Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2021, RV/6100284/2018

Abgangsentschädigung und Betriebsausgabenbeschränkung für "Managergehälter"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr über die Beschwerde der Bf. als Rechtsnachfolgerin der X GmbH, Adr., vertreten durch Treuhand Salzburg GmbH, Kleßheimer Allee 47, 5020 Salzburg, vom gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2015 des (damals zuständigen) Finanzamtes M-Stadt, Adr.2 vom zu Recht erkannt:

1. Der Feststellungsbescheid Gruppenträger wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Die in der Beschwerdevorentscheidung vom angeführten Bemessungsgrundlagen bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Verfahrensgang

A/1. Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf.) ist eine britische Limited mit Sitz und Geschäftsanschrift in London, die dem britischen Recht unterliegt und im britischen "Registrar of Companies" eingetragen ist. In Österreich unterhielt sie nur eine Zweigniederlassung, der Verwaltungssitz befand sich nicht in Österreich. Mit Einbringungsvertrag vom wurde der inländische Geschäftsbetrieb gemäß § 12 UmgrStG in die neu gegründete Y GmbH eingebracht. Die Limited ist im britischen Firmenregister nach wie vor als aktiv eingetragen.

In ihrer Körperschaftsteuererklärung für 2015 erklärte die Bf. einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 750.020,40. In einem Begleitschreiben teilte sie mit, dass sie bei der Berücksichtigung der nicht abzugsfähigen Aufwendungen wie folgt vorgegangen ist:

"Der ehemalige Vorstand, Herr N.N., erhält für den Zeitraum - eine Abfindungszahlung in Höhe von € 2.590.875,25 für die restliche Vertragslaufzeit (vorzeitiges Ausscheiden mit ). Der Aufwand wurde zur Gänze im WJ 2014/2015 rückgestellt. Dennoch muss es uE - in Analogie zur Firmenpension -zulässig sein, eine Verteilung auf den entschädigten Zeitraum vorzunehmen. Wir legen daher hiermit offen, dass im WJ 2014/2015 keine Hinzurechnung aus dieser Entschädigungszahlung erfolgt. Die Zahlung wird über den zu entschädigenden Zeitraum verteilt und in den Steuererklärungen für folgenden Wirtschaftsjahre ab 2015/16 berücksichtigt.

Weiters gehen wir davon aus, dass aufgrund der Argumentation in der anhängigen VfGH-Beschwerde die vertragliche Abfertigung in Höhe von € 1.065.40000 an den ehemaligen Vorstand, Herrn N.N., bei der X GmbH (vormals: AG) abzugsfähig ist. Insofern wurde hier in der Steuerrechnung für das Wirtschaftsjahr 2014/15 keine Hinzurechnung vorgenommen."

A/2. Über Vorhalt des Finanzamtes teilte die Bf. in einem weiteren Schreiben vom mit, dass DI N.N. aus dem befristeten Vorstandsanstellungsvertrag vorzeitig ausgeschieden sei und ihm daher eine Abgangsentschädigung gewährt wurde, welche noch im März 2015 bezahlt worden sei. Diese Abgangsentschädigung schlage sich bereits im Jahr des Ausscheidens zur Gänze als Aufwand nieder, dennoch sei sie im Hinblick auf die Betriebsausgabendeckelung des § 12 Abs 1 Z 8 KStG iVm § 20 Abs 1 Z 7 EStG auf den Abfindungszeitraum verteilt zu berücksichtigen.

Der Sinn der Betriebsausgabendeckelung liege darin, den Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf die für ein Wirtschaftsjahr einer Person gewährten Bezüge zu begrenzen. Es wäre nicht sachgerecht, diesbezüglich auch jene Entgeltaufwendungen, die aufgrund des imparitätischen Realisationsprinzips zusammengeballt zu berücksichtigen sind, im vollen Ausmaß anzusetzen.

Andererseits stelle auch der Wortlaut der Regelung des § 20 Abs 1 Z 7 EStG eindeutig nicht auf die Höhe der auf das Wirtschaftsjahr entfallenden Entgeltaufwendungen, sondern auf das einer Person pro Wirtschaftsjahr gewährte Entgelt ab. Soweit dieses für ein Wirtschaftsjahr den Betrag von 500.000 Euro übersteige, sei der Betriebsausgabenabzug -unabhängig davon, in welchem Wirtschaftsjahr er sich niederschlägt - nicht zulässig.

