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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.07.2021, RV/1100185/2021

Abzugsfähigkeit div. Aufwendungen (ua. von Umzugskosten) als Werbungskosten?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache des Bf., N-Straße-xx, Gde X, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Y (nunmehr: Finanzamt Österreich), E-Straße-yy, GDe Y, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2019 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe betragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Die Einkommensteuer für das Jahr 2019 wird festgesetzt mit:
Das Einkommen im Jahr 2019 beträgt:
- 2.161,00 €
20.556,23
Berechnung der Einkommensteuer:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit:
AB GmbH
Pendlerpauschale lt. Lohnzettel
Pendlerpauschale lt. Veranlagung
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte

23.303,99 €
0,00 €
- 310,00 €

- 2.377,76





20.616,23 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
20.616,23 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988):
Pauschbetrag für Sonderausgaben
Kirchenbeitrag

- 60,00 €
- 0,00 €
Einkommen
20.556,23 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
0% für die ersten 11.000,00
25% für die weiteren 7.000,00
35% für die restlichen 2.556,23

0,00 €
1.750,00 €
894,68 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
2.644,68 €
Verkehrsabsetzbetrag
Pendlereuro
- 400,00 €
- 11,70 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
2.232,98 €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0% für die ersten 620,00
6% für die restlichen 4.708,00

0,00 €
282,48 €
Einkommensteuer
2.515,46 €
Anrechenbare Lohnsteuer
- 4.675,97 €
- 0,49 €
Festgesetzte Einkommensteuer
- 2.161,00 €


Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe


Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) bezog im Beschwerdejahr aus seiner ganzjährigen Tätigkeit als XY bei der AB GmbH, D-Gasse-ab, GDe Y, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er ist am von G-Straße-cc, Ge C (Deutschland) nach X gezogen. Bis zum Zuzug war der Bf. unstrittig als Grenzgänger in Deutschland steuerpflichtig.

Mit seiner (am bei der Abgabenbehörde elektronisch eingelangten) Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 machte er unter dem Titel "Pendlerpauschale - tatsächlich zustehender Jahresbetrag" einen jährlichen Pauschbetrag in Höhe von 372,00 € als Werbungskosten sowie einen Pendlereuro (Absetzbetrag) im Betrage von 14,00 € geltend.

Nach einem entsprechenden abgabenbehördlichen Vorhalteverfahren (vgl. das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom ) legte der Bf. via FinanzOnline (Eingang am ) einen Lohnzettel sowie einen Auslandslohnzettel für 2019 und einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner (L34 EDV) vor.

In weiterer Folge wurde der Bf. mit Bescheid vom zur Einkommensteuer für das Jahr 2019 veranlagt; dabei gewährte das Finanzamt - wie beantragt - das sog. große Pendlerpauschale für eine (einfache) Wegstrecke von 2 bis 20 km in Höhe von 376,00 € als Werbungskosten und berücksichtigte gleichzeitig auch einen (jährlichen) Pendlereuro (Absetzbetrag) iHv 14,00 €.

In der dagegen erhobenen Beschwerde (beim Finanzamt elektronisch eingelangt am ) beantragte der Bf. unter Vorlage diverser Unterlagen ua. die Berücksichtigung (bezogen auf seinen neuen Arbeitgeber in S) einer jährlichen Pendlerpauschale iHv 696,00 € als Werbungskosten sowie eines Pendlereuros (Absetzbetrag) im Betrage von 80,00 € und außerdem die Anerkennung sonstiger Werbungskosten iHv 2.491,16 €.

Im Rahmen eines weiteren Vorhalteverfahrens (vgl. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom ) legte der Bf. mit Eingabe vom eine Auflistung seiner als (sonstige) Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben iHv 2.491,16 € (Umzugskosten iHv 113,40 €; Kosten im Zusammenhang mit seinem Bachelorstudium iHv 2.377,76 €) samt entsprechender Belege vor.

Daraufhin wies die Abgabenbehörde mit Einkommensteuerbescheid 2019 (Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO) vom die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte sie zur geltend gemachten Pendlerpauschale aus, dass der Bf. nicht auf die im (zweiten) Ergänzungsersuchen gestellten Fragen bezüglich des tatsächlichen Arbeitsortes eingegangen sei und er auch nicht die nötigen Nachweise erbracht habe. Im Hinblick auf die als Werbungskosten beantragten Fortbildungskosten erklärte sie, dass er trotz Aufforderung nicht bekanntgegeben habe, welches Studium er zu welchem Zweck absolviert habe.

