Unterhalt für im Drittstaat lebendes Kind
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin I. in der Beschwerdesache Bf., Adresse01, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf:
Der Beschwerdeführer (Bf.), gebürtig aus demDrittland (in weiterer Folge "Drittland") und wohnhaft in Österreich, hat mit einer im Drittland lebenden Frau (in weiterer Folge "(Kindes)Mutter") eine Tochter, geboren 2006.
Unstrittig ist, dass die Tochter des Bf. seit 02/2016 beim Bf. und seiner Ehegattin, die nicht die Kindesmutter ist, in Österreich und im Zeitraum 02-12/2017 bei ihrer Mutter im Drittland lebte. Begründet wird der Aufenthalt der Tochter bei ihrer Mutter mit der Erkrankung der Mutter.
In der Einkommensteuererklärung 2017 begehrte der Bf., für seine im Zeitraum 02 - 12/2017 im Drittland bei ihrer Mutter lebenden Tochter Unterhaltszahlungen in Höhe von € 2.417,19 (davon € 2.200,00 Zahlungen an die Mutter im Drittland und € 217,19 für Schulkosten der Tochter im Drittland) als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt in Abzug zu bringen.
Im Einkommensteuerbescheid 2017 berücksichtigte das Finanzamt für den Unterhalt der Tochter für elf Monate € 550,00; diese seien ohne Nachweis der tatsächlichen Zahlungen anzuerkennen.
In der Beschwerde beantragte der Bf. den Abzug des gesamten geltend gemachten Betrages und legte bei:
Eine Aufstellung über die angegebenen Unterhaltszahlungen,
Nachweise über das entrichtete Schulgeld,
"Affidavit of Facts": darin bestätige die Mutter im Drittland, eine monatliche Unterstützung durch den Bf. in Höhe von € 200,00 für den Zeitraum 02-12/2017 erhalten zu haben.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung hielt das Finanzamt fest, dass Unterhaltszahlungen an ausländische Kinder nicht mit dem tatsächlich bezahlten Betrag, sondern in Höhe von monatlich € 50,00 abgegolten seien.
Im Vorlageantrag bemängelte der Bf., dass trotz des Zahlungsnachweises der Unterhalt nur pauschal abgegolten sei. Die Mutter arbeite nicht, daher habe er für alle Kosten der Tochter, wie Schulbücher, Schuluniform, usw., aufkommen müssen. Aufgrund der schlechten finanziellen Situation der Mutter habe er jeden Monat auch Geld für Essen, Bekleidung, usw., ins Drittland geschickt. Das Finanzamt habe nicht einmal einen Bruchteil der für die Tochter tatsächlich angefallenen Kosten anerkannt.
Im Vorlagebericht führte das Finanzamt zu der von ihm beantragten Abweisung der Beschwerde aus:
"Gemäß Rz. 866 der Lohnsteuerrichtlinie (=LStR) 2002 sind Unterhaltsleistungen von in Österreich beschäftigten Steuerpflichtigen für deren nicht haushaltszugehörige Kinder, die sich ständig in einem Staat außerhalb des EU-Raums, EWR-Raumes oder der Schweiz aufhalten, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (mit Verweisen auf die Judikatur des VfGH). Dabei kann der halbe Unterhalt ohne Abzug eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Das individuelle Ausmaß des zu berücksichtigenden Unterhalts orientiert sich unter anderem am jeweiligen angemessenen Unterhalt im Ausland und den eventuellen ausländischen Familienleistungen. Nach Ansicht der Finanzverwaltung bestehen keine Bedenken diese außergewöhnliche Belastung mit € 50,00 pro Monat und Kind - ohne Abzug eines Selbstbehaltes - zu schätzen.
Nach der Richtlinie sind weiters im Falle der Geltendmachung des tatsächlich geleisteten Unterhalts, eine Vielzahl an Beweismittel, u.A. eine Bankbestätigung über die überwiesenen Beträge, vorzulegen.
