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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2021, RV/2100924/2020

Kapitalertragsteuer: Keine verdeckte Ausschüttung der GmbH an den Gesellschafter ohne (schlüssigen) Forderungsverzicht nur aufgrund der Abschreibung einer Forderung an diesen aus bilanziellen Gründen (strenges Niederstwertprinzip)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2100924/2020-RS1
Hat die GmbH eine Forderung an ihren Gesellschafter wegen Uneinbringlichkeit aus bilanziellen Gründen (strenges Niederstwertprinzip) abgeschrieben und zeigt die Abgabenbehörde keinen Umstand auf, der auf einen gleichzeitigen Forderungsverzicht der GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter schließen lässt, so ist die Geltendmachung der Haftung für Kapitalertragsteuer wegen verdeckter Ausschüttung nicht zulässig.
RV/2100924/2020-RS2
Haftungsbescheide (§ 224 BAO) sind keine Abgabenbescheide (§ 198 BAO) (vgl. ), weshalb der Ausspruch der „Festsetzung“ unzutreffend ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den ***Einzelrichter*** über die Beschwerde der ***Bf-GmbH***, ***Bf-Adr*** vertreten durch die MGI-Ennstal Steuerberatung Liezen GmbH, Fronleichnamsweg 15, 8940 Liezen, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Judenburg Liezen vom betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für 12/2015 zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom ***Datum*** gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung und ist im ***Gewerbe*** tätig. Gesellschafter waren ***A*** sen. (Löschung der Funktion im Firmenbuch eingetragen am ), nach ihm [...] jun. (Funktion im Firmenbuch eingetragen am ; bis 2011 auch Geschäftsführer), und ***B*** (Löschung der Funktion im Firmenbuch eingetragen am ). [...] jun. war auch Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (Löschung der Funktion im Firmenbuch eingetragen am ).

Mit Bescheid über einen Prüfungsauftrag vom (OZ 16) führte die belangte Behörde bei der Beschwerdeführerin eine Außenprüfung ua. betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer sowie Kapitalertragsteuer 2015 bis 2017 durch, im Zuge deren dem Prüfer Abschreibungen von am Verrechnungskonto verbuchten Forderungen an [...] zur Kenntnis kamen. Die Abschreibungen wurden dem steuerlichen Ergebnis außerbilanziell wieder hinzugerechnet (siehe Seite 4 des Vorlageberichts).

Übersicht Verrechnungskonto Forderungen an [...] / Abschreibungen:


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31.12.
Betrag (Stand zum 31.12.)
Abschreibungen
2006
99.840,00 €
2007
50.298,38 €
2008
54.804,83 €
2009
59.502,02 €
2010
65.310,02 €
2011
78.269,96 €
2012
82.665,52 €
2013
291.010,22 €
2014
604.785,87 €
2015
600.000,00 €
172.492,05 €
2016
300.000,00 €
300.000,00 €
2017
100.000,00 €
200.000,00 €

Mit E-Mail vom (OZ 17) forderte der Prüfer die Beschwerdeführerin auf, zu den Abschreibungen bekannt zu geben, woraus die Forderungen resultierten und welche Einbringungsmaßnahmen gesetzt worden seien, sowie Nachweise für die Uneinbringlichkeit zu erbringen.

Mit E-Mail vom (OZ 19) übermittelte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin eine Beantwortung mit folgendem Wortlaut:

"Die von Ihnen im @mail vom dargestellten Werte, Entwicklungen und vorgenommenen steuerneutralen Abschreibungen betreffend das Verrechnungskonto ***B*** sind richtig - die Historie und danach gesetzte Schritte und Maßnahmen darf ich Ihnen namens und im Auftrag meiner Mandantin aufzählungsweise näher bringen:

  • nach Erkennen einer finanziell angespannten Situation wurde der Bruder von [...], [...], um Hilfe ersucht

  • [...] übernahm die Anteile an der [Beschwerdeführerin] und leistete zur Rettung des Unternehmens und zum Erhalt der Arbeitsplätze einen Kapitalzuschuss in Höhe von EUR 500.000

  • [...] verblieb vorerst kurzfristig als Geschäftsführer im Unternehmen

  • eine genaue Überprüfung der finanziellen Lage des Unternehmens ergab, dass [...] hohe Entnahmen getätigt hat

  • [...] wurde unmittelbar nach dieser Erkenntnis als Geschäftsführer abberufen und es erfolgte eine Entlassung aus seinem Dienstverhältnis (die Bezug habenden Unterlagen haben wir Ihnen übergeben)

  • der Grund für diese hohen Entnahmen lag im Krankheitsbild der Spielsucht

  • durch das rasche Handeln des neuen Eigentümers konnte die finanzielle Krise des Unternehmens beseitigt werden

  • nachdem aus unternehmensrechtlichen Aspekten die Werthaltigkeit der Forderung des Unternehmens gegenüber seinem ehemaligen Geschäftsführer sehr zweifelhaft war, wurde in Jahresschritten steuerneutral eine Abschreibung vorgenommen, wobei die ursprüngliche Schuldhöhe obligatorisch erhalten bleibt - die Abwertung erfolgte deshalb in Jahresschritten, weil noch die Hoffnung bestand, dass [...] durch eine neue Beschäftigung wieder zahlungsfähig werden könnte

  • die Phase des Arbeitslosengeldes und nachfolgendem Übergang auf Notstandshilfe (die Unterlagen liegen Ihnen vor) währte allerdings länger als befürchtet, wodurch unter Einhaltung unternehmensrechtlicher Vorschriften die Geschäftsführung die Forderung schlussendlich bis auf einen Restbetrag in Höhe von EUR 100.000 berichtigte - anzumerken ist jedenfalls, dass sämtliche Abschreibungen steuerlich nicht geltend gemacht wurden

