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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.05.2021, RV/7105242/2019

Bürgschaftsleistungen eines Ges-Gf nach Konkurs der GmbH

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache DDr. ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ECOVIS Austria Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Postfach 257, 1061 Wien Postfach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg (nunmehr Finanzamt Österreich), dieses vertreten durch ***Amtsvertr1***, vom betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden diese einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) war an der ***P*** GmbH als Gesellschafter-Geschäftsführerin (Ges-Gf) im Ausmaß von 10 % beteiligt. Mit Beschluss des HG Wien vom zu Zl ***2*** wurde über das Vermögen der genannten Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet. Der letzte dem Firmenbuchgericht übermittelte Jahresabschluss (Bilanzstichtag ) weist einen Bilanzverlust in Höhe von € 4.057.464,77 auf. Mit Beschluss desselben Gerichtes vom wurde der Konkurs aufgehoben und in der Folge die Firma wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG gelöscht (Eintrag vom ).

Aufgrund des Beteiligungsausmaßes der Bf an der ***P*** GmbH von über 1% innerhalb der letzten fünf Jahre ist Beteiligung als solche nach § 31 EStG 1988 idF vor BBG 2011 zu qualifizieren.

Im Streitjahr veräußerte die Bf einen Anteil von 2,5% an der ***F*** GmbH. Weiters wurde im Jahr 2016 ein Betrag iHv € 213.855,14 aus dem Titel einer schlagend gewordenen Bürgschaftsverpflichtung, welche die Bf seinerzeit zugunsten der ***P*** GmbH einging, an die Gläubigerbank geleistet.

Das Finanzamt ermittelte die Steuerbemessungsgrundlagen für 2016 zunächst im Wege der Schätzung.

In der in verlängerter Frist eingebrachten Bescheidbeschwerde vom führte die Bf aus, dass sich ihr Rechtsmittel gegen die schätzungsweise Festsetzung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung richte. Gleichzeitig übermittelte die Bf dem Finanzamt (erstmals) eine Einkommensteuererklärung für 2016, welche auch Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus Grundstücksveräußerungen ausweist.

Die negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 EStG 1988 in iHv € 109.993,29 gliederte die Bf auf wie folgt:

"1. Verkauf Anteile ***F*** GmbH


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kaufpreis lt. Vertrag
28.000,00
zuzügl. Zusatzvereinbarung
81.000,00
Einnahmen
109.000,00
abzügl. anteilige Anschaffungskosten
5.138,16
Überschuss
103.861,84

2. Bürgschaftszahlungen für ***P*** GmbH


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtbetrag 2016
213.855,14

3. Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 27 EStG


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Überschuß
103.861,84
Verlust
-213.855,14
Gesamt
-109.993,30

In ihrer Bescheidbeschwerde führte die Bf aus, dass neben einem Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf von Kapitalanteilen auch ein Verlust aus Kapitalvermögen, welcher aus einer geleisteten Bürgschaftszahlung zu Gunsten der ***P*** GmbH, resultiere, steuerlich in Ansatz zu bringen sei.

Die Bf habe in ihrer Position als Ges-Gf der ***P*** GmbH seinerzeit eine Bürgschaftsverpflichtung für die Gesellschaft gegenüber der kreditierenden Bank übernommen. Aufgrund des Konkurses der Gesellschaft sei die Bf zur Haftung herangezogen werden.

Gemäß Rz 338 der LStR würde die Übernahme von Verpflichtungen der GmbH durch den Ges-Gf weder zu Werbungskosten noch zu Betriebsausgaben führen, da eine derartige Handlungsweise in der Regel durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. In einem derartigen Fall würden Gesellschaftereinlagen vorliegen. Die geleisteten Bürgschaftszahlungen würden grundsätzlich die Anschaffungskosten der Beteiligung erhöhen und seien daher als nachträgliche negative Einkünfte zu qualifizieren. Diese seien ob ihres Abflusses im Jahr 2016 als Verlust nach § 27 Abs. 6 Z 3 EStG 1988 steuerlich zu berücksichtigen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt auf Grundlage der im Beschwerdeverfahren nachgereichten Erklärung den bekämpften Einkommensteuerbescheid ab. Keine Berücksichtigung fand dabei das Begehren auf Anerkennung von geleisteten Bürgschaftszahlungen als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen.

