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Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 26.04.2021, RS/7100022/2021

Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde: die Entscheidungspflicht des Finanzamtes Österreich entstand erst mit 1.1.2021

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RS/7100022/2021-RS1
wie RS/5100003/2021-RS1
Eine Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Österreich kann am noch nicht vorliegen, da für das Finanzamt Österreich die Frist für die Entscheidung erst am zu laufen begonnen hat (vgl. ).

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek in der Beschwerdesache des N**** A****, [Adresse], Steuernummer **_***/****, vertreten durch Winternitz Rechtsanwalts GmbH, 1010 Wien, Burgring 1, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Wien 4/5/10 betreffend
1. Einwendungen gegen den Anspruch gemäß § 12 AbgEO sowie
2. einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO,
beide vom , den Beschluss:

Die Säumnisbeschwerde wird als nicht zulässig zurückgewiesen.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte mit Datum vom beim Finanzamt eine Säumnisbeschwerde ein. In dieser führt er aus, er sei durch die Säumnis des Finanzamtes Wien 4/5/10 in seinen subjektiven Rechten verletzt, da über zwei Anträge vom (Einwendungen gegen den Anspruch gemäß § 12 AbgEO sowie ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO) vom Finanzamt Wien 4/5/10 nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden worden sei.

Das Finanzamt Österreich leitete diese Säumnisbeschwerde an das Bundesfinanzgericht weiter (eingelangt am ).

Dieser Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Akt sowie aus der Säumnisbeschwerde.

Gemäß § 284 Abs 1 BAO kann die Partei wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörde nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgeben (§97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

Gemäß § 284 Abs 7 lit b BAO ist sinngemäß § 260 Abs 1 lit a BAO (Unzulässigkeit) anzuwenden.

Gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Das Bundesfinanzgericht ist für Säumnisbeschwerden zuständig.

Mit wurde ua der Bereich der Finanzämter neu organisiert (Finanz-Organisationsreform). An die Stelle des zum zuständigen Finanzamtes Wien 4/5/10 trat im gegenständlichen Fall das Finanzamt Österreich.

Die diesbezüglich maßgeblichen Übergangsbestimmungen in § 323b BAO lauten:

(1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am 1. Jänner an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(5) Bis können Anbringen, für deren Behandlung entweder das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe oder das Amt für Betrugsbekämpfung zuständig ist, innerhalb offener Frist auch unter Verwendung der falschen dieser drei Bezeichnungen wirksam eingebracht werden.

(6) Bis können Anbringen für deren Behandlung entweder das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe oder das Amt für Betrugsbekämpfung zuständig ist, auch unter der Bezeichnung der Finanzämter gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010 (AVOG 2010 - DV), BGBl. II Nr. 165/2010, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 375/2016, sowie unter Verwendung der zum kundgemachten Anschriften der Finanzämter wirksam eingebracht werden.

Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung der Entscheidungspflicht seiner beim Finanzamt Wien 4/5/10 eingebrachten Anträge.

Der Verwaltungsgerichthof hat sich in seinem Beschluss vom , Fr 2014/16/0001 mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine bereits aufgelöste Behörde (noch) und eine erst eingerichtete Behörde (schon) säumig ist.

Mögliche Säumnis des Finanzamtes Wien 4/5/10:

Der VwGH führt in seinem oben zitierten Beschluss aus:

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung führt die Bezeichnung einer Behörde, welche die Entscheidungspflicht nicht trifft, deren Verletzung mit der Säumnisbeschwerde geltend gemacht wird, zur Zurückweisung der Säumnisbeschwerde (vgl. die Beschlüsse vom , 2010/16/0208, vom , 2009/16/0174, und vom , 2008/16/0116, sowie betreffend die Bezeichnung "Finanzlandesdirektion" als belangte Behörde, nachdem durch das AbgRmRefG die Zuständigkeit zur Erledigung von Berufungen auf den unabhängigen Finanzsenat übergegangen war, den Beschluss vom , 2007/13/0074). Eine Säumnisbeschwerde, welche als belangte Behörde den aufgelösten unabhängigen Finanzsenat anführt, wäre daher bereits deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

Die Säumnisbeschwerde ist daher schon deshalb zurückzuweisen, da am das Finanzamt Wien 4/5/10 nicht mehr existierte und somit keine Säumnis dieses Finanzamtes vorliegen konnte (ebenso ).

Mögliche Säumnis des Finanzamtes Österreich:

Der VwGH führt in seinem oben zitierten Beschluss aus:

Im Übrigen ist anzumerken, dass die nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin mit Ablauf des beim unabhängigen Finanzsenat noch unerledigte Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen ist. Dergestalt bestünde aber noch keine Säumnis des Bundesfinanzgerichtes, für welche die Frist für die Entscheidung erst mit zu laufen begonnen hat.

Die Entscheidungspflicht des Finanzamtes Österreich ist erst mit entstanden. Im Zeitpunkt des Einlangens der Säumnisbeschwerde beim Bundesfinanzgericht am (sowie auch im Zeitpunkt der Einbringung beim Finanzamt) konnte demnach eine Säumnis des Finanzamtes Österreich noch nicht vorliegen.

Die Säumnisbeschwerde ist daher auch aus diesem Grund als unzulässig (verfrüht) zurückzuweisen (ebenso ).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das Finanzamt Österreich über die in der Säumnisbeschwerde angesprochenen Anträge mittlerweile mit Bescheiden vom (zugestellt an den Vertreter des Beschwerdeführers am ) entschieden hat.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Es wird auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes verwiesen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 AVOG 2010 - DV, Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010, BGBl. II Nr. 165/2010
§ 284 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323 Abs. 38 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RS.7100022.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at