Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2021, RV/7102456/2018

Vergebührung von Mietvertrag bei beidseitigem Kündigungsverzicht

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2616/2021 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Gebühren , Erf.Nr. 506.142/2017, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , in Anwesenheit der Schriftführerin ***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

I.1. Bescheidverfahren

Mit Bescheid vom wurde von der belangten Behörde betreffend den zwischen der beschwerdeführenden Gesellschaft und der *** abgeschlossenen Mietvertrag vom über die Liegenschaft ***, die Gebühr gem. § 33 TP 5 GebG mit 298.997,47 Euro festgesetzt.

Zur Begründung führte diese aus, dass die Festsetzung auf Grund der unrichtigen Selbstberechnung gemäß § 201 Abs. 2 Z 1 BAO von Amts wegen erfolge. Anlässlich der durchgeführten Überprüfung der Selbstberechnung sei bei dem gegenständlichen Mietvertrag festgestellt worden, dass nicht ein Vertrag auf unbestimmte Dauer, sondern ein Vertrag auf bestimmte Dauer und darüber hinaus auf unbestimmte Dauer vorliege.

Der Mietvertrag werde auf unbestimmte Dauer geschlossen. Die Vermieterin verzichte 20 Jahre auf die Ausübung ihres Kündigungsrechtes. Sie sei berechtigt, den Vertrag aus den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Gründen zu beenden. Die Mieterin verzichte 15 Jahre auf die Ausübung ihres Kündigungsrechtes. Die Möglichkeit der Vertragsauflösung gem. § 1117 und § 1118 ABGB würden im § 3 Punkt 4. des Vertrages geregelt. Im § 6 des Mietvertrages würde ein Untervermiet-/Weitergaberecht vereinbart.

Nach der Judikatur des VwGH bestehe das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege stehe. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstelle, sei eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden müsse.

Grundsätzlich stelle die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, sodass in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen sei. Seien jedoch nicht alle Kündigungsgründe auf den Sachverhalt anwendbar oder sei die Chance der Realisierung der Beendigungsgründe äußerst gering, sei anzunehmen, dass die Kündigungsmöglichkeiten ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit nach nicht umfassender Natur seien () und die Vertragsteile für eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein wollten.

Auch Kündigungsmöglichkeiten, die von einem schuldhaften Verhalten des anderen Vertragspartners abhängig seien bzw. grobes Fehlverhalten voraussetzen, würden nicht zu einer Vertragsauflösung aufgrund einer freien Entscheidung () führen.

Auch gelte es, dass nicht allein durch die Anführung der Gründe des § 30 Abs 2 MRG die grundsätzlich vereinbarte Bindung der Vertragsparteien im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG auflebe. Es sei auf den erklärten Vertragswillen und nicht bloß auf die Erklärung abzustellen.

Die Rechtspositionen der Vertragsparteien würden zusätzlich auch noch durch die Verbücherung des Mietvertrages (Bestandrecht bis ) abgesichert.

Im gegenständlichen Fall sei die Mieterin berechtigt, den Bestandgegenstand im Wege der Untervermietung entgeltlich oder unentgeltlich an verbundene Unternehmen oder an sonstige Dritte unter zu vermieten. Dadurch werde die Mieterin jedoch nicht in die Lage versetzt, den Bestandvertrag auszulösen. Ebenso wenig berechtige die Übertragung der Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag auf Dritte, die Mieterin zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung. Im Gegensatz zu einem Präsentationsrecht, bei dem der Bestandvertrag mit dem ersten Bestandnehmer durch Kontrahieren des Bestandgebers mit dem präsentierten Nachfolger aufgelöst werde, könne bei vorweg erteilter Zustimmung die Rechtsstellung aus dem Bestandverhältnis ohne Mitwirkung des jeweils anderen Vertragspartners übertragen werden und es bedürfe dazu nicht den Abschluss eines neuen Bestandvertrages. Es würden nur die Rechte weitergegeben.

Insgesamt betrachtet, seien die den Vertragspartnern innerhalb der ersten fünfzehn Jahre zustehenden Auflösungs- bzw. Kündigungsmöglichkeiten sohin nicht von umfassender Natur, sodass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Bestandvertrages nicht gegeben sei. Dementsprechend seien die wiederkehrenden Leistungen- ausgehend von einem zunächst auf die bestimmte Dauer von fünfzehn Jahren abgeschlossenen und danach auf unbestimmte Zeit verlängerten Bestandvertrag - mit dem 18-fachen Jahreswert zu bewerten gewesen.

