Vorsteuerabzug zulässig?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Umsatzsteuer 2011 nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung entschieden:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches. Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.
II. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Mit Umsatzsteuerbescheid2011 vom wurden der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen in Höhe von EUR 58.992,00 und der Gesamtbetrag der Vorsteuern in Höhe von EUR 00,00 festgestellt. Die bisher in Höhe von EUR 00,00 festgesetzte Umsatzsteuer wurde in Höhe von EUR 19.881,74 festgesetzt. Auf eine dem Bundesfinanzgericht nicht vorgelegte gesonderte Begründung wurde verwiesen.
Der Bescheid war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom angefochten.
2. In der Beschwerde vom bestätigte der Beschwerdeführer (Bf.), dass die Umsatzsteuerschuld gemäß § 19 UStG 1994 auf ihn als Empfänger überging, da Kroatien damals noch Drittland und die leistende kroatische Gesellschaft damals noch Ausländer war und legte eine Bestätigung von Kroatien zum Beweis dafür vor, dass die kroatische Gesellschaft Unternehmer war und gab die nach dem Streitjahr geltende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der kroatischen Gesellschaft bekannt. Eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 2011 war der Beschwerde beigelegt.
3. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurden der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Leistungen in Höhe von EUR 114.400,00 und der Gesamtbetrag der Vorsteuern in Höhe von EUR 00,00 festgestellt. Die bisher in Höhe von EUR 19.881,74 festgesetzte Umsatzsteuer wurde in Höhe von EUR 32.580,00 festgesetzt.
In der gesonderten Begründung verwies das Finanzamt auf die Richtlinie 2006/112/EG und auf , Bonik; , Maks Pen und , Breitsohl und führte dazu im Wesentlichen aus, dass Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt EUR 9.700,00 aus Eingangsrechnungen einer in der Begründung namentlich genannten kroatischen Gesellschaft in Höhe von EUR 23.520,00, EUR 9.780,00, EUR 7.400,00 und EUR 7.800,00 gemäß § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 nicht als Vorsteuer abziehbar seien, da diese Gesellschaft laut kroatischer Finanzbehörde Umsatzsteuer hinterzogen oder andere Finanzvergehen begangen habe, was der Bf. entweder gewusst habe oder wissen hätte müssen.
Die Beschwerdevorentscheidung war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom angefochten.
4. Die Ausführungen im Vorlageantrag vom zusammengefasst, brachte der Bf. vor, er habe nachgewiesen, dass die kroatische Gesellschaft Unternehmer gewesen sei und bestritt, von deren hinterzogener Umsatzsteuer oder anderen Finanzvergehen gewusst zu haben oder dass er davon hätte wissen müssen. Abschließend wird vorgeschlagen, den geschäftsführenden Vertreter der kroatischen Gesellschaft zur Verhandlung zu laden.
5. Aus den Verwaltungsakten:
Im Ermittlungsverfahren des Finanzamtes wurden folgende Rechnungen der kroatischen Firma vorgelegt: 5.1. Rechnung 04/11 vom ; Rechnungsbetrag EUR 23.520,00; zwei Firmenstempeln der kroatischen Firma mit unleserlicher Unterschrift und dem handschriftlichen Vermerk "PLACEN ". 5.2. Rechnung 05/11 vom ; Rechnungsbetrag EUR 9.780,00; zwei Firmenstempeln der kroatischen Firma und dem handschriftlichen Vermerk "". 5.3. Rechnung 06/11 vom ; Rechnungsbetrag EUR 7.400,00; zwei Firmenstempeln der kroatischen Firma mit unleserlicher Unterschrift und dem handschriftlichen Vermerk "PLACEN ". 5.4. Rechnung 07/11 vom ; Rechnungsbetrag EUR 7.800,00; zwei Firmenstempeln der kroatischen Firma mit unleserlicher Unterschrift und dem handschriftlichen Vermerk "PLACEN ".
6. Aus der Stellungnahme des Finanzamtes ():
Die kroatische Finanzbehörde teilte mit, dass die kroatische Gesellschaft im Jahr 2011 keine Auslandsgeschäfte tätigte. Dass im Jahr 2011 noch kein Auslandsbezug bestand, soll der geschäftsführende Vertreter der kroatischen Gesellschaft auf Seite 7 des Vorlageantrages bestätigt haben (Pkt. 4. Auslandsbezug).
Die kroatische Finanzbehörde teilte mit, dass die kroatische Gesellschaft den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ab eingestellt hatte (Pkt. 2.).