  • nach rechtsfreundlicher Beratung wurde aufgrund der Kosten und der Aussichtslosigkeit der Einbringlichkeit vorerst von einer gerichtlichen Geltendmachung Abstand genommen, weil dies unweigerlich zu einem Privatkonkurs des [...] geführt hätte und damit jegliche zukünftige Eintreibung vereitelt worden wäre

  • über den derzeit noch offen ausgewiesenen Restbetrag in Höhe von EUR 100.000 werden mit [...] Gespräche geführt um eine Sanierungsquote in Höhe von knapp 15% erreichen zu können

Aufgrund der oben genannten Entstehungsgründe und der gesetzten nachvollziehbaren Maßnahmen in Verbindung mit der Tatsache, dass ein persönlicher Bereicherungswille des ehemaligen Geschäftsführers nicht vorlag, sondern eine Krankheit (Spielsucht), gehen wir davon aus, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht vorliegt."

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom (OZ 2) machte die belangte Behörde unter Zugrundelegung der Feststellung des Prüfers, dass im Zusammenhang mit dem Verrechnungskonto des [...] von einer verdeckten Ausschüttung in Höhe von 672.492,05 € auszugehen sei, die Haftung der Beschwerdeführerin für Kapitalertragsteuer für 12/2015 unter Hinweis auf § 95 EStG 1988 im Betrag von 224.164,02 € (1/3 von 672.492,05 €) geltend und verwies zur Begründung auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung und den (diesbezüglich wortgleichen) Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung.

Dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom (OZ 4) ist dazu zu entnehmen:

"Für Forderungen der [Beschwerdeführerin] an Herrn [...] wurde das Verrechnungskonto ,2004 Verr. Kto [[...]]' geführt.

Herr [...] war bis zum Gesellschafter (Anteil von 49%) und Geschäftsführer der [beschwerdeführerin].

Im Zuge der Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass das Verrechnungskonto bis zum auf € 772.492,05 angewachsen war.

2015 - Verrechnungskonto ,2004 Verr. Kto [[...]]:

  • Eröffnungsbestand zum : € 604.785,87.

  • Vorläufiger Saldo zum : € 755.488,62.

  • + Verzinsung in Höhe von 2,5% (): € 17.003,43

  • Vorläufiger Saldo inkl. Verzinsung zum : € 772.492,05.

  • Forderungsabschreibung (Kto. 7814) am : - € 172.492,05.

  • Endgültiger Saldo zum : € 600.000,00

  • Neutralisierung der Forderungsabschreibung über die steuerliche Mehr/Weniger Rechnung in Form einer Hinzurechnung: + € 172.492,05

(…)

Beurteilung durch das Finanzamt:

Die am Verrechnungskonto aufgelaufene Summe entstand, wie im Prüfungsverfahren zu Tage trat, aus der regelmäßigen Verwendung von Geldern der GmbH, welche hauptsächlich für die Finanzierung des privaten Glücksspiels von Herrn [...] verwendet wurden. Die verwendeten Beträge wurden am Gesellschafter-Verrechnungskonto verbucht. Nach Ansicht des Finanzamtes wären einem fremdem Dritten, der nicht Gesellschafter und Geschäftsführer gewesen wäre, derartige Summen nicht für private Zwecke zugeflossen. Im Besonderen nicht ohne entsprechende Sicherheiten bezüglich der Tilgung der offenen Forderungen. Der Argumentation, dass keine persönliche Bereicherungsabsicht durch Herrn [...] vorlag, kann sich das Finanzamt nicht anschließen. Herr [...] hat in seiner Funktion als Gesellschafter und Geschäftsführer, die Gelder willentlich und wissentlich für die Finanzierung seiner privaten Ausgaben verwendet. Ohne seine Position als Gesellschafter und Geschäftsführer hätte er die auf € 772.492,05 angewachsene Summe nicht erhalten!

Wie sich nun im Zuge der Betriebsprüfung herausstellte sind von der angewachsenen Summe voraussichtlich lediglich € 100.000,- einbringlich. Diese Summe wird auch als aufrechte Forderung an Herrn [...] geführt.

Die restliche Summe in Höhe von € 672.492,05 kann laut dem jetzigen alleinigen Gesellschafter, Herrn [...], und auch nach Ansicht der steuerlichen Vertretung, nicht zurückgezahlt werden. Aus diesem Grunde erfolgten die Forderungsabschreibungen bis auf den voraussichtlich einbringlichen Betrag in Höhe von € 100.000,-. Durch die 2015 zu Tage getretene Tatsache, dass eine vollständige Rückzahlung nicht möglich ist, gelten ab 2015 die nicht einbringlichen Gelder in Höhe von € 672.492,05 als Herrn [...] endgültig zugeflossen. Der Zufluss von Geldern, welche nicht zurückgezahlt werden, stellt eine Vorteilsgewährung an Herrn [...] dar, und wird vom Finanzamt als verdeckte Ausschüttung gewertet.

Die verdeckte Ausschüttung besteht nach Ansicht des Finanzamtes in Höhe des nicht rückzahlbaren Betrags von € 672.492,05.

Nach Ansicht des Finanzamtes handelt es sich eindeutig um eine verdeckte Ausschüttung.

Es besteht durch die ehemalige Gesellschafterstellung und Geschäftsführertätigkeit, sowie durch das verwandtschaftliche Naheverhältnis zum jetzigen 100% igen Gesellschafter Herrn [...] (geb. tt.mm.1966), dem Bruder von Herrn [...], ein persönliches Naheverhältnis zwischen Herrn [...] und der Gesellschaft.

Die verwendeten Gelder sind eindeutig Herrn [...] zugeflossen.