Im Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass auch die im Mietvertrag vereinbarte Verpflichtung zum Abschluss einer Betriebshaftpflicht- bzw. Betriebsunterbrechungsversicherung zum Wert iSd § 33 TP 5 GebG 1957 gehöre. Es sei daher auch die im gegenständlichen Fall im § 11 des Vertrages eingegangene Verpflichtung für die vereinbarte Dauer zu berücksichtigen.

Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen gewesen. Auch könnten die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden. Daher sei dem Gesetzeszweck, mittels einer Erlassung eines rechtmäßigen Sachbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen gewesen.

I.2. Beschwerde

Mit Schreiben vom brachte die anwaltliche Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft dagegen Beschwerde ein und führte zunächst aus, dass der Bescheid mangelhaft begründet sei. Außerdem sei die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts durch die belangte Behörde unrichtig. Im Wesentlichen brachte sie folgende Punkte vor:

Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur bestehe das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandsverträgen darin, ob die Vertragsteile über eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder eben gerade nicht; dies losgelöst von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung. Ein Bestandvertrag sei auch dann als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen anzusehen, wenn zwar ein Endtermin vereinbart worden sei, jedoch zumindest ein Vertragspartner in der Lage sei, den Vertrag vor Ablauf der Vertragsdauer beliebig aufzulösen.

Der vorliegende Mietvertrag sei auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden (wenn auch mit beidseitigem Kündigungsverzicht). Daher sei auch von einem solchen Vertrag auf unbefristete Dauer auszugehen und somit von einer Bemessungsgrundlage von drei Jahren.

Aufgrund der Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG hätte die belangte Behörde im vorliegenden Fall keine Prüfung bzw. Abwägung der Kündigungsgründe vornehmen dürfen, sondern hätte automatisch einen unbefristeten Vertrag annehmen müssen. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass der VwGH Mietverträge mit einer Beschränkung auf bestimmte Kündigungsgründe nicht per se als befristet qualifiziere, sondern ausführe, dass dies eine Frage sei, die nach Gewicht und der Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden müsse.

Die belangte Behörde hätte daher unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zum Ergebnis gelangen müssen, dass ein unbefristeter Vertrag vorliege, da weder pekuniäre Folgen an eine vorzeitige Beendigung geknüpft seien, noch die Kündigungsrechte in irgendeiner Form beschränkt worden seien.

I.3. Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde von der belangten Behörde als unbegründet zurückgewiesen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, sodass in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen sei (; , ).

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstelle, sei eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden müsse (; , ).

Nach § 3 des Vertrages sei dieser auf unbestimmte Dauer geschlossen worden. Die Vermieterin verzichte für die ersten 20 Jahre auf die Ausübung ihres Kündigungsrechts, sei jedoch berechtigt, den Mietvertrag aus den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Gründen zu beenden. Die Mieterin verzichte für die ersten 15 Jahre auf die Ausübung ihres Kündigungsrechtes. Die Möglichkeit der vorzeitigen Vertragsauflösung durch die Vertragsparteien gemäß § 1117 und § 1118 ABGB bleibe unberührt. Das Mietverhältnis könne insbesondere aus den in § 3 Z 4 des Vertrages genannten Gründen (betrifft Verletzung der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses und erheblich nachteiligen Gebrauch des Mietobjektes) sofort aufgelöst werden.

Für die Dauer von 15 Jahren wirke für beide Vertragsparteien der jeweils abgegebene Kündigungsverzicht, womit nach der Rechtsprechung des VwGH der gegenständliche seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandvertrag grundsätzlich als zunächst auf die bestimmte Dauer von 15 Jahren abgeschlossener und danach auf unbestimmte Zeit laufender Bestandvertrag anzusehen sei. Allerdings gelte es im Sinne der Rechtsprechung des VwGH auch zu überprüfen, ob der gegenständliche Bestandvertrag innerhalb der ersten 15 Jahre einseitig beendet werden könne und ob diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt sei. Diese Frage müsse nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall beantwortet werden.