In Rz. 867 LStR 2002 wird zudem festgehalten, dass Unterhaltspflichten gegenüber dem dauernd getrennt lebenden Ehegatten nicht zu berücksichtigen sind.
An tatsächlichen Unterhaltsleistungen wurden vom Bf. lediglich € 217,19 (Schulkosten) nachgewiesen. Als Nachweis für den angeblich geleisteten Unterhalt in Höhe von € 200,00 wurde eine vor einem Gericht im Drittland abgelegte Aussage der Kindesmutter vorgelegt. Aus dem Schriftstück geht nicht hervor, dass die Aussagen der Kindesmutter in irgendeiner Form von der dortigen Behörde überprüft worden wären. Da der Zahlungsfluss somit nicht nachgewiesen wurde, musste das ho. Finanzamt den geleisteten Unterhalt schätzen. Dabei wurde von einer Unterhalsverpflichtung in Höhe von € 1.200,00 jährlich ausgegangenen, was in Anbetracht eines Durchschnittseinkommens im Drittland im Jahr 2016 in Höhe von € 2.213,00 jährlich (Quelle: https://www.laenderdaten.info/durchschnittseinkommen.php) angemessen erscheint. Da sich die Tochter aber im Jahr 2017 laut Angaben des Bf. nur 11 Monate im Drittlandaufhielt, war von einem Unterhalt von € 1.100,00 auszugehen. Gemäß der RZ 866 LStR wurde davon die Hälfte
(= € 550,00) ohne Selbstbehalt berücksichtigt.
Das Vorhalteverfahren vor dem BFG führte zu folgenden Feststellungen:
Die Ehegattin des Bf. bezog bzw. bezieht für den Zeitraum 12/2016 bis 02/2017 und nunmehr ab 01/2018 bis 12/2021 Familienbeihilfe für die Tochter des Bf. Zwischenzeitig hat die Ehegattin die Tochter adoptiert. Mit xx.xx.2019 sollte die Tochter die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen.
Das Schulgeld wurde bar bezahlt (die vorgelegten Zahlungsbestätigungen, Angaben des Bf. in der Vorhaltsbeantwortung vom ).
Nachweise, aus denen zu ersehen ist, wann und auf welchem Wege der Bf. die von der Mutter der Tochter bestätigten Zahlungen tatsächlich bezahlt hat (siehe hiezu die Frage 1 im Vorhalt vom ) legte der Bf. nicht vor. Er verwies auf die Beilage "Affidavit of Facts". Er habe die € 200,00 monatlich immer einem Freund mitgegeben, der ins Drittland reiste und aus derselben Gegend stammt. Da fast wöchentlich immer irgendein Freund - teils auch aus geschäftlichen Gründen - ins Drittland gereist sei, sei die Übermittlung des Geldes kein Problem gewesen. Bis dato () sei eine Banktransaktion von Österreich ins Drittland nicht möglich, die Banken im Drittland seien leider nicht so fortschrittlich wie in Europa (Vorhaltsbeantwortung vom ).
Über Befragen konnte der Bf. keinen Nachweis für seinen gesetzlichen Unterhalt für die Tochter im Drittland nachweisen. Im Drittland sei kein rechtlicher Ansatz bzw. keine gesetzliche Höhe für den Unterhalt von Kindern geregelt. Gesetzlich müsse kein Unterhalt gezahlt werden, da normalerweise die Kinder nach einer Trennung bzw. nach dem Tod des anderen Elternteils oder dergleichen beim Vater bleiben und nicht bei den Müttern. Das sei leider alles nicht gesetzlich geregelt, sondern werde aufgrund der Mentalität und Vorfahren so handgehabt.
