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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.05.2021, RV/7103249/2015

Vorsteuer aus Leistungen von Subunternehmern

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde des Bf., Adresse, vertreten durch LMG SteuerberatungsGesmbH, 2512 Oeynhausen, Sochorgasse 3, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2012 (Beschwerde ursprünglich gerichtet gegen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 01-08/2012), zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und darüber hinaus für endgültig erklärt.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Spruchbestandteil.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In der Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs 1 BAO und dem Bericht über das Ergebnis derAußenprüfung (AP) gemäß § 150 BAO beim Beschwerdeführer (Bf) traf die AP des Finanzamtes (FA) hinsichtlich Umsatzsteuer 01-08/2012 u.a. folgende Feststellungen:

"Allgemeines
Betriebsgegenstand/Art der Tätigkeit: Kleintransporte
Steuerliche Feststellungen

"Tz 2 Vorsteuern/Fremdleister
Im Prüfungszeitraum … konnte von der BP der entsprechende Vorsteuerabzug für nachstehende Fremdleister wie folgt nicht anerkannt werden:
a) B. A.:
Die Feststellungen des FAes Wien 4/5/10 auf Grund einer durchgeführten Außenprüfung … ergaben:
Hr. B. A. ist kein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG 1994, womit die Voraussetzungen gem. § 11 UStG 1994 für den Vorsteuerabzug gem. § 12 UStG 1994 durch das gegenst. geprüfte Unternehmen sämtlich nicht erfüllt sind.
Anmerkung: U.a. wurde am und am seitens d. Fa. Bf. ein UID Bestätigungsverfahren hinsichtlich B. A. durchgeführt; Gültigkeit d. UID Nr.: negativ. Dennoch wurde entsprechende Vorsteuer (ER 5, bez. ) in Abzug gebracht! Neuerl. Gültigkeit: , Begrenzung .
Netto gesamt: 94.361,99 USt. 18.872,40

b) C. D.:
Die UID Nr. wurde vom zuständigen FA per begrenzt, womit die Bestimmungen des UStG über die Unzulässigkeit des Vorsteuerabzuges greifen. (neuer. Gültigkeit: ).
Netto gesamt: 7.699,03 USt. 1.539,81

Vorst.kü. ges.: 20.412,21

i - viii/2012:
Vorsteuer laut UVA 49.233, 85
- nichtabzugsf. Vorst. Fremdl. 20.412,21
Vorst. lt. Bp. 28.821,64

Das FA folgte den Feststellungen der Bp und erließ am einen entsprechenden Bescheid betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-08/2012.

In der vom steuerlichen Vertreter form- und fristgerecht eingebrachten Beschwerdevom wurde i.w. vorgebracht, die Fa. B. A. sei im Zeitraum Jänner bis Juni 2012 für den Bf tätig gewesen.
Warum das FA Wien 4/5/10 zu der Ansicht gelangt sei, B. A. sei kein Unternehmer im Sinne des UStG, sei weder dem Bf bekannt und wurde bei der Prüfung auch nicht weiter erörtert. Ebenso wenig sei dem Bf bekannt, ob seitens der Fa B. A. Beschwerde gegen diese Feststellung des FA eingebracht worden sei.
Dass B. A. gewerblich iSd § 2 UStG tätig gewesen sei, ergebe sich schon daraus, dass dieser regelmäßig seine Leistungen in Rechnung gestellt habe, somit eine nachhaltige Tätigkeit mit Einnahmenerzielungsabsicht vorgelegen sei. Darüber hinaus sei nach dem Wissensstand des Bf Hr B. A. mit eigenen Betriebsmitteln ausgestattet gewesen und hätte eigenes Personal gehabt. Der Bf trete mit niemandem in Kontakt, ohne sich vorher über diese Firma ordnungsgemäß erkundigt zu haben. Bevor der Bf mit einem neuen Unternehmen in Geschäftskontakt trete, fordere er folgende Unterlagen an:
- Auszug aus dem Gewerberegister
- Kopie Lichtbildausweis
- Kopie Meldezettel
- Strafregisterauszug
- Steuernummer Finanzamt
- UID Nummer Finanzamt
Alle diese Unterlagen seien auch in diesem Fall angefordert worden und würden als Beweismittel beigelegt. Die Unterlagen seien auch dem Prüforgan vorgelegt worden. Zusätzlich sei die UID Nummer in regelmäßigen Abständen abgefragt worden. Als Ergebnis sei, bis auf 2 Abfragen am und , stets die Gültigkeit der UID auf den Namen A. B. bestätigt worden. Anzumerken sei noch, dass die Gültigkeit der UID Nummer mit wieder neuerliche Gültigkeit erlangt habe. Die UID Nummer sei ein stichhaltiges und gültiges Indiz für die Unternehmereigenschaft, was sich aus Art 28 UStG ableiten lasse.
Im ggstdl Prüfungszeitraum sei eine gültige UID Nummer vorgelegen, was zwangsläufig zu der Schlussfolgerung führe, dass es sich bei dem Rechnungsaussteller um einen Unternehmer iSd UStG handle. Durch die UID Nummer solle der Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Nichtunternehmern verhindert werden. Nach Auffassung des EuGH diene die Angabe der UID Nummer der Identifizierung des Leistenden (Dankowski). Der GH betone, dass Rechnungen die Angaben enthalten müssten, die "notwendig sind, um die Person, die die Rechnungen ausgestellt hat, und die erbrachte Dienstleistung zu identifizieren."
Im Zeitpunkt der Rechnungslegung und des vorgenommenen Vorsteuerabzugs seien sämtliche gesetzlich vorgeschriebenen Rechnungsmerkmale gem. § 11 UStG vorgelegen, ein Vorsteuerabzug stehe somit zweifelsfrei gemäß § 12 UStG zu. § 11 UStG verlange die Angabe einer korrekten UID Nummer. Die gültige UID Nummer müsse zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs vorliegen. Beide Voraussetzungen seien hier erfüllt.
Die Nichtunternehmerschaft sei für einen Außenstehenden nicht erkennbar gewesen. Der Geschäftspartner sei mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers überprüft worden. Es seien Unterlagen abverlangt worden und laufend UID Abfragen getätigt worden. Die Gültigkeit der UID Nummer sei dabei - bis auf einen kurzen Zeitraum - immer bestätigt worden. Es stelle sich die Frage, warum eine UID- und eine Steuernummer vergeben worden sei, wenn es sich um einen Nichtunternehmer handle. Warum sei die UID zwischenzeitig begrenzt und dann wieder als gültig erklärt worden? Die Behörde habe die Pflicht, die steuerlichen Verhältnisse von Amts wegen zu ermitteln. Man versuche nun, diese Ermittlungspflicht auf den Bf abzuwälzen, dem jedoch die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde nicht zur Verfügung stehen.
Die Behörde versuche durch überspitzte und überzogene Interpretationen an die Formalanforderungen von Rechnungen den Vorsteuerabzug zu versagen. Die Vorgangsweise gleiche einer Haftung des Rechnungsempfängers für die USt des Rechnungsausstellers, eine mehr als problematische Vorgangsweise. Es bedürfe einer an Zumutbarkeitserwägungen ausgerichteten Überprüfung der im Einzelfall bestehenden Anforderungen an die Sorgfaltspflicht. Die Versagung des Vorsteuerabzuges im ggstdl. Fall verletze das Verhältnismäßigkeitsgebot und somit den Gleichheitssatz und bedrohe die Kostenneutralität der Mehrwertsteuer.
Käme es in solchen Fällen zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs, hätte im täglichen Geschäftsleben niemand mehr Rechtssicherheit, ob ihm ein Vorsteuerabzug, den der Unternehmer bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung und aller nur erdenklichen durchgeführten Kontrollen guten Gewissens vorgenommen habe, bei der nächsten abgabenrechtlichen Überprüfung auch noch zustehe oder nicht. Der Bf habe das höchstmögliche Maß an Sorgfältigkeit durch das Abverlangen der angeführten Unterlagen und die laufende Überprüfung an den Tag gelegt.
Die Vorgehensweise des Aberkennens der Vorsteuer sei gesetzeswidrig und widerspreche EU-Recht.