Die Möglichkeit der Vermieterin den Mietvertrag (auch während des aufrechten Kündigungsverzichtes) aus den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Gründen zu beenden sei wie folgt zu bewerten:

§ 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8, und 16 MRG würden die Vermietung von Wohnräumen voraussetzen. Da im vorliegenden Fall eine Geschäftsfläche vermietet werde, würden diese Ziffern nicht in Betracht kommen. § 30 Abs. 2 Z 2 MRG komme nicht zur Anwendung, weil die Gegenleistung nicht in einer Dienstleistung bestehe. § 30 Abs. 2 Z 10 MRG greife ebenso nicht, da der Bestandgegenstand nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten bestimmt sei. § 30 Abs. 2 Z 11 MRG komme nicht in Betracht, da die Vermieterin keine Körperschaft öffentlichen Rechts sei. § 30 Abs. 2 Z 12 MRG greife nicht, da das vorliegende Bestandverhältnis kein Untermietverhältnis sei. § 30 Abs. 2 Z 13 MRG sei kein eigenständiger Kündigungsgrund, sondern sehe vielmehr die Möglichkeit der Vereinbarung von weiteren Kündigungsgründen vor. Die Realisierung der in § 30 Abs. 2 Z 14 und Z 15 MRG angeführten Gründe sei in Ansehung des Bestandgegenstandes (kein Miethaus) nicht denkbar. § 30 Abs. 2 Z 1, 3, 4 und 7 MRG würden ein Fehlverhalten des Mieters voraussetzen und seien damit dem Einfluss der Vermieterin entzogen. Die Verwirklichung des Kündigungsgrundes des § 30 Abs. 2 Z 9 MRG sei - obwohl die Vermieterin eine juristische Person sei - zwar theoretisch denkbar, es handele sich jedoch um ein auf einzelne Fälle beschränktes Kündigungsrecht, dessen Verwirklichung äußerst unwahrscheinlich erscheine (vgl. , und vom , RV/7100225/2012).

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die der Vermieterin tatsächlich offenstehenden Kündigungsmöglichkeiten im Wesentlichen ein vertragswidriges (Fehl)verhalten der Mieterin voraussetzen würden und damit dem Einfluss der Vermieterin entzogen seien. Die Vertragsparteien könnten den Vertrag während der ersten 15 Jahre - selbst unter Bedachtnahme auf die im Vertrag der Vermieterin eingeräumten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG - keinesfalls jederzeit aus freien Stücken einseitig beenden, sodass aus gebührenrechtlicher Sicht ein zunächst auf die bestimmte Dauer von 15 Jahren abgeschlossener und danach auf unbestimmte Zeit laufender Bestandvertrag abgeschlossen worden sei (vgl. auch die Erkenntnisse des /2012, vom , Rv/5100710/2015, vom , Rv/7105923/201520.02.2017, und vom , RV/7100225/2012).

Aus dem Urkundeninhalt ergebe sich zudem völlig unzweifelhaft, dass es sich um ein Weitergaberecht handele, das nicht zu einer unbestimmten Vertragsdauer im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG führe. Der vorliegende Bestandvertrag enthalte keine Regelungen, nach denen der Vermieter etwa verpflichtet wäre unter gewissen Bedingungen mit einem vom Mieter vorgeschlagenen geeigneten Dritten (nach Vertragsauflösung) einen neuen Bestandvertrag abzuschließen. Dass nach § 7 Abs. 2 des Vertrages die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag auf allfällige Rechtsnachfolger der Vertragsparteien übergehen würden bzw. auf diese erforderlichenfalls zu überbinden seien, vermöge die Rechtsmeinung der Beschwerdeführer nicht zu stützen. Es stelle ein Wesensmerkmal des Weitergaberechtes dar, dass der Bestandnehmer das Recht habe, durch bloße Erklärung alle Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis auf einen Dritten mit der Wirkung zu übertragen, dass dieser an seiner Stelle Bestandnehmer werde, ohne dass es einer (weiteren) Erklärung des Bestandnehmers bedürfe.

