Behauptete faktische Verweigerung einer Akteneinsicht als Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RM/7300001/2018-RS1 | 1. Über einen Antrag auf Akteneinsicht an eine Finanzstrafbehörde im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsauftrages entscheidet diese selbst nach den Bestimmungen des § 51 StPO. Wird eine solche verweigert, wird damit keine verwaltungsbehördliche unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt, welche mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar wäre.
Eine zu Unrecht erfolgte Verweigerung der Akteneinsicht berechtigt zu einem Einspruch wegen Rechtsverletzung nach § 106 StPO.
2. Wird die Verweigerung der Akteneinsicht als Verwaltungsexzess verstanden, käme die Anwendung des § 79 FinStrG in Betracht, wobei ein Anspruch auf Erlassung eines eigenen verfahrensrechtlichen Bescheides bestünde, welcher mit Bescheidbeschwerde an das BFG bekämpfbar wäre. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Richard Tannert in der Finanzstrafsache gegen 1. A, geb. xxxx, Baumeister, whft. XXX, und 2. die B-GmbH, FNbb, YYY, beide vertreten durch die C--GmbH, ZZZ, wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), vormals Finanzamt Wien-3 als Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolger: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde), GZ. qqqqa und qqqqb, Amtsbeauftragter QQ, über die Beschwerde der B-GmbH vom wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Verweigerung einer Akteneinsicht in der Zeit von August 2017 bis Februar 2018 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
A. Mit Schreiben vom hat die B-GmbH durch ihre Verfahrensvertreterin, die C--GmbH, einen von ihr als "Maßnahmenbeschwerde gemäß § 283 BAO sowie § 152 FinStrG" bezeichneten Rechtsbehelf ergriffen, in welchem folgende behauptete Lebenssachverhalte mit knappen Worten beschrieben sind:
Die Staatsanwaltschaft Wien habe im Jahre 2016 gegen die B-GmbH ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes einer Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG eingeleitet und "die Finanzstrafbehörde" [welche?] mit Anordnung vom mit Ermittlungsmaßnahmen beauftragt.
In weiterer Folge sei gegen die B-GmbH mit Prüfungsauftrag vom eine Außenprüfung eingeleitet worden.
Trotz eines Zuständigkeitswechsels [von welcher Behörde zu welcher Behörde in welchem Verfahren?] sei kein Delegierungsbescheid ergangen.
Der Durchführung der Außenprüfung durch das Finanzamt Wien-1 sei nicht zugestimmt worden.
Trotz Kenntnis des Sitzwechsels wäre die Prüfung am durch das Finanzamt Wien-1 begonnen worden.
Die "seit August 2017" wiederholt beantragte Einsicht in den Außenprüfungsakt sei nicht gewährt worden [Anträge von wem bei wem wann in welcher Form gestellt?], wobei es keine diesbezügliche verfahrensleitende Verfügung bzw. keinen Bescheid gegeben hätte, aus welchen die Gründe einer Untätigkeit der Behörde ersichtlich gewesen wären.
Die "seit August 2017" wiederholt beantragte Einsicht in den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde sei nicht gewährt worden [Anträge von wem bei wem wann in welcher Form gestellt?], wobei es keine diesbezügliche verfahrensleitende Verfügung bzw. keinen Bescheid gegeben hätte, aus welchen die Gründe einer Untätigkeit der Behörde ersichtlich gewesen wären.
Mit einem [ergänze laut Aktenlage: per E-Mail übermittelten] Schreiben vom sei durch die Parteienvertreterin nochmals "förmlich" ein Antrag auf Akteneinsicht bei der Finanzstrafbehörde [bei welcher?] gestellt worden. Obwohl die zuständige Staatsanwältin dem "Beschuldigten" [der B-GmbH als belangten Verband?] mitgeteilt hätte, dass sie mit einer Akteneinsicht kein Problem hätte, und die Finanzstrafbehörde nochmals Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft gehalten habe, sei es bis dato [also in den neun Tagen nach dem E-Mail bis zur Verfassung des Schriftsatzes] wieder zu keinem Akteneinsichtstermin bei der Finanzstrafbehörde gekommen.
Ebenso sei durch die B-GmbH bei der Staatsanwaltschaft Wien ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt worden. Obwohl die zuständige Staatsanwältin dem "Beschuldigten" [der B-GmbH als belangten Verband?] mitgeteilt hätte, dass sie mit einer Akteneinsicht kein Problem hätte, und die Finanzstrafbehörde nochmals Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft gehalten habe, sei es bis dato [also in den neun Tagen nach dem E-Mail bis zur Verfassung des Schriftsatzes] wieder zu keinem Akteneinsichtstermin bei der Staatsanwaltschaft gekommen.
Anstatt eine Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG unter Wahrung "seiner Rechte als Beschuldigter" [der Rechte der GmbH als belangter Verband?] "anzuberaumen", sei die Außenprüfung gemäß § 147 Bundesabgabenordnung (BAO) durchgeführt worden.
Beantragt wurde als Ergebnis der Darlegungen, dass der gesamte Steuerakt der B-GmbH unverzüglich an das Finanzamt Wien-2 abzutreten sei und in den Außenprüfungsakt des Finanzamtes Wien-1 sowie in den Ermittlungsakt des Finanzamtes Wien-3 als Finanzstrafbehörde (offenbar betreffend die genannte GmbH) Einsicht zu gewähren wäre.