In ihrer Bescheidbegründung führte die Behörde wörtlich aus:

"Einkünfte aus dem (einer Veräußerung gleichzuhaltenden) Untergang einer Beteiligung (hier: infolge Liquidation der Gesellschaft) sind unstrittig in jenem Zeitraum zu erfassen, in dem die Liquidation der Gesellschaft beendet wurde, spätestens jedoch mit der Löschung im Firmenbuch.

Die Gesellschaft wurde mit Eintragung v. im Firmenbuch gelöscht, womit spätestens zu diesem Zeitpunkt die Gesellschaft u. somit auch die an ihr gehaltene Beteiligung untergangen war. Damit wären allfällige aus diesem Vorgang resultierende Einkünfte aus einer Beteiligungsveräußerung jedenfalls im Veranlagungszeitraum 2011 zu erfassen gewesen.

Derartige Einkünfte, so welche vorhanden gewesen wären, wären allerdings einem anderen Besteuerungsregime unterworfen gewesen u. hätten zum damaligen Zeitpunkt keine Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern solche aus einer Beteiligungsveräußerung iSd § 31 EStG in der für 2011 damaligen geltenden Fassung dargestellt.

Somit gilt auch für in diesem Zusammenhang geleisteten Bürgschaftszahlungen, soferne solche als nachträgliche Anschaffungskosten für die an der Gesellschaft gehaltene Beteiligung zu qualifizieren wären u. somit nachträgliche Werbungskosten darstellen würden, dass dieselediglich im Rahmen der sonstigen Einkünfte iSd § 31 EStG abzugsfähig wären u. nicht als Werbunaskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen iSd § 27 EStG, dessen Tatbestände erst für Zeiträume ab dem Geltung finden. Im Rahmen der hier relevanten Einkunftsarten gilt jedenfalls das strenge Zu- u. Abflussprinzip, sodass nachträgliche Werbungskosten, die erst in späteren Veranlagungszeiträumen für eine steuerliche Abzugsfähigkeit in Frage kommen, dessen ungeachtet jedenfalls jenen Einkünften zuzuordnen sind, mit denen sie ursächlich im Zusammenhang stehen. Eine Umdeutung der im Rahmen der sonstigen Einkünfte zu berücksichtigenden Werbungskosten zu solchen, die bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig wären, ist somit nicht zulässig u. ist auch nicht aus den Gesetzesmaterialien abzuleiten.

Somit gilt für die Bürgschaftszahlungen, eine allfällige Abzugsfähigkeit als Werbungskosten angenommen (auf die Frage, ob diese im hier gegebenen Zusammenhang tatsächlich als Anschaffungskosten abzugsfähig wären, brauchte von der Abgabenbehörde nicht näher eingegangen werden), dass diese nur im Rahmen der sonstigen Einkünfte des § 31 EStG in der vormals geltenden Fassung abzugsfähig wären. Sie sind damit aber der Beschränkung des Verlustausgleichs gem. des vormaligen § 31 Abs. 6 unterworfen u. wären somit wiederum nur mit anderen positiven Einkünften aus Beteiligungsveräußerungen iSd § 31 EStG ausgleichsfähig.

Eine Berücksichtigung als nachträgliche Werbungskosten im Jahr 2016 kann nicht zu einer Verrechnung mit Kapitaleinkünften gem. § 27 EStG führen."

Mit Eingabe vom beantragte die Bf die Vorlage ihres Rechtsmittels an das Bundesfinanzgericht.

