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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.07.2021, RV/7103600/2020

Rückzahlungsantrag gem. § 239 BAO - kein Guthaben bei Antragsstellung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache Mag.***5*** als Masseverwalter im Insolvenzverfahren ***Ges***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Gerhard Walzl, Bahnhofstraße 7, 1140 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend StNr. ***BF1StNr1***, betreffend Abweisung eines Rückzahlungsantrages zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Antrag auf Rückzahlung der Grunderwerbsteuer

Mit Schreiben vom , wurde die belangte Behörde davon in Kenntnis gesetzt, dass hinsichtlich des Kauf- und Bauträgervertrages vom , errichtet zwischen der ***Ges*** und der ***1*** am eine Aufhebungsvereinbarung abgeschlossen worden sei. Die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 89.040,00 war vom Vertragserrichter selbstberechnet und am zur StNr. ***3*** an das Finanzamt überwiesen worden. Die Aufhebungsvereinbarung war dem Schreiben angeschlossen.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Rückzahlung der entrichteten Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG in Höhe von € 89.040,00 zur ErfNr. ***2***, Steuernummer ***3*** auf das Gebührenanderkonto des Vertragserrichters, Mag. Gerhard Walzl, gestellt.

2. Bescheid der belangten Behörde

Am wurde der Betrag in Höhe von € 89.040,00 aus der Rückgängigmachung des Kaufvertrages gem. § 17 GrEStG auf das Abgabenkonto der ***Ges***, StNr. ***BF1StNr1*** nach bescheidmäßiger Erledigung rückerstattet.

Mit Bescheid vom , zugestellt an Mag. Gerhard Walzl als Vertreter des Masseverwalters im Insolvenzverfahren der ***Ges*** (kurz: ***Bf***), wurde durch die belangte Behörde der Antrag der ***Ges*** vom auf Rückzahlung des Guthabens abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass das Guthaben gemäß § 215 Abs. 2 BAO zur (teilweisen) Tilgung der bei einer anderen Abgabenbehörde bestehenden Abgabenschuldigkeiten der ***Ges*** zu verwenden gewesen sei.

3. Beschwerde

Mit Schriftsatz vom erhob die ***Bf*** fristgerecht Beschwerde und beantragte dem Rückzahlungsantrag stattzugeben und die Rückzahlung anzuordnen. Zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt:

"Der Rückzahlungsantrag wurde mit der Begründung abgewiesen, dass das Guthaben (die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 89.040,00) gemäß § 215 Abs 2 BAO zur teilweisen Tilgung bei einer anderen Abgabenbehörde bestehenden Abgabenschuldigkeiten zu verwenden war.

Es ist nicht erkennbar, welche konkreten Abgabenschuldigkeiten bei welcher Abgabenbehörde gemeint sind, welche konkreten Verbindlichkeiten bestehen, wie sich diese im Detail zusammensetzen und welche konkreten Abgabenschuldigkeiten tatsächlich getilgt worden sind.

Die Voraussetzungen des § 215 BAO werden von der belangten Behörde nicht nachvollziehbar dargelegt.

Hinzu kommt, dass die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 89.040,00 zur Steuernummer 10 ***3*** entrichtet worden ist, sodass beim Wegfallen der Grunderwerbsteuerpflicht das Guthaben auch auf diesem Steuerkonto bestehen muss.

Ferner ist eine Gegenverrechnung und Tilgung nur nach Maßgabe der §§19 und 20 IO, die insoweit den abgaberechtlichen Verrechnungsvorschriften Vorgehen, möglich (7 Ob 184/00k mwN).

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte sohin dem Rückzahlungsantrag stattgegeben werden müssen."

4. Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt:

"Ihr Antrag vom auf Rückzahlung des Guthabens in Höhe von € 89.040,00 wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Der genannte Betrag wurde am an das Finanzamt Wien 1/23 zu St.Nr. ***4*** überrechnet. Die Verrechnung des Betrages und die damit verbundene Abstattung ist beim zuständigen Empfänger Finanzamt zu klären.

Gemäß § 215 Abs. 2 BAO ist ein bestehendes Guthaben zur Tilgung von fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtiger bei derselben oder bei einer anderen Abgabenbehörde hat.

Hinsichtlich der Aufrechnungslage und Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung ist nicht auf die Antragstellung, nicht auf die Bescheiderlassung und auch nicht auf die Gutschrift am Abgabenkonto abzustellen, sondern auf die jeweils ursächliche Sachverhaltsverwirklichung, die den Rückforderungs- oder Vergütungsanspruch, kraft Gesetzes erstmalig auslöst.