Es wurde somit in der Eingabe der Einschreiterin ein Verhalten verschiedener Behörden (u.a. der Staatsanwaltschaft Wien, des Finanzamtes Wien-1 und des Finanzamtes Wien-3) in Zusammenhang mit der Aufklärung einer finanzstrafrechtlichen Verdachtslage bei der B-GmbH skizziert, ohne dass deutlich gemacht worden war, welche der beschriebenen Vorgänge von der Einschreiterin als Ausübung einer finanzstrafbehördlichen unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt verstanden worden ist.
B. In fristgerechter Beantwortung eines Mängelbehebungsauftrages des Bundesfinanzgerichtes präzisierte die Einschreiterin den Gegenstand ihrer Maßnahmenbeschwerde: Die Beschwerde richte sich "gegen die faktische Weigerung des Finanzamtes Wien-3 als Finanzstrafbehörde I. Instanz im Zeitraum 2017 bis Februar 2018 unserem Mandanten die Einsicht in den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde sowie den Außenprüfungsakt des Finanzamtes Wien-1 als Teil des Ermittlungsverfahrens zu gewähren, ohne einen Bescheid darüber auszustellen, in welchem eine Begründung für die Weigerung der Einsichtnahme angeführt wird."
Im Zeitraum 2017 bis Februar 2018 seien parallel gegen "unseren Mandanten" [also hier wohl gegen die B-GmbH] drei Verfahren wegen desselben Sachverhaltes geführt worden:
Am sei aufgrund der Anzeige des D, einem ehemaligen Auftraggeber der B-GmbH, durch die Staatsanwaltschaft Wien gegen A, den Geschäftsführer der genannten GmbH, ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung eingeleitet worden, wobei das Finanzamt Wien-3 als Finanzstrafbehörde "erster Instanz" mit der Durchführung zweckdienlicher Ermittlungen beauftragt wurde.
Im März 2017 habe D nochmals wegen desselben Sachverhaltes Anzeige wegen Abgabenhinterziehung beim Finanzamt Wien-4 mündlich Anzeige erstattet, worüber eine Niederschrift aufgenommen worden sei. [Kopien der Niederschrift] seien an das Finanzamt Wien-3 als [die mit den finanzstrafrechtlichen Ermittlungen betraute] Finanzstrafbehörde und an das Finanzamt Wien-1 als Betriebsstättenfinanzamt weitergeleitet worden. Es seien [Ermittlungen] zwecks Überprüfung eines allfälligen Verdachtes einer Abgabenhinterziehung aufgenommen worden. Somit wäre wegen dieser Anzeige ein verwaltungsbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet worden. Eine Übermittlung dieser zweiten Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wien im Rahmen eines Anfalls- oder Zwischenberichtes gemäß § 100 StPO wäre nicht erfolgt.
Am sei durch das Finanzamt Wien-1 "gegen" die B-GmbH ein Außenprüfungsverfahren gemäß § 146 BAO eingeleitet worden. Obwohl diese Prüfung Teil eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Wien gewesen sei und die Ermittlungsmaßnahmen von dieser angeordnet worden seien, wäre die Prüfung nicht gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG durchgeführt, sondern als normale Außenprüfung abgewickelt worden. Die Prüferin wäre durch die Finanzstrafbehörde Wien [durch das Finanzamt Wien-3 als Finanzstrafbehörde] mehrmals aufgefordert worden, ihrer Zwischenberichtspflicht gemäß § 100 Abs. 2 Z. 3 StPO nachzukommen, was sie jedoch unterlassen habe.
Bereits am sei beim Finanzamt Wien-1 ein förmlicher schriftlicher Antrag auf Gewährung von Einsichtnahme in den gesamten Außenprüfungsakt der B-GmbH gestellt worden. Am sei der Prüferin der Ermittlungsauftrag der Staatsanwaltschaft Wien [von der Vertreterin der Beschwerdeführerin] "nochmals förmlich" zur Kenntnis gebracht und ihr mitgeteilt worden, dass die Außenprüfung Teil eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Wien sei und daher die Rechte des Beschuldigten [also wohl des A], insbesondere sein Akteneinsichtsrecht während des gesamten laufenden Ermittlungsverfahrens, zu wahren sei.
Nachfolgende Anträge auf Gewährung von Akteneinsicht in den Ermittlungsakt des Finanzamtes Wien-3 als Finanzstrafbehörde "erster Instanz" sowie in den Außenprüfungsakt an das Finanzamt Wien-1 als Organ der Strafrechtspflege wurden "von uns" [der C--GmbH] bzw. "unserem Mandanten" gestellt, [und nochmals ausdrücklich:] nachfolgende schriftliche Anträge wurden an das Finanzamt Wien-1 gestellt [chronologisch gereiht]:
Antrag vom (von A per Post),
Antrag vom (von der C--GmbH per Post),
Antrag vom (von der C--GmbH per E-Mail und Post),
Antrag vom (von A per E-Mail),
Antrag vom (von A per E-Mail),
Antrag vom (von A per E-Mail unter Ermittlung [Übermittlung eines Ausdrucks] der Richtlinie zur Akteneinsicht, [Erlass] /1/IV/5/03),
Antrag vom (von der C--GmbH per E-Mail und Post),
Antrag vom (von A an die Betrugsbekämpfungskoordinatorin per E-Mail).
Nachfolgende schriftliche Anträge seien bei der Finanzstrafbehörde gestellt worden:
Antrag vom (von der C--GmbH per E-Mail),
Antrag vom (von der C--GmbH per E-Mail).
Unser Mandant sei von der Behörde nicht aufgefordert worden, einen schriftlichen Antrag [zu ergänzen wohl: auf andere Weise als per E-Mail] einzubringen.