7. BFG - Ermittlungen:
7.1. Im Schreiben vom wurde dem Bf. das (Barlis 06) vorgehalten. Er wurde ersucht, durch Zahlungsbelege nachzuweisen, dass er die Rechnungen vom , , und bezahlt hat.
7.2. Die dem Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom vorgelegten Rechnungen vom , , und unterscheiden sich von den dem Finanzamt vorgelegten Rechnungen dadurch, dass sie einen zweiten handschriftlichen Vermerk enthalten, der bei der Rechnung vom "PLACEN = Bezahlt am ", bei der Rechnung vom "PLACEN = Bezahlt am ", bei der Rechnung vom "PLACEN = Bezahlt am " und bei der Rechnung vom "PLACEN = Bezahlt am " lautet.
8. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung:
"Der 2. handschriftliche Vermerk auf den vier Rechnungen ist die Übersetzung des kroatischen Wortes "Placen" und bedeutet "bezahlt". Ich habe die Arbeiten der kroatischen Firma bar bezahlt. Ich habe Akontozahlungen geleistet und habe die Rechnungen nach Fertigstellung der Arbeiten bezahlt. Die Akontozahlungen haben ca. € 1.000,00 betragen. Ich habe keine Aufzeichnungen, aus denen die Zahlungen nachvollziehbar sind. Die verrechneten Arbeiten sind durchgeführt worden; Ablichtungen von Fotos wurden in Augenschein genommen".
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Alle Rechtsmittel sind frist- und formgerecht eingebracht, weshalb über die Beschwerden "in der Sache" zu entscheiden ist.
2. Da der Bf. in der Beschwerde bestätigt hat, dass die Steuerschuld gemäß § 19 UStG 1994 auf ihn übergegangen ist, ist nur der vom Finanzamt versagte Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der kroatischen Gesellschaft vom , , und strittig. Der Bf. beantragt, die nachzuzahlende Umsatzsteuer von EUR 12.698,26 auf EUR 2.998,26 herabzusetzen.
3. Sach- und Beweislage
Entscheidungsgrundlagen sind erstens die Rechnungen vom , , und in der dem Finanzamt vorgelegten Fassung, zweitens die Rechnungen vom , , und in der dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Fassung und drittens die Aussagen des Bf. in der mündlichen Verhandlung.
Die Rechnungen vom , , und enthalten in der dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Fassung einen zweiten handschriftlichen Vermerk, der in den dem Finanzamt vorgelegten Fassungen fehlt: Deshalb ist als erwiesen anzusehen, dass die als Zahlungsbestätigungen dienenden handschriftlichen Vermerke in den Rechnungen vom , , und nachträglich inhaltlich verändert worden sind. In der mündlichen Verhandlung hat der Bf. bestätigt, dass er die handschriftlichen Vermerke geschrieben hat. Die handschriftlichen Vermerke beweisen daher nicht, dass der Bf. die mit den Rechnungen vom , , und abgerechneten Leistungen auch bezahlt hat.
In der mündlichen Verhandlung hat der Bf. ausgesagt, dass er Akontozahlungen in Höhe von zirka EUR 1.000,00 bar an die kroatische Gesellschaft geleistet hat, bevor sie die Arbeiten durchgeführt hat und dass er die Restzahlungen bar geleistet hat, nachdem sie die Arbeiten fertig gestellt hat. Irgendwelche Aufzeichnungen über Akonto- und Restzahlungen existieren nicht, weshalb nicht nachweisbar ist, dass die behaupteten Akonto- und Restzahlungen auch tatsächlich stattgefunden haben.
In den Rechnungen vom , , und werden Akonto- und Restzahlungen nicht angeführt; sie hätten aber angeführt werden müssen, wenn der Bf. tatsächlich zuerst Akontozahlungen und später Restzahlungen leistet. Von der Aussage des Bf. in der mündlichen Verhandlung ausgehend ist daher als beweisen anzusehen, dass die Rechnungen vom , , und inhaltlich unrichtig sind.
Nach den handschriftlichen Vermerken sind die Rechnung 04/11 vom am , die Rechnung 05/11 vom am , die Rechnung 06/11 vom am und die Rechnung 07/11 vom am bezahlt worden. Werden Rechnungen bar bezahlt, ist davon auszugehen, dass sie am Tag der Rechnungsausstellung bezahlt werden. Da dies laut handschriftlichen Vermerken nicht geschehen ist, ist nicht glaubwürdig, dass der Bf. die Rechnungsbeträge aus den Rechnungen vom , , und auch tatsächlich bezahlt hat.