b) C. D.
Bei diesem Unternehmer sei die UID Nummer mit begrenzt und mit neuerlich gültig geworden. In der Zeit der Ungültigkeit der UID Nummer seien 2 Rechnungen gelegt worden. Gemäß USt-Richtlinien sei die inhaltliche Richtigkeit der UID Nummer bis auf weiteres nicht zu überprüfen. Es existiere keine gesetzliche Verpflichtung einer UID Abfrage. Eine Abfrage gebe leider keine Auskunft, seit wann eine UID Nummer nicht mehr gültig sei. Laut Ruppe/Achatz stehe der Vorsteuerabzug in einem Fall wie dem vorliegenden zu, wenn die UID zeitlich begrenzt wurde, weil der Rechnungsaussteller keine Unternehmereigenschaft habe, falls die UID nach Zeitablauf verwendet werde und der Rechnungsaussteller weiterhin unternehmerisch tätig sei. Da die UID Nummer mit wieder Gültigkeit erlangt habe, hätte spätestens im Voranmeldezeitraum April 2012 der Vorsteuerabzug wieder gewährt werden müssen, da zu diesem Zeitpunkt alle geforderten Rechnungsmerkmale vorlagen. Da die Rechnungsmerkmale gemäß § 11 UStG inklusive der UID Nummer vorlägen, werde unter Verweis auf die USt Richtlinien und das Urteil des EuGH "Dankowski" die Anerkennung des Vorsteuerabzugs beantragt.

In der Beschwerdeergänzungvom brachte der Bf i.w. vor, bei A. B. sei eine Umsatzsteuerprüfung durchgeführt worden und folgende Feststellung (wenn auch für 2010 - 2011, jedoch habe die Prüfung im Jahr 2012 stattgefunden) getroffen worden: "Der Abgabepflichtige betreibt Kleintransporte". … "Die Begrenzung der UID Nummer wird mit Beendigung der Prüfung aufgehoben."
Aus der Niederschrift sei in keinster Weise ersichtlich, dass die Behörde nur irgendeinen Zweifel an der Unternehmereigenschaft des Stpfl hege. Die Vorgehensweise der Behörde lasse nur den Schluss zu, dass es sich bei dem geprüften Stpfl um einen Unternehmer iSd UStG handeln müsse; ansonsten wäre nicht nachvollziehbar, warum die UID Begrenzung im Anschluss an die Prüfung wieder aufgehoben worden sei.

Mit Vorhalt vom wurde der Bf aufgefordert, zu folgenden Überlegungen der Abgabenbehörde Stellung zu nehmen.
A.B.:
Dieser sei einer AP für 2010, 2011 und 01/2012 - 02/2013 unterzogen worden. Es sei festgestellt worden, dass diese Person niemals unternehmerisch tätig gewesen sei. Begründend sei auf die Angaben diverser Zeugen verwiesen worden, nämlich
- E. F. G. (als Dienstnehmer des B. bei der SV gemeldet): Er kenne A. B. nicht; sein Ansprechpartner sei ein anderer gewesen; er habe bei der Anmeldung bei A. B. nichts gewusst; das Problem sei, dass man oft nicht mehr wisse, wer eigentlich Chef sei.
- H. I. (als Dienstnehmer des B. bei der SV gemeldet): Im Juli 2012 habe ihm B. mitgeteilt, dass alle seine Arbeitnehmer gekündigt werden; er habe B. das letzte Mal im Juli 2012 gesehen; diese Firmen hielten nicht lange, es sei ein Kommen und Gehen; er springe von Firma zu Firma; der eine Chef gehe und ein anderer komme, er sehe aber keinen jemals wieder; er sei auch nie in Firmenräumlichkeiten gewesen;
- J. K. (als Dienstnehmer des B. bei der SV gemeldet): Er habe B. noch nie gesehen und noch nie mit ihm gesprochen; das Unternehmen sei auf A. gelaufen, der eigentliche Chef wäre ein anderer gewesen; die Einteilung der Arbeit, Einteilung der Route etc. sei nie durch B. erfolgt und er sei nie in den Firmenräumlichkeiten gewesen.
- L. M. (als Dienstnehmer des B. bei der SV gemeldet): Er habe B. im Juli 2012 das letzte Mal gesehen; es habe ein ständiger Arbeitgeberwechsel (im Schnitt alle 2 - 3 Monate) stattgefunden; der große Chef dieser Firmen sei Bf. gewesen.
- N. O. (als Dienstnehmer des B. bei der SV gemeldet): Er habe B. im August 2012 das letzte Mal gesehen; überwiegender Ansprechpartner sei Bf. gewesen; B. sei lediglich für die Anmeldung von Fahrern unter seinem Namen sowie für die Auszahlung der Löhne verantwortlich gewesen; hinsichtlich Arbeitsabläufen und der Kontrolle dieser sei die Fa. PQ bzw. Bf. zuständig gewesen; B. hätte auch keinen Einfluss auf die Arbeitsabläufe gehabt.
Im Rahmen der genannten AP seien weiters AR des B. an die Firmen R. Kleintransporte GmbH, Bf. und S.T. vorgelegt worden. Auf drei dieser (näher bezeichneten) Rechnungen scheine eine behauptete Leistung von B. unter dem Firmenzeichen (Logo) der "R. Kleintransporte GmbH" auf. In einer aktenkundigen Anzeige einer (näher bezeichneten) Person werde der R. Kleintransporte GmbH bzw. deren Verantwortlichen vorgeworfen, regelmäßig Asylwerber anzuwerben, um gegen Entgelt Firmen zu gründen und Bankkonten zu eröffnen. Diese Personen sprächen meist kein Deutsch und verstünden die Abläufe nicht. Auf besagten Konten würden in weiterer Folge "Schwarzgelder" eingezahlt und meist kurz danach wieder behoben. Aus Angst würden meist keine Anzeigen der Asylwerber erfolgen.
Schließlich seien iRd AP Kasseneingangsbelege vorgelegen, die zur Nachweisführung von bezahlten Fremdleistungen an C. D. im Zuge einer anderen AP betreffend die Person U. V. W. nachgereicht worden seien. Als Leistender sei aber A. B. (Stempelaufdruck) ausgewiesen gewesen. In weiterer Folge seien Kasseneingangsbestätigungen unter dem Firmennamen "C. D." (Stempelaufdruck) als Leistender vorgelegt worden. Das Schriftbild beider Varianten der Kasseneingangsbelege zeige sich ident, ebenso die Unterschrift (Paraphe) des Zahlungsempfängers und die Bestätigungen stammten aus demselben Kassa-Eingangs-Belegeblock.
Die genannten Sachverhalte führten iRd AP bei A. B. zu dem Schluss, dass dieser einerseits gegenüber den befragten Personen keinerlei Arbeitgeberfunktion ausgeübt habe, obwohl diese als seine Arbeitnehmer angemeldet gewesen seien und dass A. B. in direkter Abhängigkeit und vollständiger Eingliederung in das Unternehmen des Bf bzw. der S.T. agierte. Weiters sei dokumentiert, dass Belege, Logos und Stempelaufdrucke firmenübergreifend verwendet wurden und insbesondere iZm A. B. eine Firmenbezeichnung (R. Kleintransporte GmbH) verwendet worden sei, welche von einem namentlich bekannten Anzeiger glaubhaft als Scheinfirma bekannt gegeben worden sei. Es sei daher zusammenfassend durch die genannte AP festgestellt worden, dass ein Unternehmen des A. B., in dessen Rahmen dieser Leistungen erbracht habe, nie vorgelegen sei. Die Amtspartei schließe sich dieser Beurteilung an.
Darüber hinaus sei mittlerweile bekannt, dass sich U. V. W. vor dem FA selbst als Scheinselbständiger bezeichnet habe und es sei sehr auffällig, dass zunächst Belege dieser Person iZm A. B. verwendet worden seien (nämlich die später berichtigten Kasseneingangsbelege s.o.).
Ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des A. B. an den Bf sei daher nicht möglich.