Nachfolgende schriftliche Anträge auf Einsichtnahme in den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde seien bei der Staatsanwaltschaft Wien durch A eingebracht worden:
Antrag vom (von A per Post),
Antrag vom (von A per Post),
Antrag vom (von A per Post),
Antrag vom (von A per Post).
Es sei während des laufenden Ermittlungsverfahrens weder Einsicht in den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde noch in den Außenprüfungsakt gewährt worden.
Auch sei im Zeitraum August 2017 bis Februar 2018 weder durch die Finanzstrafbehörde Wien [das Finanzamt Wien-3 als Finanzstrafbehörde] noch durch das Finanzamt Wien-1 ein ablehnender Bescheid bzw. [eine ablehnende] verfahrensleitende Verfügung "unter Wahrung einer Begründungspflicht" ergangen.
Es werde daher begehrt, nachfolgende Verwaltungsakte für rechtswidrig zu erklären:
[Es folgt eine Aufzählung rechtlicher Thesen; als behauptet rechtswidriges behördliches Verhalten wird konkret genannt:]
Dass das Außenprüfungsverfahren am nach § 146 BAO eingeleitet worden sei, wodurch es mit abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten verbunden gewesen sei,
dass die Finanzstrafbehörde Wien [das Finanzamt Wien-3 als Finanzstrafbehörde] die zweite Anzeige des D, erstattet beim Finanzamt Wien-4, nicht im Rahmen eines Anlass- bzw. Zwischenberichtes an die Staatsanwaltschaft Wien, sondern als Kontrollmitteilung an das Finanzamt Wien-1 weitergeleitet habe [Anmerkung: Wobei oben die Geschehensvariante vorgetragen wurde, dass die Finanzstrafbehörde das Protokoll nur im Empfang genommen habe und die Weiterleitung von Seite des Finanzamtes Wien-4 erfolgt wäre],
dass hinsichtlich einer Verweigerung der Akteneinsicht keine verfahrensleitende Verfügung stattgefunden habe,
dass § 51 StPO verletzt worden sei, weil die Akteneinsicht gemäß § 79 FinStrG eingeschränkt worden sei,
dass § 79 FinStrG verletzt worden sei, weil dem Recht auf Akteneinsicht in jeder Lage des Verfahrens und noch vor Abschluss der Untersuchungen zu gewähren sei [ergänze wohl: und dies nicht stattgefunden habe], sowie
dass von der Finanzstrafbehörde mehrfach unrichtige fernmündliche Auskünfte erteilt worden seien (wonach es dort keinen Ermittlungsakt gegen A gebe, eine Urgenz der Staatsanwaltschaft Wien zur Erstattung eines Zwischenberichtes unbekannt sei, keine Verdachtsmomente gegen den Genannten bestünden und daher keine Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG durchgeführt werde, er im Außenprüfungsverfahren keine Beschuldigtenrechte habe bzw. kein Recht auf Akteneinsicht habe).
Die Beschwerde vom sei fristgerecht, da diese innerhalb eines Monats nach faktischer Verweigerung der Akteneinsicht nach förmlichen, neuerlichen, wiederholten Antrag "unsererseits" [wohl der C--GmbH], zuletzt vom , eingebracht worden sei.
Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachtes von Abgabenhinterziehungen sei mangels gerichtlicher Zuständigkeit mit Beschluss vom eingestellt worden.
Die Akteneinsicht in den beim Finanzamt Wien-3 als Finanzstrafbehörde "erster Instanz" aufliegenden Ermittlungsakt sei am gewährt worden.
Eine Einsichtnahme in den beim Finanzamt Wien-1 aufliegenden Außenprüfungsakt sei nunmehr trotz Abschluss des Außenprüfungsverfahrens mit Bescheid vom wiederum verweigert worden. Eine dagegen erhobene Beschwerde sei mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden.
C. Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , RM/7100006/2018, wurde die hier verfahrensgegenständliche Maßnahmenbeschwerde der B-GmbH, soweit sie sich auf eine behauptete Ausübung unmittelbarer abgabenbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt des Finanzamtes Wien-1 bezogen hat, gemäß § 283 Abs. 4 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Dabei wurde u.a. wie folgt ausgeführt:
Die Beschwerdeführerin stellte in der Beschwerde die Anträge auf
- unverzügliche Abtretung des Steueraktes der Beschwerdeführerin an das Finanzamt Wien-2
- Gewährung von Akteneinsicht in den Außenprüfungsakt des FA Wien-1 sowie den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde Wien.
Wie durch das BFG nunmehr festzustellen war, ist die Zuständigkeit der Abgabenbehörde mit Datum an das Finanzamt Wien-2 übergegangen.
Diese Tatsache war augenscheinlich auch der Beschwerdeführerin (der steuerlichen Vertretung) bekannt, da in der vorliegenden Beschwerde bereits die aktuelle, neue Steuernummer des Finanzamtes Wien-2, nämlich […], angeführt wurde. […]
Im gegenständlichen Schriftsatz vom wurde hinsichtlich der Akteneinsicht in den Außenprüfungsakt auf einen Antrag aus dem August 2017 und "wiederholt gestellte Anträge" verwiesen.
Dem Antrag aus dem August 2017 war insofern Rechnung getragen worden, als die steuerliche Vertretung am , persönlich durch die steuerliche Vertretung, im Finanzamt Wien-1 Akteneinsicht genommen hat.