Daher habe die Bf. im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung 2015 in der Mehr-Weniger-Rechnung keine Hinzurechnung vorgenommen, da sich die Entschädigung auf den Zeitraum April 2015 bis Mai 2017 bezieht. Die Berücksichtigung der Abgangsentschädigung würde in den WJ 2015/16 und Folgejahre aliquot vorgenommen werden.

Mit Mail vom stellte die Bf. klar, dass die Abfindung im WJ 2014/15 zur Gänze über die Lohnverrechnung erfasst wurde. Zum habe es keine Rückstellung mehr gegeben.

A/3. Das Finanzamt erließ in der Folge einen Feststellungsbescheid Gruppenträger und setzte darin die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einem Gewinn von EUR 1.596.582,73 fest, dessen Berechnung in der Begründung unter Bezugnahme auf die Aufwandsgrenze des § 20 Abs 1 Z 7 EStG dargelegt wurde.

A/4. Innerhalb verlängerter Frist erhob die Bf. gegen diesen Bescheid Beschwerde und führte darin Folgendes aus:

Das Finanzamt habe im Hinblick auf die 500.000 Eurogrenze eine Hinzurechnung von EUR 2.346.603,13 vorgenommen. Diese beziehe sich allerdings auf das Kalenderjahr, die Bf. habe aber ein abweichendes Wirtschaftsjahr. Außerdem sei für das laufende Gehalt bereits in der Steuererklärung eine Hinzurechnung vorgenommen worden.

Es werde beantragt, von einer Hinzurechnung der Abgangsentschädigung im WJ 2014/15 Abstand zu nehmen, weil hinsichtlich der Betriebsausgabendeckelung für Managergehälter eine auf den Abfindungszeitraum vom bis 31.3.2917 verteilte Berücksichtigung geboten ist.

Nach den Einkommensteuerrichtlinien (EStR) sei hinsichtlich der Bestimmungen zur Betriebsausgabendeckelung für "Managergehälter" auf die Höhe des auf das einzelne Wirtschaftsjahr entfallenden Aufwandes für Entgelt abzustellen. Für Pensionsabfindungen und Pensionsrückstellungen beziehe sich die Betriebsausgabendeckelung aber auf die Höhe der jährlichen Pensionsansprüche. Soweit diese jährlichen Ansprüche EUR 500.000 überschreiten, sei der Betriebsausgabenabzug nicht möglich.

Nach der Verwaltungspraxis beziehe sich die "normale" Betriebsausgabendeckelung daher auf die jährliche Aufwandsbildung für Entgeltzuwendungen und nicht auf das Ausmaß des für ein Wirtschaftsjahr gewährten Entgelts selbst. Diese Auffassung stehe aber im Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzestextes. Nach § 20 Abs 1 Z 7 EStG sind Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelt nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, soweit "ES" den Betrag von EUR 500.000 übersteigt. Damit ist eindeutig das Entgelt gemeint und nicht die Aufwendungen oder Ausgaben. Sonst müsste es "SIE" heißen. Auch werde nur die Bezugnahme auf das gewährte Entgelt der Systematik und dem Zweck der Regelung gerecht, nämlich der Stärkung von Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekten.

Dies gelte umso mehr, wenn es aufgrund des imparitätischen Realisationsprinzips in einem Wirtschaftsjahr zu einer zusammengeballten Erfassung des Entgeltsaufwandes bzw. diesbezüglicher Entschädigungen kommt. Dies führe im vorliegenden Fall dazu, dass die strittige Abgangsentschädigung an Herr DI N.N. im vollen Ausmaß im WJ 2014/15 aufwandswirksam werde, obwohl sie wirtschaftlich den noch offenen Zeitraum des befristeten Vorstandsanstellungsvertrages abdecke. Eine sachgerechte, auf den Abfindungszeitraum verteilte Berücksichtigung des Entgelts ergäbe sich aus § 20 Abs 1 Z 7 lit c EStG, der formell zwar auf Pensionsabfindungen bezogen sei, analog aber auch auf die gewährte Abgangsentschädigung anwendbar sein müsse.

