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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.05.2021, RV/4100440/2018

Zurückweisung der Beschwerde wg Verspätung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** über die Beschwerden des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Spittal Villach (nunmehr Finanzamt Österreich), dieses vertreten durch HR Mag. ***AV1***, vom und betreffend Einkommensteuer (ANV) 2013 und 2014 den Beschluss gefasst:

Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Der Einkommensteuerbescheid 2013 wurde am um 19:16:32+01:00 Uhrzeit, der Einkommensteuerbescheid 2014 wurde am um 22:25:47+01:00 Uhrzeit in die Databox der damaligen Rechtsvertretung, RAe ***RA*** (kurz ***RA***) eingespeist und somit im elektronischen Wege zugestellt. Ab den genannten Zeitpunkten standen die beiden Bescheide der Rechtsvertretung zur Abfrage bereit.

Aktenkundig ist die Eingabe der ***RA*** vom an das Finanzamt, mit welcher diese beantragt, die "Frist für die Erklärung der Arbeitnehmerveranlagung" vorläufig bis zum zu erstrecken. Um welches Kalenderjahr es sich dabei handelt, bleibt ungenannt. Die Rechtsvertretung nimmt im besagten Schreiben Bezug auf einen Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach vom , welcher ihr am zugestellt worden sei. Weiters hält die Rechtsvertretung fest, dass sie Bescheide betreffend die Jahre 2011, 2012, 2013 und 2014 "erwartet".

Aktenkundig ist weiters eine Email der Kanzlei ***RA*** an das Finanzamt vom , mit welcher diese um "Zustellung der Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014" ersucht. Gleichzeitig gab diese der Behörde gegenüber die Verlegung ihres Kanzleisitzes bekannt.

In der Folge stellte das Finanzamt der Rechtsvertretung Ausdrucke der bereits am bzw. ergangenen Einkommensteuerbescheid 2013 und 2014 im Postwege zu. Der im Akt einliegende Rückschein trägt den Vermerk "E Bescheide 2013+2014" und weist als Übernahmedatum den aus.

Mit den jeweils am datierten Beschwerdeeingaben wandte sich der Bf gegen die beiden genannten Einkommensteuerbescheide vom (E 2013) und (E 2014).

Mit den jeweils am ergangenen Beschwerdevorentscheidungen (zugestellt an die Kanzlei ***RA***) wies die Behörde die beiden Bescheidbeschwerden als unbegründet ab.

Aktenkundig ist, dass die vormalige Rechtsvertretung ***RA*** dem Finanzamt mit Eingabe vom (Datum des Einlangens beim FA) die Auflösung der Vertretungsvollmacht ua. für die Veranlagungszeiträume 2013 und 2014 bekannt gab.

Mit Eingabe vom beantragte die nunmehrige steuerliche Vertretung, ***SBT1*** GmbH, die Vorlage der Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 an das BFG.

Im Vorlagebericht vom beantragte die Amtsvertreterin die Zurückweisung der Beschwerden wegen Verspätung, in eventu deren Abweisung als unbegründet. In Bezug auf die vom Finanzamt erstmals aufgeworfenen Bedenken hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Beschwerdeeingabe führte dieses wörtlich aus:

"Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurde nachweislich am in die Databox der anwaltlichen Vertretung des Bf (Rechtsanwaltskanzlei ***RA***) zugestellt. Die Zustellung des Einkommensteuerbescheids 2014 vom erfolgte am ebenfalls in die Databox (siehe Daten Steuerakt 2013 und 2014).

Mit Eingabe der anwaltlichen Vertretung vom ersuchte diese, bezugnehmend auf einen Bescheid des Finanzamtes vom die Frist für die Erklärung zur Durchführung zur Arbeitnehmerveranlagung vorläufig bis zum zu erstrecken. Im Steuerakt liegt allerdings weder ein mit datierter Bescheid noch ein anderes Schreiben dieses Datums auf. Eine telefonische Rückfrage bei der anwaltlichen Vertretung im Rahmen der Erstellung des Vorlageberichts verlief ebenfalls negativ und konnte ein diesbezügliches Schriftstück nicht aufgefunden werden.

Mit E-Mail des Rechtsbeistands des Bf vom wurde die für die Bearbeitung der gegenständlichen Arbeitnehmerveranlagungen zuständige Mitarbeiterin des Finanzamtes ersucht, die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 an die Adresse der Rechtsanwälte des Bf zuzustellen. Diesem Ersuchen wurde von Seiten des Finanzamts auch nachgekommen (siehe e-mail vom und Rückschein vom ).

Die wiederholte Zustellung dieser Bescheide kann keine Rechtswirksamkeit entfalten, weil die Zustellung der Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 bereits am 10.3. und rechtmäßig erfolgt ist.

Mit Telefax vom wurden die gegenständlichen Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 eingebracht.

Nach Ansicht des Finanzamtes stellt das Schreiben der anwaltlichen Vertretung vom keinen Antrag auf Fristverlängerung zur Einbringung der Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 vom und dar. Die am eingebrachten Beschwerden sind daher verspätet."