C.D.:
Die UID Nummer des Leistenden müsse im Zeitpunkt des Vorsteuerabzuges vorliegen. Eine später vergebene UID Nummer könne auch nicht ergänzt werden; es wären diesfalls vom Leistenden (Rechnungsaussteller) nach Erteilung der UID Nummer neu datierte Rechnungen über die Leistungen auszustellen und die bisher gelegten Rechnungen zu berichtigen; dies sei jedoch aktenkundig nicht erfolgt.
Darüber hinaus seien iRd AP des A. B. Kasseneingangsbelege vorgelegen, welche zur Nachweisführung von bezahlten Fremdleistungen an C. D. im Zuge einer anderen AP betreffend die Person U. V. W. nachgereicht worden seien. Als Leistender auf diesen Zahlungsbestätigungen sei aber A. B. (Stempelaufdruck) ausgewiesen gewesen. In weiterer Folge seien Kasseneingangsbestätigungen unter dem Firmennamen "C. D." (Stempelaufdruck) als Leistender vorgelegt worden. Das Schriftbild beider Varianten der Kasseneingangsbelege zeige sich ident, ebenso die Unterschrift (Paraphe) des Zahlungsempfängers und die Bestätigungen stammten aus demselben Kassa-Eingangs-Belegeblock. Diese Umstände deuteten massiv darauf hin, dass die Person bzw. der Name des C. D. beliebig in den vorgeblichen Geschäftsabläufen des Bf verwendet werden könne und es sich dabei nicht um ein real existierendes Unternehmen handle.

Alle genannten Beweismittel würden beiliegen.

In der Vorhaltsbeantwortungvom brachte der Bf i.w. vor:

Zu A.B.:
- Zeugenaussage G.
Der Zeuge hätte bei Befragung zu seinem Dienstverhältnis nicht als Zeuge unter Strafandrohung, sondern als Beteiligter vernommen werden müssen. Dies sei rechtswidrig. Wenn der "Zeuge" angibt, er kenne B. nicht und sei niemals für diesen gefahren, so sage dies nichts über die Unternehmereigenschaft des B. aus. Die Behauptung des "Zeugen", er kenne Bf. als Chef von PQ, sei offensichtlich falsch. Der Bf sei eigenständiger Unternehmer und niemals Chef von PQ gewesen.
- Zeugenaussage I.
Der Zeuge hätte bei Befragung zu seinem Dienstverhältnis nicht als Zeuge unter Strafandrohung, sondern als Beteiligter vernommen werden müssen. Dies sei rechtswidrig.
Die Aussagen bestätigten jedoch eindeutig, dass B. unternehmerisch tätig war. I. kenne B.. Sein Arbeitgeber, B., habe Möbeltransporte und Paketzustellungen durchgeführt. Somit könne eine vollständige Eingliederung in den Betrieb des Bf gar nicht vorliegen, denn dieser sei nur im Bereich der Paketzustellungen tätig. Folglich müsse B. weitere Auftraggeber und weitere Betriebsmittel besessen haben, um diese Arbeiten durchzuführen. Die Aussage sei ein eindeutiger Beweis für eine umsatzsteuerrechtliche Unternehmertätigkeit des B..
I. gebe weiters an, dass er gemeinsam mit 7 weiteren Dienstnehmern für B. gearbeitet habe. Ein weiteres Indiz für eine eigene Betriebsstruktur und somit für eine Unternehmereigenschaft.
Der Umstand, dass der Bf in der Vergangenheit seinen Fuhrpark teilweise an Subfrächter vermietet habe, sei nichts Neues. Diese Tatsache sei von der Abgabenbehörde als unbedenklich eingestuft worden.
- Zeugenaussage K.
Der Zeuge hätte bei Befragung zu seinem Dienstverhältnis nicht als Zeuge unter Strafandrohung, sondern als Beteiligter vernommen werden müssen. Dies sei rechtswidrig.
Der Zeuge mache widersprüchliche Angaben. Er kenne B. nicht; dieser sei aber sein Dienstgeber und werde von ihm auf ausstehende Lohnzahlungen geklagt.
Der Bf habe niemals Unterlagen für eine Anmeldung eines Dienstnehmers einer Fremdfirma bei der SV übernommen. Dies sei eine Falschaussage. Der Bf verlange von sämtlichen neuen Subfrächtern (egal ob auf selbständiger Basis oder als Dienstnehmer bei einem Frächter) entweder Gewerbeschein oder SVA-Anmeldung oder eben eine Anmeldung als Dienstnehmer bei der GKK. Diese Unterlagen würden dann an PQ übergeben. Erst nach Prüfung der Unterlagen durch PQ erhalte der Fahrer einen Ausweis, der ihn berechtige, das Firmengelände zu betreten. Eine Anmeldung eines Dienstnehmers für andere Subfrächter habe der Bf nie durchgeführt.
- Zeugenaussage L.
Der Zeuge hätte bei Befragung zu seinem Dienstverhältnis nicht als Zeuge unter Strafandrohung, sondern als Beteiligter vernommen werden müssen. Dies sei rechtswidrig.
Dieser gebe an, dass er B. kenne und dieser sein Arbeitgeber gewesen sei. Darüber hinaus gebe der Zeuge zu Protokoll, dass B. weitere Dienstnehmer beschäftigt hatte. Ein eindeutiger Beweis für eine eigenständige Betriebsstruktur.
Der Vorwurf, der Bf sei der große Chef, sei haltlos. Der Bf sei auf selbständiger Basis für PQ tätig. Dabei sei der Bf für mehrere Routen zuständig. Da nicht alle Routen mit dem eigenen Personal bewältigbar seien, habe der Bf manche Routen an Subfrächter weitergegeben. Seitens PQ sei der Bf angehalten worden, dafür Sorge zu tragen, dass bei weiter gegebenen Subaufträgen die dort tätigen Personen die entsprechenden Berechtigungen dafür hätten (Gewerbescheine, Anmeldungen als DN etc), um sich am Firmengelände der PQ aufhalten zu dürfen. Dadurch könnte für einen Dienstnehmer eines Subfrächters der Eindruck entstanden sein, dass der Bf der "eigentliche Chef" wäre. Dies sei jedoch ein eindeutiges Verkennen der der tatsächlichen Sachlage.
- Zeugenaussage O.
Der Zeuge hätte bei Befragung zu seinem Dienstverhältnis nicht als Zeuge unter Strafandrohung, sondern als Beteiligter vernommen werden müssen. Dies sei rechtswidrig.
Dieser gebe eindeutig zu Protokoll, dass er B. kenne und für diesen als Dienstnehmer gearbeitet habe. Es werde angegeben, dass B. sowohl Paketzustellungen als auch Möbeltransporte und Zeitungszustellungen durchgeführt habe. Der Bf habe aber weder Möbeltransporte noch Zeitungszustellungen durchgeführt. Es könne daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die Firma A. B. nicht vollständig in das Unternehmen des Bf eingegliedert gewesen sei. Damit sei eindeutig belegt, dass B. unternehmerisch iSd UStG tätig war.