I.4. Vorlageantrag

Mit Schreiben vom ersuchte die anwaltliche Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft um Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Zur Begründung führte sie zusammengefasst ergänzend aus, dass im vorliegenden Mietvertrag das gesetzliche Regelungswerk des § 30 Abs 2 MRG im vollen Umfang vereinbart worden sei. Nach dem klaren Wortlaut der Gebührenrichtlinien des BMF sowie der Rechtsprechung des VwGH führe die Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG zur gebührenrechtlichen Qualifizierung des Mietvertrages als auf "unbestimmte" Zeit abgeschlossen. Es bedürfe in einem solchen Fall keiner weiteren Prüfung bzw. Abwägung der Kündigungsgründe.

Darüber hinaus seien die im Zuge der Prüfung des Gewichts und der Wahrscheinlichkeit der Kündigungsgründe vorgenommenen Schlüsse der belangten Behörde unrichtig.

Die belangte Behörde vertrete hierbei die Rechtsaufsicht, dass die Kündigungsgründe des MRG primär für Wohnungsmiete konzipiert worden seien und daher inhaltlich nicht für Geschäftsräumlichkeiten gelten würden. Daraus werde abgeleitet, dass eben nicht alle denkmöglichen Kündigungsgründe vereinbart worden seien und daher ein Vertrag auf bestimmte Dauer vorliegen würde. Diese Rechtsansicht sei falsch und führe zu einer systemwidrigen Ungleichbehandlung.

Bei unbefristeten Mietverträgen sei gerade keine Gewichtungs- und Wahrscheinlichkeitsprüfung vorzunehmen. Eine solche sei auch sinnwidrig, da die Kündigungsgründe der §§ 29ff MRG im Voll- und Teilanwendungsbereich zwingender Natur seien. Der historische Gesetzgeber habe die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG für Wohnungs- und Geschäftsraummieten festgelegt. Sofern daher bestimmte Kündigungsgründe auf Geschäftsräumlichkeiten nicht anwendbar seien, so könne dies nicht den Vertragsparteien angelastet werden. Dies gelte umso mehr, als eine Erweiterung der Kündigungsmöglichkeiten nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nur sehr eingeschränkt möglich sei.

Bei richtiger Rechtsansicht hätte die belangte Behörde daher den Verweis auf "alle denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG" als "alle für Geschäftsräumlichkeiten denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG" lesen müssen. Die belangte Behörde hätte daher von einem aus gebührenrechtlicher Sicht unbefristeten Vertrag ausgehen und eine dreijährige Bemessungsgrundlage heranziehen müssen.

Mit Schreiben vom zog die beschwerdeführende Gesellschaft den Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurück.

I.5. Mündliche Verhandlung

In der mündlichen Verhandlung am wurde zunächst mit den Verfahrensparteien folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Mit Vertrag vom wurde zwischen der *** und der beschwerdeführenden Gesellschaft ein Mietvertrag betreffend die verfahrensgegenständliche Liegenschaft an der Adresse ***, abgeschlossen. Die ***, die grundbücherlicher Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft ist, und die beschwerdeführende Gesellschaft sind konzernverbundene Unternehmen. Bei der gegenständlichen Liegenschaft handelt es sich um ein Grundstück mit einem darauf neu errichteten Betriebsgebäude, das aus drei selbstständigen Einrichtungen besteht: Bürotrakt, Werkzeugwartung und Produktionshalle. Es handelt sich dabei um drei separat betretbare und abgeschlossene Bereiche. Die beschwerdeführende Gesellschaft legte dem BFG und der belangten Behörde diesbezüglich einen Plan aus "Niederösterreich Atlas" zur Illustration vor.

Die Beschwerde der beschwerdeführenden Gesellschaft richtet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, dass der Mietvertrag als befristeter Vertrag anzusehen sei; die beschwerdeführende Gesellschaft geht davon aus, dass ein unbefristeter Vertrag vorliegt. Die Berechnung der belangten Behörde an sich wird nicht beeinsprucht.

Die anwaltliche Vertreterin der beschwerdeführenden Gesellschaft führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass auf Basis des vorliegenden Sachverhaltes festzuhalten sei, dass das MRG teilweise zur Anwendung komme, da kein Ausnahmetatbestand vorliege. Insbesondere die Ausnahme für Liegenschaften auf denen nur eine oder zwei Objekte zur Vermietung gelangen, sei nicht anwendbar. Daher habe die Vermieterin nur die Möglichkeit der Vereinbarung der Kündigungsgründe gem. § 30 Abs. 2 MRG gehabt.