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens brachte das Gericht in Wahrung des Parteiengehörs den Verfahrensparteien mit Vorhalt vom nachstehende aufgrund der Aktenlage vorläufig getroffene Feststellungen u.a. in Bezug auf die Beschwerdejahre 2013 und 2014 zur Kenntnis:

"Vor Einlassung in die entscheidungsrelevante Streitfrage, ob Österreich das Besteuerungsrecht an den Schweizer Arbeitseinkünften des Beschwerdeführers (Bf) in den Jahren 2011 bis 2014 zusteht oder nicht, galt es in Anbetracht der vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakten (lt. Vorlageberichte) sowie einer erfolgten Stellungnahme der ehemaligen anwaltlichen Vertretung des Bf, datiert mit (siehe Beilage), vom BFG vorab die Frage der fristgerechten Einbringung der Beschwerden gegen "alle" angefochtenen Einkommensteuerbescheide zu überprüfen.

1. Verfahrensrecht- und Kommentarhinweise:

Gemäß § 9 Abs. 1 ZustG können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 ZustG, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Hat eine Partei oder hat ein Beteiligter mehrere Zustellungsbevollmächtigte, so gilt die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist (siehe § 9 Abs 4 ZustG, zweiter Satz).

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO, erster Satz, beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Nach § 245 Abs. 3 BAO ist "die Beschwerdefrist auf Antrag" von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs. 1 BAO (vgl. Ritz, BAO6, § 245 Tz 12 mwN).

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist gemäß § 109 BAO für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist. Für den Beginn der Beschwerdefrist maßgebend ist der Tag, an dem der Bescheid bekannt gegeben worden ist (vgl. Ritz, BAO6, § 245 Tz 4).

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO, erster Satz, gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat, wobei es auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) nicht ankommt (vgl. Ritz, BAO6, § 98 Tz 4 mwN).

Nach 260 Abs 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

2. Feststellungen zur "Zeit- bzw. Fristbezogenheit" des Verwaltungsgeschehens:

2.1.
Evident ist, dass "alle" gegenüber der Abgabenbehörde ausgewiesenen steuerlichen Vertreter des Bf im Zeitpunkt der jeweiligen "Bescheiderlassungen über aufrechte Zustellungsvollmachten" verfügten (Beweismittel: EDV-Ausdruck über Zustellungsbevollmächtigte [= berechtigte FinanzOnline-Nutzer], vom ).

2.2.
Evident und unstrittig ist, dass von der belangten Behörde die steuerlichen Vertreter des Bf "als Empfänger in den jeweils angefochtenen Bescheiden" korrekt iSd § 9 Abs. 3 ZustG (mit)bezeichnet worden waren.

2.3.
Evident ist, dass die Zustellung aller gegenständlich angefochtenen Einkommensteuerbescheide von Seiten des Finanzamtes sowohl (inhaltlich) mängelfrei als auch rechtskonform "via FinanzOnline" an die nach § 83 BAO bestellten steuerlichen Vertreter des Bf, unter Beachtung von erteilten bzw. bekanntgegebenen "Zustellungsbevollmächtigungen", vorgenommen worden sind.

2.3.1. … (betreffend Einkommensteuerbescheide 2011)

2.3.2. … (betreffend Einkommensteuerbescheide 2012)

2.3.3. Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurde am (Freitag) um 19:16:32+01:00 Uhrzeit (siehe Signaturangaben lt. Bescheid) in die Databox der ausgewiesenen steuerlichen Vertretung des Bf unter Beachtung der aufrechten Zustellbevollmächtigung - Dr. ***RA*** u. Dr.***RA*** - zugestellt.

2.3.3.1. Die dagegen gerichtete Beschwerde (Faxeingabe der Rechtsanwaltskanzlei ***RA***) ist beim Finanzamt am (Dienstag) eingebracht worden (Beweismittel: siehe Datenauszug des Steueraktes für 2013).

2.3.3.2. In Anbetracht der "derzeit bestehenden Sach- und Aktenlage" trifft das BFG in freier Beweiswürdigung die Feststellung, dass das Anbringen der ehemaligen anwaltlichen Vertretung des Bf, datiert mit (Beweismittel: siehe Schriftsatz lt. Anlage), sowohl mangels klarer Bezeichnung im Rubrum als auch den in diesem Schriftsatz gegenüber der Abgabenbehörde zum Ausdruck gebrachten "erklärten bzw. gewollten Inhalten nach", nicht als ein wirksamer Fristverlängerungsantrag iSd § 245 Abs. 3 BAO, für den am über "FinanzOnline" zugestellten Einkommensteuerbescheid des Jahres 2013 zu werten ist.