- Bericht über die AP des FA Wien 4/5/10
Bei der im Jahr 2012 durchgeführten AP des B. betreffend 9/2010-9/2011 sei die Abgabenbehörde zum Ergebnis gelangt, dass die Begrenzung der UID aufgehoben werde. Dies bedeute, dass der AP zum Ergebnis gelangt sei, dass es sich bei B. um einen Unternehmer iSd UStG handle.
Im Jahr 2013 sei abermals eine AP bei B. durchgeführt worden (Prüfungszeitraum 2010 - 2011, Nachschauzeitraum 1/2012-2/2013). Dies sei insofern rechtswidrig, als es hinsichtlich USt zu einer verbotenen Wiederholungsprüfung für den Zeitraum 9/2010 -9/2011 gekommen sei.
Unter Tz. 3 werde festgestellt, dass B. keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt habe. Dies werde u.a. mit den ständigen Personalrochaden begründet. Dies sei nicht nachvollziehbar. Fakt sei, dass der Behörde keinerlei Buchhaltungsunterlagen oder Grundaufzeichnungen vorgelegt worden seien. Wohl aber dürften der Behörde bei der im Jahr 2012 durchgeführten AP derartige Unterlagen vorgelegt worden sein. Damals sei B. für die Behörde eindeutig Unternehmer gewesen. Nun plötzlich nicht mehr und das bei sich überschneidenden Prüfungszeiträumen.
Die Prüfungsfeststellungen von 2013 seien in keinster Weise geeignet, B. die Unternehmereigenschaft abzusprechen.
Bei Nichtvorlage der Bücher und Unterlagen hätte die Behörde eine Schätzungsberechtigung gehabt. Man wollte aber auf den erwartbar uneinbringlichen Abgabenforderungen nicht "sitzen" bleiben und man versuchte, sich anderer "Opfer" zu bedienen, indem man bei Geschäftspartnern des B. durch überspitzte Anforderungen an die Rechnungslegung den Vorsteuerabzug unmöglich machte. Dadurch werde eine "Haftung" verursacht, die das Gesetz nicht vorsehe.
Im Jahr 2011 habe die Firma B. angeblich Umsätze iHv 1,511.307,53 erklärt. Es sei unglaubwürdig, wenn jetzt von der Behörde erklärt werde, kein einziger Euro dieser Umsätze sei auf eine unternehmerische Tätigkeit zurück zu führen.
Die nun vorgelegten Beweismittel der Behörde gingen ins Leere. Es werde hauptsächlich auf Zeugenaussagen verwiesen, welche die Frage des Dienstverhältnisses mit B. zum Gegenstand hätten. Aussagen, die ohne Zweifel die Unternehmereigenschaft des B. im Sinne des UStG widerlegen, würden sich nicht finden.

Zu C.D.:
Von einem nicht existierenden Unternehmen könne keine Rede sein. Der Vorsteuerabzug sei wegen zwischenzeitig nicht gültiger UID Nummer und nicht wegen angeblich fehlender Unternehmereigenschaft versagt worden. Die Firma C. D. habe für den Bf eindeutig Leistungen erbracht, welche mittels Banküberweisung abgegolten worden seien. Zwischen dem Bf und dieser Firma habe ein Leistungsaustausch stattgefunden, welcher entsprechend entlohnt worden sei. Die Firma C. D. sei auch bei PQ als Subfrächter registriert und somit sei aktenkundig, dass diese Firma aktiv Leistungen im Paketzustellungsbereich erbringe.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung (BVE) des FA vom wurde i.w. ausgeführt, die Ausführungen des Bf seien nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der bekämpften Abgabenbescheide aufzuzeigen, da selbst bei Annahme einer rechtswidrigen Gewinnung von Beweismitteln dem Abgabenverfahren ein Beweisverwertungsverbot fremd sei und die inhaltlich durch die Aussagen und Prüfungsfeststellungen dokumentierten Sachverhaltselemente wie im Vorhalt vom genau ausgeführt, den Vorsteuerabzug aus Rechnungen des A. B. und X. Y. Z. ausschließen würden.

Der Bf beantragte mit Schriftsatz vom ohne weitere Begründung die Vorlage der Beschwerde an das BFG.

Das FA legte mit Vorlagebericht vom die Beschwerde dem BFG vor und verwies vollinhaltlich auf die Ausführungen in der BVE.

Am wurde der Umsatzsteuerjahresbescheid 2012 vorläufig erlassen. Die Vorsteuer wurde dabei in gleicher Höhe wie im Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid angesetzt.

Das BFG forderte den Bf mit Schreiben vom auf, hinsichtlich der Rechnungen des D. C., bei denen zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs unbestritten keine gültige UID Nummer vorgelegen sei, den Nachweis zu erbringen, dass die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt seien und alle entsprechenden Beweismittel vorzulegen. Hinsichtlich der Rechnungen des A. B. forderte das BFG den Bf auf, alle Beweismittel, die für dessen Unternehmereigenschaft sprechen würden und noch nicht aktenkundig seien, vorzulegen.

Der Bf beantwortete mit Schreiben vom den Vorhalt und brachte i.w. vor, er übermittle betreffend D. C. folgende Unterlagen: Auszug aus dem Gewerberegister, Bescheid über die Erteilung einer UID Nummer, Mitteilung der Steuernummer, E Card, Bankomatkarte bzw. Kontoverbindung, Aufenthaltsberechtigungskarte, Strafregisterauszug, ZMR Meldebestätigung, SVA Vorschreibung und Systempartnervertrag.
Anzumerken sei, dass mehrere Eingangsrechnungen der Firma D. C. im Rechenwerk des Bf erfasst gewesen seien und nur bei den zwei str. Rechnungen der Vorsteuerabzug nicht anerkannt worden sei.
Hinsichtlich A. B. wurde zusätzlich zu den bereits vorgelegten Unterlagen der Systempartnervertrag vorgelegt. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass keine formellen Rechnungsmängel vorgelegen hätten.