Das Finanzamt blieb bei seiner Ansicht. Die vom Bf. vorgelegten Nachweise seien nicht ausreichend, um zu belegen, dass die Hälfte der tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen höher als die geschätzten € 50,00 pro Monat seien. Der Nachweis des Zahlungsflusses für die € 200,00 pro Monat sei durch die Beilage "Affidavit of Facts" nicht hinreichend erbracht. Laut Bf. könnten keine Banktransaktionen ins Drittland getätigt werden, weswegen ein entsprechender Nachweis des Zahlungsflusses auch nicht möglich sei. Die nachgewiesenen Zahlungen an die Schule übersteigen den Betrag von € 50,00 pro Monat nicht.
Abschließend ersuchte der Bf. um Milde, da die Situation im Drittland diese Beschwerde und den ganzen steuerlichen Vorgang etwas erschwere, die Tochter in Österreich sei und bleiben werde.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt
Unstrittig ist der Aufenthalt der Tochter im Drittland bei ihrer Mutter von 02-12/2017, des Weiteren die Bezahlung des Schulgeldes für den Schulbesuch der Tochter im Drittland in bar (€ 217,19).
Strittig ist die Höhe der als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt begehrten Unterhaltszahlungen des Bf. an seine im Zeitraum 02-12/2017 bei ihrer Mutter im Drittland lebenden Tochter. Die Abläufe und Vorbringen sind dem "Verfahrensablauf" zu entnehmen. Der Bf. wurde im Drittland nicht zu einem gesetzlichen Unterhalt verpflichtet (Vorhalt vom , Vorhaltsbeantwortung vom ).
Rechtliche Beurteilung:
Gemäߧ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
Sie muss außergewöhnlich sein.
Sie muss zwangsläufig erwachsen.
Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Die Belastung erwächst gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 EStG 1988 in Verbindung mit § 34 Abs. 5 EStG 1988) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt wird je nach Einkommen mit Prozentsätzen berechnet und vermindert sich um je einen Prozentpunkt, wenn [...] .
Nach § 34 Abs. 7 EStG 1988 gilt für Unterhaltsleistungen Folgendes:
1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a und c EStG 1988 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3 EStG 1988) Anspruch auf diese Beträge hat.
2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten. […]
4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.
Im gegenständlichen Fall war die Tochter des Bf. während der elf Monate des Jahres 2017 nicht nur vorübergehend im Drittland, weshalb dem Bf. bzw. seiner Ehegattin keine Kinderbeihilfe zustand (vgl. § 2 Abs. 5 FLAG 1967).
Wie bereits im Erkenntnis des GZ. RV/7104489/2018, festgehalten, wird im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 2366/00, angeführt, dass der Gesetzgeber der verfassungsrechtlichen Pflicht zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltslasten auch dann gerecht wird, wenn er hierfür nicht den Weg der Gewährung von Transferzahlungen wählt, sondern die Berücksichtigung im Wege des Steuerrechts ermöglicht. Ein solcher Weg ist aber nach der geltenden Rechtslage nicht schlechthin versperrt.
Im Übrigen schließt es die geltende Rechtslage nach Auffassung des Gerichtshofes nicht von vornherein aus, Unterhaltsleistungen an sich ständig im Ausland aufhaltende Kinder (zumindest im hier offenbar vorliegenden Fall von haushaltszugehörigen Kindern) nach den allgemeinen Regeln des § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
§ 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 steht dem nicht entgegen, weil diese Vorschrift auch bloß als Aussage über das Ausmaß der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen für die vorstehend geregelten Fallgruppen interpretiert werden kann. Für diese Deutung spricht auch die Verfassungsbestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988, der zufolge Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, grundsätzlich weder im Wege von Absetzbeträgen noch im Wege einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen sind.
Unterhaltsleistungen von in Österreich beschäftigten Steuerpflichtigen für deren nicht haushaltszugehörigen Kinder, die sich ständig in einem Drittstaat aufhalten, sind ebenfalls als außergewöhnliche Belastung zur berücksichtigen (vgl. ).
Den Ausführungen des VfGH folgend können also Unterhaltsleistungen an im Ausland lebende Kinder nach den allgemeinen Regeln des § 34 EStG 1988 berücksichtigt werden.