Bei der Grunderwerbsteuer entsteht die Gutschrift mit Eintritt des Wegfalls der Steuerpflicht (Datum der Vertragsauflösung). Gegenständliche Vertragsauflösung erfolgte mit .

Da die Entstehung des von Ihnen beeinspruchten Guthabens in Höhe von € 89.040,00 vor Konkurseröffnung (tt.mm.2020) entstanden ist, hatte seitens des Finanzamtes eine Überrechnung zwingend zu erfolgen."

5. Vorlageantrag

Mit Schriftsatz vom wurde durch die ***Bf*** beantragt die Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. Das Beschwerdevorbringen werde vollinhaltlich aufrecht erhalten und führte die ***Bf*** ergänzend aus, dass auch in der Beschwerdevorentscheidung nicht erkennbar sei, welche offenen Abgabenschuldigkeiten bei welcher Abgabenbehörde bestünden bzw. bestanden haben, wie sich diese im Detail zusammensetzen und welche konkreten Abgabenschuldigkeiten tatsächlich getilgt worden seien. Die Voraussetzungen des § 215 BAO würden von der belangten Behörde weiterhin nicht vollziehbar dargelegt, überdies unterlasse sie eine konkrete Auseinandersetzung mit den Bestimmungen der §§ 19 und 20 IO, die insoweit den abgabenrechtlichen Verrechnungsvorschriften vorgehen würden.

6. Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht

Mit Vorlagebericht vom - eine Kopie davon erging an die ***Bf*** - wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde brachte vor:

"Sachverhalt:

Auf dem Abgabenkonto ***BF1StNr1*** der (kurz) ***Bf*** (***5*** als Ma sseverwalter im Insolvenzverfahren ***Ges***) erfolgte mit die Gutschrift der Grunderwerbsteuer in Höhe von € 89.040,00.

Mit Schreiben vom erfolgte ein Antrag auf Rückzahlung des Guthabens durch den bevollmächtigten Vertreter Mag. Walzl, der am auch bereits zur durchgeführten Selbstberechnung der GrESt zu Erf.Nr. 10-***6*** (Kauf- und Bauträgervertrag) unter Hinweis auf die Aufhebungsvereinbarung vom , angezeigt zu Erf.Nr. 10-***7*** gem. § 17 GrEStG die Rückzahlung bzw. Rückerstattung als Vertreter der ***Bf*** geltend gemacht hatte.

Eine Geldvollmacht wurde beim gegenständlichen Rückzahlungsantrag vom , bei dem eine Rückzahlung auf ein Konto des Vertreters beantragt wurde, nicht vorgelegt. Es erfolgte auch keine Berufung auf die Erteilung einer Geldvollmacht.

Gegenständlicher Antrag wurde mit Bescheid vom mit der Begründung, dass das bestehende Guthaben gem. § 215 Abs. 2 BAO zur Tilgung von bestehenden Abgabenschuldigkeiten bei einer anderen Abgabenbehörde zu verwenden war, abgewiesen. Dagegen wurde zeitgerecht mit Beschwerde eingebracht, welche mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurde.

Stellungnahme: Die Beschwerde wird unter Bezugnahme auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung mit dem Antrag auf Abweisung vorgelegt.

Guthaben können gem. § 239 Abs. 1 BAO iVm § 215 Abs.4 BAO nur in dem Ausmaß zurückbezahlt werden, als sie nicht gem. § 215 Abs. 1 bis 3 BAO zu verrechnen sind.

Gegenständlich war das Guthaben der Bf. auf dem Abgabenkonto beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel mit deren fälligen Abgabenschuld auf dem Abgabenkonto der Bf. beim FA Wien 1/23, ***4*** zu verrechnen. Die Verrechnung hatte zwingend gem. § 215 Abs. 2 BAO zu erfolgen. Dem standen auch die Bestimmungen der §§ 19 und 20 IO nicht entgegen.

Wenn in der Beschwerde geltend gemacht wurde, die Gutschrift resp. Guthaben hätte auf dem Abgabenkonto ***3*** erteilt werden müssen bzw. müsse das Guthaben dort bestehen, weil die Grunderwerbsteuer ursprünglich über diese Steuernummer entrichtet worden sei, ist festzuhalten, dass das die sog. Übermittlungssteuernummer des Vertreters ist, über die die im Namen und Auftrag der verschiedenen Abgabepflichtigen selbstberechneten und für diese verschiedenen Abgabepflichtigen entrichteten Abgaben verrechnet werden. Diese Selbstberechnungen und Entrichtung sind dem einzelnen Abgabepflichtigen zuzurechnen, nicht dem Vertreter.