Zur Höhe des Veräußerungserlöses im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung an der ***F*** GmbH hielt die Bf fest, dass die besagte Gesellschaft ua. von ihr (Bf) errichtet und am im Firmenbuch eingetragen worden sei. Anfang 2016 sei mit der ***X*** GmbH eine Fördervereinbarung ("Seed-Finanzierung") abgeschlossen worden. Dabei sei die Auszahlung der ersten Tranche des Förderzuschusses an die Aufbringung bzw. Einzahlung von Eigenmittel iHv € 180.000 an die ***F*** GmbH geknüpft gewesen. Aufgrund ihres Beteiligungsverhältnisses hätte die Bf einen Betrag von € 81.000 aufzubringen gehabt.

Mit Anteils- und Abtretungsvertrag vom habe die Bf einen Anteil im Ausmaß von 2,5% an der ***F*** GmbH an die Pharmazeutische Firma ***Z*** GmbH um € 28.000 veräußert. Zwischen den Vertragsparteien sei vereinbart worden, dass die Erwerberin (***Z*** GmbH) den für die Förderzusage erforderlichen Eigenmittelanteil der Bf leiste.

Die Bf führte ferner aus, dass in der im Zuge des Beschwerdeverfahrens zur Vorlage gebrachten Einkommensteuererklärung für 2016 aus einem Versehen heraus davon ausgegangen worden sei, dass sich der Veräußerungserlös für den 2,5%-igen Anteil an der ***F*** GmbH auf € 109.000 belaufe. Der übernommene Zuschuss stelle allerdings keine Kaufpreiskomponente dar und sei damit bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 27 EStG nicht zu berücksichtigen. Bei einer alinearen Einlage leiste ein Gesellschafter überproportional ohne Erhalt eines Ausgleiches von den anderen Gesellschaftern. Für den Fall, dass zwischen den Gesellschaftern kein Naheverhältnis bestehe, könne grundsätzlich von einem Eigeninteresse des jeweiligen Anteilsinhabers am alinearen Zuschuss ausgegangen werden. Diesfalls liege keine Begünstigung der Mitgesellschafter vor. Die steuerlich anzuerkennende alineare Einlage sei zur Gänze dem erwerbenden Gesellschafter zuzurechnen.

Die Zuschussleistung stehe in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang und habe auch zu keinem Zufluss bei der Bf geführt. Zwischen der Fa. ***Z*** GmbH und der Bf bestehe auch kein Naheverhältnis; es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Übernahme des Zuschusses durch die Anteilserwerberin (***Z*** GmbH) ausschließlich in deren Eigeninteresse erfolgt sei.

Aus den genannten Gründen würden sich die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 27 EStG 1988 betreffend die Veräußerung des 2,5%-igen Anteils an der ***F*** GmbH auf € 27.125,00 (Veräußerungserlös € 28.000 abzgl AK € 875) belaufen.

Zum Streitpunkt "Verrechnung mit Verlusten aus anderen Kapitaleinkünften iZm Bürgschaftszahlungen" wiederholte die Bf im Wesentlichen ihre Ausführungen in der Beschwerdeeingabe. Ergänzend brachte diese vor, dass - sofern in Folge der Bürgschaftszahlung nicht generell von Neuvermögen auszugehen und die Bestimmung des § 27 EStG anzuwenden sei - zu prüfen sei, welche ertragsteuerlichen Konsequenzen sich für sogenannte "Altbestandfälle" im Bereiche der Kapitaleinkünfte ergäben.

Gemäß § 31 EStG idF vor BBG 2011 würden Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft zu den sonstigen Einkünften zählen, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zumindest mit 1% an der Gesellschaft beteiligt gewesen sei. Als Veräußerung würde gemäß § 31 Abs. 2 Z 1 leg.cit. auch der Untergang von Anteilen auf Grund der Auflösung (Liquidation) oder Beendigung einer Körperschaft für sämtliche Beteiligte, und zwar unabhängig vom Ausmaß ihrer Beteiligung, gelten.