2.3.3.3. Des Weiteren trifft das BFG die Feststellung, dass die von der ehemaligen anwaltlichen Vertretung des Bf im Schreiben an die ***SBT1*** GmbH vom (siehe Beilage), lediglich allgemein gehaltenen Darlegungen bzw. ins Treffen geführten Überlegungen zu einer erfolgten "fristgerechten Beschwerdeeinbringung für die Jahre 2013 u. 2014", in den bislang dem BFG vorgelegten Verwaltungsakteninhalten keinerlei Deckung finden. Sowohl mangels neuer Tatsachen als auch geeigneter Beweismittelvorlagen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vermag das BFG folglich auch keinerlei zu berücksichtigende schlüssige bzw. nachvollziehbare Sachverhaltsumstände dafür zu erblicken, dass die in Rede stehenden Bescheidbeschwerden (E-2013 u. E-2014) fristgerecht eingebracht worden sind.

2.3.4. Der Einkommensteuerbescheid 2014 vom wurde am (Freitag) um 22:25:47+01:00 Uhrzeit (siehe Signaturangaben lt. Bescheid) in die Databox der ausgewiesenen steuerlichen Vertretung des Bf unter Beachtung der aufrechten Zustellbevollmächtigung - Dr. ***RA*** u. Dr.***RA*** - zugestellt.

2.3.4.1. Die dagegen gerichtete Beschwerde (Faxeingabe der Rechtsanwaltskanzlei ***RA***) ist beim Finanzamt am (Dienstag) eingebracht worden (Beweismittel: siehe Datenauszug des Steueraktes für 2014).

2.3.4.2. Auch für dieses Streitjahr wird folglich die von der belangten Behörde im Vorlagebericht vom getroffene Schlussfolgerung, dass die Eingabe der Rechtsanwaltskanzlei ***RA*** vom (Beweismittel: siehe Schriftsatz lt. Anlage), nicht als Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist für den am über "FinanzOnline" zugestellten Einkommensteuerbescheid des Jahres 2014 zu betrachten ist, vom BFG in freier Beweiswürdigung unter Beachtung der derzeit bestehenden Sach- und Aktenlage, bestätigt.

2.4. Fakt ist allerdings, dass das Finanzamt alle eingelangten Beschwerden als rechtzeitig behandelt hat und über diese sodann mittels Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen abweisend "unter Anwendung von materiellem Abgabenrecht" entschieden hat. Evident ist, dass im Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen ein von Amts wegen aufzugreifender "Zurückweisungsgrund" von der belangten Behörde unentdeckt geblieben war. Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist ein Zurückweisungsgrund vom BFG jedoch aufzugreifen (vgl. Ritz, BAO6, § 260 Tz 29ff).

2.5. Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der angeführten aktenkundigen Beweisunterlagen trifft das BFG die Feststellung, dass sämtliche Bescheidbeschwerden gegen die angefochtenen Einkommensteuerbescheide der Jahre 2011 bis 2014 "nicht fristgerecht" beim Finanzamt eingebracht worden waren.

2.5.1. Aus diesem Grunde ist vom BFG beabsichtigt über alle bezugshabenden Bescheidbeschwerden mittels "Formalentscheidungen" beschlussmäßig (§ 278 BAO) abzusprechen und von der beantragten mündlichen Verhandlung iSd § 274 BAO abzusehen."

In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom replizierte die steuerliche Vertretung, der seinerzeitige Rechtsvertreter RA Dr. ***RA*** vertrete die Ansicht, dass die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 rechtzeitig eingebracht worden seien. Nach dessen Auffassung sei die Zustellung des Einkommensteuerbescheid 2013 mit Datum als nicht rechtswirksam zu qualifizieren. So sei eine Vollmachtsbekanntgabe gegenüber dem Finanzamt lediglich für die Rechtsmittelverfahren betreffend die Zeiträume 2011 und 2012 erfolgt, nicht jedoch für die Zeiträume 2013 und 2014. Eine rechtswirksame Zustellung des Einkommensteuerbescheides 2013 sei erst nach Bekanntgabe der vollumfänglichen Vollmacht durch postalische Zustellung am erfolgt. Gleiches gelte für den Einkommensteuerbescheid 2014, dessen Zustellung per mangels Vorliegens einer Vertretungsvollmacht für diesen Veranlagungszeitraum ebenso unrechtmäßig erfolgt sei. Auch in diesem Fall sei der Einkommensteuerbescheid 2014 erst mit Datum rechtswirksam zugestellt worden. Die gegen die beiden genannten Bescheide eingebrachte Beschwerde vom sei daher als fristgerecht anzusehen.