Die Entnahme und Verwendung der Gelder durch Herrn [...] erfolgte willentlich und wissentlich. Herr [[...]] war nach Ansicht des Finanzamtes voll geschäftsfähig, es liegen dem Finanzamt keine Unterlagen vor, welche eine eingeschränkte Geschäftsfähigkeit belegen.

Die oben angeführten Tatsachen sind im Zuge der Betriebsprüfung neu hervorgekommen, und waren dem Finanzamt zuvor nicht bekannt."

Mit Beschwerdeschreiben vom (OZ 1) erhob die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter gegen den Haftungsbescheid das Rechtsmittel Beschwerde und beantragte dessen Aufhebung. Zur Begründung wiederholte die Beschwerdeführerin den Inhalt der E-Mail vom und brachte zusätzlich vor, die belangte Behörde habe der Empfehlung und dem Ansuchen der Beschwerdeführerin, eine persönliche Befragung des ehemaligen Geschäftsführers vorzunehmen, nicht Folge geleistet und habe daher den wahren Sachverhalt (Vorliegen einer Spielsucht und dadurch keine willentliche Bereicherungsabsicht) nicht ermitteln können. Aufgrund der geschilderten Tatsachen liege keine verdeckte Ausschüttung vor.

Mit E-Mail vom hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin sieben Fragen vor, die die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter mit E-Mail vom wie folgt beantwortete:

"1. Gibt es schriftliche Vereinbarungen betreffend Darlehensmodalitäten und Rückzahlungsverpflichtung bezüglich des o.a. Verrechnungskontos? Bitte um Vorlage.

Anzumerken ist, dass sich das Darlehenskonto [...] erst in den Jahren ab bis Mitte 2015 (Zeitpunkt der Entlassung des damaligen Geschäftsführers) relevant erhöht hat - die Salden (liegen der Betriebsprüfung vor) zum jeweils 31.12. am Verrechnungskonto betrugen in TEUR: 2011 ->78; 2012 ->83; 2013 ->291; 2014 ->591; 2015 ->600;

Hinsichtlich der Darlehensforderung wurde gleich nach dem relevanten Ansteigen des Saldos im Jahr 2013 eine Vereinbarung über einen KK-Rahmen mit einer fremdüblichen Verzinsung abgeschlossen, welche wir beischließen - die Verzinsungen des Darlehens der weiteren Perioden wurden entsprechend vorgenommen und die Basisvereinbarung beibehalten.

2. Im Rahmen der Bilanzierungen wurde sicher auch die Frage nach der Bedienbarkeit des Verrechnungskontos gestellt - um Vorlage geeignete Nachweise wird ersucht

Zu dieser Frage dürfen wir Ihnen die Stellungnahme vom damaligen Geschäftsführer und Darlehensnehmer [...] mitteilen: ,Geplant war, das Verrechnungskonto aus den zukünftigen Gewinnen (Ausschüttungen) zu bedienen. - Jedoch war die Spielsucht Vater des Gedanken, und es kam, u.a. aufgrund der Entlassung, nicht dazu.'

3. Wie wurde die Bonität des Schuldner zum Zeitpunkt der Mittelhingabe ermittelt, um dem jährliche Anwachsen des Verrechnungskontos seitens der Mitgesellschafter wiederholt zuzustimmen. Bitte sämtliche Unterlagen der Ermittlungen vorlegen. In Anlehnung an die Gesellschafterstruktur und die Funktionen der Familienmitglieder ist davon auszugehen, dass das Anwachsen der ,Schulden' den Beteiligten bekannt war!

Zu dieser Frage dürfen wir Ihnen die Stellungnahme vom damaligen Geschäftsführer und Darlehensnehmer [...] mitteilen: ,Die Bonität war durch den Mitbesitz am Unternehmen (49% der Gesellschaftsanteile) des Schuldners (Ing. [...]) gegeben. Hier wurden in erster Linie die Realwerte der Liegenschaften und des Fuhrparks herangezogen. Die Bedienbarkeit wurde auch bei den jährlich[en] Prognosen von Herrn Ing. [...] während der Bilanzbesprechungen, sicherlich durch die Spielsucht positiver gestaltet als real, propagiert.'

4. Aus welchen genauen Gründen erfolgte die Abwertung der Forderung (erst) ab dem Jahr 2015. Welcher neuer Kenntnisstand wurde jährlich erlangt? Wie begründen Sie die Höhe der jeweiligen Abschreibung - was hat sich jeweils geändert?

Der Schuldner (Ing. [...]) schied aus dem Unternehmen als geschäftsführender Gesellschafter aus, und die Sachlage wurde neu bewertet, da sich nicht nur die Geschäftsführung, sondern sich auch die Anteile an der Gesellschaft personell verändert haben.

Herr Ing. [...] wurde jährlich zu seinen Vermögensverhältnissen befragt, und seine Arbeitslosigkeit bis Oktober 2017 von ihm bestätigt; weiters wurden Unterlagen der Fremdfinanzierung der Wohnung (50% Anteil von Herrn Ing. [...]) in Graz vorgelegt, sowie durch regelmäßige Besuche von Herrn [...] jun. die Mittellosigkeit kontrolliert und bestätigt.

Die Höhe der jeweiligen Abschreibungen richtete sich nach den jährlich gewonnenen Erkenntnissen, und einer realistischen Einschätzung der Einbringbarkeit des Rückstandes.

5. Die zur WB notwendigen Informationen über die Bonität des Schuldners und damit zusammenhängend die Einbringlichkeit der Verbindlichkeit wurden wann, wo und durch wen eingeholt? Bitte um Vorlage sämtlicher Unterlagen. Warum erfolgte keine Bewertung der Beteiligung von [[...]] an der gegenständlichen GmbH und warum wurde die Wohnung in Graz nicht belastet sowie ab 2018 die Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt?

