Beschwerde gegen die Festsetzung einer Abgabenerhöhung gem. § 29 Abs. 6 FinStrG; der Höhe nach
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** über die Beschwerde der Fa. ***Bf***, vertreten durch die ***1***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt, vertreten durch ***2***, vom , betreffend die Festsetzung einer Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 Finanzstrafgesetz (FinStrG) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Abgabenerhöhung aufgrund der Bemessungsgrundlagen für Umsatzsteuern 01-03/2018 iHv. € 9.324,--,
für 04-06/2018 iHv. € 9.270,-- , für 07-09/2018 iHv. € 19.402,-- und für
10.12/2018 iHv. € 3.357,-- festzusetzen war.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom wurde gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf) der Fa. ***Bf*** eine Abgabenerhöhung für Umsatzsteuer 2018 für einen Mehrbetrag von € 41.353,00 in Höhe von (15%) € 6.202,95 vorgeschrieben.
In der Begründung wurde unter Anführung des § 29 Abs. 6 FinStrG darauf verwiesen, dass aufgrund der anlässlich einer (Erg. angekündigten) Außenprüfung gem. § 147 Abs. 1 BAO Selbstanzeige erstattet wurde. Aufgrund des mit der Selbstanzeige dargelegten Fehlverhaltens liege zumindest grob fahrlässige Tatbegehung vor.
Für die sich aus der Selbstanzeige ergebende Summe der Mehrbeträge von € 41.353,-- sei die Abgabenerhöhung gem. § 29 Abs. 6 FinStrG mit 15% zu bemessen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihre (weitere) Vertreterin mit Anbringen (über FINANZOnline) vom das Rechtsmittel der Beschwerde.
Darin wurde beantragt, die Abgabenerhöhung betragsmäßig anzupassen.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass als Bemessungsgrundlage nach § 29 Abs. 6 FinStrG nicht der sich aus § 33 FinStrG ergebende Verkürzungsbetrag, sondern die Höhe der tatsächlichen Abgabennachzahlung sei. § 29 Abs. 6 FinStrG spreche nämlich explizit nicht vom Verkürzungsbetrag, sondern vom Mehrbetrag. So werde auch im § 205 BAO der Begriff Mehrbeträge verwendet und die Differenz zur Abgabennachzahlung verstanden werde.
Daher sei auch bei § 29 Abs. 6 FinStrG ausschließlich auf die aus der Selbstanzeige resultierende tatsächliche Abgabennachforderung abzustellen.
Dies bedeute für den gegenständlichen Fall, dass sich die Bemessungsgrundlage um die für Q3 zwar geltend gemachte, ab nicht rückgezahlte Vorsteuer von rd.
€ 11.000,-- verringern würde und in der Folge der Zuschlag nur 5% betragen würde, weil die Grenze von € 33.000,-- nicht überschritten würde.
Die Vorsteuer aus Q3 resultiere nicht in einem Mehrbetrag iSd § 29. Abs. 6 FinStrG.
Um Bescheidberichtigung wurde ersucht.
Diese Beschwerde wurde seitens des Finanzamtes mit Beschwerdevorentscheidung vom
als unbegründet abgewiesen.
Zunächst wurde festgestellt, dass aufgrund der Ergänzung der Beschwerde vom es unstrittig sei, dass der bekämpfte Bescheid ordnungsgemäß innerhalb der Beschwerdefrist der Bf zugestellt wurde.
Der Ansicht der Bf, wonach die geltend gemachte Gutschrift iHv € 11.312,41 nicht in die Bemessungsgrundlage des § 29 Abs. 6 FinStrG einzubeziehen sei, könne nicht gefolgt werden.
Die Bf ging dabei davon aus, dass bei der eingereichten aber nicht festgesetzten Umsatzsteuervoranmeldung für 07-09/2018 die zu Unrecht geltend gemachte Gutschrift iHv.
€ 11.312,41 nicht in die Bemessungsgrundlage des § 29 Abs. 6 FinStrG einzubeziehen sei.
Normzweck des § 29 Abs. 6 FinStrG ist eine Verteuerung von im letzten Moment abgegebenen Selbstanzeigen für vorsätzlich und grob fahrlässig begangene Finanzdelikte, um einerseits eine Berichtigung schon vor einer zu erwartenden Entdeckung zu erwirken und andererseits einen größeren Anreiz zur Steuerehrlichkeit zu erzielen. Nach den Gesetzesmaterialien erscheint es nicht gerechtfertigt, Selbstanzeigen, die zu einem Zeitpunkt erstattet werden, in welchem bei verständiger Würdigung der Sachlage mit der Tatentdeckung gerechnet werden muss, ohne zusätzliche Leistung strafbefreiende Wirkung zukommen zu lassen (ErlRV 177 BlgNR 25. GP).