Die Bf beantragte in eventu die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Jahre 2013 und 2014. Alternativ wurde auch das prozessuale Mittel der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Im beiliegenden als Aktenvermerk titulierten Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei ***RA*** vom wurde ergänzend ausgeführt, es sei als erwiesen anzusehen, dass sich die von der Kanzlei gelegte Vollmacht nur und ausschließlich auf die eingebrachten Beschwerdeverfahren der Zeiträume 2011 und 2012 beziehen würde. Erst nach telefonischer Intervention beim Finanzamt und Bekanntgabe, dass nunmehr auch die weitere Vertretung des Bf in den Rechtsmittelverfahren betreffend 2013 und 2014 übernommen worden sei, seien die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 im Postwege der Kanzlei mit Datum zugestellt worden. Die Behörde sei selbst bei Vorliegen einer allgemeinen Vertretungsvollmacht nicht berechtigt, "den Gewalthaber im Verfahren über andere bereits schwebende oder erst später anhängige Rechtsangelegenheiten ebenfalls die Partei als durch den einmal ausgewiesenen Rechtsvertreter als vertreten zu behandeln". Selbst eine Ermächtigung zur Vertretung "in allen Angelegenheiten" sei unzureichend (). Damit würde eine rechtswirksame Zustellung an die RA Kanzlei ***RA*** via FON hinsichtlich der beiden bekämpften Bescheide ab ovo ausscheiden. Im Übrigen wäre es Sache der Partei, das Handeln mehrerer in ihrem Namen einschreitender berufsmäßiger Parteienvertreter zu koordinieren und ihre Rechtsvertreter zeitgerecht über diese Angelegenheit zu informieren. Wenn also einseitig und ohne Kenntnis und Information der Kanzlei ***RA*** diese der Behörde gegenüber als elektronische Zustellbevollmächtigte - von wem auch immer- bekannt gegeben worden sei, so vermag eine derartige Bescheidzustellung keine Rechtswirkung zu entfalten.

Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens habe die Behörde selbst zu keinem Zeitpunkt die Rechtzeitigkeit der eingebrachten Bescheidbeschwerden in Zweifel gezogen. Diese habe vielmehr mit Beschwerdevorentscheidung eine meritorische Entscheidung in beiden Streitjahren gefällt.

Doch selbst wenn - was ausdrücklich bestritten werde - eine Rechtzeitigkeit der Einbringung nicht gegeben wäre, dann hätte die Behörde die Beschwerden als Fristerstreckungsanträge zu werten gehabt. Nicht die Bezeichnung einer Eingabe sei ausschlaggebend, sondern deren Inhalt im Zusammenhalt mit dem Parteibegehren.

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurden (nach Richterwechsel) vom Gericht Erhebungen in Bezug auf Zeitpunkt und Umfang der elektronischen Zustellvollmacht der Kanzlei ***RA*** durchgeführt. Die Beantwortung der an das BMF (über FA Österreich) herangetragenen Fragen erfolgte mit Datum .

Mit Vorhalt vom setzte das Gericht die Verfahrensparteien über das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen in Kenntnis und gab diesen gleichzeitig Gelegenheit zur Äußerung.

Konkret wurde im besagten Vorhalt Nachstehendes ausgeführt:

" a) Aktenkundig ist, dass eine Zustellvollmacht der Kanzlei ***RA*** ab dem vorliegt. Diese Vollmacht wurde aufgrund der schriftlichen Vollmachtbekanntgabe der besagten Kanzlei vom , welche weder in Bezug auf bestimmte Verfahren noch hinsichtlich einer zeitlichen Dauer Beschränkungen enthält, von der Abgabenbehörde in deren System erfasst.

b) Mit den jeweils per beim Finanzamt eingelangten Eingaben der RA-Kanzlei ***RA*** wurde der Behörde die Auflösung des Vollmachtverhältnisses für 2013 und 2014 per bekanntgeben.

Diese Eingabe wurde von Seiten der Finanzverwaltung zur Kenntnis genommen und wurde das Ende der Zustellvollmacht in der EDV mit Datum angemerkt.

Daraus folgt: Nach den vorliegenden Beweisergebnissen war die Kanzlei ***RA*** in der Zeit zwischen dem und dem berechtigt, sämtliche an ihren Mandanten ***Bf1*** gerichteten Schriftstücke des Finanzamtes, insbesondere solche im Zusammenhang mit den beschwerdebelasteten Bescheiden, entgegenzunehmen.

c) Richtig ist, dass die beiden beschwerdeverfangenen Bescheide (ESt 2013 und 2014) in die Databox der RAe ***RA*** per Datum ; 19:51 Uhr (ESt 2013) und , 22:25 Uhr (ESt 2014) eingespeist wurden.

Eine Zustellung im elektronischen Wege erfolgt nicht automatisch, sondern nach Auskunft der IT-Sektion des Bundesministeriums für Finanzen nur dann, wenn der betreffende Rechtsvertreter die elektronische Zustellung für seine Klienten in FinanzOnline aktiviert hat. Aufgrund einer erfolgten Aktivierung durch die Kanzlei ***RA*** wurden die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 in die Databox der Kanzlei auch eingestellt.

Die vom Bundesfinanzgericht an das BMF herangetragenen Fragen im Zusammenhang mit der Thematik der elektronischen Zustellung von Schriftstücken wurden von Seiten der IT Sektion per Datum wie folgt beantwortet (Anm.: Antworten in Fettdruck):

"Hier die Beantwortung aus der IT-Sektion:

1. Die beiden Steuerbescheide (ESt 2013 und 2014) wurden in die Databox des Rechtsvertreters RAe ***RA*** mit Datum (2013) und (2014) eingespeist.