Mit bei der Abgabenbehörde am elektronisch eingelangtem Anbringen beantragte der Bf. eine Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Begründend führte er dabei Folgendes (wörtlich) aus:
"Pendlerpauschale: Die Ergänzung auf die gestellte Frage im Ersuchen wurde durch den Anhang der gültigen Pendlerpauschale erbracht und als benötigter Nachweis angehängt. Sollten Sie weitere Nachweise benötigen, erläutern Sie dieses Ersuchen genauer.
Fortbildungskosten: Im Beantwortungstext wurde auf diese Aufforderung eingegangen. Es wurde ein Bachelorstudium mit dem Namen TN an der XYK für den Zweck der Bildungsmaßnahme im Zusammenhang mit der bereits ausgeübten Tätigkeit. Somit wird das Ersuchen um welches Studium mit Bachelorstudiengang TN beantwortet und der Zweck mit einer Bildungsmaßnahme im Zusammenhang mit der bereits ausgeübten Tätigkeit erbracht. Sollten Sie weitere Nachweise benötigen, erläutern Sie dieses Ersuchen genauer.
Die Beschwerde soll daher als begründet angesehen werden."

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt - wie dem Bf. mitgeteilt wurde - die in Rede stehende Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dabei gab die Abgabenbehörde ua. noch an, dass auch im Zuge des Vorlageantrages kein Nachweis dafür erbracht worden sei, um welche Art Studium es sich im konkreten Fall handle; es werde daher beantragt, die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen.
Hinsichtlich der geltend gemachten Umzugskosten sei in der Beschwerdevorentscheidung versehentlich nicht abgesprochen worden. Es werde beantragt, die Beschwerde auch in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen, zumal der Wohnort in Deutschland (A) und der Wohnort in Österreich (X) lediglich 45 km entfernt seien. Umzugskosten ohne Wechsel des Dienstortes und ohne Verpflichtung, eine Dienstwohnung zu beziehen, seien nicht absetzbar.
Bezüglich des Pendlerpauschales werde beantragt, das im Erstbescheid anerkannte große Pendlerpauschale nur für zehn Monate anzuerkennen, da der Bf. erst am zugezogen sei und davor keine Steuerpflicht bestand habe.

Der Bf. nahm in weiterer Folge mit Schreiben vom zu den Ausführungen des Finanzamtes im Vorlagebericht Stellung; dabei führte er Nachstehendes (wörtlich) aus:
""Im Verlauf des Aktes kam es lediglich zu einer Vertauschung der Pendlerpauschale 2019 und 2020, da zwischen diesen Jahren der Arbeitgeber gewechselt wurde. Die Ergänzung auf die gestellte Frage im Ersuchen wurde bereits durch den Anhang der gültigen Pendlerpauschale für 2019 erbracht und als benötigter Nachweis bereits angehängt. Sollten Sie weitere Nachweise benötigen, erläutern Sie dieses Ersuchen genauer.
Fortbildungskosten: Im Beantwortungstext wurde auf diese Aufforderung ebenfalls bereits eingegangen. Es wurde ein Bachelorstudium mit dem Namen "TN" an der XYk in H für den Zweck der Bildungsmaßnahme im Zusammenhang mit der bereits ausgeübten Tätigkeit absolviert. Somit wird das Ersuchen um welches Studium mit "Bachelorstudiengang TN an der XYK" beantwortet und der Zweck mit einer "Bildungsmaßnahme im Zusammenhang mit der bereits ausgeübten Tätigkeit" erbracht. Da die Bildungsmaßnahme parallel während dem Dienstverhältnis ausgeübt wurde und das Dienstverhältnis notwendig für die Ausübung des Studiums war, ist ein Zusammenhang sichergestellt. Sollten Sie weitere Nachweise benötigen, erläutern Sie dieses Ersuchen genauer.""

Über Vorhaltung des erkennenden Richters gab die Abgabenbehörde mit E-Mail vom dazu an, dass das Finanzamt nunmehr keine Einwendungen mehr gegen die Anerkennung der im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Bachelorstudium geltend gemachten Fortbildungskosten iHv 2.377,76 € als Werbungskosten habe; diese könnten aus ihrer Sicht nunmehr Berücksichtigung finden.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:

Wie im Verfahrensgang dargestellt, hat das Finanzamt keine Einwendungen mehr gegen die Anerkennung der im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Bachelorstudium ("TN" an der XYk in H) geltend gemachten Fortbildungskosten iHv 2.377,76 € als Werbungskosten.
Das Bundesfinanzgericht schließt sich der diesbezüglichen (nunmehr unstrittigen) Einschätzung der Abgabenbehörde an. Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Im konkreten Fall hat der Bf. diesen Zusammenhang mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den darauf beruhenden Einnahmen glaubwürdig dargestellt und waren sohin die diesbezüglich geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig.