Der Wert der Gesellschaftsanteile von Herrn Ing. [...] bestimmte sich aus der jährlichen Bilanz, sowie der Bewertung der Realwerte der Liegenschaften; hier wurden Vergleichszahlen von Verkäufen der benachbarten Grundstücke und Liegenschaften herangezogen.

Die Wohnung konnte nicht belastet werden, da die Wohnung fremdfinanziert ist, und sich die finanzierende Bank die Sicherheit des aushaftenden Betrags grundbücherlich gesichert hat.

Weiter ist Herr Ing. [...] nur zu 50% Besitzer der Wohnung.

Die monatlichen Bezüge ab 10/2017 dienten den Betriebskosten, der Bedienbarkeit des Wohnungskredits und somit lediglich zu einem geringen Teil dem Unterhalt der Familie.

Eine Tilgung des Altdarlehens war der Familie des [...] daher nicht möglich - eine gerichtliche Geltendmachung hätte in einem Privatkonkurs gemündet.

6. Warum wurden die ,Wertberichtigungen' der Forderungen gegenüber Hrn. [[...]] steuerrechtlich wieder außerbilanziell zugerechnet? Sie behandeln damit die Aufwendungen so, als ob diese einen bestimmten Bezug zur betrieblichen Tätigkeit aufweisen, aber nicht notwendigerweise zu einer Minderung der Steuerbemessungsgrundlage führen, sondern etwa auch unter ein Abzugsverbot gem. § 20 EStG 1988 fallen können. Um eine exakte Erläuterung und steuerrechtliche Begründung der Hinzurechnung wird ersucht!

Nachdem die Darlehensvergabe durch den damaligen Geschäftsführer an sich selbst (It. Mitteilungen und Informationen des damaligen Geschäftsführers) aus der Spielsucht resultierend für das Unternehmen keinen Bezug zur betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens darstellte, hat sich die neue Geschäftsführung erstmals im Rahmen der Bilanzierung 2015 (erster Stichtag nach der Entlassung des damaligen Geschäftsführers) aus kaufmännischer Vorsicht und zur Vermeidung finanzstrafrechtlicher Konsequenzen dazu entschlossen, die offene Darlehensforderung entsprechend den jährlich gewonnenen Erkenntnissen über die Werthaltigkeit (siehe auch Pkt. 4.) im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss einer Wertberichtigung zuzuführen jedoch steuerlich außerbilanziell zuzurechnen.

7. Wurde der offene Betrag iHv. € 100.000,- zwischenzeitig bezahlt? In welcher Höhe? Gibt es einen Vergleich? - Bitte um Vorlage sämtlicher Unterlagen.

Lt. den uns vorliegenden mündlichen Informationen bestehen Gespräche zwischen dem Unternehmen und [...], wonach ein Darlehensbetrag in Höhe von TEUR 100 in Form eines Abstattungskredites finanziert werden soll - dies entspräche einer anteiligen Quotenzahlung in Höhe von ca. 15%."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (OZ 5) änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid ab, indem sie den Haftungsbetrag der Beschwerdeführerin auf 57.497,35 € (Bemessungsgrundlage: 224.162,02 €) herabsetzte. Die Bescheidbegründung lautet:

"Im Rahmen der Außenprüfung wurde festgestellt, dass die am Verrechnungskonto aufgelaufene Summe aus der regelmäßigen Verwendung von Geldern der GmbH entstand, welche hauptsächlich für die Finanzierung des privaten Glücksspiels von Herrn [...] verwendet wurden. Die verwendeten Beträge wurden am Gesellschafter Verrechnungskonto verbucht. Nach Ansicht des Finanzamtes wären einem fremdem Dritten, der nicht Gesellschafter und Geschäftsführer gewesen wäre, derartige Summen nicht ohne entsprechende Sicherheiten bezüglich der Tilgung der offenen Forderungen zugeflossen.

Der Argumentation, dass keine persönliche Bereicherungsabsicht durch Herrn [...] vorlag, konnte sich das Finanzamt nicht anschließen. Herr [...] hat in seiner Funktion als Gesellschafter und Geschäftsführer, die Gelder willentlich und wissentlich für die Finanzierung seiner privaten Ausgaben entnommen. Ohne seine Position als Gesellschafter und Geschäftsführer hätte er die auf € 772.492,05 angewachsene Summe nicht erhalten!

Wie sich im Zuge der Betriebsprüfung herausstellte sind von der angewachsenen Summe voraussichtlich lediglich € 100.000,- einbringlich. Die restliche Summe in Höhe von € 672.492,05 kann laut dem jetzigen alleinigen Gesellschafter, Herrn [...] jun. und auch nach Ansicht der steuerlichen Vertretung, nicht zurückgezahlt werden.

Durch die 2015 zu Tage getretene Tatsache, dass eine vollständige Rückzahlung nicht möglich ist, gelten ab 2015 die nicht einbringlichen Gelder in Höhe von € 672.492,05 als Herrn Ing. [...] endgültig zugeflossen. Der Zufluss von Geldern, welche nicht zurückgezahlt werden, stelle eine Vorteilsgewährung an Herrn Ing. [...] dar, und wird daher vom Finanzamt als verdeckte Ausschüttung gewertet.

[Seite 5 von 11 der Beschwerdevorentscheidung]

Als Begründung für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung wird angeführt:

  • Es besteht durch die ehemalige Gesellschafterstellung und Geschäftsführertätigkeit, sowie durch das verwandtschaftliche Naheverhältnis zum jetzigen 100%igen Gesellschafter Herrn [...] (geb. tt.mm.1966), dem Bruder von Herrn [...], ein persönliches Naheverhältnis zwischen Herrn [...] und der Gesellschaft.