  • Können Sie mir mitteilen, wann (Zeitpunkt) der Rechtsvertreter die elektronische Zustellung der an seinen Mandanten gerichteten Einkommensteuerbescheide (ANV) via Databox aktiviert hat und - falls ersichtlich - durch wen dies geschah (RA Dr. ***RA***, Sekretariat);

  • Seit 11:19 Uhr ist die elektronische Zustellung für Klienten aktiviert;

  • die Frage "durch wen" kann ich nur mit dem Benutzernamen, der vom Kunden selbst vergeben wird, beantworten: "w*****"

  • Ist es möglich, dass ein Rechtsvertreter in der Eingabe- bzw. Aktivierungsmaske die elektronische Zustellung auf ein bestimmtes Verfahren (zB Beschwerdeverfahren betreffend EStB 2012) einschränkt oder aber bleibt die elektronische Bescheidzustellung solange aufrecht, bis der Behörde gegenüber bekannt gegeben wird, dass diese Form der Zustellung nicht mehr gewünscht ist.
    Nein, das ist nicht möglich. Die elektronische Zustellung kann entweder für alle Klienten aktiviert werden oder nicht. Ebenso kann die elektronische Zustellung nicht auf bestimmte Verfahren eingeschränkt werden."

2. Zustellvollmacht des StB ***STB2***

Eine Zustellvollmacht für StB ***STB2*** bestand zwischen dem und dem .

Mit Eingabe vom teilte StB ***STB2*** dem Finanzamt mit, dass er seine Zustellvollmacht bereits am zurückgezogen habe.

Daraus folgt: StB ***STB2*** war aufgrund mangelnder Zustellvollmacht nicht berechtigt im Jahre 2017 Schriftstücke für seinen (ehemaligen) Klienten ***Bf1*** (bspw. die beiden EStB 2013 und 2014) entgegenzunehmen.

3. Eingabe RA ***RA*** vom

Der darin angesprochene Bescheid vom betrifft die Aufforderung zur Nachholung der Einreichung der Einkommensteuererklärung für 2015 bis , wobei bei Nichteinreichung der Steuererklärung die Verhängung einer Zwangsstrafe angedroht wurde.

Im letzten Absatz dieser Eingabe beantragte der Rechtsvertreter, die Behörde möge diese Frist bis zum erstrecken."

Mit Eingabe vom teilte die Amtsvertreterin, nachdem die steuerliche Vertretung eingewendet hatte, dass der Benutzername "w*****" ihr (***SBT1*** GmbH) zuzuschreiben sei und nicht der RA Kanzlei ***RA***, dem Gericht Nachstehendes mit:

"Hinsichtlich der Befugnisse im Zusammenhang mit der Zustellvollmacht von Herrn ***Bf*** habe ich noch einmal die IT-Experten des Finanzamtes kontaktiert und die untenstehende Antwort erhalten (Anm.: Antworten in Fettdruck):

"Hat die RA Kanzlei ***RA*** und ***RA*** im FinanzOnline eine elektronische Adresse angegeben, an welche über eine elektronische Zustellung zu informieren ist (§ 5b der FinanzOnline-Verordnung 2006)?

Wenn ja, wann hat die Kanzlei ***RA*** und ***RA*** eine solche Adresse im FinanzOnline angegeben und wie lautet diese Adresse?

  • Ja, eine E-Mail Verständigung wurde aktiviert, konkret am um 11:19 Uhr. E-Mail Benachrichtigungen wurden bisher an office@***RA***.at versendet.

Wurde die RA-Kanzlei ***RA*** auf diesem Weg auch über die Zustellung der ESt-Bescheide 2013 vom und 2014 vom des Klienten ***Bf*** informiert?

  • Nein, da zu diesem Zeitpunkt die E-Mail Benachrichtigung noch nicht aktiviert war.

Im u.a. Mail vom an Mag. ***Ri*** (Richter des BFG) wird angeführt, dass die Aktivierung der elektronischen Zustellung für Klienten der RA Kanzlei ***RA*** mittels dem "Benutzernahmen "w*****" erfolgt ist. Die nunmehrige steuerliche Vertretung (***SBT1*** GmbH) bringt vor, dass dieser Benutzername nicht der RA Kanzlei ***RA*** sondern ihr (***SBT1*** GmbH) zuzuordnen sei.

  • Diese Aussage ist korrekt. In diesem Fall muss die E-Mail vom korrigiert werden. Die Aktivierung der elektronischen Zustellung inklusive des Benutzernamens "w*****" betrifft die ***SBT1*** GmbH und nicht, wie angefragt, die RA Kanzlei ***RA***.

  • Die elektronische Zustellungfür Klienten der RA Kanzlei ***RA*** besteht seit , 11:29 Uhr.