Der geschäftsführende Vertreter der kroatischen Gesellschaft wird nicht zur Verhandlung geladen, da der Bf. keine ladungsfähige Adresse bekannt gegeben hat, kein Beweisthema angegeben hat und ein bloßer Vorschlag keine beantragte Zeugeneinvernahme ist. Allfällige auf diesen Zeugen sich beziehende Beweisanträge werden der Vollständigkeit halber abgewiesen.
4. Rechtslage, rechtliche Würdigung und Entscheidung
Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 Umsatzsteuergesetz - UStG 1994 idgF unterliegen Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.
Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 Umsatzsteuergesetz - UStG 1994 idgF kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung iSd § 11 UStG 1994 idgF an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
Gemäß § 11 Abs 1 UStG 1994 idgF muss eine Rechnung - soweit in den nachfolgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist - alle in Ziffer 1 ff leg.cit aufgezählten Angaben enthalten:
Gemäß § 11 Abs 2 UStG 1994 idgF gilt als Rechnung im Sinne des Abs 1 jede Urkunde, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, gleichgültig, wie diese Urkunde im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Hierunter fallen Quittungen, Abrechnungen, Gegenrechnungen und Frachtbriefe. Die nach Abs 1 erforderlichen Angaben können auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird.
Nach der vorzit. Rechtslage muss eine Rechnung alle in § 11 UStG 1994 idgF aufgezählten Rechnungsangaben enthalten, damit der Vorsteuerabzug für die darin verrechnete Umsatzsteuer zulässig ist. Fehlt eine dieser Rechnungsangaben oder sind sie unrichtig, ist der Vorsteuerabzug zu versagen.
Wie bereits ausgeführt bestehenden begründete Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Rechnungen vom , , und , da der Bf. ausgesagt hat, dass er Akonto und Restzahlungen geleistet hat, was den Rechnungen nicht zu entnehmen ist, da darin nur die Gesamtrechnungsbeträge angegeben sind.
Im Urteil (Barlis 06) hat der Europäische Gerichtshof die Vorlagefrage nach den Anforderungen an die Rechnungsangaben dahingehend beantwortet, dass in einer Rechnung zumindest angeführt sein muss, wer wann an wen was geleistet hat und wie hoch das Entgelt gewesen ist. Fehlt eine dieser Mindestanforderungen an eine Rechnung oder sind die Angaben in der Rechnung fehlerhaft, ist ein Vorsteuerabzug nur dann zulässig, wenn die Beschwerde führende Partei den Nachweis erbringt, dass die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, ist der Vorsteuerabzug zu versagen.
Als Nachweis der materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ist jede von der Beschwerde führenden Partei beigebrachte Information zu berücksichtigen. Dies wird durch Art 219 der Richtlinie 2006/112 bestätigt, wonach einer Rechnung jedes die ursprüngliche Rechnung änderndes, spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogenes Dokument und jede derartige Mitteilung gleichgestellt ist.
Die handschriftlichen Vermerke in den Rechnungen vom , , und sind derartige Mitteilungen. Sie müssen aber inhaltlich unrichtig sein, da darin jeweils die Zahlung des gesamten Rechnungsbetrages bestätigt wird und der Bf. ausgesagt hat, dass er zuerst eine Akontozahlung geleistet und danach den Restbetrag bezahlt habe.
Andere Beweismittel wie beispielsweise Aufzeichnungen über Akonto- und Restzahlungen hat der Bf. nicht vorgelegt. Er hat daher weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass seine handschriftlichen Vermerke inhaltlich richtig sind. Nach dieser Sach- und Beweislage ist eher auszuschließen als anzunehmen, dass der Bf. die Rechnungsbeträge aus den Rechnungen vom , , und auch tatsächlich bezahlt hat.
Das Beschwerdebegehren, die Umsatzsteuer in Höhe von EUR 2.998,26 festzusetzen, ist daher abzuweisen und wird mit dieser Beschwerde abgewiesen.
4. Revision
Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Grundsätzlich bedeutende Rechtsfragen musste das Bundesfinanzgericht nicht beantworten, da der Europäische Gerichtshof die Rechtsfrage der Anforderungen an die Rechnungsangaben in (Barlis 06) bereits beantwortet hat und Sach- und Beweisfragen nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sind (). Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103922.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAC-27871