreten Sachverhalt nicht eingehender "Standardtext" zu sein, welcher auf eine maximal oberflächliche, flüchtige Durchsicht der seitens der Beschwerdeführerin vorgebrachten Begründung schließen lasse.

Bei der Vereinbarung des Kündigungsrechts gemäß § 30 MRG (anders als bei vertraglich vereinbarten Kündigungsgründen bzw sog "ausdrücklich bezeichnete Einzelfalle oder "Sonderkündigungsfalle") sei entgegen der Auffassung des Finanzamtes keine Einzelfallprüfung vorzunehmen. In der Entscheidung vom , 90/15/0034 gehe der VwGH aufgrund eines Präsentationsrechtes des Mieters von einem unbefristeten Vertrag aus. Genau diese Vertragsauflösungsmöglichkeit ("Sonderkündigungsfall") werde einer Prüfung der Realisierbarkeit nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit unterzogen und eine klare Trennung zu den Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG vorgenommen. Wenn schon die Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG - unter Berücksichtigung der Herausforderungen des aufkündigenden Vermieters bei der erfolgreichen Durchsetzung seiner Anliegen - die Annahme eines unbefristeten Vertrages rechtfertige, so müsse es umso mehr für die Vereinbarung eines Präsentationsrechts ("argumentum a maiori ad minus") gelten (, S 3). Ohne Zweifel ergebe sich aus der Judikatur des VwGH, dass bereits die bloße Vereinbarung aller denkmöglichen, im Einzelfall nicht zu prüfenden Kündigungsgründe des MRG als ausreichend anzusehen ist. Es sei daher nicht darauf abzustellen, wie wahrscheinlich es ist, dass einer der gesetzlichen Gründe tatsachlich auch eintritt.

Dem sei auch der Unabhängige Finanzsenat gefolgt ():

"Da [...] im gegenständlichen Mietvertrag auch sämtliche Kündigungsgründe des § 30 MRG vereinbart wurden, liegt hier nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor".

Darüber hinaus sei festzuhalten, dass es sich bei den Kündigungsgründen gemäß § 30 Abs 2 MRG um eine bloß demonstrative Aufzählung handelt. Den Vertragsparteien stehe es frei, zusätzliche Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs 2 Z 13 MRG (vgl. 4.2 Teil B des Vertrages) vorzusehen. Dabei überlasse es der Gesetzgeber den Vertragsparteien, die wichtigen und bedeutsamen Kündigungsgründe zu definieren (zB Kündigungsrecht der Verpächterin im Falle der Verletzung der Betriebspflicht durch die Pächterin gemäß 4.2 Teil B lit d) Z 6. des Vertrages). Ein Kündigungsgrund könne jedoch auch aufgrund der Generalklausel gem § 30 Abs 1 MRG verwirklicht sein, soweit keine der Spezialtatbestande des § 30 Abs 2 MRG vorliegen. Diese habe nicht die Aufgabe, fehlende Merkmale der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG zu ersetzen, sondern dient dazu, vom Gesetz sonst nicht erfasste, aber an Gewicht den Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG gleichwertige Sachverhalte zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0070192).

Vereinbarung eines Vorpachtrechts

Die vertragliche Regelung bestimme unmissverständlich, dass nach rechtzeitiger Mitteilung durch den Pächter, von seinem Vorpachtrecht Gebrauch zu machen, jedenfalls noch "eine Verlängerung des Pachtverhältnisses ... abgeschIossen" wird, womit klargestellt sei, dass es formell noch eines beiderseitigen Rechtsaktes, also der Unterzeichnung einer Verlängerungsvereinbarung bedarf.

Aus dem oben angeführten Grund sei die mit dem Vorpachtrecht verbundene "Verlängerungszeit" nicht für die Bemessungsgrundlage der Vertragsgebühr zur berücksichtigen.

7. Vorlage der Beschwerde an das BFG

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Darin verwies das FA auf die in der Beschwerdevorentscheidung vertretene Rechtsansicht und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

8. Übergang der Zuständigkeit auf die GA 1062

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses wurde (ua) die gegenständliche Rechtssache zum Stichtag gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der unbesetzten Gerichtsabteilung 7015 abgenommen und der Gerichtsabteilung 1062 zur Bearbeitung zugeteilt.

9. Beweisaufnahme durch das BFG

Von der nunmehr zuständigen Richterin des Bundesfinanzgerichtes wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr. ***1*** und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Am haben die Bf. als Verpächterin und ***3*** als Pächterin einen Pachtvertrag über das Geschäftslokal Top Nr. 20 (mit einer Fläche von ca. 555 m2) im Einkaufszentrum ***5*** abgeschlossen. Das Pachtverhältnis begann am Tag der Übergabe des Pachtgegenstandes am und wurde auf die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen. Das Pachtverhältnis sollte daher am durch Zeitablauf enden. Dieser Vertrag wurde beim FA unter ErfNr. 92-***6*** angezeigt und vergebührt.