Der Ministerialentwurf zum AbgÄG 2014 (3/MEXXV.GP) habe eine eigene Kürzungsvorschrift für Abfindungen von Entgeltansprüchen vorgesehen, wenn "der abgefundene jährliche Entgeltanspruch EUR 500.000,00 übersteigt". Die Erläuterungen zu diesem Ministerialentwurf führten dementsprechend aus: "Abfindungen von Entgeltansprüchen unterliegen der Kürzung, wenn der abgefundene jährliche Entgeltanspruch 500.000 Euro übersteigt. Da die Abfindung auf Basis jährlicher Entgeltansprüche zu ermitteln ist, ergibt sich der Kürzungsbetrag aus dem Verhältnis des nichtabzugsfähigen Entgeltbestandsteils zum gesamten Entgelt. Diese Entgeltkürzung ist losgelöst von der für laufende Entgeltzahlungen anzuwenden."

Zwar finde sich im letztlich beschlossenen AbgÄG 2014 eine entsprechende explizite Regelung nicht mehr, aber nur diese Auslegung werde der Systematik und dem Zweck der Regelung über die Deckelung des Betriebsausgabenabzuges für Managergehälter gerecht. Nur eine solche Auslegung vermöge die Sondervorschrift für Firmenpensionen zu rechtfertigen. Auch vor dem Hintergrund der VfGH-Entscheidung vom , G 136/2014, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips erlaubt, sei zu verlangen, dass der strittige Regelungszusammenhang verfassungskonform so auszulegen ist, dass der Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs eine sachgerechte und keine willkürliche Anknüpfung zu Grunde liegt. Eine solche könne sich aber nur auf das für ein Wirtschaftsjahr gewährte Entgelt und nicht auf den in einem Wirtschaftsjahr zusammengeballt anfallenden Entgeltaufwand beziehen.

In der Beilage zur Beschwerde werden Berechnungen dargestellt, aus denen (teilweise abweichend von der Erklärung und dem Erstbescheid) betreffend DI N.N. folgende Eckdaten für das WJ 2014/15 hervorgehen:


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Bruttobezug
EUR 4.749.143,15
Abfertigung
EUR 1.065.400
laufendes Gehalt
EUR 1.436.276,48
Abfindungszahlung
EUR 2.247.466,67

Die korrekte Hinzurechnung laut Beschwerdeantrag, nämlich mit Verteilung des Abfindungsbetrages, sei im WJ 2014/15 wie folgt vorzunehmen:


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laufendes Gehalt
EUR 1.436.276,48
Abfindungszahlung
---
Maximal abzugsfähiger Betrag
EUR - 500.000
Hinzurechnung für einen weiteren Mitarbeiter (unverändert)
EUR 172.702,90
Hinzurechnung im Streitjahr gesamt
EUR 1.108.979,38

Die Hinzurechnung betreffend die Abfindungszahlungen sei auf die folgenden drei Wirtschaftsjahre zu verteilen.
Die korrekte Hinzurechnung ohne Verteilung der Abfindungszahlung betrage:


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laufendes Gehalt
EUR 1.436.276,48
Abfindungszahlung
EUR 2.247.466,67
Maximal abzugsfähiger Betrag
EUR - 500.000
Hinzurechnung DI N.N.
EUR 3.183.743,15
Hinzurechnung für einen weiteren Mitarbeiter (unverändert)
EUR 172.702,90

A/5. In einem Vorhalteverfahren vor dem Finanzamt wurden die zuvor angeführten Zahlen überprüft und verifiziert.
Mit Schreiben vom teilte die Bf. darüber hinaus mit, dass der Verfassungsgerichtshof in Hinblick auf das Erkenntnis vom , E 2536/2016 die Behandlung der Beschwerde in Sachen begünstigte Besteuerung der Abfertigungszahlungen an Vorstandsmitglieder mit Beschluss abgelehnt hat. Insofern könne von der Abfertigung in Höhe von EUR 1.065.400 lediglich ein Betrag von EUR 266.915,95 begünstigt mit 6% besteuert werden. Der restliche Betrag iHv EUR 798.484,05 sei nach Tarif zu versteuern und unterliege somit dem Abzugsverbot des § 12 Abs 1 Z 8 KStG iVm § 20 Abs 1 Z 8 EStG. Dies sei bei der Veranlagung 2015 noch zu berücksichtigen.