Das BFG übermittelte dem FA mit Schreiben vom die Vorhaltsbeantwortung zur Wahrung des Parteiengehörs und allfälliger Stellungnahme.

Es erfolgte keine Stellungnahme des FA.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Sachverhalt:

A. Allgemeines

Der Bf betrieb bis (Betriebsaufgabe) ein Einzelunternehmen mit dem Betriebsgegenstand "Lastfuhrwerksverkehr". Die Gewinnermittlung erfolgte gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988.

Der Bf war im Streitzeitraum hauptsächlich im System der Firma PQ als Franchisenehmer (Subunternehmer) tätig und wurde von dieser Firma mit der Zustellung von Paketen beauftragt.

Die PQ stellt die Räumlichkeiten und die Logistik zur Verfügung. Der Bf als Franchisenehmer lieferte selbst Pakete aus, beauftragte aber auch weitere Subunternehmer (Systempartner der PQ), großteils indische oder pakistanische Staatsbürger, die in Wien ihren Hauptwohnsitz bzw. Firmensitz begründeten, zur Auslieferung der Pakete. Der Franchisenehmer muss für jeden Subunternehmer ein Formular mit Namen und Adresse ausfüllen und sämtliche Papiere der Subunternehmer in Kopie anfügen und dieses Formular bei der Fa PQ abgeben. Die Subunternehmer erhalten dann von der Fa PQ eine Ausweiskarte samt Foto. Das Firmengelände, auf dem die Pakete lagern, darf nur betreten werden, wenn man dem Eingangsleiter eine Ausweiskarte samt Foto vorlegen kann. Es wird auch genau kontrolliert, wer die Pakete, die in einer Halle auf dem Firmengelände lagern, übernimmt.

Die Kfz wurden vom Bf an die Subfirmen verliehen, was diesen in Rechnung gestellt wurde.
Die von den Subunternehmern in Rechnung gestellten Geldbeträge wurden nach Ausfertigung von Kassa-Ausgangsbelegen bar ausbezahlt.

B. A.B.

A. B. (indischer Staatsbürger, Asylwerber) wurde vom Bf als Subunternehmer im Rahmen des PQ Systems zur Auslieferung von Paketen auf Grundlage eines Systempartnervertrages (abgeschlossen zwischen dem Bf als Auftraggeber und dem jeweiligen Subunternehmer) mit Beginn , beauftragt.

Demnach ist Gegenstand des PQ-Systems ein Transport und Organisationssystem für die Abwicklung von KEP (Kurier-Express-Paket) Dienstleistungen, insbesondere durch

- die Unterhaltung der für KEP-Dienstleistungen notwendigen Systeme und Organisation im Rahmen eines flächendeckenden Franchisesystems; als KEP Dienstleistungen gelten alle Dienstleistungen des PQ-Systems in Bezug auf Packstücke aller Art, insbesondere Pakete, Briefe und Dokumente

- die Steuerung dieses Franchisesystems für KEP Dienstleistungen durch die Vergabe von Franchisen, die Erstellung und Fortschreibung von Systemhandbüchern

- die Führung aller Marken, deren Inhaber die PQ ABC GmbH & Co Ist, sowie der Kurzbezeichnungen "ABC", "DEF", "PQ"

Auftragnehmer ist Systempartner. Der Systempartner ist berechtigt und verpflichtet, im Rahmen des PQ Franchisesystems nach Maßgabe dieses Vertrages und unter Verwendung der PQ-Marken KEP-Dienstleistungen zu erbringen. Die Rechte und Pflichten des PQ-Systempartners und des Auftraggebers ergeben sich aus diesem Vertrag. Systemhandbücher konkretisieren die Abwicklung der im Rahmen des PQ-Systems angebotenen Dienstleistungen. Der Auftraggeber beauftragt den Systempartner mit der Durchführung von Zustell- und Abholdienstleistungen im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung, wobei kein bestimmtes Auftragsvolumen garantiert wird. Dem Auftragnehmer steht es frei, Aufträge abzulehnen. Der Systempartner ist selbständiger Frachtführer und unterhält einen selbständigen Gewerbebetrieb. Er bestätigt, dass er nach dem GSVG pflichtversichert ist. Er erbringt die geschuldeten Leistungen durch eigene Betriebsmittel. Er ist nicht zur persönlichen Auftragsführung verpflichtet. Er erhält ein bestimmtes Vertragsgebiet, das im Vertrag definiert ist. Die Zustelldienstleistungen erfolgen nach vertraglicher Regelung und den Vorgaben in den PQ Systemhandbüchern. Der Systempartner hat Corporate Design Vorgaben des PQ Systems zu erfüllen (Fahrzeuggestaltung, Bekleidung). Die Vergütung pro Paket ist vorgegeben. Der Systempartner haftet für die Beschädigung und den Verlust von Packstücken in seiner Ingerenz. Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten jeweils zum Monatsende gekündigt werden.

Von A. B. wurden im Streitzeitraum folgende Rechnungen ausgestellt, welche an den angeführten Tagen bezahlt wurden (Nettobeträge):

EUR 6.845,76
EUR 6.120,30
EUR 7.415,77
EUR 7.011,13
EUR 8.851,01
EUR 9.329,12
EUR 8.673,40
EUR 6.930,14
EUR 8.507,85
EUR 7.732,91
EUR 8.462,60
EUR 8.482,00
Summe EUR 94.361,99

Der Bf machte die darauf entfallende Vorsteuer iHv EUR 18.872,40 beim FA geltend.

Der Bf ließ sich vor Beginn der Geschäftsbeziehung folgende Dokumente von A. B. vorlegen: Steuernummer, Bescheid über die Erteilung einer UID Nummer, E-Card, Lichtbildausweis, Strafregisterbescheinigung, ZMR Abfrage, Auszug aus dem Geweberegister für das Gewerbe "Güterbeförderung mit Kfz …" und Verständigung über die Standortverlegung des Gewerbes vom .

Während der Geschäftsbeziehung mit A. B. tätigte der Bf am , , , , , , und Abfragen über die Gültigkeit der UID Nummer des konkreten Auftragnehmers (Stufe 2 Abfragen). Die am und getätigten Abfragen ergaben die Ungültigkeit der abgefragten UID Nummer (ungültig ab , neuerl. Gültigkeit: ), alle anderen Abfragen ergaben die Gültigkeit der abgefragten UID Nummer. A. B. beendete seine Tätigkeit Ende Juni 2012 und ist seit Juli/August 2012 unbekannten Aufenthalts.

Zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs aus den erwähnten Rechnungen war die auf den Rechnungen angeführte UID-Nummer regelmäßig gültig.

A. B. erbrachte die in Rechnung gestellten Leistungen für den Bf als selbständiger Unternehmer.

Die Rechnungen enthielten alle vorgeschriebenen Rechnungsmerkmale.

C. D.C.

Der Bf schloss mit einer Person namens D. C. (pakistanischer Staatsbürger, Asylwerber) einen Systempartnervertrag (gleichartig wie der mit A. B.) vom .