  • Die verwendeten Gelder sind eindeutig Herrn [...] zugeflossen.

  • Die Entnahme und Verwendung der Gelder durch Herrn [...] erfolgte willentlich und wissentlich. Herr [[...]] war nach Ansicht des Finanzamtes voll geschäftsfähig, es liegen dem Finanzamt keine Unterlagen vor, welche eine eingeschränkte Geschäftsfähigkeit belegen würden.

[Seite 6 von 11 der Beschwerdevorentscheidung]

(…)

(1) Zuwendung eines (geldwerten) Vermögensvorteils:

Die Art des zugewendeten Vermögensvorteils ist für das Vorliegen einer vA prinzipiell unerheblich, jeder hinreichend bestimmte und messbare Vorteil reicht aus. Bei Anteilsinhaber, z.B. Gesellschafter-Geschäftsführer, die Gelder aus dem Vermögen der Körperschaft, um damit (auch) Privataufwendungen zu finanzieren, werden derartige Entnahmevorgänge auf Ebene der Körperschaft buchhalterisch im Wege von ,Verrechnungskonten' erfasst, welche Bestandskonten mit Kontokorrentcharakter darstellen (Obermann, SWK 32/2014, 1362; vgl. auch Zorn, SWK 12/2015, 577). In derartigen Fällen liegt im Ergebnis somit eine Darlehensaufnahme vor, für die jene Maßstäbe anzulegen sind, die bei Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen gelten ().

Es bedarf einer nach außen ausreichend zum Ausdruck kommenden sowie einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt habenden und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossenen Vereinbarung.

Der Inhalt eines Darlehensvertrages hat jedenfalls zu enthalten: Darlehensgeber und -nehmer, Art der geliehenen Sachen (Geld- oder Sachwerte), Laufzeit, Höhe der Zins- oder Wertsicherungsvereinbarung, Besicherung, sowie klare Kündigungs-, Tilgungs- und Zahlungsmodalitäten (; , 92/14/0151; ). Von unklaren Darlehensbedingungen ist demnach etwa dann auszugehen, wenn jahrelang keine Zinsen verrechnet sowie keine Rückzahlungen vorgenommen wurden und keine Vereinbarung über die Besicherung erfolgte (, 82/13/0002, 82/13/0003, 82/13/0004).

Umgelegt auf den Beschwerdefall ist festzuhalten, dass lediglich für die Jahre 2012 und 2013 eine Vereinbarung ,Geldforderungen bzw. Geldverbindlichkeiten zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern' vorgelegt wurde. Für den Beschwerdezeitraum wurde weder eine schriftliche Vereinbarung vorgelegt noch eine mündliche erwähnt bzw. ist eine solche auch nicht erkennbar. In der vorgelegten ,Vereinbarung' wird unter dem Punkt ,Vereinbarte Zinsen' zwischen einem Zinssatz für besicherte Forderungen (1,5%) sowie einem Zinssatz für unbesicherte Forderungen (3%) differenziert. Für die Jahre 2012 und 2013 wurde durch die Beschwerdeführerin eine Verzinsung von 3% (unbesichert) gewählt.

Dementsprechend wurde der Punkt ,Besicherungen' (Grundbuch, Bürgschaft, Wertpapiere ...) nicht ausgefüllt. Der Punkt ,Tilgungsmodalitäten' (Rate monatlich ab, vierteljährlich ab, fallweise, endfällig ...) wurde nicht verschriftlicht.

Unterschrieben wurde diese ,Vereinbarung' von Hm. Ing. [[...]] als Schuldner als auch als Gläubiger. Auch die steuerliche Vertretung bezeichnet dieses Vorgangsweise in seiner Stellungnahme vom (Pkt. 6) als ,Darlehensvergabe durch den damaligen Geschäftsführer an sich selbst die keinen Bezug zur betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens darstelle'.

Die formale Komponente ist sohin als nicht fremdüblich zu qualifiziert.

[Seite 7 von 11 der Beschwerdevorentscheidung]

In Zusammenhang mit Negativsalden auf Verrechnungskonten hat sich der VwGH bei seiner Beurteilung betreffend das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung an der Bonität des Anteilseigners, worunter die Fähigkeit und Bereitschaft, aufgenommene Schulden zurückzuzahlen, zu verstehen ist (vgl. ; , RV/7103438/2015; Leyrer, SWK 23-24/2019, 973 f), bzw. der Ernstlichkeit der Rückzahlungsabsicht orientiert.

Erfolgen Zahlungen aufgrund des zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft bestehenden Naheverhältnisses, die an einen Außenstehenden nicht unter den gleichen Bedingungen geleistet worden wären, ist zu prüfen, worin der dem Gesellschafter zugewendete Vorteil besteht. War eine Rückzahlung der auf dem Verrechnungskonto verbuchten Beträge von vornherein nicht gewollt oder wegen absehbarer Uneinbringlichkeit nicht zu erwarten, erfolgt die buchmäßige Erfassung der vollen Forderung nur zum Schein, tritt im Vermögen der Gesellschaft keine durchsetzbare Forderung anstelle der ausgezahlten Beträge, liegen somit eine vA, nicht nur betreffend die Konditionen der Zurverfügungstellung der zurückzuzahlenden Beträge (z.B. Zinsen), sondern dem Grunde nach vor.

In der Stellungnahme von führt die steuerliche Vertretung an, dass die von Herrn Ing. [...] erstellten Prognosen über die Bedienbarkeit der Forderung während der Bilanzbesprechungen sicherlich positiver gestaltet wurden, als real gegeben (Pkt. 3). Hr. Ing. [...] wurde jährlich zu seinen Vermögensverhältnissen befragt sowie durch regelmäßige Besuche seines Bruders, Hrn. [...] jun., die Mittellosigkeit kontrolliert und bestätigt worden (Pkt. 4). Unterlagen wann und wie diese Kontrollen stattgefunden haben sollen insbesondere welche konkreten Informationen oder Tatsachen ermittelt wurden, dass es zur Feststellung der Mittellosigkeit gekommen sein soll, wurden nicht vorgelegt.