Im Fall einer Gutschrift auf diese selbstberechneten Abgaben steht die Verfügungsmacht aber ausschließlich dem Abgabepflichtigen selbst zu und nicht dem Vertreter und ist eine Gutschrift auf ein auf den Abgabepflichtigen selbst lautendes Abgabenkonto zu verbuchen (s.zB. Erkenntnis des ).

Die Verbuchung auf das Abgabenkonto ***BF1StNr1***, lautend auf die Bf. war daher rechtens.

Aufgrund der sowohl bei Antragstellung als auch Abweisung des Rückzahlungsantrags bestehenden fälligen Abgabenrückstände der Bf. beim FA Wien 1/23 war das Guthaben aber wie beschrieben gem. § 215 Abs. 2 BAO zur teilweisen Deckung dieser Rückstände zu verwenden.

Wenn in der Beschwerde und noch im Vorlageantrag eingewendet wird, es seien die Voraussetzungen für die Verrechnung gem. § 215 BAO nicht "vollziehbar dargelegt" bzw. nicht ausdrücklich festgehalten, welche offenen Abgabenschuldigkeiten bei welcher Abgabenbehörde bestünden und welche Abgabenschuldigkeiten konkret getilgt worden seien, ist dem zu entgegen, dass die Abgabenrückstände beim Finanzamt Wien 1/23 der Bf. und dem Masseverwalter jedenfalls als bekannt vorauszusetzen sind und dass es Sache des weiteren Vertreters ist, diese Detailinformationen bei seiner Mandantin bzw. dem Masseverwalter, dem diese jedenfalls bekannt sind einzuholen. Auf welches Abgabenkonto bei welchem Finanzamt das Guthaben verrechnet wurde, wurde bereits in der BVE ausdrücklich mitgeteilt.

Jedenfalls ergeben sich, wie aus den Rückstandsaufgliederungen ersichtlich beim FA Wien 1/23 zu St.Nr. ***4*** zum fällige Abgabenschulden in Höhe von 279.579,60 und zum Tag der die Grunderwerbsteuererstattung auslösenden Vertragsaufhebung am fällige Abgabenschulden in Höhe von 256.039,70. (Am Tag der Überrechnung waren 311.319,50 Euro zu verzeichnen.)

Aus der Übertragung der 89.040 Euro vom Abgabenkonto ***BF1StNr1*** der Bf. erfolgte eine Tilgung und Verringerung des Abgabenrückstandes auf dem Abgabenkonto der Bf. beim FA Wien 1/23 ***4*** in diesem Ausmaß. Was die Tilgungen betrifft ist auf § 214 Abs. 1 BAO zu verweisen, wonach Zahlungen und sonstige Gutschriften auf die ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen sind. Im Übrigen ist die Frage welche Abgaben auf dem Abgabenkonto ***4*** getilgt wurden, über die Abgabenverrechnung beim FA Wien 1/23 ersichtlich.

Was die Berechtigung zur Überrechnung auf die fälligen Abgabenschulden beim anderen FA in Bezug auf die Bestimmungen der §§ 19 und 20 IO betrifft, so wurde auch bereits in der Beschwerdevorentscheidung darauf verwiesen, dass der Anspruch auf die Rückerstattung der GrESt mit Verwirklichung der Aufhebungsvereinbarung entstanden ist und aus diesem Grund die Verrechnung mit den Abgabenschuldigkeiten auch nach den Bestimmungen der IO zulässig ist.

Für die Aufrechnung in Insolvenzfällen gelten die Regelungen der §§ 19 und 20 Insolvenzordnung, die als speziellere Vorschriften den allgemeinen Bestimmungen des ABGB vorgehen.

Im Gegensatz zu den allgemeinen Bestimmungen über die Aufrechnung genügt es zwar nicht, dass die Aufrechenbarkeit im Zeitpunkt der Aufrechnung gegeben ist, sondern die insolvenzrechtliche Aufrechnung erfordert, dass die Ansprüche bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufrechenbar einander gegenüber gestanden sind. ().