Eine konkrete Angabe zu später, schriftlich beim belangten Finanzamt per Post oder Fax, eingebrachten Anträgen war nicht enthalten und lagen dem BFG keine Anhaltspunkte dazu vor.
Sollte sich die Formulierung der Beschwerdeführerin "... wird wiederholt der Antrag auf Einsicht in den Außenprüfungsakt .... gestellt." auf etwaig per E-Mail gestellte Anbringen beziehen, so war allgemein dazu festzustellen, dass die Einbringung von Anbringen gemäß § 85 und § 86a BAO mittels E-Mail nicht vorgesehen ist. Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom , ausführt, kommt einer E-Mail nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung zugängliche Eingabe handelt. Dies gilt ebenso für ein einem E-Mail angefügten PDF-Dokument. Ein mit einer E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen. Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einer solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt. […]
[…] Von einem […] Mängelbehebungsverfahren war jedoch Abstand zu nehmen, da die Beschwerde einen nicht behebbaren inhaltlichen Mangel aufwies und dieser jedenfalls eine Zurückweisung der Beschwerde nach sich ziehen würde.
Ein für eine Maßnahmenbeschwerde tauglicher Anfechtungsgegenstand liegt vor, wenn ein Verwaltungsakt in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt erfolgt und wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - das heißt, ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen.
Der inhaltliche Mangel der Beschwerde war hier insofern gegeben, als sich der dargelegte Sachverhalt, nämlich die durch die Beschwerdeführerin vorgebrachte Verweigerung der Akteneinsicht durch die Abgabenbehörde, nicht als Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde eignet. Es lag kein Fall der Ausübung physischen Zwanges vor. Es lag kein Fall vor, in welchem bei Nichtbefolgung eines Befehls die Ausübung physischen Zwanges drohte. Es war keine faktische Amtshandlung wie z.B. eine Beschlagnahme gegeben.
Der Mangel begründete sich in der gesetzlichen Bestimmung der BAO die Akteneinsicht betreffend.
Aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 90 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde den Parteien die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich ist.
Wird die Akteneinsicht der Partei gegenüber während eines Abgabenverfahrens, Prüfungsverfahrens etc. verweigert, so stellt ein darüber ergangener ablehnender Bescheid eine verfahrensleitende Verfügung dar. Eine solche Verfügung kann nach § 94 BAO auch mündlich getroffen werden. Ein Aktenvermerk wäre darüber zu verfassen.
Gemäß § 90 Abs. 3 BAO ist gegen die Verweigerung der Akteneinsicht kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig. Derartige Verfügungen können (erst) in der Bescheidbeschwerde gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden.
Aus der genannten Bestimmung folgt, dass die Verweigerung einer Akteneinsicht keine Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt.
Auch wenn eine diesbezügliche Verfahrensanordnung, der diesbezügliche Bescheid (§90 Abs. 3 BAO) nicht gesondert rechtsmittelfähig ist, so ist die Verweigerung mit einer Beschwerde gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid bekämpfbar.
Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH dienen die Bestimmungen über die Maßnahmenbeschwerde der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und derselben Rechtsangelegenheit. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann somit nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein.
Im gegenständlichen Fall handelte es sich augenscheinlich um das Begehren einer Akteneinsicht im laufenden Außenprüfungsverfahren. Die Verweigerung der Akteneinsicht wäre somit in einem gegen den abschließenden Bescheid gerichteten Rechtsmittelverfahren bekämpfbar.
Für eine Maßnahmenbeschwerde verblieb daher, auch in Anbetracht der Subsidiarität dieses Rechtsinstrumentes, kein Raum.
D. In einem Bericht des Amtsbeauftragten zur Maßnahmenbeschwerde über die behauptete verweigerte Akteneinsicht beim Finanzamt Wien-3 als Finanzstrafbehörde vom wird ausgeführt:
Dem gegenständlichen Verfahren wohne eine beständige Verquickung von abgabenrechtlichen und finanzstrafrechtlichen Vorgängen durch A und seiner steuerlichen Vertretung inne, welche auch in der Maßnahmenbeschwerde augenscheinlich sei. Es sei daher aus Sicht der Finanzstrafbehörde (in der Folge kurz FSB) zunächst herauszufiltern, welche Beschwerdebestandteile den Finanzstrafakt betreffen, um darauf gezielt replizieren und Stellung nehmen zu können.
Hier werde allen voran in der Maßnahmenbeschwerde moniert, dass sinngemäß seit August 2017 wiederholt der Antrag auf Einsicht in den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde gestellt, dieser aber nicht bescheidmäßig abgelehnt, nur faktisch nicht gewährt wurde.
Das entspreche insofern nicht der Wahrheit, als dass ein erstes diesbezügliches telefonisches Vorbringen durch Frau Mag.E von der C--GmbH, der steuerlichen Vertretung des A und der B-GmbH, gegenüber der FSB mit Aktenvermerk vom dokumentiert sei (siehe Beilage 2, Aktenvermerk vom ). Eine ablehnende Entscheidung dazu sei in der Tat nicht ergangen, da es sich bei telefonischen Vorbringen um keine verfahrensrechtlich ordnungsgemäße Anbringen handle, […].
In der zeitlichen Folge wurde durch eine Frau F von der C--GmbH namens und Auftrags ihrer Mandantschaft am Folgetag, dem , per E-Mail ein Antrag auf Akteneinsicht in den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde und den gesamten Außenprüfungsakt des Finanzamtes Wien-1 an die FSB gerichtet (siehe Beilage 3, E-Mail).