Für Kapitalanlagen, die vor dem angeschafft worden seien (Altbeteiligungen), müsse für Zwecke des Verlustausgleiches unterschieden werden, ob es sich um Beteiligungen iSd § 31 EStG 1988 oder solche Kapitalanlagen, die nur innerhalb der Spekulationsfrist steuerhängig seien, handle. Beteiligungen nach § 31 seien ab ins neue System der Kapitalbesteuerung überführt worden und würden für diese ab diesem Zeitpunkt die neuen Verlustausgleichsbestimmungen des § 27 Abs. 8 EStG 1988 gelten. Auf alle anderen Kapitalanlagen seien die Bestimmungen des § 30 Abs. 4 EStG mit der gemäß § 124b Z 184 TS 1 EStG idF AbgÄG 2011 bis verlängerten Spekulationsfrist weiterhin anzuwenden. Dies bedeute auch, dass kein wechselseitiger Verlustausgleich zwischen diesen Kapitalanlagen und jenen, die dem neuen Besteuerungsregime unterliegen, möglich sei.

Demnach würden die im Jahre 2016 erfolgten Bürgschaftszahlungen nachträgliche negative Einkünfte darstellen, die als Verluste aus Kapitalvermögen im Zeitpunkt ihres Abflusses steuerlich zu berücksichtigen seien.

Demzufolge ergäben sich für das Streitjahr Kapitaleinkünfte in folgender Höhe:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gewinn aus der Veräußerung 2,5% Anteil ***F*** GmbH
27.125,00
Verlust aus nachträglicher Bürgschaftszahlung
-213.855,14
Einkünfte aus Kapitalvermögen
-186.730,14

Mit Vorhalt vom wurde die Bf um Vorlage der Fördervereinbarung mit der ***X*** GmbH sowie des Abtretungsvertrages vom ersucht. Weiters wurde der Bf aufgetragen, den Zufluss des erhaltenen Kaufpreises für den Anteilsverkauf (€ 28.000) sowie die geforderte Eigenmittelzahlung (€ 81.000) durch die Anteilserwerberin nachzuweisen.

In Bezug auf den Beschwerdepunkt "steuerliche Berücksichtigung von Bürgschaftszahlungen" wurde die Bf ersucht, den Nachweis der im Streitjahr an die Bank aus dem Titel der Bürgschaftsverpflichtung geleisteten Zahlungen zu erbringen sowie die im Zusammenhang mit der übernommenen Bürgschaftsverpflichtung mit der Gläubigerbank geführten Korrespondenz vorzulegen.

Mit Email vom teilte die Bf dem Finanzamt die Übermittlung nachstehender Urkunden mit:

"1) Betreffend Veräußerungserlös ***F*** GmbH:

  • Förderungsvereinbarung mit der ***X*** Gesellschaft mbH inklusive "Meilensteinplan".

  • Einzahlungsbestätigung der Eigenmittel iHv EUR 81.000,00

  • Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom

  • Beitrittsvereinbarung vom

2) Betreffend Bürgschaft ***P***

  • Hypothekarklage der ***Bank1*** (im November 2011 erfolge eine Umschuldung)

  • Nachweis der Sondertilgung iHv EUR 420.000,00 im Jahr 2016.
    Die Sondertilgung stellt den Hauptanteil der geleisteten Bürgschaftszahlungen im Jahr 2016 dar. Die Sondertilgung ist zu 50% Frau ***Bf*** zuzuordnen."

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor und führte gleichzeitig in seinem Vorlagebericht zu den offenen Streitpunkten stellungnehmend aus:

"Punkt 1 - Höhe des Veräußerungserlöses betreffend die ***F*** GmbH

Das Finanzamt hat keine Einwände gegen eine Stattgabe betreffend dieses ersten Punktes des Vorlageantrages (Fördervereinbarung, übernommener Zuschuss). Siehe zB: Lang/Schuch/Strainger, KStG Kommentar, zu § 8 Tz 67, KStR 2013, Rz 489 und Achatz/Kirchmayr, KStG Kommentar 2011, zu Par 8 Tz 79-82. Damit ergibt sich: Veräußerungserlös EUR 28.000,- minus Anschaffungskosten (anteilig) EUR 875,- = Veräußerungsgewinn EUR 27.125,-