Der Bf ließ sich vor Beginn der Geschäftsbeziehung folgende Dokumente von D. C. vorlegen: Auszug aus dem Gewerberegister, Bescheid über die Erteilung einer UID Nummer, Mitteilung der Steuernummer, E Card, Bankomatkarte bzw. Kontoverbindung, Aufenthaltsberechtigungskarte, Strafregisterauszug, ZMR Meldebestätigung, SVA Vorschreibung und Systempartnervertrag.

D. C. stellte im Streitzeitraum u.a. folgende Rechnungen aus (netto):

EUR 2.919,20
EUR 4.779,83
Summe EUR 7.699,03

Die auf diese Rechnungen entfallende Vorsteuer iHv EUR 1.539,81 wurde vom FA nicht anerkannt.

Die UID Nummer des C. D. wurde mit begrenzt und mit neuerlich gültig. Zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs aus den beiden erwähnten Rechnungen war die UID Nummer ungültig.

Es bestehen erhebliche Zweifel, ob es sich bei der Person des D. C. um einen real existierenden Unternehmer handelt, der im Rahmen seines Unternehmens die strittigen Leistungen erbracht hat.

Der Bf konnte nicht nachweisen, dass alle materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind.

Beweiswürdigung:

Ad. A.

Diese Feststellungen sind unstrittig, beruhen auf dem glaubhaften Vorbringen des Bf und sind dem Akteninhalt zu entnehmen.

Ad. B.

Der Systempartnervertrag wurde vorgelegt.

Die Daten der Rechnungen sind unstrittig.

Die von A. B. abverlangten Dokumente wurden vom Bf vorgelegt.

Die Daten der Abfragen der Gültigkeit der UID Nummer und deren Ergebnisse sind aktenkundig und unstrittig.

Dass A. B. seine Tätigkeit Ende Juni 2012 beendete und unbekannten Aufenthalts ist, wurde vom FA im Zuge der AP des A. B. festgestellt.

Die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug, insbesondere die Rechnungsmerkmale des § 11 UStG 1994, liegen zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs unbestritten vor.

Es gibt auch materiellrechtlich keine relevanten Hinweise darauf, dass A. B. die str. Leistungen nicht im Rahmen seines Unternehmens erbrachte bzw. dass er kein Unternehmer iSd UStG war.

Der Bf hat, bevor er mit A. B. eine Geschäftsbeziehung einging, sich ordnungsgemäß über das Bestehen dessen Firma erkundigt und die erwähnten, zahlreichen Unterlagen angefordert. Zusätzlich wurde die UID-Nummer seit Beginn der Geschäftsbeziehung in regelmäßigen Abständen abgefragt und bis auf 2 Abfragen wurde stets die Gültigkeit der UID-Nummer, lautend auf A. B., bestätigt, wobei die UID-Nummer rasch wieder Gültigkeit erlangte, sodass der Bf von der Gültigkeit der UID-Nummer im damaligen Prüfungszeitraum (01-08/2012) ausgehen konnte.

Der von der Amtspartei im Laufe des Verfahrens aufgestellten Behauptung, A. B. sei niemals unternehmerisch tätig gewesen, kann nicht gefolgt werden.

Bei einer im Jahr 2012 abgehaltenen AP betreffend A. B. für die Jahre 2010 - 2011 wurde die Feststellung getroffen: "Der Abgabepflichtige betreibt Kleintransporte ... Die Begrenzung der UID Nummer wird mit Beendigung der Prüfung aufgehoben."

Bei einer im Jahr 2013 durchgeführten nochmaligen AP durch die Abgabenbehörde wurde nunmehr festgestellt, dass A. B. zu keinem Zeitpunkt unternehmerisch tätig gewesen sei. Begründend wurde auf Zeugenaussagen von als Dienstnehmer bei A. B. gemeldeten Personen verwiesen.

Aus den mit den Zeugen aufgenommenen Niederschriften geht dies jedoch nicht hervor.

So bestätigt der Zeuge H. I., dass er A. B. kenne und dieser Möbeltransporte und Paketzustellungen durchgeführt habe. Der Zeuge und weitere Dienstnehmer hätten für A. B. gearbeitet.

Der Zeuge J. K. gibt zwar an, dass er A. B. nie gesehen habe, er sei aber für diesen im Zeitraum August bis Oktober 2012 tätig gewesen. Außerdem klagt der Zeuge als Arbeitnehmer den Arbeitgeber A. B. auf ausständige Lohnzahlungen.

Der Zeuge L. MN. gibt an, dass er A. B. kenne und dieser sein Arbeitgeber gewesen sei. B. habe auch weitere Dienstnehmer beschäftigt.

Der Zeuge N. O. gibt an, dass er A. B. kenne und für diesen als Dienstnehmer gearbeitet habe. B. habe sowohl Paketzustellungen als auch Möbeltransporte und Zeitungszustellungen durchgeführt.

Einzig der Zeuge G. gibt an, er kenne A. B. nicht und sei nie für diesen gefahren.

Zusammengefasst sagt die überwiegende Mehrheit der Zeugen aus, dass B. ihr Arbeitgeber gewesen sei. Es ergibt sich, dass das Unternehmen des A. B. jedenfalls bis Ende Juni 2012 (ab Juli/August 2012 ist er unbekannten Aufenthalts und hat keine Aufträge mehr durchgeführt) existierte. B. hat Arbeitnehmer eingestellt, sie bei der GKK angemeldet, ihnen die Arbeit zugeteilt und den Lohn ausbezahlt. Dass die Arbeitnehmer auch den Bf kannten, welcher ja zahlreiche Subunternehmer beschäftigte und die Kfz an diese vermietete, ist wenig verwunderlich.

Dass einige der Arbeitnehmer den Eindruck hatte, der Bf sei der "Chef" von B. oder ein "Oberchef" gewesen, ist ein subjektiver Eindruck und die entsprechenden Schilderungen der Zeugen geben Einblick in die Arbeitswelt der Paketzustellungsbranche, ändern aber nichts an der gebotenen steuerlichen Beurteilung. Dass A. B. im Jahr 2013 bei der Außenprüfung durch die Abgabenbehörde nicht erschienen ist und keine Belege oder Aufzeichnungen vorlegte, ist für die Beurteilung der Vorsteuerabzugsberechtigung des Bf im Streitzeitraum irrelevant und durch die Tatsache des "Verschwindens" des A. B. erklärbar.

Es zeigt sich aus den Vernehmungen auch, dass A. B. nicht nur Paketzustellungen, sondern auch Möbeltransporte und Zeitungszustellungen durchgeführt hat, ein Indiz dafür, dass er nicht vollständig in das Unternehmen des Bf eingegliedert war, da dieser weder Möbeltransporte noch Zeitungszustellungen durchgeführt hat.

Beim Vorbringen der Abgabenbehörde, A. B. sei vollständig in das Unternehmen des Bf bzw der S.T. eingegliedert gewesen, handelt es sich lediglich um Vermutungen ohne Nachweise, zumal offenbar nicht einmal der "Dienstgeber" des B. genau bezeichnet werden kann.