Am unterzeichnete ***3*** und am die Bf. die gegenständliche Vertragsurkunde mit der Bezeichnung "1. Nachtrag zum Pachtvertrag vom , ErfNr. ***6*** über eine Geschäftsfläche im Einkaufszentrum ***5***" (kurz 1. Nachtrag".

Der schriftliche Vertragstext entspricht den übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien bei Abschluss des sog. "1. Nachtrages".

Mit diesem "1. Nachtrag" vereinbarten die Vertragsparteien eine "Verlegung des Pachtgegenstandes" innerhalb des ***2*** Einkaufszentrum ***5*** von Top 20 (mit einer Fläche von ca. 555 m2) nach Top 25 mit einem Flächenausmaß von 704,16 m2 beginnend mit und eine "Verlängerung des Pachtvertrages".

Die Vertragsurkunde "1. Nachtrag" hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"…

2. Verlegung des Pachtgegenstandes

Die Vertragsparteien vereinbaren, den Pachtgegenstand einvernehmlich beginnend mit vom bisherigen Pachtgegenstand Top Nr. 20 in den neuen Pachtgegenstand Top Nr. 25 zu verlegen. … Die Top Nr. 25 hat ein Flächenausmaß von ca. 704,16 m2.

… Am Tag der vertragskonformen Rückgabe des bisherigen Pachtgegenstandes Top Nr. 20 enden alle Zahlungsverpflichtungen betreffend Top Nr. 20 (Pachtzins, Betriebskosten, Werbekosten).

3. Ausstattung Pachtflache neu, Kostenersatz

… Der Pächter übernimmt den Pachtgegenstand Top Nr. 25 in dem Zustand, wie er am liegt …

Als Ablöse für den Bauzustand sowie die Betriebs- und Geschäftsausstattung des Pachtgegenstandes Top Nr. 25, näher beschrieben in Beilage ,/3, verpflichtet sich der Pächter zur Bezahlung eines einmaligen pauschalen Betrages in der Hohe von netto € 50.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer, fällig binnen 14 Tagen nach Übergabe des neuen Pachtgegenstandes Top Nr. 25 und Vorliegen einer dem Umsatzsteuergesetz entsprechenden Rechnung.

4. Verlängerung der Pachtdauer

Das Pachtverhältnis begann am Tag der Übergabe, sohin am und wurde auf die bestimmte Dauer von zehn Jahren abgeschlossen, sodass es am durch Zeitablauf endet. Die Vertragsparteien vereinbaren die Verlängerung des Pachtvertrages beginnend mit um die bestimmte Dauer von zehn Jahren, sohin bis . Das Pachtverhältnis endet sohin am durch Zeitablauf, ohne dass es einer gesonderten Aufkündigung oder schriftlichen Mitteilung bedarf.

Der Verpächter räumt dem Pächter ein einmalig ausübbares Vorpachtrecht ein. Die §§ 1072 ABGB gelten analog mit der Abweichung, dass nicht der Pachtvertrag mit dem Dritten vorzulegen ist, sondern nur die wesentlichen Vertragsinhalte dieses Pachtvertrages mit dem Dritten zu nennen sind und, dass der Pächter bis längstens 12 Monate vor Ablauf dieses Vertrages mitzuteilen hat, ob er von seinem Vorpachtrecht Gebrauch macht, widrigenfalls dieses Vorpachtrecht erlischt. Im Falle der Ausübung dieses Vorpachtrechtes wird eine Verlängerung des Pachtverhältnisses befristet auf die bestimmte Dauer von fünf Jahren abgeschlossen, es endet nach Ablauf von fünf Jahren nach Beendigung dieses ersten Pachtvertrages. Weiters wird ein Pachtzins in Höhe des zuletzt vom Pächter aufgrund dieses Vertrages zu bezahlenden Pachtzinses samt Nebenkosten vereinbart. Alle übrigen Vereinbarungen dieses Pachtvertrages - mit Ausnahme dieses Vorpachtrechtes - gelten bei Ausübung des Vorpachtrechtes uneingeschränkt auch für das zweite Pachtverhältnis. Dieses Vorpachtrecht erlischt, auflösende Bedingung, wenn dieses Pachtverhältnis vor Ablauf der jeweils vereinbarten Vertragsdauer, aus welchem Grund auch immer, vom Verpächter oder vom Pächter beendet wird.