Folgt man diesem Zweck, so könne unter "sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbetrag" nur der Verkürzungsbetrag (= strafbestimmender Wertbetrag) iSd FinStrG gemeint sein. Dazu wurde auf die BFG-Entscheidung vom , RV/2100720/2015, verwiesen, wonach unter Mehrbetrag "alles was ein Selbstanzeiger allenfalls auch nur aus Befürchtung einer Entdeckung in einer nach Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe einer Prüfung eingebrachten Selbstanzeige als Verfehlung zugesteht".
Dazu führte das Finanzamt als Beispiel den Fall einer zu Unrecht gemachten Vorsteuer an, welche im Falle der nicht Verbuchung bzw. Veranlagung (Voranmeldung bzw. Jahreserklärung) trotz Verwirklichung einer Abgabenhinterziehung oder versuchten Abgabenhinterziehung es zu keiner Abgabenerhöhung gem. § 29 Abs. 6 FinStrG käme.
Eine Privilegierung derartiger Finanzstraftäter bei denen keine Festsetzung durch die Abgabenbehörde erfolgte, könne nicht dem Normzweck des Gesetzgebers entsprechen.
Dass unter Mehrbetrag der sich aus der Selbstanzeige ergebende Verkürzungsbetrag gemeint sei, werde auch durch die Literatur bestätigt (zB. im FinStrG Band 1 von Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt und auch im Handbuch zum FinStrG von Leitner/Brand/Kert).
Dagegen richtet sich der von der Bf durch ihre ausgewiesene Vertreterin mit Anbringen (über FINANZOnline) vom eingebrachte Vorlageantrag.
Darin wurde die Ansicht in der Beschwerde, wonach unter Mehrbetrag der Betrag der tatsächlichen Abgabennachzahlung gemeint sei, da § 29 Abs. 6 FinStrG explizit nicht vom Verkürzungsbetrag spricht, aufrechterhalten.
Auf die - im Wesentlichen zur Beschwerde - wortgleichen Ausführungen dazu, wird verwiesen.
Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:
Aus der Selbstanzeige ist zu ersehen dass im 1. Quartal die zu Unrecht nicht erklärten Umsätze mehr als das doppelte der erklärten betrugen, die zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuern beinahe das 10 fache der zu Recht beantragten Vorsteuern ausmachten.
Für das 2. und 3. Quartal waren zu Unrecht gar keine Umsätze erklärt worden, die zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuern betrugen ein Mehrfaches der zustehenden Vorsteuerbeträge.
Aus der Selbstanzeige geht auch hervor, dass die verantwortliche Geschäftsführerin über steuerliche Kenntnisse (Tätigkeit bei einem Steuerberater in der Buchhaltung) verfügte und sich die aus den UVA´s ergebenden Gutschriften an die Bf erstatten ließ, mit dem offensichtlichen Motiv, hohe Zahlungen für sich und ihre Eltern als Dienstnehmer dieser GmbH zu finanzieren.
Aus dem Abfragesystem der Finanzverwaltung ist zur StNr. 91-250/9338 der Bf zu ersehen, dass die Umsatzsteuervoranmeldung für 07-09/2018 am mit einem errechneten Betrag von -11.312,41 (=Abgabengutschrift) eingereicht wurde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 29 Abs. 6 FinStrG lautet:
Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässige begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 entrichtet wird. Die Abgabenerhöhung beträgt 5% der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträge. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge 33 000 Euro, ist die Abgabenerhöhung mit 15%, übersteigt die Summe der Mehrbeträge 100 000 Euro, mit 20% und übersteigt die Summe der Mehrbeträge 250 000 Euro, mit 30% zu bemessen. Insoweit Straffreiheit nicht eintritt, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung, dennoch entrichtete Beträge sind gutzuschreiben. Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a BAO.
Unbestritten blieb, dass für die gegenständlichen strittigen Vorsteuerbeträge für das 3. Quartal Selbstanzeige erstattet wurde.
Ergänzend zum angefochtenen Bescheid ist für Finanzvergehen betreffend Umsatzsteuervoranmeldungen - wie im gegenständlichen Fall - vorsätzliche Begehung erforderlich.