Noch am selben Tag wurde telefonisch Rücksprache mit Frau Mag.E gehalten und der Umgang mit diesem Antrag ausführlich erörtert (siehe Beilage 4, Aktenvermerk zum Antrag Akteneinsicht ). Insbesondere wurde dabei darauf hingewiesen, dass Anbringen per Email als rechtliches Nichts zu beurteilen sind (Punkt b. des Aktenvermerks zum Antrag Akteneinsicht ), aber auch, dass nichts desto trotz vollinhaltliche Akteneinsicht in der Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde gewährt werden wird, sobald die unmittelbar bevorstehende Einstellung des gegenständlichen Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Wien eingetroffen sei (Punkt f. des genannten Aktenvermerks). Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens sei deshalb kurz bevorgestanden, weil die FSB auf Grundlage einer Stellungnahme der Prüferin in der noch laufenden Betriebsprüfung bei der B-GmbH bereits per Zwischenbericht an die Staatsanwaltschaft vom dorthin mitteilen konnte, dass keine abgabenrechtlichen Feststellungen getroffen werden, die einen strafbestimmenden Wertbetrag in gerichtszuständiger Höhe erreichen werde. Jedenfalls hätten die Angaben in einer Anzeige, welche A ursprünglich bei der Staatsanwaltschaft verdächtig machte, nicht bestätigt werden können (siehe Beilage 5, Zwischenbericht vom ).
Wie telefonisch am vereinbart, wurde zeitnahe nach dem Einlagen der Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Wien, [nämlich] am telefonisch mit A persönlich telefonisch Kontakt aufgenommen und für den die Möglichkeit zur Akteneinsicht vereinbart. Am sei A gemeinsam mit seiner steuerlichen Vertreterin Mag.E bei der FSB erschienen und hat zwischen 10.00 und 11.00 Uhr in den Ermittlungsakt mit den Nummern qqqqa und qqqqb (gemeinsam ein roter Akt) Einsicht genommen. Dieser Einsichtnahme in den Ermittlungsakt wurde neben dem auch hier zeichnenden Sachbearbeiter auch Frau Mag.G von der FSB hinzugezogen, um von Behördenseite das Vieraugenprinzip zu wahren. Nach ausführlicher Begutachtung und Kommentierung des Akteninhaltes durch A und Mag.E sei diesen auf ausdrücklichen Wunsch hin eine Kopie des vollständigen Aktes übergeben worden, wobei von der Verrechnung eines Kostenersatzes für die Kopien Abstand genommen wurde (siehe Beilage 6, Aktenvermerk zur Akteneinsicht ).
Zusammengefasst könne aus Sicht der FSB festgehalten werden, dass weder eine Vielzahl von unbehandelten oder verweigerten Akteneinsichtsanträgen, noch ein wie auch immer geartetes zeitliches Ver- bzw. Hinauszögern durch Handlungen oder Unterlassungen der FSB und schon gar nicht eine Verweigerung der Akteneinsicht zum Zwecke einer Vertuschung von gesetzwidrigem behördlichen Verhalten vorliege.
Zwischen dem ersten Ansuchen auf Einsicht in den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde am und deren tatsächlicher Durchführung am konnte nicht einmal die Zeitspanne eines Monats verstreichen. Dabei wurde der grundsätzlich verfahrensrechtlich vorgesehene Formalismus zu Gunsten des A nicht auf die sprichwörtliche Goldwaage gelegt. Die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde sei durch A nur eine Woche nach dem angeblich nicht gewährten Anbringen und unter dem völligen Ignorieren der zwischenzeitigen telefonischen Vereinbarungen ergriffen worden.
Ablehnende Bescheide oder eine diesbezügliche verfahrensleitende Verfügung, in denen begründet wird, warum keine Akteneinsicht gewährt werde, seien tatsächlich nicht ergangen. Sie waren schlicht nicht notwendig, denn die Akteneinsicht sei gewährt worden. Die Maßnahmenbeschwerde entbehre daher jeglicher Grundlage.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahme) wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Prüfungsmaßstab ist die Rechtswidrigkeit; Zweck eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist die nachträgliche Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer derartigen behördlichen Maßnahme an Hand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Setzung der Amtshandlungen.
In diesem Sinne besteht auch in Finanzstrafsachen gemäß § 152 Abs. 1 Satz 1 FinStrG die Berechtigung, sich gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu beschweren, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt worden ist. Dabei ist gemäß § 152 Abs. 1 Satz 3 FinStrG zur Erhebung einer derartigen Maßnahmenbeschwerde derjenige berechtigt, der - wie im gegenständlichen Fall die B-GmbH - behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden zu sein.
2. Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt allgemein dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - das heißt, ohne vorangegangenen Bescheid - (mittels faktischer Amtshandlungen) in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt ein ausdrücklicher Befolgungsanspruch nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (vgl. ; , 2012/17/0430; siehe auch Ritz, BAO6, § 283 Tz 5 ff mit entsprechenden praktischen Beispielen).
3. Inhaltliche Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Maßnahmenbeschwerde ist es also, dass sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung gerichtet ist. Es wird somit als Verfahrensgegenstand insoweit die Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch gefordert, andernfalls die Beschwerde - hier gemäß § 156 Abs. 1 und 4 FinStrG - zurückzuweisen ist (vgl. z.B. , B757/88 [hier: das schlichte Fotografieren oder eine Identitätsfeststellung im Zuge einer Amtshandlung]; [hier: das Anbringen einer Organstrafverfügung an einem Kraftfahrzeug]; [hier: das Abstempeln eines Reisepasses]; - hier das Abstempeln einer Ausfuhrbescheinigung mit dem Vermerk "Ungültig"], etc.). Eine behauptete bloße Untätigkeit oder Säumigkeit einer Finanzstrafbehörde etwa nach Einlangen eines Antrages auf Gewährung von Akteneinsicht beinhaltet begrifflich keinen von der Finanzstrafbehörde ausgeübten physischen Zwang oder keinen von ihr erteilten Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch (vgl. z.B. ). Selbst die tatsächliche Verweigerung einer Akteneinsicht ist keine faktische Amtshandlung (; , 97/11/0105).