Es steht damit zweifelsfrei fest, dass der Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter [[...]] jun. keine umgehenden und rechtzeitigen Maßnahmen, um die Einbringlichkeit der Forderung sicherzustellen, gesetzt hat. Damit ist ein (konkludenter) Forderungsverzicht und somit eine vA gegeben ().

(2) Eigentums- oder Nahebeziehung des Vorteilsempfängers zur Körperschaft (z.B. ):

(…)

Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der schuldrechtlichen Verpflichtung. Zum Zeitpunkt der Entnahmen war Hr. [...] Anteilsinhaber und Geschäftsführer. Sind Leistung und Gegenleistung inkongruent und beruht dies auf dem Gesellschaftsverhältnis, ist zu diesem Zeitpunkt auf der Ebene der Kapitalgesellschaft eine vA anzunehmen, auch wenn der Vorteil dem Gesellschafter erst zu einem Zeitpunkt zufließt, zu dem er nicht mehr Gesellschafter ist. Der Forderungsverzicht durch die Gesellschaft erfolgte in weiterer Folge zu einem Zeitpunkt, ab dem sein Bruder, [[...]] jun. 100% der Gesellschaftsanteile übernommen hat.

(3) Objektives Tatbild, d.h. Bereicherung des Empfängers zulasten der Körperschaft (z.B. ):

(…)

[Seite 8 von 11 der Beschwerdevorentscheidung]

Die Vorteilsgewährung als solche - die Bereicherung - wird in der Beschwerde nicht bestritten. Der persönliche Bereicherungswille des ehemaligen Geschäftsführers wird durch das behauptete Vorhandensein einer möglichen Krankheit (Spielsucht) verneint, was jedoch dem subjektiven Tatbild zuzuordnen ist.

(4) subjektives Tatbild, dh auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung (z.B. , 2004/13/0095; , 2005/15/0020, 0021):

(…)

Von der Beschwerdeführerin wird der persönliche Bereicherungswille insofern verneint, als dass der Vorteilsempfänger zum Zeitpunkt der Entnahmen spielsüchtig gewesen sei. Damit will sie möglicherweise auf die § 865 Abs. 1 ABGB (Geschäftsfähigkeit) sowie § 242 ABGB (Handlungsfähigkeit) bezugnehmen. Ein deliktisches Verhalten wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht eingewandt - im Zuge der Außenprüfung auch nicht festgestellt.

Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass auch aus der Diagnose von Spielsucht alleine nicht auch zwangsläufig eine (partielle) Geschäftsunfähigkeit folgt (). Gutachterliche bzw. ärztliche Unterlage, die die Spielsucht und eine Einschränkung der Willensfreiheit durch pathologische Spielsucht belegen könnten, wurden nicht vorgelegt. Die Beweislast trifft immer jene Person, die sich auf die Spielsucht (fehlende Geschäftsfähigkeit) beruft ().

Inwiefern daher die persönliche Befragung des ehemaligen Geschäftsführers - der Intention der Beschwerdeführerin folgenden ,Patient' - zu einem anderen Sachverhalt, laut Beschwerdeführerin ,wahren' Sachverhalt, führen könnte, ist hier nicht zu erkennen. Über Jahre rückwirkende Gutachten, Diagnosen und Abgrenzungen in Hinblick darauf zu erstellen, dass Geschäftsunfähigkeit nur bei völliger Aufhebung der Freiheit der Willensentschließung in Ansehung des konkreten Geschäfts, nicht aber bei einer nur teilweisen Beeinträchtigung oder Motivierung der Willensentschließung gegeben sei, ist nicht Aufgabe der Behörde.

Auf eine Beweisaufnahme in Form einer zusätzlichen Befragung von Herrn Ing. ***B*** kann daher gem. § 183 BAO insofern verzichtet werden, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen unerheblich sind.

Selbst wenn man der Intention der Beschwerdeführerin hinsichtlich einer psychischen Erkrankung folgen würde, die eine erhebliche Abschwächung der geistigen Fähigkeiten und die normale Freiheit der Willensbildung aufhebt - damit zusammenhängend eine entsprechende Abnahme der Wahrnehmungsfähigkeit zu unterstellen ist, erkennt die Beschwerdeführerin scheinbar nicht, dass durch ihr Ansuchen der Behörde eine Vorgangsweise abverlangt wird, die möglicherweise den Vorschriften der Bundesabgabenordnung entgegensteht (z.B. § 170 Abs. 1 BAO).

(…)

[Seite 9 von 11 der Beschwerdevorentscheidung]

(…)

Auswirkungen bei der Körperschaft

(…)

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin, dass die ursprüngliche Schuldhöhe obligatorisch erhalten bleibt, das erfolgte Ausbuchen einer Forderung für sich allein im betreffenden Jahre nicht schon zu einer in diesem Jahr zu erfassenden Gewinnausschüttung führe, ist ihr entgegenzuhalten, dass im gegenständlichen Fall für die Ausbuchung der Forderung keine betriebliche Veranlassung gegeben ist, sondern von einem gesellschaftsrechtlich begründeten - dokumentiert durch die Hinzurechnung in der Mehr-Weniger-Rechnung ().