Die Aufrechnung von Insolvenzforderungen mit Gegenansprüchen des Schuldners setzt daher voraus, dass der Anspruch des Schuldners gegen den Insolvenzgläubiger bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden hat. Die Aufrechnung von Insolvenzforderungen mit Gegenansprüchen des Schuldners wäre dem § 20 Abs. 1 IO zufolge somit unzulässig, wenn der Insolvenzgläubiger (das Finanzamt) erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner des Schuldners geworden ist. Beim Rückforderungsanspruch des Abgabepflichtigen handelt es sich um einen "negativen Abgabenanspruch" der Abgabenbehörde. Somit entsteht ein Rückforderungsanspruch aus der Auflösung des Kaufvertrags mit der Vereinbarung über die Auflösung des Kaufvertrags, das war am bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung kommt es nicht an (; ).

Die Aufrechnung wird aber dadurch nicht ausgeschlossen, dass die Forderung des Gläubigers oder des Schuldners zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch bedingt oder betagt (dh. noch nicht fällig), oder dass die Forderung des Gläubigers nicht auf eine Geldleistung gerichtet war (§ 19 Abs. 2 erster Satz IO). Im Zeitpunkt der Eröffnung der Insolvenz standen daher die fälligen Abgabenschulden beim FA Wien 1/23 dem Anspruch auf Rückerstattung der GrESt aus der Auflösung des Kaufvertrages einander aufrechnungsfähig gegenüber."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die belangte Behörde wurde mittels Schreiben vom davon in Kenntnis gesetzt, dass zur ErfNr. ***2*** die Vertragsparteien (***Bf*** Architektur & Bau GmbH sowie ***1***) vom Vertrag zurückgetreten waren und eine Aufhebungsvereinbarung abgeschlossen worden war.

Steuerschuldnerin der sich aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang ergebenden Grunderwerbsteuer war die ***Ges*** und wurde die Grunderwerbsteuer nach Selbstberechnung in Höhe von € 89.040,00 vom Gebührenanderkonto des Vertreters der ***Bf*** zur StNr.***3*** entrichtet.

Die die Grunderwerbsteuererstattung auslösende Vertragsaufhebung erfolgte am mittels Aufhebungsvereinbarung zwischen der ***1***. (als verkaufende Partei) und der ***Bf*** (als kaufende Partei).

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom tt.mm.2020 (GZ: 4 S 37/20 y) wurde über die ***Ges*** der Konkurs eröffnet, in der Folge Rechtsanwalt Mag.***5*** als Masseverwalter bestellt und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst.

Mit Schreiben vom stellte der Vertreter der ***Bf*** den Antrag gemäß § 17 GrEStG auf Rückzahlung der entrichteten Grunderwerbsteuer in Höhe von € 89.040,00 auf dessen Gebührenanderkonto.

Das Abgabenkonto der ***Ges*** bei der belangten Behörde, StNr. ***BF1StNr1*** wies zum Zeitpunkt dieser Antragsstellung kein Guthaben in Höhe von € 89.040,00 auf.

Aufgrund der Rückgängigmachung des Kaufvertrages erfolgte am eine Rückerstattung/Gutschrift der Grunderwerbsteuer in Höhe von € 89.040,00 auf dem Abgabenkonto der ***Ges***, StNr. ***BF1StNr1*** sowie die Überrechnung dieses Betrages auf deren Abgabenkonto beim Finanzamt Wien 1/23, StNr. ***4***.

Am erging der verfahrensgegenständlicheBescheid der belangten Behörde betreffend die Abweisung des Rückzahlungsantrages, da das Guthaben gemäß § 215 Abs. 2 BAO zur teilweisen Tilgung der bei einer anderen Abgabenbehörde bestehenden Abgabenschuldigkeit zu verwenden gewesen war.

Die Rückstandsaufgliederung am Abgabenkonto der ***Ges*** beim Finanzamt Wien 1/23, StNr. ***4***, zum Stichtag (Rückgängigmachung des Kaufvertrages) weist einen fälligen Rückstand in Höhe von € 256.039,70 auf, jene zum Stichtag (Konkurseröffnung) einen fälligen Rückstand in Höhe von € 279.759,60. Am Tag der Überrechnung () bestand ein fälliger Rückstand in Höhe von € 311.319,50.

2. Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen sowie der dargestellte Verfahrensablauf ergeben sich aus den dem Bundesfinanzgericht von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Aktenteile, insbesondere die Konto- und Überrechnungsabfragen zur StNr. ***BF1StNr1*** und StNr. ***4***, sowie den durch das BFG getätigten Abfragen des Firmenbuches und der Insolvenzdatei. Sie stehen auch im Einklang mit dem Vorbringen der ***Bf*** in ihren Schriftsätzen. Aus diesem Grund wird der Sachverhalt als erwiesen angenommen werden.