Punkt 2 - Verrechnung mit Verlusten aus anderen Kapitaleinkünften

Wie im Vorlageantrag ausgeführt, führt die Übernahme von Verpflichtungen einer GmbH durch einen Gesellschafter-Geschäftsführerin weder zu Werbungskosten noch zu Betriebsausgaben, da diese in der Regel durch das Gesellschafterverhältnis veranlasst sind. Daher sind diese als Gesellschaftereinlagen anzusehen und die geleisteten Bürgschaftszahlungen erhöhen daher grundsätzlich die Anschaffungskosten der betreffenden Beteiligung (vgl. LStR 2002, Rz 388, EStR 2000, Rz 1511).

Da die Kapitalanlage vor angeschafft wurde und im Jahr 2011 die Liquidation stattfand, war das Jahr in dem der § 31 EStG Abs 2 Z 1 EStG 1988 (alt) schlagend wurde, das Jahr 2011. Gemäß Firmenbuchauszug FN***1*** wurde diese im Jahr 2011 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht, daher im Verkaufsjahr 2011 kein Gewinn, sondern schon 2011 Verlust gegeben.

Laut VwGH und VfGH ist ein Verlust aus nachträglichen Anschaffungs-/Werbungskosten aus einer Beteiligungsveräußerung gem. § 31 EStG 1988 (alt) in anderen Perioden zu berücksichtigen, aber nur dann, wenn im Entstehungsjahr (Verkaufsjahr der Beteiligung) ein Gewinn da war. Siehe diesbezüglich die Ausführungen in BFG RV/2101403/2015 v. (samt dort angegebener Judikatur und Literatur).

Daher gab es im Jahr 2016, wo die Steuerpflichtige für die Bürgschaft in Anspruch genommen wurden, da auch schon vorher (im Jahr 2011) Verlust dagewesen war, im Jahr 2016 keinen Verlust mehr geltend zu machen (vgl. Jakom 2012, zu § 31 Tz 44, sowie EStR 6676 (EStR vom ) und VwGH 2008/15/0274 v. und RV/2101403/2015 v (samt dort angegebenen Judikatur und Literatur, auch VfGH 941/02).

Da also im vorliegenden Fall im Veräußerungsjahr 2011 kein Überschuss erzielt werden hat können (da Firma wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde), gab es auch im Jahr 2016 aus den nachträglichen Anschaffungskosten (aus der Bürgschaftsinanspruchnahme) nichts in der Einkommensteuer 2016 zu berücksichtigen, da der Verlust ja schon 2011 gegeben war und somit im Jahr 2016 kein Überschuss aus diesem Verkauf (da wegen Vermögenslosigkeit gelöscht) vorhanden war, bis zu dem nachträgliche Werbungs- /Anschaffungskosten im Jahr 2016 hätten berücksichtigt werden können. [..]

Das Finanzamt beantragt daher die Beschwerde betreffend den zweiten Punkt des Vorlageantrages (Verlustausgleich Bürgschaft) abzuweisen und hat keine Einwände gegen eine Stattgabe der Beschwerde betreffend des ersten Punktes des Vorlageantrages (Fördervereinbarung, übernommener Zuschuss)."

Über die vorliegende Beschwerde hat das Gericht erwogen:

a) Höhe des Veräußerungserlöses iZm Anteilsverkauf ***F*** GmbH

Die Bf veräußerte mit Anteilsverkauf- und Abtretungsvertrag vom 2,5% ihrer Anteile an der ***F*** GmbH um einen Betrag von € 28.000 an die Fa. ***Z*** GmbH. Die Erwerberin übernahm zudem einen zu leistenden Eigenmittelförderzuschuss iHv € 81.000. (vgl. Pkt. 5. Beitrittsvereinbarung vom ). Dieser Zuschuss war Voraussetzung für den Erhalt einer Förderung, welche von Seiten der ***X*** GmbH im Zusammenhang mit der Förderung von Gründung und Aufbau innovativer Unternehmen ("Seedfinancing") der ***F*** GmbH in Aussicht gestellt wurde.