Auch die Tatsache, dass auf einer Abrechnung an den Bf auch der Stempel der "R. Kleintransporte GmbH" verwendet wurde und hinsichtlich der R. Kleintransporte GmbH Unregelmäßigkeiten und Malversationen festgestellt wurden, bedeutet nicht, dass A. B. die Leistungen nicht im Rahmen seines Unternehmens an den Bf vertragsgemäß erbrachte.

Laut AP Bericht hat A. B. im Jahr 2011 Umsätze von ca. EUR 1,500.000,-- und im Jahr 2012 von EUR 300.000,-- erklärt. Dass diese Umsätze nicht auf eine unternehmerische Tätigkeit zurückzuführen sein sollen, ist iZm den vorliegenden Unterlagen, Verträgen und Zeugenaussagen nicht nachvollziehbar.

Zu bedenken ist auch, dass der Bf auch weitere Subunternehmer (mit gleichlautenden Verträgen und unter den gleichen Bedingungen) beauftragte, da, wie er glaubhaft vorbringt, nicht alle Routen, für die er von PQ als selbständiger Unternehmer beauftragt wurde, selbst durchführen habe können, sodass er sich weiterer Subfrächter bedient habe. Diese Subfrächter werden von der Abgabenbehörde aber regelmäßig sehr wohl als Unternehmer im steuerlichen Sinn betrachtet, sodass die Einschätzung hinsichtlich des A. B. auch insoweit nicht nachvollziehbar erscheint, zumal die Unternehmereigenschaft des B. bei der im Jahr 2012 durchgeführten AP nicht in Zweifel gezogen und die zwischenzeitige Begrenzung der UID nach kurzer Zeit wieder aufgehoben wurde.

A. B. erbrachte die str. Leistungen daher als selbständiger Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens, wovon der Bf zu Recht ausgehen durfte.

Ad. C.

Die erwähnten Dokumente sind aktenkundig, ebenso wie die geltend gemachten Vorsteuerbeträge und die Begrenzung der UID Nummer. Dass diese zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs aus den beiden erwähnten Rechnungen ungültig war, ist unstrittig.

Die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug sind daher nicht erfüllt. Das FA legte im Vorhalt vom nachvollziehbar dar, aus welchen Gründen erhebliche Zweifel bestehen, dass es sich bei der Person des D. C. um einen real existierenden Unternehmer handle, der die str. Leistungen erbracht habe. Aus diesen (aktenkundigen) Belegen gehe hervor, dass der Name des D. C. beliebig verwendet werden könne. Auf die Ausführungen in diesem Vorhalt wird insoweit verwiesen.

Das BFG forderte den Bf daraufhin auf, iSd vom BFG dargestellten Rechtsprechung den Nachweis zu erbringen, dass die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind und alle entsprechenden Beweismittel vorzulegen. Dass die Person des D. C. tatsächlich die str. Leistungen im Rahmen seines Unternehmens erbracht hat, konnte der Bf jedoch nicht nachweisen. Die vom FA näher dargestellten Manipulationen auf Kasseneingangsbelegen iZm dem Namen des D. C. lassen den Schluss zu, dass die Firma des D. C. (auch) als Scheinfirma verwendet wurde. Daher ist nicht erwiesen, dass ein tatsächlicher Leistungsaustausch zwischen dem Bf und der Firma des D. C. stattgefunden hat. Daran vermögen auch die zu Beginn der Geschäftsbeziehung abverlangten Dokumente nichts ändern; diese belegen zwar, dass eine Person des D. C. existiert, sagen aber nichts darüber aus, dass dieser die Leistungen an den Bf tatsächlich im Rahmen seines Unternehmens erbracht hat.

Rechtliche Beurteilung:

Vorsteuerabzug - materielle und formelle Voraussetzungen:

Gemäß § 2 Abs 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind als Vorsteuerbeträge abziehen.

Gemäß § 11 Abs 1 UStG 1994 ist ein Unternehmer, der Umsätze im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, soweit sie nicht Unternehmer ist, ausführt, verpflichtet, Rechnungen auszustellen.

Diese Rechnungen müssen die in § 11 UStG 1994 aufgezählten Angaben enthalten, u.a. die dem leistenden Unternehmer erteilte Umsatzsteueridentifikationsnummer, deren Gültigkeit vom Leistungsempfänger zu überprüfen ist.

Die genannten im UStG 1994 normierten Voraussetzungen für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges finden ihre Grundlage im unmittelbar anzuwendenden Unionsrecht der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG bzw der ab geltenden MwSt-SystemRL 2006/112 EG. Nach Art 2 Nr 1 der 6. MwSt-RL bzw Art 2 Abs 1 a) und c) MwSt-SystemRL 2006/112 EG unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.

Art 4 Abs 1 und 2 der 6. MwSt-RL (dem entsprechend Art 9 Abs 1 Unterabsätze 1 und 2 MwSt-SystemRL) bestimmt:

"Abs 1: Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
Abs. 2: Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst."

In Art. 10 Abs 1 und 2 der 6. MwSt-RL (dem entsprechend Art 63 - 66 MwSt-SystemRL) heißt es:
"Abs. 1: Im Sinne dieser Richtlinie gilt als
a) Steuertatbestand: der Tatbestand, durch den die gesetzlichen Voraussetzungen für den Steueranspruch verwirklicht werden;
b) Steueranspruch: der Anspruch, den der Fiskus nach dem Gesetz gegenüber dem Steuerschuldner von einem bestimmten Zeitpunkt ab auf die Zahlung der Steuer geltend machen kann, selbst wenn Zahlungsaufschub gewährt werden kann.
(2) Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird …"

Art 17 Abs 2 lit a der 6. MwStRL idF ihres Art 28f Nr 1 (dem entsprechend Art 168 lit a MwSt-SystemRL) bestimmt:
"Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden".

Nach Art 18 Abs 1 lit a der 6. MwStRL idF ihres Art 28f Nr 2 (dem entsprechend Art 178 lit a MwSt-SystemRL) muss der Steuerpflichtige eine gemäß Art 22 Abs 3 dieser Richtlinie ausgestellte Rechnung besitzen, um das Recht auf Vorsteuerabzug gemäß Art 17 Abs 2 lit a dieser Richtlinie ausüben zu können.

Der europäische Gerichtshof (EuGH) hielt in seinen Urteilen vom , C-277/14, PPUH Stehcemp und vom , C-516/14, Barlis, unter Verweis auf seine Rechtsprechung fest, dass das Recht der Steuerpflichtigen, von der von ihnen geschuldeten Mehrwertsteuer die Mehrwertsteuer abzuziehen, die für die von ihnen erworbenen Gegenstände und empfangenen Dienstleistungen als Vorsteuer geschuldet wird oder entrichtet wurde, ein fundamentaler Grundsatz des durch das Unionsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist. Dieses Recht ist integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Insbesondere kann es für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden. Durch die so eingeführte Regelung über den Vorsteuerabzug soll der Steuerpflichtige vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet somit die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck oder ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterliegen.

Zu den für die Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts erforderlichen materiellen Voraussetzungen geht aus dem Wortlaut von Art 17 Abs 2 Buchst a 6.MwStRL bzw Art 168 lit a MwSt-SystemRL hervor, dass, um dieses Recht geltend machen zu können, zum einen erforderlich ist, dass der Betroffene Steuerpflichtiger im Sinne dieser Richtlinie ist, und zum anderen, dass die zur Begründung dieses Rechts angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen vom Steuerpflichtigen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und dass diese Gegenstände oder Dienstleistungen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden (vgl in diesem Sinne Urteile Centralan Property, C-63/04, Rz 52, Tóth, C-324/11, Rz 26, und Bonik, C-285/11, Rz 29, sowie Beschluss Jagiello, C-33/13, Rz 27).