Ungeachtet der vertraglichen Befristung sowie außerdem unbeschadet jeglicher sonstiger dem Verpächter aufgrund des Vertrages oder von Gesetzes wegen zustehender Kündigungsrechte und sonstiger Rechte ist der Verpächter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 30 MRG berechtigt, den Pachtvertrag mit einmonatiger Kündigungsfrist zum Monatsletzten zu kündigen, wobei eine Kündigung aufgrund eines vom Pächter gesetzten Kündigungsgrundes erst nach zweimaliger erfolgloser Mahnung unter Setzung einer Nachfrist von jeweils mindestens 10 Werktagen zulässig ist.

Der Pächter verpflichtet sich, einen gerichtlichen Räumungsvergleich beim Bezirksgericht Wien Innere Stadt abzuschließen und zu unterschreiben, der die Auflösung des Pachtvertrages und die Räumung des Pachtobjektes zu dem in diesem Vertrag vereinbarten Beendigungstermin (nach Ablauf der zehnjährigen Vertragsdauer) vorsieht. Alle Kosten für die Errichtung und den Abschluss des gerichtlichen Räumungsvergleiches trägt der Pächter. Der Verpächter ist berechtigt, die Übergabe des Pachtobjektes bis zur Zustellung der Ausfertigung des gerichtlichen Räumungsvergleiches durch das Gericht zu verweigern. Der Pächter verzichtet - soweit gesetzlich zulässig - auf eine Anfechtung dieses Räumungsvergleiches, aus welchem Rechtsgrund auch immer.

5. Übergabe Pachtflache neu, Pachtzins-freie Zeit, Betriebspflicht

5.1. Die Übergabe des Pachtgegenstandes Top Nr. 25 erfolgt am , sofern der Vorpächter den Pachtgegenstand Top Nr. 25 vereinbarungsgemaß zurückstellt. Sollte sich die Räumung und Rückstellung des Pachtgegenstandes Top Nr. 25 durch den Vorpächter verzögern, verzögert sich auch die Übergabe an diesen Pächter, ohne dass dem Pächter daraus Ansprüche, welcher Art und aus welchem Rechtsgrund auch immer, stehen. Im selben Ausmaß wie die Verzögerung der Übergabe des Pachtgegenstandes Top Nr. 25 verzögert sich auch die Rückstellung des alten Pachtgegenstandes Top Nr. 20.

5.2. Für die Dauer von sechs Wochen, gerechnet ab dem Tag der Übergabe des Pachtgegenstandes Top Nr. 25, entfallt die Verpflichtung des Pächters zur Bezahlung des Pachtzinses und des Werbekostenbeitrages. Der Pachtzins für den Pachtgegenstand Top Nr. 25, unter Berücksichtigung der neuen, größeren Flache und der Werbekostenbeitrag für den neuen Pachtgegenstand sind sohin beginnend ab 6 Wochen nach dem Tag der Übergabe zur Zahlung fällig. Das Betriebskostenakonto und alle für den Pachtgegenstand Top Nr. 25 anfallenden Betriebs- und Nebenkosten sind vom Pächter unabhängig davon ab dem Tag der Übergabe zu bezahlen.

5.3. Der Pächter verpflichtet sich, seinen Betrieb im Pachtgegenstand Top Nr. 25 spätestens sechs Wochen nach der übergabe des Pachtgegenstandes Top Nr. 25 zu eroffnen und ab dem Tag der Eroffnung seiner vertraglich vereinbarten Betriebspflicht vollumfanglich nachzukommen."

6. Geltung des Pachtvertrages

Sofern in diesem 1. Nachtrag zum Pachtvertrag nicht ausdrücklich Abweichendes geregelt ist, gelten sämtliche Vereinbarungen des Pachtvertrages sowohl für den Pachtgegenstand Top Nr. 25 als auch für das verlängerte Pachtverhältnis bis vollinhaltlich und uneingeschränkt mit der Maßgabe, dass der Pachtzins, das Betriebs- und Nebenkostenakonto und der Werbekostenbeitrag in der Hohe pro m2 Pachtflache (Top Nr. 25) pro Monat zuzüglich Umsatzsteuer zu bezahlen sind, wie sie im Dezember 2017 für den alten Pachtgegenstand Top Nr. 20 pro m2 Pachtflache pro Monat zuzüglich Umsatzsteuer laut vertraglicher Vereinbarung zu bezahlen sind. Die Wertsicherung wird durchgerechnet und beginnt weder mit der Verlegung des Pachtgegenstandes noch mit der Verlängerung des Pachtgegenstandes neu zu laufen.

…"

Der Pachtvertrag vom enthält auszugsweise folgende Regelungen:

"...