In einer Ergänzung der Beschwerde vom teilte die Bf. mit, dass die Zahlung von britischer Körperschaftsteuer, die zur vorgenommenen Liquidation der britischen Tochtergesellschaft im WJ 2014/15 zu leisten war, irrtümlich in der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung nicht hinzugerechnet worden sei. Für das WJ 2014/15 sei ein nichtabzugsfähiger KöSt-Aufwand von EUR 31.717,40 abzüglich Verlustvortrag iHv 75%, somit EUR 23.788,05, insgesamt daher EUR 7.929,35 dem Ergebnis der Bf. (Gruppenträger) zuzurechnen.

A/6. Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom änderte das Finanzamt den angefochtenen Feststellungsbescheid Gruppenträger insoferne ab, als die von der Bf. korrigierten Beträge angesetzt wurden, jedoch die Kürzung der Abfindungszahlung zur Gänze im Streitjahr angesetzt wurde und die begünstigt besteuerte Abfertigung mit einem niedrigeren als von der Bf. beantragten Betrag ermittelt wurde, nämlich mit EUR 209.250. Das Finanzamt errechnete so eine Hinzurechnung von EUR 4.048.740,25 für DI N.N., eine unveränderte Hinzurechnung für einen weiteren Mitarbeiter von EUR 172.702,90 und eine Hinzurechnung laut Beschwerdeergänzung vom von EUR 31.717,40.

A/7. Dagegen richtet sich der Antrag der Bf. auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und auf Entscheidung durch den gesamten Senat. Betreffend die Hinzurechnung der nicht begünstigt besteuerten Abfertigungszahlung an DI N.N. werde ergänzt, dass gegen den Haftungsbescheid betreffend die Lohnsteuer für März 2015 ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt wurde.

A/8. Mit Vorlagebericht vom legte das damals zuständige Finanzamt M-Stadt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Nach Auskunft des Finanzamtes an das Bundesfinanzgericht wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Haftung für Lohnsteuer für März 2015 mit rechtskräftigem Bescheid vom abgewiesen.

Mit Vorhalt vom wurde die Bf. aufgefordert, den Dienstvertrag des DI N.N. und sämtliche Unterlagen betreffend die geleistete Abgangsentschädigung vorzulegen. Weiters wurde nachgefragt, ob angesichts der rechtskräftigen Abweisung der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Haftung für Lohnsteuer für März 2015 dieser Beschwerdepunkt noch aufrechterhalten werde.

Mit Schriftsatz vom teilte die Bf. mit, dass die beantragte Kürzung der Hinzurechnung aus dem Titel "Abfertigung" nicht mehr aufrecht ist und legte den Dienstvertrag sowie das "exit agreement" vor.

In ihrem Schriftsatz vom zog die Bf. die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

B. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht legt seiner Entscheidung den folgenden Sachverhalt zugrunde, der in den vom Finanzamt vorgelegten Akten abgebildet und unstrittig ist:

Die Bf. ist im Streitzeitraum (WJ 2014/15) Gruppenträgerin einer steuerlichen Unternehmensgruppe. Ihr abweichendes Wirtschaftsjahr umfasst den Zeitraum 1.4. bis 31.3. eines jeden Jahres.

Im Februar 2015 traf die Bf. ein Übereinkommen mit einem leitenden Angestellten über die vorzeitige Beendigung dessen Dienstvertrages zum gegen Bezahlung einer Abgangsentschädigung (compensation payment) für die Periode bis in Höhe von EUR 2.247.455,67. Die Abgangsentschädigung wurde neben dem laufenden Gehalt und der vertraglichen Abfertigung im März 2015 ausbezahlt und schlägt sich in den Büchern der Bf. zur Gänze im Streitjahr als Aufwand nieder. Laut dem vorgelegten Lohnzettel für März 2015 wurde für die Abgangsentschädigung die Lohnsteuer nach dem laufenden Tarif berechnet.