(…)

Betreffend durchgeführter Abschreibungen wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert darzulegen, welcher konkrete neue Kenntnisstand jährlich erlangt wurde, was sich jeweils geändert hat bzw. wie sich die Höhe der jährlichen Abschreibung begründet. In der Beantwortung führt die Beschwerdeführerin aus, dass ,die Höhe der jeweiligen Abschreibungen sich nach den jährlich gewonnenen Erkenntnissen und einer realistischen Einschätzung der Einbringbarkeit des Rückstandes richte'

Welche neuen Erkenntnisse wie und wann gewonnen wurden und wie, auf welchen Annahmen beruhend die ,realistische' Einschätzung hergeleitet wurde, konnte aus der Stellungnahme vom nicht entnommen werden.

Eine entsprechende Würdigung und Berücksichtigung hat daher in den Folgejahren 2016 und 2017 zu erfolgen.

Für das Jahr 2015 ergibt sich folgende Bemessungsgrundlage für die verdeckte Ausschüttung:

2015

172.492,05

Die Kapitalertragsteuer - getragen von der Beschwerdeführerin - errechnet sich für das Jahr

2015

57.497,35

(…)

Im Jahr 2015 führt daher die durchgeführte Abschreibung zu einem entsprechenden Zufluss der vA bei Hm. Ing. [...].

2015

229.989,40"

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter ohne weiteres Vorbringen gegen die Beschwerdevorentscheidung den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht (Vorlageantrag).

Die belangte Behörde legte die Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht am vor. Dem Vorlagebericht ist folgende Stellungnahme der Abgabenbehörde zu entnehmen:

"Neue Beweismittel sind dem Vorlageantrag nicht zu entnehmen.

Weder wurden Nachweise, wie es zur jährlichen Bewertung der Forderung - damit zusammenhängend die durchgeführten Wertberichtigungen - gekommen ist, noch Unterlagen über die getroffenen Maßnahmen betreffend Feststellung der Einbringlichkeit vorgelegt.

Das, laut Beschwerde obligatorische Weiterbestehen der ursprünglichen Schuldhöhe ist insofern irrelevant, als zwei Absätze weiter die Bf selbst die ,nach rechtsfreundlicher Beratung festgestellte Aussichtslosigkeit der Einbringlichkeit' einwendet.

Über den offen ausgewiesenen Restbetrag iHv. € 100.000,- werden seit 2017 nur Gespräche über eine mögliche 15% Quote geführt - es erfolgte bis dato weder eine Lohnpfändung noch ein Eigentumsübertrag an der (Zweit) Wohnung in Graz (50% - Besitz).

Eine fremdübliche ernsthafte Absicht, den Rückstand einzubringen fehlte offensichtlich. Die jährlichen Wertberichtigungen und deren steuerliche Neutralisierung bei der Gesellschaft sind auch auf Ebene des Gesellschafters entsprechend zu würdigen."

Die Beschwerdeführerin hat den Antrag auf mündliche Verhandlung und den Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurückgenommen.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerde erwogen:

Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form außer der Dividende oder sonstigen offenen Gewinnverteilung unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache wird an Hand eines Fremdvergleiches ermittelt (, unter Hinweis auf ).

Verzichtet eine Kapitalgesellschaft causa societatis zu Gunsten eines Gesellschafters auf eine ihm gegenüber bestehende Forderung, so liegt im Zeitpunkt des (allenfalls schlüssigen) Verzichts eine verdeckte Ausschüttung vor (vgl. , unter Hinweis auf , und ).

Die Zurechnung einer verdeckten Ausschüttung durch die Abgabenbehörde für den Streitzeitraum wäre nur dann rechtens, wenn in diesem Zeitraum ein (allenfalls auch schlüssiger) Verzicht auf die Darlehensforderung seitens der Beschwerdeführerin erfolgt wäre. Das bloße Aufgeben des Rückzahlungswillens eines Schuldners bringt dabei die Schuld noch nicht in Wegfall (vgl. , unter Hinweis auf und ).

Forderungen zählen grundsätzlich zum Umlaufvermögen, wobei diese beim rechnungslegungspflichtigen Gewerbetreibenden (§ 5 Abs. 1 EStG 1988) dem strengen Niederstwertprinzip unterliegen ().

Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe. Damit wird auch die Sache des konkreten Haftungsverfahrens und insoweit auch der Rahmen für die Abänderungsbefugnis des Verwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren festgelegt (vgl. ).

Die belangte Behörde hat die Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid zur Haftung für Kapitalertragsteuer für 12/2015 (Haftungszeitraum) herangezogen, womit strittig ist, ob eine Vorteilsgewährung der Beschwerdeführerin mit Zuwendungsabsicht an [...] durch Forderungsverzicht in diesem Zeitraum (und nicht in den Jahren 2013 und 2014, in denen die Forderung von rund 83.000 € auf über 600.000 € angewachsen ist) erfolgt ist. Damit gehen auch jene im abgabenbehördlichen Verfahren der Beschwerdeführerin gestellten Fragen und die Ausführungen in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung, die nicht auf das Vorliegen einer Vorteilsgewährung mit Zuwendungsabsicht im bescheidmäßig festgelegten Zeitraum (sondern auf die Zeiträume der Geldmittelüberlassung) abzielen, ins Leere, weshalb sich ein Eingehen darauf erübrigt.

Davon ausgehend ist für den Beschwerdefall nur entscheidend, ob die Beschwerdeführerin im Haftungszeitraum (in den der Bilanzstichtag des Jahres 2015 fällt) auf die Forderung teilweise mit Zuwendungsabsicht verzichtet hat (und dies mit Abschreibung zum Ausdruck gebracht hat) oder nicht (und andere Gründe für die Abschreibung maßgeblich waren).

Die Tatsache der Uneinbringlichkeit bewirkt - entgegen der Ausführung im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung (Seite 3 erster Absatz) - für sich keine Vorteilsgewährung mit Zuwendungsabsicht.