4. Läge zwar die Ausübung einer Befehls- und Zwangsgewalt vor, fände diese aber wiederum ihre Deckung in erlassenen Bescheiden, bestünden keine faktischen Amtshandlungen. Mit Bescheidbeschwerde bekämpfbar, wenn solches zugelassen, wären vielmehr die dem behördlichen Wirken zugrundeliegenden Bescheide, wenn also etwa nach Abschluss eines Finanzstrafverfahrens ein Antrag des vormaligen Verdächtigen, Beschuldigten oder belangten Verbandes auf Akteneinsicht von der Finanzstrafbehörde mit Bescheid nicht entsprochen wird. Eine Entscheidungspflicht der Behörde auf Erlassung eines solchen Bescheides entsteht allerdings erst, wenn sie durch ihr Verhalten zum Ausdruck bringt, dass sie die Akteneinsicht verweigern will (Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG II5, § 79 Rz 10, mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG2, § 17 Rz 14).
5. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dienen die Regelungen über Maßnahmenbeschwerden im Übrigen nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein (z.B. , 0022, 0023 bzw. 0018, 0020, 0031; ; Zl. 90/01/0009; ).
6. Zur Akteneinsicht in der finanzstrafbehördlichen Sphäre bestimmt im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren § 79 Abs. 1 Satz 1 FinStrG, dass dem Beschuldigten (Verdächtigen) oder einem belangten Verband (einem Verband, welche einer finanzstrafrechtlichen Verantwortlichkeit verdächtig ist) in jeder Lage des Verfahrens und auch nach dessen Abschluss die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten ist, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer finanzstrafrechtlichen oder abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung solcher Pflichten erforderlich ist; die Finanzstrafbehörde kann ihnen statt dessen auch Abschriften (Ablichtungen) ausfolgen.
7. Der Logik eines realen Geschehens folgend, kann die um Akteneinsicht ersuchte Finanzstrafbehörde nur Einsicht gewähren in Akten bzw. Aktenteile, welche sich in ihrer Gewahrsame befinden, sodass sie diese zur Einsicht zur Verfügung stellen kann. In etwas, was nicht oder noch nicht Bestandteil der Akten einer Behörde ist, kann nicht dadurch eingesehen werden, indem man in eben diese Akten Einsicht nimmt. Wurde nach erfolgter Anordnung (§ 99 Abs. 2 FinStrG) einer Außenprüfung (als Instrument einer staatsanwaltschaftlichen Ermittlung) diese im Wege der Amtshilfe von einem anderen Finanzamt als Abgabenbehörde (hier: dem Finanzamt Wien-1) durchgeführt und will sich ein Auskunftsberechtigter Einblick in den dort befindlichen, im Entstehen befindlichen Prüfungsakt verschaffen, muss er sich - nach der Logik des realen Handlungsgeschehens - an diese Abgabenbehörde wenden. Darin liegt keine Beeinträchtigung seiner Interessen, weil ihm auch hier gegebenenfalls ein entsprechender Rechtsbehelf (aber keine Maßnahmenbeschwerde) zur Verfügung steht (vgl. § 90 BAO und § 106 StPO, Einspruch wegen Rechtsverletzung). Beschwerden in diesem Zusammenhang wegen behaupteter ausgeübter abgabenbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt führen auch diese Abgabenbehörde als belangte Behörde (siehe oben Pkt. C). Über bei der Finanzstrafbehörde gestellte Anträge auf Einsichtnahme in den bei ihr geführten Ermittlungsakt in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren entscheidet die Finanzstrafbehörde (siehe Fabrizy/Kirchbacher, StPO14 § 51 Rz 11), wobei aber wohl die vorherige Einholung einer Weisung der Staatsanwaltschaft bei gegebenen Bedenken ob einer Einsichtnahme zulässig sein wird.
8. Von der Akteneinsicht gänzlich ausgenommen sind im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren gemäß § 79 Abs. 2 FinStrG Beratungsprotokolle, Amtsvorträge, Erledigungsentwürfe und sonstige Schriftstücke (Mitteilungen anderer Behörden, Meldungen, Berichte und dergleichen); letztere aber nur dann, wenn deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen dritter Personen herbeiführen würde. Gemäß § 79 Abs. 3 FinStrG können im finanzstrafbehördlichen Untersuchungsverfahren die übrigen Aktenstücke vorläufig von der Einsichtnahme ausgeschlossen werden, wenn besondere Umstände befürchten lassen, dass durch eine sofortige Kenntnisnahme die Untersuchung erschwert werden könnte; die Einsichtnahme ist jedoch noch vor Abschluss des Untersuchungsverfahrens zu gestatten. In gleicher Weise darf bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachtes von Abgabenhinterziehungen gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO) vor Beendigung des Ermittlungsverfahrens die Akteneinsicht insoweit beschränkt werden, als besondere Umstände befürchten lassen, dass durch eine sofortige Kenntnisnahme von bestimmten Aktenstücken der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre. Die inhaltliche Beschränkung der Akteneinsicht im Sinne des § 79 Abs. 2 FinStrG wird auch in diesem Falle anzuwenden sein, zumal auch die StPO entsprechende vergleichbare Ausnahmen kennt (etwa betreffend die interne Willensbildung bei der Staatsanwaltschaft, gerichtliche Beratungsprotokolle, Erledigungsentwürfe eines Berichterstatters, interne Willensbildung beim OGH, vgl. Fabrizy/Kirchbacher, StPO14 § 51 Rz 6 f).