Im Hinblick auf die formellen Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug sieht Art 18 Abs 1 Buchst a der Sechsten Richtlinie vor, dass der Steuerpflichtige eine nach Art 22 Abs 3 dieser Richtlinie ausgestellte Rechnung besitzen muss. Gemäß diesem Art 22 Abs 3 Buchst b muss die Rechnung insbesondere die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gesondert ausweisen, unter der der Steuerpflichtige die Lieferung bewirkt hat, seinen vollständigen Namen und seine vollständige Anschrift sowie die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände.

Als Tenor seiner Entscheidungen hält der EuGH fest, dass der tragende Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer es erfordert, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat. Folglich dürfen die Abgabenbehörden, wenn sie über die Angaben verfügen, die für die Feststellung des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen erforderlich sind, hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Abzug dieser Steuer keine zusätzlichen Voraussetzungen aufstellen, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können (vgl in diesem Sinne Urteile vom , Nidera Handelscompagnie, C-385/09, Rz 42, vom , Kopalnia Odkrywkowa Polski Trawertyn P. Granatowicz, M. Wąsiewicz, C-280/10, Rz 43, sowie vom , Salomie und Oltean, C-183/14, Rz 58 und 59, sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Weiters führt der EuGH aus, dass das Erfüllen der in der Sechsten Richtlinie vorgesehenen materiellen und formellen Voraussetzungen, die für Entstehung und die Ausübung des Rechts maßgeblich sind, es mit der Vorsteuerabzugsregelung dieser Richtlinie nicht vereinen, einen Steuerpflichtigen, der weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in eine vom Lieferer begangene Steuerhinterziehung einbezogen war oder dass in der Lieferkette bei einem anderen Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, Mehrwertsteuer hinterzogen wurde, durch die Versagung dieses Rechts zu sanktionieren (vgl in diesem Sinne Urteile OptigenuA, C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Rz 51, 52 und 55, Kittel und Recolta Recycling, C-439/04 und C-440/04, Rz 44 bis 46 und 60, sowie Mahagében und Dávid, C-80/11 und C-142/11, Rz 44, 45 und 47).

Verfügt die Steuerverwaltung demnach über die Angaben, die für die Feststellung erforderlich sind, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind, so darf sie daher hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Abzug dieser Steuer keine zusätzlichen Voraussetzungen festlegen, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können.

Nach VwGH, Ro 2017/13/0021, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2016/15/0068, unter Bezugnahme insbesondere auf das Urteil des C-516/l4, Barlis 06, Rn. 42 bis 44, zum Ausdruck gebracht, dass aus dem Grundprinzip der Neutralität der Mehrwertsteuer folgt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt.

Daher darf die Steuerverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug in einem solchen Fall nicht verweigern, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen. ob die für das Vorsteuerabzugsrecht geltenden materiellen Voraussetzungen vorliegen.

Anders verhält es sich, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert hat, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden (vgl. C-590/13).

Sind die Angaben in der Rechnung fehlerhaft, ist ein Vorsteuerabzug nur dann zulässig, wenn die beschwerdeführende Partei den Nachweis erbringt, dass die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind (vgl. RV/7103086/2011). Die Beweislast liegt in diesem Fall bei der beschwerdeführenden Partei.

Sind die Angaben in der Rechnung fehlerfrei, kann der Unternehmer gemäß § 12 UStG 1988 die von anderen Unternehmern an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Wurde die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug.

Ad A.B.:

Die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug hinsichtlich der Rechnungsmerkmale liegen vor. Die UID Nummer des Leistenden war angegeben und wurde deren Gültigkeit durch den Bf regelmäßig überprüft und somit der Sorgfaltsplicht eines ordentlichen Kaufmanns Genüge getan. Dass die Gültigkeit der UID Nummer während einer laufenden, längeren Geschäftsbeziehung bei jedem einzelnen Geschäftsvorgang erneut überprüft werden muss, wäre überschießend und entspricht weder dem Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Kaufmanns noch der Verwaltungspraxis. Dass die Rechnungen die weiteren Rechnungsmerkmale des § 11 UStG 1994 enthalten, ist unstrittig.

Die Unternehmereigenschaft des A. B. wurde zu Beginn der Geschäftsbeziehung umfassend geprüft und es gab keinerlei Hinweise darauf, dass es sich bei A. B. um keinen Unternehmer iSd § 2 Abs 1 UStG 1994 handelt.

Dem Vorbringen der Amtspartei, A. B. sei Nichtunternehmer und zur Gänze in das Unternehmen des Bf bzw. der S.T. eingegliedert, ist aus den oben erwähnten Gründen nicht zu folgen.

Dass die Umsätze iZm Umsatzsteuerhinterziehungen stehen und der Bf davon hätte wissen müssen, ist nicht hervorgekommen.

Der in Höhe von EUR 18.872,40 geltend gemachte Vorsteuerabzug wird daher anerkannt und der Umsatzsteuerbescheid 2012 (die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 01-08/2012 richtet sich auch gegen den nachträglich erlassenen Umsatzsteuerjahresbescheid 2012) insoweit abgeändert.

Ad D.C.:

Die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug liegen nicht vor, da die UID-Nummer zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs ungültig war.

Der Bf konnte den Nachweis nicht erbringen, dass alle materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind, da auf Grund der vom FA aufgezeigten Unregelmäßigkeiten erhebliche Zweifel bestehen, ob es sich bei der Person des D. s um einen real existierenden Unternehmer handelt, der im Rahmen seines Unternehmens die str. Leistungen erbracht hat.

Die auf diese Rechnungen entfallende Vorsteuer iHv 1.539,81 wurde daher vom FA zu Recht nicht anerkannt.

Ergebnis:

Der Umsatzsteuerbescheid 2012 wird iS obiger Ausführungen abgeändert. Die Vorsteuer laut BFG beträgt 28.821,64 + 18.872,40 = 47.694,04

Darüber hinaus wird der Umsatzsteuerbescheid 2012 für endgültig erklärt, da der Grund für die vorläufige Festsetzung durch die vorliegende Beschwerdeentscheidung wegfällt.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegenständliches Erkenntnis folgt der Rechtsprechung des VwGH bzw. handelt es sich um Feststellungen auf der Sachverhaltsebene, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Der Umsatzsteuerbescheid 2012 wird abgeändert wie folgt (Beträge in Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen
283.579,46
Eigenverbrauch
+ 500,00
Gesamtbetrag der stpfl. Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch
284.079,46
Davon 20% Normalsteuersatz
Umsatzsteuer 56.815,89
Summe Umsatzsteuer
56.815,89
Gesamtbetrag der Vorsteuern
47.694,04
Zahllast
9.121,85
Festgesetzte Umsatzsteuer
9.121,85

Wien, am

[...]

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
SystemRL, RL 92/12/EWG, ABl. Nr. L 76 vom S. 1
§ 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 2 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 11 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103249.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at