Teil A: Besondere Vertragsbestimmungen

4. Pachtdauer

4.1. Der Pachtvertrag ist ab wechselseitiger Unterfertigung für beide Vertragsteile verbindlich, vor Eintritt der in Teil B Punkt 15 vereinbarten aufschiebenden Bedingung. Das Pachtverhältnis beginnt am Tag der Übergabe des Pachtgegenstandes und wird auf die bestimmte Dauer von zehn Jahren abgeschlossen

Teil B: Allgemeine Vertragsbestimmungen

3.3 Wenn der Pächter gegen eine der vorangeführten Verpflichtungen - Änderung des Verwendungszweckes ohne vorherige schriftliche Zustimmung, kein branchenübliches Vollsortiment, Nichterfüllung von Vorschriften und Auflagen verstößt und diesen vertragswidrigen Zustand trotz schriftlicher Mahnung des Verpächters unter Setzung einer Nachfrist von 14 Tagen nicht beseitigt, ist der Verpächter berechtigt, dieses Pachtverhältnis mit sofortiger Wirkung aufzulösen, unabhängig davon ist der Pächter dem Verpächter zum Ersatz des Schadens, verursacht durch sein vertragswidriges Verhalten, verpflichtet.

4. Pachtdauer

4.1. Das Pachtverhältnis beginnt mit dem Tag der Übergabe des Pachtgegenstandes gemäß Teil B Z 7. und wird auf die bestimmte Dauer gemäß Vereinbarung in Teil A Punkt 4 abgeschlossen.

4.2 Unabhängig von der in Teil B Punkt 4.1. vereinbarten Befristung ist der Verpächter berechtigt, diesen Vertrag mittels eingeschriebenen Briefes an den Pächter mit sofortiger Wirkung zu kündigen und aufzulösen, wenn einer der folgenden wichtigen Gründe vorliegt:

a) der Pächter trotz Mahnung mittels eingeschriebenen Briefes und Nachfristsetzung von 14 Tagen mit der Bezahlung des Pachtzinses, des Betriebs- und Nebenkostenakontos, der Betriebskostenvorschreibung oder dem Werbekostenbeitrag dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf der gesetzten Nachfrist den rückständigen Betrag nicht vollständig entrichtet hat,

b) der Pächter von dem Pachtgegenstand oder von den Allgemeinflächen iSd Teil B Punkt 1.4. einen erheblich nachteiligen Gebrauch im Sinne des § 1118 ABGB macht,

und diesen erheblich nachteiligen Gebrauch trotz zweimaliger Mahnung mittels eingeschriebenen Briefes und Nachfristsetzung von jeweils 14 Tagen nach Ablauf der zweiten gesetzten Nachfrist fortsetzt,

c) über das Vermögen des Pächters ein Konkurs- oder Ausgleichsverfahren eröffnet oder ein darauf abzielender Antrag abgewiesen wird,

d) der Pächter gegen eine Bestimmung dieses Vertrages verstößt und beispielsweise, ohne Anspruch auf Vollständigkeit,

1. vertragswidrig den Pachtzweck gemäß Teil A Punkt 3. ändert, kein branchenübliches Vollsortiment führt oder Vorschriften und Auflagen nicht einhält (Teil B Punkt 3.3.);

2. den Pachtgegenstand schuldhaft nicht fristgerecht fertig stellt oder eröffnet (Teil B Punkt 7.2., 7.3.);

3. zumindest zwei monatliche Umsatzmeldungen nicht fristgerecht leistet oder keine Einsicht in die Unterlagen gewährt (Teil B Punkt 5.4.);

4. sich an Werbeaktivitäten gemäß Vereinbarung Teil D nicht beteiligt;

5. vertragswidrig die Übernahme des Pachtgegenstandes verweigert (Teil B Punkt 7);

6. seiner Betriebspflicht gemäß Teil B Punkt 12.2. nicht nachkommt;

7. entgegen Teil B Punkt 14.5. den Pachtgegenstand nicht in seine österreichische Standardversicherung aufnimmt;

8. ohne vorherige Zustimmung des Verpächters bauliche Veränderungen vornimmt (Teil B Punkt 12.1.);

9. rechtskräftige behördliche Auflagen oder gesetzliche Bestimmungen nicht einhält (Teil B Punkt 12.1.);

10. vertragswidrig den Pachtgegenstand weitergibt, in welcher Form auch immer (Teil B Punkt 11.);

und der Pächter diesen Zustand trotz Mahnung mittels eingeschriebenen Brief und Nachfristsetzung von 14 Tagen nicht dahingehend beseitigt, dass ein vertragskonformer Zustand vorliegt;

e) der Pächter ein gemeinschaftswidriges, dem auch in der Präambel angeführten Wesen, Sinn, Zweck und Ziel des Einkaufszentrums widersprechendes Verhalten an den Tag legt, dazu gehört beispielsweise

1. ein ungebührliches oder rücksichtsloses Verhalten gegenüber dem Verpächter, anderen Pächtern oder Kunden des Einkaufszentrums;