Unstrittig ist die Tatsache, dass die Aufhebungsvereinbarung zwischen den Vertragsparteien am geschlossen wurde, sowie dass die beschwerdeführende Gesellschaft aufgrund der Konkurseröffnung am tt.mm.2020 aufgelöst wurde.

Die Höhe der entrichteten und in der Folge rückerstatteten und überrechneten Grunderwerbsteuer blieb im Verfahren ebenfalls unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

§ 215 BAO lautet:

(1) Ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(2) Verbleibt nach der in Abs. 1 vorgesehenen Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes ein Guthaben, ist dieses zunächst zur Tilgung dieser Behörde bekannter und fälliger Abgabenschuldigkeiten des Abgabepflichtigen bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes zu verwenden, soweit deren Einhebung nicht ausgesetzt ist. In weiterer Folge ist ein solches Guthaben zur Tilgung dieser Behörde bekannter fälliger Geldstrafen, Wertersätze sowie im Finanzstrafverfahren angefallener sonstiger Geldansprüche bei einer Finanzstrafbehörde zu verwenden. Die für Zwecke dieser Tilgung erforderliche Verarbeitung von personenbezogenen Daten, wie insbesondere der automationsunterstützte Datenaustausch zwischen den beteiligten Behörden, ist zulässig.

(3) Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(4) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.

Umbuchung ist die Übertragung eines Guthabens oder einer Gutschrift auf ein anderes Konto desselben oder eines anderen Abgabepflichtigen innerhalb derselben Abgabenbehörde; Überrechnung ist eine solche Übertragung auf ein Konto bei einer anderen Abgabenbehörde.

Ein Guthaben entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt.

§ 215 Abs. 1 und 2 BAO ist auch dann anzuwenden, wenn ein Abgabepflichtiger auf einem Abgabenkonto über ein Guthaben verfügt und als Gesamtschuldner eine auf einem anderen Abgabenkonto gebuchte Abgabe schuldet (Ritz, BAO 6, § 215 Tz 2).

Gemäß § 214 Abs. 1 BAO sind in den Fällen einer zusammengefaßten Verbuchung der Gebarung Zahlungen und sonstige Gutschriften, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen.

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen.

Ein Abrechnungsbescheid kommt insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten über die Verrechnung von Gutschriften oder zur Klärung der Frage, ob ein Abgabenzahlungsanspruch verjährt ist, in Betracht (Ritz, BAO 6, § 216 Tz 2).

§ 239 Abs. 1 BAO lautet:

Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

Ein Guthaben entsteht erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabenpflichtigen besteht (, JBL 1993, 399; ; )

Maßgebend sind die tatsächlich von der Abgabenbehörde durchgeführten Buchungen, nicht diejenigen, die nach Ansicht der Partei hätten durchgeführt werden müssen (; und ).

Dir Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen ist nicht im Rückzahlungsverfahren, sondern auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren (§ 216 BAO) zu klären (Ritz, BAO6, § 239 Tz 1).

Die Abgabenbehörde hat grundsätzlich über den Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint, somit nicht über später entstandene Guthaben (; ; ). Besteht kein rückzahlbares Guthaben, ist der Antrag abzuweisen (Ritz, BAO 6, § 239 Tz 15 f).

Das Recht auf Rückzahlung kann sich nur auf jene Guthabensbeträge beziehen, die nach ihrer Verrechnung gemäß § 215 Abs 1 und 2 BAO verbleiben (; ).

§ 19 Insolvenzordnung (IO) lautet:

(1)Forderungen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits aufrechenbar waren, brauchen im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht zu werden.

(2) Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Forderung des Gläubigers oder des Schuldners zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch bedingt oder betagt, oder daß die Forderung des Gläubigers nicht auf eine Geldleistung gerichtet war. Die Forderung des Gläubigers ist zum Zwecke der Aufrechnung nach §§ 14 und 15 zu berechnen. Ist die Forderung des Gläubigers bedingt, so kann das Gericht die Zulässigkeit der Aufrechnung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.

§ 20 Insolvenzordnung (IO) lautet:

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner der Insolvenzmasse geworden oder wenn die Forderung gegen den Schuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner der Insolvenzmasse die Gegenforderung zwar vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben hat, jedoch zur Zeit des Erwerbes von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, über dessen Vermögen in der Folge das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, Kenntnis hatte oder Kenntnis haben musste.