Wie sich aus den Feststellungen aus dem Akteninhalt ergibt, liegen erhebliche Abweichungen zu den erklärten Umsätzen vor (teilweise wurden gar keine Umsätze erklärt; unzulässige Vorsteuern wurden im Verhältnis zu den zustehenden Vorsteuern um das Mehrfache überschritten), sodass im Zusammenhang mit den steuerlichen Kenntnissen der unmittelbaren Täterin als Geschäftsführerin samt Motivlage von einem Finanzvergehen im Sinne des § 49 Abs. 1 lit. b FinStrG, somit von vorsätzlicher Begehung, in Bezug auf die selbstangezeigten Abgabenbeträge auszugehen ist.
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass eine derartige Finanzordnungswidrigkeit schon dann begangen wurde, wenn durch Abgabe unrichtiger Voranmeldungen ungerechtfertigte Abgabengutschriften geltend gemacht werden (siehe § 49 Abs. 1 lit. b FinStrG). Davon ist im gegenständlichen Fall auszugehen und blieb dies in der Beschwerde auch unbestritten.
Demgemäß ist nach § 3 des Verbandverantwortlichkeitsgesetzes - VbVG - eine Verantwortung des Verbandes gegeben, da gem. Abs. 1 Ziff. 2 Pflichten verletzt wurden, die den Verband betreffen und gem. Abs.2 leg. cit von einem Entscheidungsträger rechtswidrig und schuldhaft begangen wurden.
Betreffend der strittigen Interpretation des Mehrbetrages als Abgabennachforderung oder strafbestimmenden Wertbetrages, ist dem Finanzamt zu folgen.
Im gegenständlichen Fall wurde in der Selbstanzeige vom die unrichtige Geltendmachung von Vorsteuern für das 3. Quartal 2019 unter "Anpassungen" offen gelegt.
Unstrittig ist, dass im gegenständlichen Fall die beantragte USt-Gutschrift für 07-09/2018 nicht verbucht wurde, weshalb es zu keiner diesbezüglichen Abgabennachforderung kam. Dazu ist anzumerken, dass die ungerechtfertigte USt-Gutschrift € 9.420,44 betragen hätte (zuzüglich Umsatzsteuer aus nicht erklärten Umsätzen von € 9.981,27 ergibt den relevanten Mehrbetrag von € 19.402,--).
Wie sich aus § 29 Abs. 6 FinStrG ergibt, stehen die dort angeführten Mehrbeträge mit Selbstanzeigen betreffend Finanzvergehen in unmittelbaren Zusammenhang.
Unbestreitbar liegt ein Finanzvergehen in Form einer Finanzordnungswidrigkeit gem. § 49 Abs. 1 lit. b FinStrG betreffend ungerechtfertigter Vorsteuern schon dann vor, wenn Vorsteuerbeträge zu Unrecht oder zu hoch geltend gemacht wurden.
Die Sanktion der Abgabenerhöhung steht daher unmittelbar mit einem Finanzvergehen in Zusammenhang, weshalb unter Mehrbetrag nur der Verkürzungsbetrag (strafbestimmende Wertbetrag) gemeint sein kann.
Aus der gesetzlichen Bestimmung des § 29 Abs. 6 FinStrG ergibt sich in keiner Weise, dass für versuchte oder vollendete Vorsteuerhinterziehungen oder bei Vorliegen einer Finanzordnungswidrigkeit (welche unzweifelhaft Finanzvergehen darstellen), bei nicht verbuchten unrichtig eingereichten Voranmeldungen oder Erklärungen, keine Sanktion bestehen sollen.
Dazu ist, wie schon vom Finanzamt hingewiesen wurde, auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, die zitierte Rechtsprechung des BFG (zB. auch vom , RV/7103667/2018) sowie die zitierten Kommentarmeinungen zu verweisen. Auch aus dem Kommentar zum Finanzstrafgesetz Fellner, zu § 29 Abs. 6 FinStrG, ergibt sich keine andere Sichtweise.
Der Ansicht der Bf, dass eine Abgabenerhöhung nur für Abgabennachzahlungen (Nachforderung) zulässig wäre, konnte daher nicht gefolgt werden.
Eine Vergleichbarkeit mit dem im § 205 BAO - zu Anspruchzinsen geltenden Bestimmung - verwendeten Begriff der "Mehrbeträge" ist nicht gegeben, da der dort verwendete Begriff über ein "Mehr" an Anzahlungen im Sinne von weiteren Anzahlungen nicht hinausgeht.
Zudem besteht in der dortigen Bestimmung keinerlei Zusammenhang mit dem Finanzstrafgesetz.
Die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Abgabenerhöhung ist daher als zu Recht erfolgt anzusehen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Die Revision an den VwGH ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt (sondern allein aus dem Wortlaut des Gesetzes und ableitbaren Willen des Gesetzgebers folgend, als geklärt anzusehen ist) der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 29 Abs. 6 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100666.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at