2. die Beschädigung von im Eigentum anderer Pächter oder des Verpächters stehenden Sachen, sei es durch den Pächter oder dessen Mitarbeiter;

3. wenn er das Pachtobjekt einschließlich Auslagen, Schaufenster, Portale und Werbeeinrichtungen nicht ständig auf eigene Kosten in einem ordentlichen sauberen Zustand erhält;

4. wenn er wiederholt Flächen außerhalb des Pachtobjektes vertrags- und zweckwidrig benützt, z.B. Verparken von Kundenwegen oder Verkehrswegen, Aufstellen von Verkaufsständen auf Allgemeinflächen usw.,

5. wenn er wiederholt gegen wesentliche Bestimmungen der Hausordnung verstößt

und der Pächter dieses Verhalten trotz Mahnung mittels eingeschriebenen Brief und Nachfristsetzung von 14 Tagen nicht dauernd beseitigt bzw. unterlässt.

f) das Pachtobjekt und/oder das Einkaufszentrum ***5*** zur Ganze oder in Teilen untergeht oder neu aufgeführt werden muss. Der Verpächter wird dem Pächter seine Entscheidung, ob das EKZ ***5*** im Falle des Unterganges aufgeführt wird oder nicht, binnen 6 Monaten nach Schadenseintritt schriftlich mitteilen. Während des Zeitraumes zwischen Untergang und Kündigung des Vertrages bzw Übergabe einer neu zu errichtenden Pachtflache entfallen sämtliche s Zahlungsverpflichtungen des Pächters.

4.3 Wenn während der Dauer dieses Pachtverhältnisses zwischen dem Verpächter und dem Pächter Vereinbarungen über Benützungsrechte außerhalb des Pachtgegenstandes, im Innen- oder Aussenbereich des Einkaufszentrums ***5*** getroffen wurden, z.B. Vitrinen-, Mallbenützungsrechte, Reklamestandorte usw., so enden und erlöschen diese Benützungsrechte jedenfalls in dem Zeitpunkt, in dem dieses Pachtverhältnis, unabhängig davon, ob durch Zeitablauf gemäß Teil B Z 4.1. oder aus wichtigem Grand gemäß Teil B Z 4.2., beendet wird. Diese Regelung gilt unabhängig allfälligen in diesen Vereinbarungen getroffenen Befristungen und geht diese Regelung allfälligen dieser Regelung widersprechenden Vereinbarungen vor.

4.4 Bei einer Beendigung dieses Pachtvertrages gemäß Teil B Punkt 4.2. haftet der Pächter für den Ausfall an Pachtzins, Nebenkosten und sonstigen Leistungen während der vertragsgemäßen Dauer des Pachtverhältnisses sowie für alle weiteren Schäden, welche der Verpächter durch die vorzeitige Beendigung des Pachtvertrages erleidet, jedoch nur bis zur Wiederverpachtung der Pachtflache. Wird der Verpächter im Falle der Wiederverpachtung wirtschaftlich nicht so gestellt, wie er bei aufrechtem Pachtverhältnis mit dem Pächter stünde, ersetzt ihm der Pächter die tatsachliche Wertdifferenz bis zum Ablauf der vertragsgemäßen Dauer des Pachtverhältnisses. Den Verpächter trifft in jedem Fall die Schadensminderungspflicht.

…"

Beweiswürdigung

Zu den - unstrittigen - Sachverhaltsfeststellungen gelangte das Bundesfinanzgericht durch die Einsicht in die vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile. Es liegt keinerlei Hinweis dafür vor, dass der Inhalt der Urkunde nicht dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entspricht, zumal die Bf. kein dem entgegenstehendes Vorbringen erstattet hat.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Rechtslage

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird gemäß § 17 Abs. 2 GebG bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Gemäß § 17 Abs.4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.

Gemäß § 17 Abs. 5 GebG 1957 heben weder die Aufhebung des Rechtsgeschäftes noch das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld auf.

§ 19 Abs. 1 GebG 1957 normiert:

"Hat eine der Gebühr nach der Größe des Geldwertes unterliegende Schrift (Urkunde)mehrere einzelne Leistungen zum Inhalt oder werden in einem und demselben Rechtsgeschäfteverschiedene Leistungen oder eine Hauptleistung und Nebenleistungen bedungen, so ist die Gebühr in dem Betrage zu entrichten, der sich aus der Summe der Gebühren für alle einzelnen Leistungen ergibt. Als Nebenleistungen sind jene zusätzlichen Leistungen anzusehen, zu deren Gewährung ohne ausdrückliche Vereinbarung nach den allgemeinen Rechtsvorschriften keine Verpflichtung besteht."

Werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nachgeändert oder wird die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert, so ist dieser Zusatz oder Nachtrag gemäß § 21 GebG im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig.

Gemäß § 26 GebG 1957 gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.

Gemäß § 33 TP 5 Z. 1 GebG 1957 unterliegen Bestandverträge (§§ 1090ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Wert.

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

§ 30 Mietrechtsgesetz (kurz MRG) bestimmt Folgendes:

"§ 30 (1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

(3) Eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen soll, ist rechtsunwirksam. Überdies kann der Vermieter, der das Miethaus durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, aus dem Grund des Abs. 2 Z 8 nur kündigen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Erwerbung und dem Kündigungstermin mindestens zehn Jahre liegen. Ein Miteigentümer kann die Kündigungsgründe des Abs. 2 Z 8 bis 11 überdies nur geltend machen, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist."

Erwägungen

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass zwischen der Bf. und ***3*** ein Bestandvertrag iSd § 33 TP 5 Abs. 1 GebG über das Geschäftslokal Top 25 im ***2*** Einkaufszentrum ***5*** abgeschlossen wurde, für den im Zeitpunkt der Unterzeichnung der gegenständlichen Vertragsurkunde die Gebührenschuld entstanden ist. Für den sog. "1. Nachtrag" kommt die Begünstigung nach § 21 GebG nicht zur Anwendung, da Voraussetzung hierfür wäre, dass die Identität des Rechtsgeschäftes erhalten bleibt. Bei einem Bestandvertrag müsste die Identität des Bestandgegenstandes vorliegen (vgl. ). Außerdem darf durch den Zusatz oder Nachtrag das ursprüngliche Rechtsgeschäft nicht aufgehoben oder ersetzt werden. Werden wesentliche Merkmale des Rechtsgeschäftes, das nach § 15 Abs. 1 GebG den Gegenstand der Gebühr bildet, geändert, so entsteht ein anderes Rechtsgeschäft; damit kommt gemäß § 24 GebG für einen solchen Fall eines Neuerungsgeschäftes die Gebühr für jenes Rechtsgeschäft zur Anwendung, in das das frühere Rechtsgeschäft umgewandelt wurde (vgl. unter Hinweis auf Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 2 zu § 21 samt angeführter Rechtsprechung).

Ebenso unstrittig ist, die Berechtigung zur Erlassung eines vorläufigen Bescheides, weil neben dem Mindestbestandzins ein umsatzabhängiger Bestandzins vereinbart wurde.

Strittig ist lediglich die Vertragsdauer

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (; ; ).

Kündigungsgründe nach § 30 MRG

Die Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, weshalb in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. , und ).

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. und 0112 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages (etwa als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen), sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich ().

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. , mwN).

Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. auch nochmals und 0112; , ).

Das Bundesfinanzgericht hat sich erst jüngst mehrfach mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG vereinbart haben, sich aus den übrigen Vertragsbestimmungen bzw. aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können. Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe verbleiben, wurden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt. Siehe dazu ua die folgenden Erkenntnisse:

; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; .

Die gegen die Entscheidungen , , , , sowie eingebrachten außerordentlichen Revisionen wurden vom Verwaltungsgerichtshof ebenso zurückgewiesen (siehe , , , , und ) wie die gegen eingebracht ordentliche Revision (siehe ).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen die Entscheidung eingebrachten Beschwerde abgelehnt (vgl. und E 1740/2017).

Der gegenständliche "1. Nachtrag" enthält die ausdrückliche Regelung, dass er am endet und ist deshalb die Gebührenbemessung entsprechend der vereinbarten bestimmten Dauer vorzunehmen ist, wenn der Vertrag nur aus besonderen, gewichtigen Gründen, deren Verwirklichung unwahrscheinlich ist, gekündigt werden kann.

Wie vom Finanzamt bereits in der Beschwerdevorentscheidung zu Recht ausgeführt wurde, beziehen sich § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG auf Wohnungen und kommen daher im gegenständlichen Fall nicht in Betracht.

Die Kündigungsgründe der Z 2, 10, 11, und 12 des § 30 Abs. 2 MRG scheiden hier aus, weil der vereinbarte Mietzins nicht in Dienstleistungen der Pächterin besteht, der Mietgegenstand (Geschäftslokal) nicht zur Unterbringung von Arbeitern, … benötigt werden kann, der Mietgegenstand nicht dem Bund, einem Bundeland oder einer Gemeinde gehört, kein Untermietverhältnis begründet wurde.

Damit verbleiben nur mehr die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z. 1, 3, 4, 7, 9, 13, 14 und 15.