Unterhaltsleistungen an minderjährige haushaltszugehörige Kinder in einem Staat außerhalb der EU, des EWR-Raumes und der Schweiz, für die kein Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Kinderabsetzbetrag gegeben ist, können im Umfang des halben Unterhalts (, G285/96; ), und zwar ohne Abzug eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden (siehe Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 52a).
Der VwGH teilte in seinem Erkenntnis vom , 2006/15/0117, die Rechtsansicht, wonach Unterhaltsleistungen für minderjährige Kinder im Ausland zur Hälfte der gesetzlichen Unterhaltspflicht als außergewöhnliche Belastung (ohne Selbstbehalt) anzuerkennen sind. In dieser Entscheidung hielt der VwGH fest, dass "das Vorbringen des Steuerpflichtigen, wonach die Hälfte der vom Unterhaltsschuldner tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist, das Wesen der außergewöhnlichen Belastung verkennt. Es kommen zwar nur die tatsächlichen Ausgaben des Steuerpflichtigen als außergewöhnliche Belastung in Betracht. Dies bedeutet aber nicht, dass die tatsächlichen Ausgaben bereits als außergewöhnliche Belastung im Sinne des Gesetzes anzuerkennen wären. Die Belastung muss nämlich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zwangsläufig erwachsen (vgl. Doralt, a.a.O., § 34 Tz. 36)."
Das individuelle Ausmaß der zu berücksichtigenden Unterhaltspflicht des Steuerpflichtigen orientiert sich unter anderem am jeweiligen angemessenen Unterhalt im Ausland und den eventuellen ausländischen Familienleistungen. Die Höhe des steuerlich als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Unterhaltsbetrages kann mit € 50,00 pro Monat und Kind - ohne Abzug eines Selbstbehaltes - geschätzt werden (siehe Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 52a).
Der VwGH bestätigt in diesem Zusammenhang auch die Verwaltungspraxis, dass die Höhe des steuerlich anzuerkennenden Unterhalts mit € 50,00 je Monat und Kind geschätzt werden kann.
Macht der Steuerpflichtige (die Hälfte) des tatsächlich geleisteten (jeweils gesetzlichen) Unterhalts geltend, hat er nachzuweisen, dass er dazu nach dem - von ihm zu belegenden - ausländischen Recht in dieser Höhe auch rechtlich verpflichtet ist.
Der Grundsatz "iura novit curia" - das Gericht kennt das Recht - gilt in Bezug auf ausländisches Recht nicht.
Vorauszuschicken ist im gegenständlichen Fall, dass ein gesetzlicher Unterhalt für die Tochter des Bf. im Drittland nicht festgesetzt wurde.
Aufgrund des Fehlens von Zahlungsnachweisen für die begehrten € 2.200,00 ging das Finanzamt im Schätzungswege von einem "angemessenen Unterhalt" für 11 Monate von € 1.100,00 im Hinblick auf das jährliche Durchschnittseinkommen im Drittstaat für 2016 von € 2.213,00 (basierend auf der im Sachverhalt angeführten Länderinfo) aus, von dem es die Hälfte als außergewöhnliche Belastung berücksichtigte.
Auch nach Ansicht des BFG ist der Zahlungsfluss für die begehrten € 2.200,00 nicht erwiesen:
Mag eine Bestätigung der Kindesmutter vorliegen, wonach sie monatlich € 200,00 für die Tochter bekommen haben soll, so kommt dieser Bestätigung kein Nachweis eines zu zahlenden gesetzlichen Unterhalts zu.
Der Bf. hat es unterlassen, den Zahlungsfluss für die monatlichen € 200,00 durch geeignete Unterlagen zu dokumentieren. Es handelt sich daher um ein allgemeines und für das BFG nicht nachvollziehbares Vorbringen des Bf. Selbst wenn Banküberweisungen zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich waren, fehlt es an jeglichen für das BFG nachvollziehbaren konkreten Angaben und Nachweisen des Bf. zum Abgang des Geldes aus seiner Sphäre. Dass solche Nachweise unmöglich gewesen wären, hat der Bf. nicht behauptet. Somit ist bereits der Abgang des Geldes beim Bf. nicht nachgewiesen.