Die erwähnte gegebenenfalls unabdingbare Befugnis zur vorläufigen Begrenzung der Akteneinsicht hat gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 FinStrG idF BGBl I 2012/112 auch in den Fällen gegolten, in welchen bei finanzstrafbehördlicher oder gerichtlicher Zuständigkeit zur Klärung einer finanzstrafrechtlichen Verdachtslage eine Prüfung im Sinne der Abgabenvorschriften angeordnet worden ist. - Eine gegenteilige Interpretation der Rechtslage hätte in diesen Fällen den Einsatz dieses Prüfungsinstrumentes entgegen dem Zweck der Finanzstrafrechtspflege unmöglich gemacht. Die (vorläufige) Verweigerung der Akteneinsicht durch die Finanzstrafbehörde oder eine Amtshilfe leistende Abgabenbehörde erfolgt mittels verfahrensleitender Verfügung, gegen welche in einem finanzstrafbehördlichen Verfahren gemäß § 79 Abs. 4 FinStrG kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig ist; im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens wird ein Einspruch wegen Rechtsverletzung nach § 106 StPO zulässig sein.
9. So gesehen ist also eine in einem finanzstrafbehördlichen Verfahren zu gewährende Akteneinsicht ein neutraler Vorgang und zu unterscheiden von dem Rechtsanspruch eines Verdächtigen oder Beschuldigten in einem Finanzstrafverfahren, so bald als möglich (solange nicht besondere Umstände befürchten lassen, dass ansonsten der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre) über das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren und den gegen ihn bestehenden Tatverdacht sowie über seine wesentlichen Verteidigungsrechte belehrt zu werden (§ 57 Abs. 3 FinStrG), wobei das Ermittlungsverfahren stets zügig und ohne unnötige Verzögerungen durchzuführen und innerhalb angemessener Frist zu beenden ist (§ 57 Abs. 6 FinStrG). Schreitet das Ermittlungsverfahren voran oder gelangt zum Abschluss, werden auch Akten oder Aktenstücke, welche vorerst von einer Einsichtnahme vorläufig ausgeschlossen gewesen wären, für den Verdächtigen bzw. Beschuldigten oder belangten Verband einsehbar.
10. Eine "Verhaltensbeschwerde" gemäß Art 130 Abs. 2 Z. 1 B-VG erfasst formfreies Verwaltungsverhalten, das nicht mit Bescheid- oder Säumnisbeschwerde bekämpfbar und auch nicht einer Maßnahmenbeschwerde zugänglich ist, vgl. z.B. §§ 88 Abs. 2, 89 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz - SPG (Mayer/Muzak, B-VG5, Art 130 II.2). Einfachgesetzlich kann die Bekämpfbarkeit von Weisungen (Art 20 Abs. 1 B-VG) vorgesehen werden (Mayer/Muzak, aaO, mit Zitat Hauer, Zuständigkeit, in Janko/Leeb, Verwaltungsgerichtsbarkeit 36). Fehlt es aber an einer solchen einfachgesetzlichen Basis wie im FinStrG (mit einigen wenigen ausdrücklichen Ausnahmen), besteht keine Beschwerdeberechtigung; in diesem Sinne bestimmt auch § 152 Abs. 1 Satz 2 FinStrG, dass gegen das Verfahren betreffende Anordnungen eines Organes einer Finanzstrafbehörde (z.B. eben einer Verweigerung einer Akteneinsicht) eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig ist, soweit nicht ein Rechtsmittel für zulässig erklärt worden war (was, siehe soeben, der Gesetzgeber ausdrücklich verneint hat). Derartige verfahrensleitende Verfügungen können daher erst mit einer Beschwerde gegen das das Verfahren abschließende Erkenntnis angefochten werden. Dennoch erhobene Beschwerden wären als unzulässig gemäß § 156 Abs. 1 und 4 FinStrG ebenfalls zurückzuweisen.
11. Gemäß § 156 Abs. 4 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht mit einer Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde vorzugehen, wenn sich diese gegen ein behauptetes Verhalten einer belangten Behörde richtet, welches schon nach seiner Begrifflichkeit keine Ausübung einer unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt darstellen kann (wenn etwa kritisiert wird, dass die Behörde keine Akteneinsicht gewährt habe). Im Interesse einer Finanzstrafrechtspflege sieht sich das Bundesfinanzgericht, gestützt auf die Formulierung des obzitierten § 152 Abs. 1 Satz 3 FinStrG, veranlasst, auch eine inhaltliche Prüfung des Vorganges vorzunehmen, um die Gefahr auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin durch ein Vergreifen in ihrer Formulierung des Beschwerdegegenstandes sich versehentlich eines ihr zustehenden Rechtsbehelfes begibt.