Ich ersuche daher um nochmalige Überprüfung, ob die elektronische Zustellung betreffend die Klienten der Kanzlei ***RA*** und ***RA*** tatsächlich mittels dieses Benutzernamens erfolgt ist und dieser der RA-Kanzlei ***RA*** und ***RA*** zuzuordnen ist. Sollte sich ergeben, dass die Aktivierung mittels eines anderen Benutzernamens erfolgt ist, ersuche ich um Bekanntgabe und Zuordnung dieses Benutzernamens.

  • Mit der Kenntnisnahme des Hinweises auf die elektronische Zustellung der RA Kanzlei ***RA*** wurde diese am , 11:29 Uhr von BENID "E****" mit dem (selbst vergebenen) Benutzernamen "***RA1***" bestätigt.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom teilte die steuerliche Vertretung dem Gericht mit, dass der Bf der RA Kanzlei ***RA*** eine Vertretungsvollmacht eingeräumt habe; diese habe sich nach Auskunft der Kanzlei lediglich auf die Tätigkeit im Zusammenhang mit den Beschwerdeverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 beschränkt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Erteilung einer "Generalvollmacht" für alle anhängigen oder künftig anfallenden Verfahren mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig. Die Bevollmächtigung beziehe sich nur auf das jeweilige Verfahren, in dem sich der Bevollmächtigte durch schriftliche Vollmacht ausgewiesen hat, nicht jedoch auch auf andere bei der Behörde bereits anhängige oder anfallende Verfahren (; ; ).

Die Erfassung der Kanzlei ***RA*** als Vertreter nur für Beschwerdeverfahren dürfte wohl aus EDV-technischen Gründen nicht möglich gewesen seien. Die Bf gehe davon aus, dass die Vollmacht vom Finanzamt für alle Angelegenheiten hinterlegt worden sei. Diese technischen Unzulänglichkeiten dürften allerdings nicht zum Nachteil des Bf gereichen (). Trotz Hinterlegung der Vollmacht für die Kanzlei ***RA*** habe die tatsächliche Vollmacht nur hinsichtlich der Vertretung in den Beschwerdeverfahren betreffend Einkommensteuer 2011 und 2012 bestanden.

Das Finanzamt habe daher nicht davon ausgehen können, dass die genannte Rechtsanwaltskanzlei in allen steuerlichen Angelegenheiten bevollmächtigt gewesen sei, was zur Folge habe, dass diese nicht als Zustellungsbevollmächtigte im Sinne des § 9 ZustellG anzusehen sei. Die Zustellung der Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 hätte daher nicht an die Kanzlei ***RA*** erfolgen dürfen, sondern vielmehr an den Bf selbst.

Die Zustellung der Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 sei daher nicht am bzw. , sondern vielmehr erst nach mündlicher Bekanntgabe der vollumfänglichen Vollmacht durch die anwaltliche Vertretung bzw. der daraufhin erfolgten Bescheidzustellung per als rechtswirksam bewirkt anzusehen.

Sollte das Gericht den Ausführungen in Bezug auf den beschränkten Vollmachtsumfang nicht folgen und nach wie vor von einer vollumfänglichen Vollmacht mit Datum 10. bzw. ausgehen, so werde beantragt, die Eingabe der Kanzlei ***RA*** vom als Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 BAO zu deuten. Dieser Antrag sei innerhalb der Jahresfrist eingebracht worden und enthalte neben der Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides auch die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit des Bescheides stützen würden. Maßgeblich sei nicht die Bezeichnung der Eingabe als "Beschwerde", sondern der erkennbare bzw. zu erschließende Wille der Partei. In der Eingabe vom sei sogar explizit die Aufhebung der Bescheide begehrt worden. Obgleich die Eingabe unglücklich und nicht eindeutig formuliert worden sei, sei im Zweifel dem Anbringen einer Partei, dass sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtverteidigungsmöglichkeit nimmt (; ).

Die Eingabe des Finanzamtes vom wurde in Wahrung des Parteiengehörs der steuerlichen Vertretung des Bf zur Kenntnisnahme sowie allfälligen Äußerung übermittelt.

Es erfolgte keine weitere schriftliche Stellungnahme.

Aus dem vorliegenden Sachverhalt folgt:

Mit Eingabe vom teilte die RA Kanzlei ***RA*** dem Finanzamt zu Betreff "***Bf***, St. Nr. ***XXX***" mit, dass diese "die rechtsfreundliche Vertretung und Beratung" des genannten Steuerpflichtigen übernommen habe. Die Rechtsvertreterin ersuchte das Finanzamt "in Hinkunft sämtliche Korrespondenz für unseren Mandanten an unsere Kanzlei zu übermitteln". Eine Einschränkung der Vollmacht für die Jahre 2011 und 2012 ist nicht erkennbar. Das Schreiben erfolgte unter Anrede der für die Arbeitnehmerveranlagung des Bf zuständigen Beamtin des Finanzamtes (Frau ***NN***).