Die Bf wies nach, dass der Eigenmittelzuschuss von Seiten der ***Z*** GmbH am auf das Konto der ***F*** GmbH zur Einzahlung gebracht wurde.

Die belangte Behörde schloss sich der Argumentation der Bf iZm der steuerlichen Behandlung der alinearen Einlage an und beantragte die Anerkennung des Begehrens in diesem Punkt.

Beide Parteien sind sich auch darüber einig, dass letztlich die Motive, welche für eine derartige Einlage ausschlaggebend waren, entscheidungsrelevant sind. Wenn an einer Körperschaft mehrere (natürliche bzw. juristische) Personen beteiligt sind, die in keinem Naheverhältnis zueinander stehen, wird eine von einem Anteilsinhaber gesetzte Maßnahme in der Regel der Wahrung seiner eigenen, nicht aber fremder Interessen dienen. Da im gegenständlichen Fall kein Naheverhältnis zwischen den Vertragsparteien besteht, ist davon auszugehen, dass keine Begünstigung der Mitgesellschafterin vorliegt, sondern vielmehr ein Eigeninteresse der Erwerberin am alinearen Zuschuss. Bei Vorliegen eines alinearen Gesellschafterzuschusses führt die Einlage - abgesehen vom Bestehen einer (hier nicht vorhandenen) beteiligungsmäßigen Verflechtung - grundsätzlich nur beim einlegenden Anteilseigner zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten.

Die Verfahrensparteien erkennen keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Veräußerungsvorgang und Zuschussleistung. Der Zuschuss hatte auch zu keinem Zufluss bei der Bf geführt.

Der Beschwerde war in diesem Punkte Folge zu geben und der Veräußerungsgewinn antragsgemäß mit € 27.125 anzusetzen.

b) Verlustausgleich infolge Bürgschaftszahlungen

Die Bf war Gesellschafterin der ***P*** GmbH und an dieser innerhalb der letzten fünf Jahre vor deren Konkurs mit einem Anteil von über 1% beteiligt. Die Bf übte bis zur Konkurseröffnung die Funktion der Alleingeschäftsführerin aus.

Mit Datum wurde über das Vermögen der ***P*** GmbH ein Konkursverfahren eröffnet. Die Firma wurde per Datum nach Beendigung des Insolvenzverfahrens von Amts wegen aufgrund von Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG gelöscht.

Aufgrund des Ausmaßes sowie der Dauer der Beteiligung an der besagten Gesellschaft fällt der gegenständliche Sachverhalt in den Anwendungsbereich des § 31 EStG 1988 idF vor BGBl I Nr. 111/2010 (BBG 2011). Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen an Körperschaften waren bis zum Inkrafttreten des BBG 2011 iVm dem AbgÄG 2011 dann steuerpflichtig, wenn die Beteiligung 1% oder mehr betrug und über zumindest fünf Jahre hindurch gehalten wurde. Mit dem BBG 2011 wurden diese Gewinne ab dem unabhängig von der Beteiligungshöhe nach § 27 EStG 1988 erfasst.

Als Veräußerung iSd § 31 EStG 1988 gelten auch der Untergang von Anteilen auf Grund der Auflösung (Liquidation) oder Beendigung einer Körperschaft für sämtliche Beteiligte unabhängig vom Ausmaß der Beteiligung (Abs 2 Z 1). Zur Ermittlung der Einkünfte ist der Veräußerungserlös (Abwicklungsguthaben) oder der gemeine Wert der Anteile den Anschaffungskosten gegenüberzustellen. Vom Differenzbetrag sind allfällige Werbungskosten soweit diese dem Veräußerungsgewinn zurechenbar sind, abzuziehen (§ 31 Abs. 3 EStG 1988). Nur Aufwendungen, die mit der Veräußerung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, kommen als Werbungskosten in Betracht (JAKOM 2012, § 31 Rz 44; Quantschnigg/Schuch, ESt Handbuch, § 31 Rz 23). Nachträgliche Werbungskosten sind im Abflussjahr zu berücksichtigen und zwar bis zur Höhe des im Veräußerungsjahres entstandenen Einnahmenüberschusses (vgl. JAKOM, EStG, 2012, § 31 Tz 44 sowie ).