Strittig ist nun, ob und in welcher Höhe die Abgangsentschädigung im Streitjahr im Hinblick auf die Betriebsausgabendeckelung des § 12 Abs 1 Z 8 KStG iVm § 20 Abs 1 Z 7 EStG zu kürzen ist. Das Finanzamt geht von einer vollen Kürzung im WJ 2014/15 aus, während die Bf. im WJ 2014/15 keine Hinzurechnung dieser Abgangsentschädigung vornahm. Vielmehr möchte sie die Zahlung über den zu entschädigenden Zeitraum verteilen und für die folgenden WJ ab 2015/16 jeweils den EUR 500.000 übersteigenden anteiligen Betrag hinzurechnen.

Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass die an DI N.N. gewährte Abfertigung mit einem Betrag von EUR 856.150 zum Tarif zu versteuern und der Gesamtbetrag der Einkünfte der Bf. daher um diesen Betrag zu erhöhen ist.

Unstrittig ist weiters der nichtabzugsfähige KöSt-Aufwand von EUR 31.717,40.

C. Rechtslage und rechtliche Würdigung

C/1. Gemäß § 12 Abs 1 Z 8 KStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen nach § 20 Abs 1 Z 7 und Z 8 des Einkommensteuergesetzes 1988 nicht abgezogen werden.

§ 20 Abs 1 EStG 1988 idF AbgÄG 2014, BGBl. I Nr. 13/2014 normiert in den Ziffern 7 und 8 folgende Abzugsbeschränkungen:
Z 7: Aufwendungen oder Ausgaben für das Entgelt für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit es den Betrag von 500 000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigt. Entgelt ist die Summe aller Geld- und Sachleistungen, ausgenommen Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs. 3, Entgelte, die sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 6 darstellen und Aufwandsersätze, die an einen aktiven oder ehemaligen Dienstnehmer oder an eine vergleichbar organisatorisch eingegliederte Person geleistet werden. Dabei gilt:
a) Bei der Überlassung einer Person durch Dritte zur Erbringung von Arbeits- oder Werkleistungen gilt die Vergütung für die Überlassung als Entgelt. Das vom Überlasser an die überlassene Person geleistete Entgelt unterliegt hingegen nicht dem Abzugsverbot.
b) Der Betrag von 500 000 Euro pro Person ist nach der tatsächlichen Aufwandstragung zu aliquotieren, wenn Arbeits- oder Werkleistungen
- über einen Zeitraum von weniger als zwölf Monate oder
- für mehrere verbundene Betriebe oder Personengesellschaften erbracht werden.
c) Abfindungen von Pensionsansprüchen unterliegen dem Abzugsverbot, wenn der abgefundene jährliche Pensionsanspruch 500 000 Euro übersteigt. Der nicht abzugsfähige Betrag ergibt sich aus dem Verhältnis des nicht abzugsfähigen Pensionsbestandteiles zur gesamten Pension.

Z 8: Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 6 darstellen, soweit sie bei diesem nicht mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern sind.

Gemäß § 67 Abs 6 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 40/2014 sind sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen und Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume), nach Maßgabe der Ziffern 1 bis 7 mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern.
Nach § 67 Abs 10 EStG 1988 sind sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2.

In der mit dem AbgÄG 2014 in Kraft getretenen Fassung des § 67 Abs 6 (BGBl. I Nr. 13/2014) war die Wortfolge "Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume" noch nicht enthalten. Sie wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2014, BGBl. I Nr. 40/2014 eingeführt und trat am in Kraft. Die Änderung diente nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Klarstellung, dass Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für zukünftige Lohnzahlungszeiträume nicht dem § 67 Abs 6 EStG 1988 zu subsumieren sind. Die mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 umgesetzten Änderungen sollten damit im Wortlaut verdeutlicht werden (vgl. RV 53 BlgNR 25. GP 14).

C/2. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage 24 XXV.GP sieht das Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 vor, die steuerliche Begünstigung für "Golden Handshakes" abzuschaffen, um vor allem ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten. Dementsprechend sollen die Regelungen betreffend freiwilliger Abfertigungen (§ 67 Abs 6), Vergleichssummen (§ 67 Abs 8 lit. a) und Kündigungsentschädigungen und andere Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume (§ 67 Abs 8 lit. b) geändert werden. Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume sollen nicht mehr von der Begünstigung des § 67 Abs 8 lit. b umfasst sein.
Die Änderungen sollen auf Auszahlungen anzuwenden sein, die nach dem erfolgen.