Die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 - die Steuerbemessungsgrundlagen wurden für beide Jahre mangels Abgabe einer Steuererklärung im Wege der Schätzung ermittelt - wurden am (EStB 2013) und am (EStB 2014) in die Databox der Rechtsvertretung ***RA*** eingespeist.

Die besagte RA Kanzlei hatte bei der Finanzverwaltung die elektronische Zustellung von Steuerbescheiden für ihre Mandanten beantragt und stand ihr diese Form der Zustellung seit dem , 11:29 Uhr, zur Verfügung.

Demzufolge wurden die beiden beschwerdeverfangenen Bescheide rechtswirksam im Wege der elektronischen Zustellung an die Rechtsvertretung ***RA*** zugestellt und begannen mit dem Datum der Zustellung Rechtswirksamkeit zu entfalten.

Es trifft zu, dass die RA Kanzlei ***RA*** die Verständigung über eine Zustellung per Email erst per , 11:19 Uhr, aktiviert hatte, wobei "office@***RA***" als Email Adresse bekannt gegeben wurde. Dessen ungeachtet steht der Umstand, dass im Zeitpunkt der elektronischen Zustellung der beiden beschwerdeumfassten Bescheide mangels Aktivierung der Email-Benachrichtigung die Kanzlei ***RA*** nicht per Email über die erfolgte Bescheidzustellung informiert wurde, einer rechtsgültigen und rechtswirksamen Zustellung der genannten Bescheide nicht entgegen (vgl. § 5b Abs. 2 FOnV 2006). Einer Benachrichtigung per Email ist bloßer Servicecharakter beizumessen.

Wenn sich ein Parteienvertreter für die Teilnahme am FON und damit für eine elektronische Zustellung von Mandantenbescheide entscheidet, dann knüpfen sich daran gewisse Sorgfaltspflichten, deren Einhaltung geboten ist, um so etwaig sich ergebende Rechtsnachteile hintanzuhalten. Dazu zählt insbesondere auch die regelmäßige Einsichtnahme in die Databox, um so auf zugestellte Bescheide entsprechend reagieren zu können.

Im vorliegenden Fall hatte die vormalige Rechtsvertretung diese Abfrage offensichtlich - möglicherweise aus einem Versehen heraus oder in Unkenntnis der technischen oder rechtlichen Gegebenheiten - nicht vorgenommen. Welche Gründe letztendlich hierfür ausschlaggebend gewesen waren, ist für die rechtliche Beurteilung im Blickwinkel der rechtzeitigen Einbringung der Rechtsmittel, sohin für das gegenständliche Verfahren, irrelevant.

Zur aufgeworfenen Frage, ob das Schreiben der Kanzlei ***RA*** an das Finanzamt Spittal Villach vom als Fristerstreckungsantrag zu qualifizieren ist, ist festzuhalten: Die Rechtsvertretung nimmt darin Bezug auf den finanzamtlichen Bescheid vom . Mit diesem Bescheid - dieser konnte im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausfindig gemacht werden - forderte die Behörde den Bf auf, die Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2015 unter Androhung einer Zwangsstrafe (€ 200) bis zum nachzuholen. In ihrem Schreiben beantragte die Rechtsvertretung, die Behörde möge ihr hierfür eine Fristerstreckung bis zum gewähren. Dass die Fristerstreckung sich auch auf die Frist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde betreffend die im Zeitpunkt der Abfassung des besagten Schreibens bereits in der Databox des Vertreters einliegenden Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 beziehen würde, lässt sich aus der vorliegenden Textierung selbst unter Anwendungen einer äußerst extensiven Interpretationsweise nicht erschließen. Ebenso wenig lässt sich daraus ersehen, dass sich die Vertretungsvollmacht (Zustellvollmacht) lediglich auf die Veranlagungsjahre 2011 und 2012 beziehen würde bzw. auf diese Zeiträume beschränkt sei. Im Gegenteil, im besagten Schreiben vom hält die Rechtsvertretung unmissverständlich fest, dass sie ua. die Steuerbescheide 2013 und 2014 "erwarte".

Wenn die nunmehrige steuerliche Vertretung in ihrer Eingabe vom ausführt, dass sie davon ausgehe, dass die Erfassung der RA Kanzlei ***RA*** als Vertreterin ausschließlich für Bescheidbeschwerden im Zusammenhang mit den Zeiträumen 2011 und 2012 im Rahmen von FON aus technischen Gründen nicht möglich gewesen und wohl nur aus diesem Grunde die Vertretungsvollmacht für alle Angelegenheiten hinterlegt worden sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Vollmachtsbekanntgabe der RA Kanzlei ***RA*** vom der Behörde gegenüber ohne jedwede zeitliche Einschränkung erfolgt war; explizit wurde festgehalten, dass "in Hinkunft sämtliche Korrespondenz (...) an unsere Kanzlei zu übermitteln" sei. Eine Beschränkung der Vollmacht (Zustellvollmacht) auf gewisse Veranlagungsjahre bzw. auf die Vornahme gewisser Rechtshandlungen (bspw. Einbringung von Beschwerden) hätte der Behörde zur Kenntnis gebracht werden müssen. Das Finanzamt konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass die Kanzlei ***RA*** auch für Rechtshandlungen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerveranlagung für 2013 und 2014 vertretungs- und zustellbefugt war. Grundsätzlich gilt, dass Zustellungsbevollmächtigungen so lange zu beachten sind, als der Behörde nicht der Widerruf, die Kündigung oder eine einvernehmliche Aufhebung bekannt wird (Ausnahmen: Erlöschen ex lege bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder bei Ableben des Machthabers, vgl. § 1022 ff ABGB und Ritz, BAO6, § 9 ZustG, Tz 22).