Im Hinblick auf die geltend gemachte Pendlerpauschalesamt Pendlereuro ist zu sagen, dass zwischen den Parteien des finanzgerichtlichen Verfahrens nunmehr Einigkeit darüber besteht, dass der Bf. im gesamten Beschwerdejahr allein bei der AB GmbH in Y nichtselbständig tätig (der Bf. wechselte seinen Arbeitgeber erst mit ) und - dem vorgelegten Ausdruck aus dem Pendlerrechner entsprechend - die sog. große Pendlerpauschale für eine einfache Wegstrecke bei mindestens 2 km bis 20 km als Werbungskosten zu berücksichtigen war.
Wie im Verfahrensgang dargestellt, ist der Bf. erst am von C in Deutschland nach X gezogen und war dieser bis dahin unstrittig als Grenzgänger in Deutschland steuerpflichtig. Demzufolge war - dem Antrag der Abgabenbehörde im Vorlagebericht entsprechend - die sog. große Pendlerpauschale für eine einfache Wegstrecke bei mindestens 2 km bis 20 km für nur zehn Monate iHv 310,00 € (10 x 31,00 €) anzuerkennen. Nachdem nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 ein Pendlereuro nur bei Anspruch auf das Pendlerpauschale zusteht, war auch dieser für nur zehn Monate iHv 11,70 € (10 x 1,17 €) zu berücksichtigen.

Was die geltend gemachten Umzugskosten iHv 113,40 € betrifft, schließt sich das Finanzgericht aus folgenden Überlegungen der Einschätzung bzw. Vorgehensweise der Abgabenbehörde an:

Umzugskosten sind dann Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Ansonsten zählen Umzugskosten zum Bereich der privaten Lebensführung. Umzugskosten sind damit nur dann Werbungskosten, wenn der Umzug (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst war und private Gründe keine oder nur eine ganz geringe Rolle gespielt haben.

Umzugskosten als Konsequenz eines Wohnungswechsels anlässlich der freiwilligen Aufgabe des bisher bestehenden Dienstverhältnisses dienen nicht der Erzielung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen aus dem neuen Dienstverhältnis (vgl. ).

Eine berufliche Veranlassung kann beim erstmaligen Antritt eines Dienstverhältnisses, beim Wechsel des Dienstgebers oder im Falle einer dauernden Versetzung durch den gegenwärtigen Arbeitgeber vorliegen. Umzugskosten auf Grund des Verlassens der Dienstwohnung anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses oder Umzugskosten ohne Wechsel des Dienstortes und ohne Verpflichtung, eine Dienstwohnung zu beziehen, sind nicht absetzbar. Abgesehen von Fällen, in denen der Arbeitgeber einen Umzug fordert (zB Verpflichtung zum Bezug einer Dienstwohnung, Räumung einer bisherigen Dienstwohnung), kann eine berufliche Veranlassung nur beim Umzug zur Vermeidung eines unzumutbar langen Arbeitsweges bzw. zur Beendigung einer doppelten Haushaltsführung angenommen werden (vgl. Jakom/Lenneis, EStG 2020, § 16 Rz 56; Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 16 Tz 220 (Stand , rdb.at); Schubert in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 16 Anm 35 (Stand , rdb.at), mwN; LStR 2002 Rz 392).

Der Bf. arbeitete bereits vor seinem Zuzug als Grenzgänger bei der Fa. AB GmbH in Y und ist erst am von C nach X gezogen; es kam damit nicht zu einem Wechsel des Dienst-, sondern lediglich des Wohnortes. Dass es sich bei der gegenständlichen Wohnung in X um eine Dienstwohnung handelte, zu deren Bezug der Bf. verpflichtet war, oder dass mit der Übersiedlung ein unzumutbar langer Arbeitsweg vermieden wurde, hat er weder behauptet noch ist er der diesbezüglichen Einschätzung der Abgabenbehörde im Vorlagebericht entgegengetreten.
Dem diesbezüglichen Beschwerdebegehren war daher ein Erfolg zu versagen.

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war sohin - gerade auch im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen - spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100185.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at