(2) Die Aufrechnung ist jedoch zulässig, wenn der Schuldner die Gegenforderung früher als sechs Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben hat oder wenn er zur Forderungsübernahme verpflichtet war und bei Eingehung dieser Verpflichtung von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners weder Kenntnis hatte noch Kenntnis haben mußte.

(3) …

(4) …

Nach § 20 Abs. 1 erster Satz IO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner der Insolvenzmasse geworden oder wenn die Forderung gegen den Schuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben worden ist.

Dieser insolvenzrechtlichen Aufrechnungsbeschränkung kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Vorrang vor den Verrechnungsregeln der BAO zu (). Dieser Vorrang gilt aber nur während des Insolvenzverfahrens, somit ab dem Zeitpunkt der Eröffnung bis zur Aufhebung.

Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist daher die Verrechnung von Abgabenansprüchen für Zeiträume vor der Insolvenzeröffnung ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen in voller Höhe zulässig ().

Eine Guthabensverwendung gemäß § 215 BAO stellt keine finanzbehördliche Exekutionsmaßnahme dar (Ritz, BAO 6, § 215 Tz 4).

Auch nach der Judikatur des VwGH entstehen Abgabenansprüche im engeren Sinn und auch Rückforderungsansprüche jeweils zu dem Zeitpunkt, in dem ein gesetzlicher Tatbestand, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbindet, verwirklicht wird. Das bedeutet, dass es sich bei einem Rückforderungsanspruch des Abgabepflichtigen um nichts anderes handelt, als um einen "negativen Abgabenanspruch" der Abgabenbehörde (vgl. (; ). Somit entsteht der Rückforderungsanspruch aus der auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung bzw. der Vornahme der Berichtigung kommt es ebenfalls nicht an. Mit dem Bescheid wird vielmehr lediglich die Durchsetzbarkeit des Anspruches gegenüber der Abgabenbehörde bewirkt, nicht aber das Entstehen des Anspruches. Grundsätzlich gilt im Insolvenzverfahren, dass der Zeitpunkt der Entstehung des Guthabens auf dem Abgabenkonto bzw. der Zeitpunkt der Buchung eines Abgabenbescheides, der eine Gutschrift oder Belastung auslöst, unmaßgeblich ist. Die Abgabenansprüche der Behörde ebenso wie die Rückforderungsansprüche des Abgabepflichtigen entstehen vielmehr unabhängig vom Willen des Abgabepflichtigen oder der Abgabenbehörde bereits mit der Realisierung eines gesetzlichen Tatbestandes, nämlich im Zeitpunkt, in dem ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht wird, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbindet.

Ist der Rückforderungsanspruch demnach unabhängig von der Bescheiderlassung bzw. Vornahme der Berichtigung schon vor Eröffnung des Konkurses entstanden, so steht der Aufrechnung weder ein abgaben- noch ein insolvenzrechtliches Aufrechnungsverbot entgegen.

  • Zur Grunderwerbsteuer:

Gemäß § 13 Abs. 1 GrEStG 1987 haben Parteienvertreter für Erwerbsvorgänge, für die sie eine Selbstberechnung vornehmen, spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Anmeldungszeitraum), in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Kalendermonats eine Anmeldung über die selbst berechneten Erwerbsvorgänge beim Finanzamt vorzulegen. Die Selbstberechnung und Anmeldung hat elektronisch zu erfolgen. Ist über einen der in der elektronischen Anmeldung enthaltenen Erwerbsvorgänge eine Urkunde errichtet worden, die in ein durch Bundesgesetz vorgesehenes Urkundenarchiv aufgenommen wurde, so ist der Abgabenbehörde der Zugriffscode zu dieser Urkunde bekannt zu geben. Die Abgabenbehörden sind berechtigt, auf diese Urkunde lesend zuzugreifen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die elektronische Selbstberechnung und Anmeldung durch Verordnung näher zu regeln, soweit sich die Regelungen auf die gerichtlichen Eintragungsgebühren beziehen, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz. Aus der Anmeldung muss sich ergeben, für welchen Steuerschuldner in welchem Ausmaß die Steuer und die Eintragungsgebühren nach dem Gerichtsgebührengesetz selbst berechnet und entrichtet wurden. Im Zweifel ist bei den betreffenden Steuerschuldnern eine verhältnismäßige Entrichtung anzunehmen. Die Anmeldung gilt als Abgabenerklärung.