Der Einwand, dass die Bevollmächtigung (auch Zustellungsbevollmächtigung) sich nur auf das jeweilige Verfahren beziehe, ist zutreffend. Im vorliegenden Fall bezieht sich die Bevollmächtigung unzweifelhaft auf die zu St. Nr. ***XXX*** geführten Arbeitnehmerveranlagungsverfahren verschiedener Zeiträume und nicht etwa auf andere Steuerverfahren, welche bei der belangten Behörde - soweit erkennbar - ohnedies nicht anhängig waren. Durch die Benennung der Steuernummer des Mandanten (Bf) ist das Verfahren auch ausreichend konkretisiert, zumal unter dieser ausschließlich das AN-Verfahren geführt wird. Nicht zuletzt aufgrund des bestehenden engen sachlichen Zusammenhanges bzw. des gleich lautenden Streitpunktes, welcher sich über sämtliche Streitjahre (ab 2011) erstreckt (Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf), hatte die Behörde keinen Grund die (Zustell-)Vollmacht der RA Kanzlei ***RA*** anzuzweifeln.

Keine Vertretungsbefugnis wäre der RA Kanzlei ***RA*** aufgrund ihrer bekannt gegebenen Vollmacht etwa für ein bei derselben Behörde geführtes Finanzstraf- oder Familienbeihilfeverfahren, etc., zugekommen, zumal es sich hierbei um jeweils andere Verfahren gehandelt hätte.

Die Eingabe der Rechtsvertretung vom , somit wenige Tage nach Zustellung der beschwerdebelasteten Bescheide, lässt eindeutig erkennen, dass diese sich sehr wohl für die Veranlagungsjahre 2013 und 2014 vertretungsbefugt erachtet hatte (und aufgrund der Vollmachtsurkunde auch tatsächlich war) und die beiden Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 (zu "AbgKtoNr. ***XXX***") bereits "erwartete". Ebenso untermauert das Email derselben Rechtsvertretung vom an die zuständige Sachbearbeiterin des Finanzamtes (Frau ***NN***), worin diese um die Zustellung der beiden (nunmehr beschwerdegegenständlichen) Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 (St.Nr. ***XXX***) ersucht, das Vorliegen einer gültigen Bevollmächtigung. Dass eine vollumfängliche Vollmacht erst nach mündlicher Bekanntgabe kurz vor dem vorgelegen wäre, vermag das Gericht in Ansehung der Faktenlage nicht zu erkennen.

Wenn die Behörde über Ersuchen der Rechtsvertretung Ausdrucke der beiden Steuerbescheide im Wege der Post per zustellt, so vermag eine erneute Zustellung keinen neuen Fristenlauf auszulösen. Selbst wenn die Behörde zunächst eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten habe sollte und über die beiden Bescheidbeschwerden in Form von Beschwerdevorentscheidungen meritorisch absprach, so stellt dies kein Präjudiz für die rechtliche Beurteilung durch das BFG dar. Das Verwaltungsgericht hat ex offo eine Überprüfung des Vorliegens der prozessualen Voraussetzungen anzustellen. Sollte eine Verfristung vorliegen, so hat das Gericht diesen Mangel von Amts wegen aufzugreifen und eine inhaltliche Überprüfung der Rechtskonformität der belasteten Bescheide zu unterlassen.

Was das vom Bf bzw. dessen nunmehriger steuerlichen Vertretung gestellten Eventualbegehren auf Umdeutung der Bescheidbeschwerden in einen Antrag gemäß § 299 BAO anbelangt, so ist festzuhalten, dass über dieses Ansinnen zunächst das Finanzamt als Abgabenbehörde erster Instanz abzusprechen haben wird. Dieses wird festzustellen haben, ob eine Konversion der als Beschwerde titulierten Eingabe unter Berücksichtigung des Parteiwillens in einen Aufhebungsantrag vertretbar ist. Ebenso wird das Finanzamt über die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie der beantragten Wiederaufnahme zu befinden haben.

Eine Absprache dieser Anträge im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens würde zu einer Verkürzung des Rechtszuges zu Lasten des Bf führen und wäre demnach unzulässig.

Begründung nach § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die genannten Gründe liegen gegenständlich nicht vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Verspätung der Beschwerde
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100440.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at