Die als besondere Kündigungsgründe im ursprünglichen Pachtvertrag unter Punkt 4.2 im Teil B festgelegten besonderen Kündigungsgründe ergeben sich ebenso wie die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z. 1, 3, 4, und 7 aus der Verletzung von Vertragspflichten bzw qualifiziertem Fehlverhalten des anderen Vertragspartners, womit die Kündigungsrechte von der Vermieterin nicht nach Belieben ausgeübt werden können und vielmehr jeglichem Einfluss der Bf. entzogen sind. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlverhaltens vor.

Der gegenständliche Bestandvertrag hat ein Geschäftslokal zum Gegenstand und handelt es sich bei der Bestandgeberin um eine juristische Person, bei der eine Kündigung wegen Eigenbedarf nach § 30 Abs. 2 Z. 9 MRG nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes voraussetzen würde, dass die juristische Person die von ihr vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zweckes, also für ihren Betrieb, dringend benötigt. (vgl. mit Judikaturhinweisen).

Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z. 14 MRG würde voraussetzen, dass eine ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses aus den (erhöhten) Hauptmietzinsen nicht auf Dauer sichergestellt werden kann und dass eine baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt wird. Es liegt keinerlei Anhaltspunkt dafür vor, dass diese Voraussetzungen auf das Einkaufszentrum ***2*** ***5*** im Vertragszeitraum zutreffen werden.

Auch die Verwirklichung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG erscheint äußerst unwahrscheinlich, setzt dieser doch eine Abtragung oder einen Umbau des Miethauses im öffentlichen Interesse voraus.

Nach dem Gesamtbild ist im gegenständlichen Fall gerade kein schrankenloses Kündigungsrecht vereinbart worden und sind die der Vermieterin zuzuordnenden Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben ist.

Dazu kommt noch, dass bei einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages die Pächterin gemäß Punkt 6 in Verbindung mit der Bestimmung des Vertragspunktes 4.4 im Teil B des Pachtvertrages vom den Ausfall an Pachtzins, Nebenkosten und sonstigen Leistungen während der vertragsgemäßen Dauer des Pachtverhältnisses sowie für alle Schäden, welche der Verpächter durch die vorzeitige Beendigung des Pachtvertrages erleidet, haftet.

Weiters spricht auch der im Punkt 4.3 vorgesehene Abschluss eines Räumungsvergleiches mit einem Beendigungstermin nach Ablauf der zehnjährigen Vertragsdauer dafür, dass die Vertragsparteien selbst bei Vertragsabschluss von einer vertraglichen Bindung für einen Zeitraum von insgesamt 10 Jahren ausgegangen sind.

Die vertraglichen Kündigungsbestimmungen ändern daher im gegenständlichen Fall nichts daran, dass über das Bestandobjekt top 25 ein Vertrag auf bestimmte Dauer von - zunächst - 11 Jahren und rund 2 Monaten ( bis = 1. Vertragsperiode) abgeschlossen wurde.

Vertragsverlängerung durch Einräumung des Vorpachtrechtes

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet eine Vertragsverlängerung durch Optionsausübung nichts anderes als die Beifügung einer Potestativ-Bedingung, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer des Vertrages verlängert, und dass eine solche Bedingung nach § 26 GebG 1957 zu behandeln ist, sodass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt (vgl. ua. mit zahlreichen weiteren Hinweisen).

In der Entscheidung hat das Bundesfinanzgericht zu einem Vorpachtrecht, das - wie auch im vorliegenden Fall - als Option auf Vertragsverlängerung ausgestaltet ist, folgendes ausgesprochen:

"Vorpachtvereinbarungen werden grundsätzlich analog den Bestimmungen über das Vorkaufsrecht nach den §§ 1072 ff ABGB behandelt (Aicher in Rummel2 Rz 32 zu § 1072 mwN; Würth in Rummel2 Rz 6 zu §§ 1092-1094; Binder in Schwimann, ABGB Rz 7 zu § 1072 und Rz 38 zu § 1090; Klang in Klang2 V 10; Koziol/Welser10 I 332). Das Vorkaufsrecht ist nach vorherrschender Lehre ein Gestaltungsrecht, welches zum bevorzugten Erwerb einer Sache berechtigt (Verschraegen in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.05, § 1072 Rz 1). Es steht unter der Bedingung, dass der Vorkaufsverpflichtete die Sache verkaufen will.

Es beschränkt den Verpflichteten nicht in seiner Freiheit, überhaupt zu verkaufen, und auch nicht in der Gestaltung des Vertragsinhaltes. Lediglich der Käufer ist durch die Person des Vorkaufsberechtigten vorgegeben. Der Begünstigte erhält dadurch das an seine Person gebundene Gestaltungsrecht, ein Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung ohne Mitwirkung der Gegenseite zustande zu bringen (10 Ob 76/07h; zitiert in Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4, § 1072 Rz 1).