Gemäß § 13 Abs. 3 GrEStG 1987 hat ein gemäß § 201 BAO festgesetzter Steuerbetrag den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag. Die selbst zu berechnende Steuer ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Nach Abs. 4 leg. cit. haften die Parteienvertreter für die Entrichtung der selbst berechneten Steuer.

In den Erläuterungen der Regierungsvorlage des Bundesgesetzes BGBl 1994/682 wird zu § 13 GrEStG unter anderem ausgeführt, dass die im Abs. 1 vorgesehene Anmeldung eine Art Sammelerklärung des Parteienvertreters über die in einem Kalendermonat vorgenommene Selbstberechnung ist. Die Anmeldung gilt jeweils als Abgabenerklärung jener Steuerpflichtigen, deren Erwerbsvorgänge in die Anmeldung aufgenommen worden sind. Die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer unterliegt dem Regime des § 201 BAO. Eine Festsetzung mit Bescheid erfolgt dann, wenn keine Anmeldung eingereicht wird oder wenn sich die Berechnung der in der Anmeldung angegebenen Steuer als unrichtig erweist. Die Festsetzung gemäß § 201 BAO richtet sich nicht etwa gegen den Parteienvertreter, sondern immer an den Steuerpflichtigen selbst. Lediglich die Bescheidzustellung hat, wenn eine Zustellvollmacht vorliegt, an den Parteienvertreter zu erfolgen. Die im Abs. 4 vorgesehene Haftung des Parteienvertreters kommt nur insoweit zum Tragen, als die selbst berechnete Steuer vom Parteienvertreter nicht entrichtet wird. Eine unrichtige Steuerberechnung löst keine Haftung, sondern einen an den Steuerpflichtigen gerichteten Festsetzungsbescheid aus (1625 Blg NR18. GP).

Die Anwendung des § 17 GrEStG 1987 hat nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges zur unabdingbaren Voraussetzung (vgl ; ; ).

Das Tatbestandsbild des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG ist bereits mit der Annahme eines Rücktrittsangebotes des Veräußerers, also mit Abschluss der Vereinbarung erfüllt ( 2812, 2936, 2937/78; )

Der Anspruch auf Rückerstattung der Grunderwerbesteuer iSd § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG entsteht erst mit der tatsächlichen Rückgängigmachung der Kaufverträge. Auf den Zeitpunkt einer allfälligen Bescheiderlassung kommt es dagegen nicht an (; ).

Die Nichtfestsetzung bzw Abänderung der Steuer nach § 17 GrEStG 1987 setzt die Einbringung eines entsprechenden Antrages der Partei voraus (; , 16/3304/79; ; , 0069; ).

Ob der gut geschriebene Betrag zu einem rückzahlbaren Guthaben führt, ist nach den Vorschriften der §§ 215, 239 BAO zu beurteilen ().

Solange noch kein Guthaben iS des § 215 Abs 4 BAO auf dem Abgabenkonto besteht, stellt der Rückzahlungsanspruch einen nach § 331 EO pfändbaren Vermögenswert dar (; ).

Demgegenüber ist iZm der Aufrechnung im Konkurs davon auszugehen, dass den Aufrechnungsvorschriften des Insolvenzrechts der Vorrang vor den Vorschriften des Abgabenrechts über die Verrechnung von Guthaben und Steuerschulden bzw den Verrechnungsregeln der BAO zukommen (; ). Ist ein Rückforderungsanspruch bereits vor Konkurseröffnung entstanden, steht der Aufrechnung des Anspruchs mit der bestehenden Konkursforderung auch kein sich aus abgabenrechtlichen Vorschriften ergebendes Aufrechnungsverbot entgegen ().

Erwägungen

Im vorliegenden Fall wurde durch die ***Bf*** ein Antrag gemäß § 17 GrEStG sowie ein Rückzahlungsantrag gemäß § 239 Abs. 1 BAO gestellt. Letzterer setzt zur positiven Erledigung den Bestand eines Guthabens (§ 215 Abs. 4 BAO) voraus.

Die belangte Behörde brachte in ihrer als Bescheid über die Abweisung des Rückzahlungsantrages bezeichneten Erledigung zum Ausdruck, dass das Guthaben zur teilweisen Tilgung mit offenen Abgabenschuldigkeiten der ***Ges*** zu verwenden gewesen sei.