Zutreffend ist auch die Ansicht des Finanzamtes, dass aus der Bestätigung der Kindesmutter eine Überprüfung des Zahlungseingangs bei der Kindesmutter nicht hervorgeht.
Abgesehen davon kommt es im gegenständlichen Fall nicht auf tatsächlich geleistete Zahlungen, sondern auf den gesetzlichen Unterhaltsanspruch nach dem hier anzuwendenden ausländischen Recht im Drittland an. Ein gesetzlicher Anspruch wurde laut Bf. aber nicht festgesetzt.
Angesichts des fehlenden gesetzlich geregelten Unterhaltsanspruches geben die allgemeinen Ausführungen des Bf., für Schulbücher, Uniform, Bekleidung, Essen, usw. aufgekommen zu sein, noch keinen Hinweis auf die Höhe der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Tochter, sondern Auskunft darüber, wozu der Bf. freiwillig zu leisten bereit war. Die nachgewiesenen Kosten finden aber im geschätzten Betrag ohnehin Deckung.
Die im Vorlagebericht geschilderte Schätzung der monatlichen € 50,00 entspricht der in Österreich angewendeten Verwaltungspraxis.
Hält man sich vor Augen, dass laut seitens des Bf. unwidersprochenen Ausführungen des Finanzamtes im Drittland das Durchschnittseinkommen 2016 € 2.213,00 betragen hat, so besteht aus Sicht des BFG bei dem vom Finanzamt angenommenen jährlichen Unterhaltsanspruch der Tochter von € 1.200,00 kein Zweifel an seiner Angemessenheit nach den Verhältnissen im Drittstaat. Durch den direkten Bezug zum Bruttoinlandsprodukt in obiger Länderinfo fließen vielfältige Faktoren in die Einordnung in eine Ländergruppe ein. Denn die OECD ermittelt einheitlich das Pro-Kopf-Einkommen sämtlicher Staaten. Damit bildet sich in der Ländergruppeneinteilung zutreffend die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates realitätsgerecht ab (vgl. z.B. BFH-Urteile vom , VI R 28/10 und die dort zitierte Judikatur). Die Lebensbedingungen in Deutschland und Österreich sind vergleichbar.
Mit dem vom Finanzamt angenommenen Unterhaltsanspruch von € 1.200,00 pro Jahr kann die Tochter bei einem Durchschnittseinkommen von € 2.213,00 (2016) - bzw. 2017 einem allenfalls etwas höheren Betrag - bezogen auf die Verhältnisse im Drittland auch angemessen am Einkommen des Vaters Anteil haben.
Dem Einwand des Bf., die vom Finanzamt gewährten € 50,00 pro Monat würden "nicht einmal einen Bruchteil der wirklich für die Tochter angefallenen Kosten" decken, ist zu entgegnen, dass die Ausführungen im Vorlagebericht Vorhaltscharakter haben. Es wäre am Bf. gelegen, sein Begehren anhand entsprechender Unterlagen nachvollziehbar zu dokumentieren.
Mangels Nachweises der Höhe der gesetzlichen ausländischen Unterhaltsverpflichtung hat die belangte Behörde die dem Bf. zustehende außergewöhnliche Belastung zutreffend mit € 50,00 pro Monat geschätzt. Das Bundesfinanzgericht sieht keinen Anhaltspunkt, von der von der belangten Behörde angestellten Schätzung der außergewöhnlichen Belastung abzugehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Un/Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Rahmen der Beweiswürdigung bewegte, und die gezogenen Konsequenzen durch die o. a. Rechtsprechung gedeckt sind, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.
Beilage:
Affidavit of Facts
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101859.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at