Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 02.06.2021, RV/6100076/2021

Zurückweisung des Vorlageantrages bei nicht wirksam zugestellter BVE

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr über die Beschwerde von ***1***, ***2***, vertreten durch zobl.bauer.Salzburg Steuerberatung und WP GmbH, Mildenburggasse 4a, 5020 Salzburg, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg - Stadt (nunmehr FA Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2016 beschlossen:

Der Vorlageantrag wird gemäß § 260 Abs 1 iVm § 264 Abs 4 der Bundesabgabenordnung (BAO) als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Begründung

A. Verfahrensgang und Sachverhalt

Mit Bescheid vom setzte das damals zuständige Finanzamt die Einkommensteuer der Beschwerdeführerin (Bf.) für 2016 fest, wobei es unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb von Euro 0 festsetzte und Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen mit den besonderen Steuersätzen von 25% und 30% vorschrieb. Der Bescheid wurde der Bf. via FinanzOnline elektronisch zugestellt.

Dagegen richtet sich die durch die steuerliche Vertretung der Bf. eingebrachte Beschwerde, in der die Festsetzung der anteiligen Einkünfte der Bf. aus Gewerbebetrieb mit EUR - 38.768,87 beantragt wurde. Das Finanzamt habe im Feststellungsbescheid der ***3*** und Mitgesellschafter Einkünfte in Höhe von EUR 103.326,51 festgestellt. In der gegen den Feststellungsbescheid gerichteten Beschwerde werde die Festsetzung von Einkünften aus Gewerbebetrieb mit EUR - 51.691,84 begehrt, sodass die anteiligen Einkünfte (75%) bei der Bf. entsprechend zu berücksichtigen sind. Gleichzeitig werde der Regelbesteuerungsantrag nach § 30a Abs 3 Z 1 iVm § 30a Abs 2 EStG gestellt.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom änderte das nunmehr zuständige Finanzamt Österreich den Einkommensteuerbescheid ab. Es setzte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend dem Feststellungsbescheid fest und wies die dagegen vorgebrachte Beschwerde mit Hinweis auf § 252 BAO ab, gab aber dem Antrag auf Regelbesteuerung statt und unterzog somit die Einkünfte der Tarifsteuer.

Die BVE wurde der steuerlichen Vertretung der Bf. elektronisch in deren Databox zugestellt.

Mit Vorlageantrag vom beantragte die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Über Anfragen durch das Finanzamt teilte der steuerliche Vertreter der Bf. mit, dass die erteilte Vollmacht keine Zustellvollmacht vorsehe.

Im Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht beantragte das Finanzamt, den Vorlageantrag zurückzuweisen, weil die Beschwerdevorentscheidung nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde und eine Heilung gemäß § 7 Zustellgesetz nicht erfolgen könne.

B. Rechtliche Würdigung

Der geschilderte Sachverhalt ist in dem vom Finanzamt vorgelegten Akt abgebildet und unstrittig.

B/1. Über Bescheidbeschwerden ist gemäß § 262 Abs. 1 BAO von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen. Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat nur in bestimmten, hier nicht vorliegenden Fällen zu unterbleiben.

Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten (§ 264 Abs 1 BAO).

Gemäß § 97 Abs 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie nach ihrem Inhalt bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung.

Nach Abs 3 leg.cit. kann an Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf.

Aufgrund dieser Ermächtigung hat der Bundesminister für Finanzen die FinanzOnline-Verordnung 2006 erlassen, welche die automationsunterstützte Datenübertragung in Bezug auf Anbringen und Erledigungen regelt.

Gemäß § 98 Abs 1 BAO sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung). Elektronisch zugestellte Dokumente gelten laut Abs 2 leg.cit. als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Empfänger im Sinne des § 97 Abs 3 BAO ist bei Vorliegen einer Zustellungsbevollmächtigung der Bevollmächtigte (Ritz, BAO6, § 97 RZ 13).

B/2. Im vorliegenden Fall hat die Bf. ihrer steuerlichen Vertretung unstrittig keine Zustellvollmacht eingeräumt. Dennoch führte das Finanzamt in der BVE vom die steuerliche Vertretung als Bescheidempfänger an und brachte die BVE elektronisch via FinanzOnline in die Databox der steuerlichen Vertretung ein.

Dadurch erfolgte aber keine wirksame Zustellung an die Bf., denn elektronisch zugestellte Dokumente müssen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers, somit der Bf. gelangen. Das ist unzweifelhaft nicht der Fall.

Eine Heilung von Zustellmängeln nach § 7 Zustellgesetz ist bei der elektronischen Zustellung ausgeschlossen, weil diese Norm auf elektronische Zustellungen nicht anwendbar ist (siehe § 98 Abs 1 BAO) und weder die BAO noch die FinanzOnline-Verordnung eine derartige Heilung vorsehen. Somit ist die BVE vom mangels wirksamer Bekanntgabe rechtlich nicht existent geworden.

B/3. Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus (; , 2006/15/0373; ; , RV/7103611/2016). Vorher gestellte Vorlageanträge sind vom Verwaltungsgericht gemäß § 260 Abs 1 iVm § 264 Abs 4 BAO zurückzuweisen (zB ; , RV/7102328/2015; , RV/7103761/2016; siehe Ritz, BAO6, § 264 Tz 6).

Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht (§ 264 Abs 5 BAO). Gemäß § 274 Abs 3 Z 1 iVm Abs 5 BAO konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

C. Zulässigkeit einer Revision

Gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und stellt daher keine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100076.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at