Das Abzugsverbot der Z. 7 und 8 durchbricht das objektive Nettoprinzip, weil betrieblich veranlasste Aufwendungen nicht mehr zum Abzug zugelassen werden. In der Literatur wurden deswegen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung erhoben (Plott, RdW 2/2014/127, 94 ff; Kirchmayr, taxlex 3/2014, 93 ff). Der VfGH ( ua) hat mittlerweile entschieden, dass das Abzugsverbot für Gehälter über 500.000 Euro sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach verfassungskonform ist (Lachmayer in Renner/Strimitzer/Vock, Die Körperschaftsteuer (KStG 1988), § 12 Rz 134).

C/3. Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume sind nach dem Wortlaut des Gesetzes keine sonstigen Bezüge im Sinne des § 67 Abs 6 EStG (siehe auch sowie ). Diese Zahlungen sind daher nicht von § 20 Abs 1 Z 8 EStG, sondern allenfalls von § 20 Abs 1 Z 7 EStG erfasst (Marchgraber/Plansky in Lang/Rust/Schuch/Staringer. KStG 2. Auflage 2016, § 12 Rz 126).

Diese Rechtsansicht wird von der Bf. nicht bestritten. Die Bf. geht in ihren Schriftsätzen selbst davon aus, dass die Abgangsentschädigung grundsätzlich unter das Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 7 zu subsumieren sind. Sie ist aber der Meinung, dass sich die Betriebsausgabendeckelung auf das für ein Wirtschaftsjahr gewährte Entgelt und nicht auf die diesbezüglichen Aufwendungen bezieht. Daher müsste die Regelung des § 20 Abs 1 Z 7 lit c EStG für Pensionsabfindungen analog auch auf Abgangsentschädigungen anwendbar sein, weil sich daraus eine sachgerechte, auf den Abfindungszeitraum verteilte Berücksichtigung des Entgelts ergäbe.

Diese Ansicht der Bf. findet nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts weder im Gesetzeswortlaut noch im Zweck der Regelung Deckung.

C/4. Gemäß § 20 Abs 1 Z 7 fallen unter Entgelt alle Geld- und Sachleistungen, die an einen aktiven oder ehemaligen Dienstnehmer geleistet werden, ausgenommen
- Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs 3
- Entgelte, die sonstige Bezüge nach § 67 Abs 6 darstellen
- Aufwandsersätze.

Damit ist der Entgeltsbegriff sehr weit gefasst: alle Leistungen an einen aktiven oder ehemaligen Dienstnehmer oder an eine vergleichbar organisatorisch eingegliederte Person müssen daher für die Ermittlung der 500.000 Euro Grenze zusammengerechnet werden (Binder, ÖStZ 2015, 533). Da die streitgegenständliche Abgangsentschädigung, wie bereits ausgeführt, kein sonstiger Bezug im Sinne des § 67 Abs 6 EStG ist, stellt sie unbestritten Entgelt dar, das im März 2015 gemeinsam mit dem laufenden Bezug und der Abfertigung an den leitenden Angestellten geleistet wurde.

Die Abgangsentschädigung ist eine Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistungen des leitenden Angestellten für künftige Lohnzahlungszeiträume. Derartige Zahlungen für zukunftsbezogene Ansprüche waren bei Auszahlungen bis zum ausschließlich nach dem Tatbestand des § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 22/2012 begünstigt (vgl. ). Diese Steuerbegünstigung wurde mit dem AbgÄG 2014 aus den bereits dargestellten Gründen abgeschafft. Daraus ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber für derartige Abgangsentschädigungen keine begünstigenden Regelungen mehr vorsehen wollte, weil Personalfreisetzungen unattraktiver gemacht werden sollten.

Die Abzugsverbote des § 20 Abs 1 Z 7 und 8 EStG 1988 wurden mit demselben Gesetz geschaffen (AbgÄG 2014), mit welchem § 67 Abs 6 (Anm: sowie Abs 8 lit a und b) EStG 1988 neu gefasst wurde, um damit das Ausmaß der nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 begünstigt besteuerbaren Bezüge mit einem Vielfachen der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG zu begrenzen. Der Gesetzgeber hat damit die Einschränkung der Absetzbarkeit bestimmter Bezüge als Betriebsausgaben mit der Beschränkung der begünstigten Besteuerung freiwilliger Abfertigungen abgestimmt (siehe ).Es handelt sich also um korrespondierende Bestimmungen.
Das Höchstgericht hat in der zitierten Entscheidung darauf hingewiesen, dass freiwillige Abfertigungen in bestimmter Höhe zum Abzug zugelassen werden, während andere mit der Beendigung eines Dienstverhältnisses in Zusammenhang stehende Zahlungen, wie insbesondere Zahlungen für die vorzeitige Auflösung eines Dienstverhältnisses, ein anderes steuerliches Schicksal erfahren ( unter Verweis auf ).