Die Vorvertragstheorie gilt als überwunden (Aicher in Rummel, w.o. Rz 2 mwN) und es wird in einem Vorkaufsrecht ein Unterfall des Optionsrecht gesehen (vgl. Aicher w.o. Rz 39). Ein Vorvertrag enthält die Verpflichtung, erst künftig einen Vertrag zu schließen, gewährt dem Berechtigten damit einen Anspruch auf Vertragsabschluss. Eine Option gewährt dem Berechtigten hingegen durch einseitige Erklärung ohne neuerlichen Vertragsabschluss das Schuldverhältnis hervorzurufen.

Nach der nun vorherrschenden Lehre wird das Vorkaufsrecht (und damit ebenso: das Vorbestandsrecht) als Gestaltungsrecht angesehen, bei dem ein Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung ohne Mitwirkung der Gegenseite zustande kommt.

Die gegenständliche Vereinbarung geht in ihrer Textierung von drei Vertragsperioden aus, wovon die erste mit einer Bestandzeit von 10 Jahren bestimmt ist. Das darüber hinaus eingeräumte zweimalige Vorbestandsrecht von jeweils 5 Jahren, wird durch eine einseitige Erklärung der Bestandnehmerin ausgeübt. Die Bestandnehmerin tritt auch nicht in einen mit einem Dritten ausgehandelten Vertrag ein, sondern gelten im Falle der Weitervermietung die bereits im gegenständlichen Vertrag ausgehandelten Vereinbarungen weiter. Die Beschwerdeführerin kann auf ihr Recht verzichten und muss dies in diesem Fall bis längstens 12 Monate vor Vertragsablauf mitteilen. In dieser Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses kommt dieser ein zweimaliges Optionsrecht auf Vertragsverlängerung zu. Es liegt ein inhaltlich schon vorausbestimmtes Vertragsverhältnis vor, das durch Ausübung der Option eine Verlängerung der ursprünglich befristeten Vertragsdauer bewirkt."

Die hier im Punkt 4, 2. Absatz getroffene Regelung über das Vorpachtrecht ist (bis auf den Zeitraum) wörtlich ident mit der vertraglichen Regelung im Beschwerdefall zu sowie .

Es ist daher auch im vorliegenden Fall nicht nur die zunächst vereinbarte Laufzeit, sondern zusätzlich auch der unter einer Potestativbedingung stehende Verlängerungszeitraum von weiteren 5 Jahren bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen.

Zur Höhe der Bemessungsgrundlage

Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage folgte das Finanzamt den Angaben der Bf. über die Höhe des monatlichen Pachtzinses, der Werbekosten und der Betriebskosten bei Abschluss des "1. Nachtrages". Auf Grund der Vereinbarung einer "pachtzinsfreien Zeit" im Punkt 5.2 für die Dauer von 6 Wochen ab Übergabe (= ) hinsichtlich des Pachtzinses und des Werbekostenbeitrages wurde vom Finanzamt zu Recht der Betrag von gemeinsam monatlich brutto € 15.074,67 (€ 13.342,43 und € 1.732,24) für einen Zeitraum von 15 Jahren und 12,5 Monaten zuzüglich der Betriebskosten von monatlich brutto € 4.647,46 für einen Zeitraum von 15 Jahren und 14 Monaten angesetzt und so insgesamt ein Betrag iHv € 3.803.481,22 ermittelt.

Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigte das Finanzamt allerdings nicht, dass im "1. Nachtrag" neben den laufenden, monatlichen Leistungen im Punkt 3., letzter Absatz die Bezahlungen eines einmaligen pauschalen Betrages von netto € 50.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer, ds brutto € 60.000,000, vereinbart wurde.

Gemäß § 279 Abs. 2, 2. Satz BAO ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Es besteht kein Verböserungsverbot (vgl. dazu Ritz BAO6, § 279, Tz 13).

Der angefochtene Bescheid ist daher insofern abzuändern, als die - vorläufige - Bemessungsgrundlage von € 3.803.481,22 auf € 3.863.481,22 und somit der Abgabebetrag von € 38.034,81 auf € 38.634,81 erhöht wird.

Da der Beobachtungszeitraum noch zum kurz ist, um feststellen zu können, wie hoch im Durchschnitt der Jahre das laufende Entgelt (der umsatzabhängige Pachtzins und die Höhe der Nebenkosten) ist, tritt hinsichtlich der Vorläufigkeit keine Änderung ein und wird vom Finanzamt nach Wegfall der Ungewissheit ein endgültiger Bescheid nach § 200 Abs. 2 BAO erlassen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist geklärt, dass die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nicht entgegen steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. ua. ; ). Die Gewichtung und Wahrscheinlichkeit der Realisierung der hier im konkreten Einzelfall vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe ist eine Tatfrage.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 30 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100380.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at