Das erkennende Gericht folgt der von der belangten Behörde in ihrem Vorlagebericht vertretenen Argumentation, welche sie auch durch verfassungs- und verwaltungsgerichtliche Judikate untermauert. Ein Veräußerungs- bzw. Liquidationsgewinn lag im Jahre 2011 unwidersprochen nicht vor. Ebensowenig lag im Jahr der Eröffnung des Konkursverfahrens (2009) oder im Jahre 2010 ein Einnahmenüberschuss vor (s. auch Rechtsvermutung nach § 40 FBG). Die letzte eingereichte Bilanz zum Stichtag wies einen Verlust von über € 4,0 Mio. aus. Eine Verrechnung von schlagend gewordenen Bürgschaftszahlungen aus 2016 mit Gewinnen aus der Beteiligungsveräußerung (Untergang von Anteilen) war demnach im Streitjahr (Jahr des Zahlungsabflusses) nicht möglich. Der VwGH hatte in seinem (zu den Spekulationseinkünften) ergangenen Erkenntnis vom , 98/14/0065, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass nachträgliche Werbungskosten im Jahr des Abflusses nur unter der Prämisse zu berücksichtigen und mit anderen Einkünften auszugleichen sind, wenn im Jahr der Veräußerung ein Einnahmenüberschuss erzielt worden ist. Mit Erkenntnis vom , 2008/15/0274, bekräftigte der VwGH abermals seine Rechtsansicht, wobei dieser auch auf die Vorgaben des VfGH (Erk. vom , B 941/02) Bezug nimmt.

Dieselben Grundsätze haben nach Auffassung des BFG aufgrund des engen sachlichen Zusammenhanges auch für die Veräußerung bestimmter Beteiligungen nach § 31 EStG 1988 idF vor BBG 2011 zu gelten. Ein Ausgleich mit anderen Einkünften aus 2016 war aufgrund des Nichtvorliegens eines Einnahmenüberschusses in 2011 nicht möglich.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass nachträgliche Werbungskosten kein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO darstellen; die Bescheide der Vorjahre können daher insoweit nicht geändert werden. Nach dem VwGH ist die Anwendbarkeit des § 295a BAO nach den materiellrechtlichen Bestimmung zu prüfen (vgl etwa ; , 2006/15/0151).

Außer Streit steht, dass nach ständiger Rspr des VwGH Bürgschaftszahlungen eines Ges-Gf grundsätzlich als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gelten und sich daher dem Abzug als Betriebsausgaben (Werbungskosten) bei den Geschäftsführereinkünften entziehen. Die Sicherung allfälliger Geschäftsführerbezüge ist erst eine weitere Folge des Fortbestandes der Gesellschaft und tritt daher gegenüber dem primären Zwecke der Einlage in den Hintergrund. ().

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

Aufgrund des vorliegenden Erkenntnisses wird die Steuerbemessungsgrundlage sowie die Höhe der Abgabe wie folgt festgesetzt (Beträge in €):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus sA
141.627,04
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
6.307,88
Gesamtbetrag der Einkünfte
147.934,92
-Pauschbetrag für SA
-60,00
-Kinderfreibetrag §106a Abs. 1 EStG 1988
-1.500,00
Einkommen gem. § 2 Abs. 2 EStG 1988
146.374,92
Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988
61.067,46
Steuer für E aus KV mit besonderem Steuersatz
6.287,00
Steuer für E aus Grundstücksveräußerungen
15.050,00
Einkommensteuer
82.404,46

Begründung nach § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen liegen gegenständlich allesamt nicht vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Bürgschaftszahlungen eines Ges-Gf
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7105242.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at