C/5. § 20 Abs 1 Z 7 EStGsieht inseiner lit c ein eigenes Abzugsverbot von Pensionsabfindungen vor, wenn der abgefundene jährliche Pensionsanspruch 500.000 Euro übersteigt. Diese Kürzungsregelung ist losgelöst von jener für laufende Entgeltzahlungen anzuwenden. Nach Beschwerdeansicht wäre diese Regelung analog auf die streitgegenständliche Abgangsentschädigung anzuwenden.

Die Bf. übersieht dabei jedoch, dass es sich bei einer Pensionsabfindung um Entgelt für in der Vergangenheit erbrachte Arbeitsleistungen handelt, während die Abgangsentschädigung aber eine Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistung für künftige Lohnzahlungszeiträume darstellt. Derartige Zahlungen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers eben nicht (mehr) begünstigt sein (siehe ; , Ro 2020/13/0013). Eine analoge Anwendung der Bestimmungen für Pensionsabfindungen auf Abgangsentschädigungen scheidet daher nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichts aus.

C/6. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Ministerialentwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2014 in § 20 Abs 1 Z 7 lit c EStG einen gegenüber der Regierungsvorlage weiter gefassten Tatbestand vorgesehen hat, nämlich dass Abfindungen von Entgeltansprüchen der Kürzung unterliegen, wenn der abgefundene jährliche Entgeltanspruch 500.000 Euro übersteigt. Nach den Erläuterungen zum Ministerialentwurf (3/ME XXV. GP) wäre daher der Aufwand für die Abfindung von ausstehenden Gehaltsansprüchen eines Vorstandes einer AG wegen vorzeitiger Auflösung des Dienstverhältnisses im gleichen Ausmaß zu kürzen, in dem der Aufwand für das laufende Jahresgehalt zu kürzen ist.

Diese Regelung ist jedoch nicht Gesetz geworden, was nur bedeuten kann, dass der Gesetzgeber eben genau diesen Sachverhalt nicht mit einer zur Kürzungsvorschrift für laufende Entgeltzahlungen hinzutretenden eigenen Grenze von 500.000 Euro begünstigen wollte. Vielmehr sind derartige Abgangsentschädigungen gemeinsam mit den laufenden Entgeltzahlungen und der nicht begünstigten Abfertigung in dem Ausmaß vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen, in dem diese Zahlungen im Wirtschaftsjahr 2014/15 500.000 Euro übersteigen.

Im Übrigen hätte auch die im Ministerialentwurf vorgesehene Regelung nicht dazu führen können, dass die Abgangsentschädigung vorerst ungekürzt als Betriebsausgabe abzuziehen wäre und in den folgenden Wirtschaftsjahren eine anteilige Hinzurechnung jeweils unter Berücksichtigung der Grenze von EUR 500.000 vorzunehmen wäre. Die Erläuterungen zum ME sahen eine anteilige Kürzung der Abfindung im Jahr der Zahlung vor (siehe Beispiel 6).

Das Bundesfinanzgericht ist daher zur Auffassung gelangt, dass dem Beschwerdebegehren, im Streitjahr 2015 keine Hinzurechnung aus dem Titel der Abgangsentschädigung vorzunehmen, nicht gefolgt werden kann.

Vielmehr ist der angefochtene Bescheid im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.

Da die Bf. ihren Verwaltungssitz nicht in Österreich hatte und in Großbritannien nach wie vor existiert, ist dieses Erkenntnis an sie zu adressieren. Die Einbringung der Bf. in die neu gegründete GmbH ist für die Adressierung nicht relevant, weil die neu gegründete GmbH nicht zum Gesamtrechtsnachfolger wurde.


D. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage stützt sich auf die zitierte, eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg, am

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ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100284.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at