Dagegen wandte die ***Bf*** ein, dass nicht erkennbar sei, um welche Abgabenschuldigkeiten es sich bei der Verrechnung in concreto handle, sowie, dass eine Auseinandersetzung mit den Bestimmungen der §§ 19 und 20 IO durch die Abgabenbehörde nicht stattgefunden habe. Zudem wurde vorgebracht, dass die Grunderwerbsteuer zu StNr.***3*** entrichtet worden sei und deshalb ein Guthaben bei Wegfall der Grunderwerbsteuerpflicht auf diesem Steuerkonto bestehen müsse.

Hinsichtlich der Ausführungen des Vertreters der ***Bf*** in der Beschwerde betreffend die Thematik der Rückzahlung der Grunderwerbsteuergutschrift auf sein Gebührenanderkonto, ist auszuführen, dass die rechtliche Vertretung, die die Selbstberechnung durchgeführt und abgeführt hat, immer nur Bevollmächtigter und nicht Abgabepflichtiger im grunderwerbsteuerlichen Selbstberechnungsverfahren ist. Die Selbstberechnung wie auch eine Entrichtung durch den Parteienvertreter ist immer dem Abgabenschuldner zuzurechnen (vgl ). Die Verfügungsmacht hinsichtlich einer Gutschrift bei selbstberechneten Abgaben steht ausschließlich dem Abgabepflichtigen zu, weshalb eine solche Gutschrift auf ein auf den Abgabenpflichtigen selbst lautendes Abgabenkonto und nicht auf das Verrechnungskonto des Vertreters zu verbuchen ist. (vgl. ). Eine Rückbuchung auf das Abgabenkonto des steuerlichen Vertreters findet im Gesetz keine Deckung. Eine Geldvollmacht des bevollmächtigen Vertreters lag nicht vor und wurde das Vorliegen einer solchen auch nicht behauptet.

Die ***Bf*** bringt weiters vor, dass eine Gegenverrechnung und Tilgung nur nach Maßgabe der §§ 19 und 20 IO möglich sei, denen insoweit ein Vorrang vor den abgabenrechtlichen Verrechnungsregeln zukomme.

Wie aus dem Abgabenkonto ersichtlich ist, bestand bereits zum Zeitpunkt der Rückgängigmachung des Kaufvertrages, dem - somit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens - die aushaftende (fällige) Schuld beim Finanzamt 1/23.

Der Anspruch auf Rückerstattung entstand sohin bereits am . Tatsache ist jedoch, dass die Rückerstattung der Grunderwerbsteuer aufgrund einer Rückgängigmachung des Kaufvertrages der Parteien gemäß § 17 GrEStG von einem Antrag auf Rückzahlung abhängig ist. Dieser Rückzahlungsantrag über den Betrag in Höhe von € 89.040,00 erfolgte am , die Gutschrift (und Verrechnung) dieses Betrages am Abgabenkonto der ***Ges*** erfolgte jedoch erst später, nämlich am . Daraus ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Antragsstellung kein entsprechendes Guthaben auf dem Abgabenkonto der ***Ges*** bei der belangten Behörde vorhanden war.

Ein Guthaben im Sinn des § 215 BAO stellt sich als das Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto dar. Da das Abgabenkonto der ***Ges*** im Zeitpunkt des Rückzahlungsantrages kein Guthaben aufwies, war diesem Antrag schon deswegen der Erfolg zu versagen.

Ein Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto wäre nicht in einem Verfahren nach § 239 Abs 1 BAO, sondern in einem solchen nach § 216 leg cit auszutragen.

Bei den Verrechnungsvorschriften des § 215 BAO handelt es sich um zwingendes Recht, weshalb die Verwendung von Guthaben nicht dem Ermessen der Behörde bzw. dem Gericht überlassen ist ().

Es kann verfahrensgegenständlich sohin dahingestellt bleiben, ob der Aufrechnung des Guthabens bei der belangten Behörde mit den Abgabenschuldigkeiten gem. § 215 Abs. 2 BAO zur teilweisen Tilgung der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits fälligen Abgabenschuldigkeiten der ***Ges*** beim Finanzamt 1/23 ein abgaben- oder insolvenzrechtliches Aufrechnungsverbot entgegenstand. Letztendlich entscheidungswesentlich war, dass zum Zeitpunkt der Rückzahlungsantragsstellung am (ebenso zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht) kein Guthaben auf dem Abgabenkonto der ***Ges*** bei der belangten Behörde gegeben war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

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