Aufgrund der Aufforderung der belangten Behörde, die Uneinbringlichkeit nachzuweisen (siehe E-Mail vom ), brachte die Beschwerdeführerin während der Außenprüfung vor, dass die Werthaltigkeit der Forderung "sehr zweifelhaft" gewesen sei. Die ursprüngliche Schuldhöhe bleibe "obligatorisch erhalten". Es habe die Hoffnung bestanden, dass [...] durch eine neue Beschäftigung wieder zahlungsfähig werden könnte. Die Phase des Arbeitslosengeldes und der Übergang auf die Notstandshilfe habe allerdings länger als befürchtet gedauert. Deshalb sei unter Einhaltung unternehmensrechtlicher Vorschriften die Forderung bis auf einen Restbetrag berichtigt worden. Über den Restbetrag würden mit [...] Gespräche geführt (siehe E-Mail des steuerlichen Vertreters vom ).

Mit diesem Vorbringen bringt die Beschwerdeführerin zum Ausdruck, dass von der Abschreibung nicht auf den Verzicht auf die Teilforderung zu schließen sei. Nicht zutreffend ist die dazu im Vorlagebericht von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme geäußerte Ansicht, dass das obligatorische Weiterbestehen der "ursprünglichen Schuldhöhe" im Hinblick auf die festgestellte Aussichtslosigkeit der Einbringlichkeit "irrelevant" sei (siehe Seite 5).

Im Rahmen des abgabenbehördlichen Rechtsmittelverfahrens brachte die Beschwerdeführerin in Beantwortung der von Seiten der belangten Behörde gestellten weiteren Fragen (siehe E-Mail vom ) weiters vor, die Abschreibungen seien erst ab dem Jahr 2015 vorgenommen worden, weil [...] aus dem Unternehmen als Gesellschafter und Geschäftsführer ausgeschieden sei. [...] sei dann jährlich zu seinen Vermögensverhältnissen befragt und seine Arbeitslosigkeit bis Oktober 2017 "von ihm bestätigt" worden. Weiters seien Unterlagen der Fremdfinanzierung der (fremdfinanzierten, daher belasteten und nicht mehr belastbaren) Wohnung (50% Anteil) vorgelegt und die Mittellosigkeit durch [...] jun. kontrolliert worden. Die monatlichen Bezüge ab 10/2017 hätten den Betriebskosten, der Rückzahlung des Wohnungskredits und dem Unterhalt seiner Familie gedient. Eine Tilgung des "Altdarlehens" sei "der Familie des [...]" nicht möglich gewesen. Der offene "Darlehensbetrag" von 100.000 € solle in Form eines Abstattungskreditvertrages finanziert werden (siehe E-Mail vom ).

Die belangte Behörde begründet ihre (zwar zugunsten der Beschwerdeführerin abändernde, aber nicht stattgebende) Beschwerdevorentscheidung - soweit hier von Relevanz - nur damit, dass Unterlagen dazu nicht vorgelegt worden seien, "wann und wie diese Kontrollen stattgefunden haben sollen insbesondere welche konkreten Informationen oder Tatsachen ermittelt wurden, dass es zur Feststellung der Mittellosigkeit gekommen sein soll" (siehe Seite 7). Zu den Abschreibungen führe die Beschwerdeführerin aus, dass die Höhe der jeweiligen Abschreibungen sich nach den jährlich gewonnenen Erkenntnissen und einer realistischen Einschätzung der Einbringbarkeit des Rückstandes richte. Welche neuen Erkenntnisse "wie und wann" gewonnen worden seien und wie, auf welchen Annahmen beruhend die realistische Einschätzung hergeleitet worden sei, habe der Stellungnahme vom nicht entnommen werden können (siehe Seite 10).

Das Bundesfinanzgericht beurteilt das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Uneinbringlichkeit der Forderung bei [...] als nachvollziehbar und mit der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang stehend. Wann und wo genau die "Kontrollen" stattgefunden haben, ist dabei von geringer Bedeutung. Als "konkrete Informationen oder Tatsachen zur Mittellosigkeit des [...]" hat die Beschwerdeführerin bekannt gegeben, dass sein Einkommen weitgehend zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses und des sonstigen engeren Lebensunterhaltes verwendet wird und zu erkennen gegeben, dass [...] jenseits des Hälfteanteiles an einer mit Schulden belasteten Wohnung über kein Vermögen verfügt. Das von der Beschwerdeführerin gemachte Beweisanbot der Einvernahme des [...] hat die belangte Behörde nicht angenommen (siehe das Vorbringen im Beschwerdeschreiben vom ), sodass sie nicht berechtigt ist, eine mangelhafte Nachweisführung einzuwenden.
Unbesehen dessen hat die belangte Behörde keinen Umstand aufgezeigt, der auf einen Forderungsverzicht der Beschwerdeführerin schließen ließe, wohingegen die Beschwerdeführerin die Uneinbringlichkeit der Forderung (die sie nach ihrem Vorbringen zur Abschreibung veranlasst hat) glaubhaft gemacht hat.

Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

Ob es vor dem hier verfahrensgegenständlichen Abgabenzeitraum 12/2015 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsanteiles des [...] zu einer verdeckten Ausschütttung gekommen ist, hatte das Bundesfinanzgericht in diesem Verfahren nicht zu beurteilen.

Abschließend wird die belangte Behörde zu der von ihr in der Beschwerdevorentscheidung vorgenommenen "Festsetzung" des herabgesetzten Haftungsbetrages verfahrensrechtlich darauf hingewiesen, dass Haftungsbescheide (§ 224 BAO) keine Abgabenbescheide (§ 198 BAO) sind (vgl. ), weshalb der Ausspruch der "Festsetzung" unzutreffend ist.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 95 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 198 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Zitiert/besprochen in
Hatzenbichler in ecolex 2022/55
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100924.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at