12. Die obigen Überlegungen auf den gegenständlichen Fall angewandt, bringen aber folgendes Ergebnis:
12.1. Weder der Umgang der Staatsanwaltschaft Wien mit behaupteten Anträgen der B-GmbH auf Akteneinsicht in den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakt noch der Umgang des Finanzamtes Wien-1 als mit einer Außenprüfung beauftragten Abgabenbehörde mit behaupteten Anträgen der B-GmbH auf Akteneinsicht in den Außenprüfungsakt sind hier Verfahrensgegenstand. Letzteres auch deswegen nicht, weil über die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde betreffend diese Abgabenbehörde bereits vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom , RM/7100006/2018, entschieden worden ist.
12.2. Wie von der Beschwerdeführerin in ihrer Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages präzisiert, erblickt sie in einer behaupteten "faktischen" Weigerung des Finanzamtes Wien-3 als Finanzstrafbehörde, im Zeitraum August 2017 bis Februar 2018 der B-GmbH in den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde sowie in den Außenprüfungsakt des Finanzamtes Wien-1 als Teil des Ermittlungsverfahrens Einblick zu gewähren, eine zu Unrecht ausgeübte unmittelbare finanzstrafbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt. Spricht die Einschreiterin von einer "faktischen" [tatsächlichen] Weigerung, wird sie so verstanden, dass nach ihrem Vorbringen das Verhalten der belangten Finanzstrafbehörde ein solches gewesen wäre, dass diese ein Ansuchen auf Akteneinsicht zwar nicht förmlich abgelehnt hätte, aber durch ihr Verhalten der B-GmbH gegenüber zum Ausdruck gebracht hätte, dass dem Ansuchen nicht entsprochen werde.
12.3. Der Behauptung einer faktischen Weigerung der Finanzstrafbehörde, der Beschwerdeführerin Akteneinsicht gewähren zu wollen, findet jedoch in den vorliegenden Sachverhaltsbeschreibungen zum größten Teil schon deswegen keine Deckung, als nämlich die Ausführungen der Beschwerdeführerin und die Stellungnahme der belangten Finanzstrafbehörde in dem hier wesentlichen Aspekt gerade anderslautend übereinstimmen: So ist auch laut der Beschwerdeführerin das Begehren auf Akteneinsicht gegenüber der belangten Finanzstrafbehörde erstmals am , hier von der Verteidigerin, in Form einer formlosen Wissensmitteilung lediglich per E-Mail zur Kenntnis gebracht worden. Hat aber offenbar ein solcher (versuchter) Antrag gegenüber der Finanzstrafbehörde zuvor nicht bestanden, kann sich die Finanzstrafbehörde zumindest bis zum auch nicht geweigert haben, einem solchen zu entsprechen, oder allenfalls vorgegeben haben, einem solchen ihr gegenüber gestellten Antrag zu entsprechen und tatsächlich dann die Einsichtnahme in die in ihrer Verfügungsmacht befindlichen Akten verunmöglicht haben.
12.4. Am hat der aktenführende Beamte der belangten Finanzstrafbehörde - siehe die Stellungnahme der belangten Behörde - mit der Vertreterin der Verteidigerin telefoniert und ihr eröffnet, dass eine Einsicht in den Ermittlungsakt der Finanzstrafbehörde gewährt werde, sobald die erwartete Nachricht von der unmittelbar bevorstehenden Einstellung des Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft Wien eingetroffen sei. Wenngleich eine unverzügliche Terminvereinbarung über die Gewährung der Akteneinsicht angebracht gewesen wäre, da der Einsichtnahme offenkundig tatsächlich keine rechtlichen Bedenken entgegengestanden sind, erscheint ein erwartetes kurzfristiges Zuwarten bis zum Einlangen der erwarteten Nachricht von der Staatsanwalt Wien als im Rahmen des Entscheidungskalküls des befassten Organwalters gelegen, zumal diesem eine selbständige Organisation seiner Arbeitstermine zugebilligt werden muss.
12.5. Tatsächlich ist die erwartete Mitteilung von der Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwalt Wien vom bereits in den nächsten Tagen eingetroffen (womit nunmehr in der Finanzstrafsache gemäß § 54 Abs. 5 FinStrG ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren anhängig gewesen ist) und hat der aktenführende Beamte bei der Finanzstrafbehörde auch am mit der Verteidigerin fernmündlich Kontakt zur Vereinbarung eines nunmehr unverzüglichen Termines zur Einsichtnahme in den finanzstrafbehördlichen Ermittlungsakt aufgenommen. Auch hat die Einsichtnahme bereits am stattgefunden. Eine übergebührlich zögerliche Vorgangsweise der Finanzstrafbehörde in diesem Zusammenhang ist nicht erkennbar.
12.6. Ebenso fehlen bezogen auf den Beschwerdegegenstand in Anbetracht des festgestellten Geschehens tatsächlich Anhaltspunkte für eine von der belangten Finanzstrafbehörde ausgeübte unmittelbare finanzstrafbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt.
13. Es war daher spruchgemäß vorzugehen, wobei, bezogen auf den Verfahrensgegenstand, in Anbetracht des unstrittigen Sachverhaltes die Entscheidung gemäß § 160 Abs. 2 FinStrG auch ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden konnte.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es liegt vielmehr eine gesicherte Rechtslage vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 152 Abs. 1 Satz 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 152 Abs. 1 Satz 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 79 Abs. 1 Satz 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 106 StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975 § 79 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 99 Abs. 2 Satz 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 152 Abs. 1 Satz 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 99 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 156 Abs. 4 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Verweigerung der Akteneinsicht Prüfungsauftrag gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG Maßnahmenbeschwerde unmittelbare finanzstrafbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren Ermittlungsauftrag an Finanzstrafbehörde |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Schmutzer in BFGjournal 2021, 406 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RM.7300001.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at