Der steuerliche Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft legte dem BFG und der belangten Behörde einen ergänzenden Schriftsatz samt 10 Beilagen vor und erläuterte diesbezüglich, dass zum Zeitpunkt der Durchführung der Selbstberechnung der Gebührenschuld eine eindeutige, vom Wortlaut des Gesetzes weit abweichende Rechtslage, vorgelegen habe. Zunächst habe sich die Verwaltungspraxis geändert, danach die Rechtsprechung durch BFG und VwGH und das ohne Mitwirkung gesetzgebender Organe bzw. identisch bleibender Rechtslage.

Der steuerliche Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft erläuterte dann den ergänzenden Schriftsatz. Es sei zu beachten, dass zwischen den Vertragsparteien aufgrund des Wortlauts des Vertrages ausdrücklich der Abschluss eines Mietvertrags auf unbestimmte Dauer erfolgen sollte. Als Kündigungsgründe seien einerseits sämtliche Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG als auch zusätzliche Auflösungsgründe wie ein Weitergaberecht vereinbart worden.

In den letzten Jahren sei die Verwaltungspraxis zur Beurteilung von Mietverträgen, die ähnlich wie der vorliegende Mietvertrag gestaltet sind, zunächst vereinzelt geändert worden. Danach habe sich diese neue Beurteilung mehr und mehr durchgesetzt und sei schließlich in mehr als 50 Entscheidungen des BFG gemündet und habe schließlich auch zu Änderungen in der Rechtsprechung des VwGH geführt. Dies sei verfassungsrechtlich bedenklich. Beispielsweise werde nunmehr danach unterschieden, ob es sich um Wohnraum- oder Geschäftsraummiete handle, wobei zu beachten sei, dass die in der Vergangenheit getroffenen VwGH Entscheidungen alle Fälle von Geschäftsraummieten betroffen haben. Dennoch habe der VwGH in der Ra 2019/16/0182 nun eine neue Formel entwickelt, wonach auch bei Vorsehung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG eine Beurteilung nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit der Realisierung dieser Gründe durchzuführen sei. Es sei jedoch festzuhalten, dass die vorgesehenen Kündigungsgründe sich eindeutig aus dem jeweiligen Vertrag ergeben würden.

Der Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft halte daher fest, dass damit eindeutig eine geänderte Rechtsprechung vorliege. Dies sei aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich, da auch der Gesetzgeber strengen Beschränkungen bei der Erlassung neuer, rückwirkender Vorschriften unterliege. Es könne daher nicht sein, dass allein aufgrund der Änderung der Verwaltungspraxis eine rückwirkende Änderung zu Lasten der Steuerpflichtigen erfolge.

Abschließend sei festzuhalten, dass das Verfassungsrecht jedenfalls eine klare Bestimmung der einzelnen Rechtsvorschriften erfordere. Dies liege eindeutig in der vorliegenden Rechtsache bzw. dem dieser zugrundeliegenden Rechtsproblematik der Beurteilung von Geschäftsraummieten mit Kündigungsverzicht, nicht vor.

Die anwaltliche Vertreterin der beschwerdeführenden Gesellschaft legte dem BFG und der belangten Behörde einen zweiten ergänzenden Schriftsatz vor, der insbesondere die verfassungsrechtlichen Bedenken näher ausführe. Das Determinierungsgebot sei zu beachten, der Normunterworfene müsse aus dem Gesetz erkennen können, wie er sich zu verhalten habe. Es könne nicht sein, dass die rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes zu einer Denksportaufgabe ausarte. Der VfGH habe dies auch schon klar ausgesprochen. Zum Zeitpunkt der Durchführung der Selbstberechnung sei eine klare Rechtsprechung vorgelegen, und auch die Verwaltungspraxis sei auf Basis der Gebührenrichtlinie einheitlich gewesen. Dies liege nunmehr nicht mehr vor.

Wohn- und Geschäftsraummiete würden zudem ungleich behandelt. Gemäß den Bestimmungen des MRG könne die beschwerdeführende Gesellschaft nur beschränkt Kündigungsgründe vorsehen. Dennoch erfolge die Beurteilung der Frage, ob ein unbefristeter oder befristeter Mietvertrag vorliege auf Basis der vereinbarten Kündigungsgründe. Die jetzige Verwaltungspraxis führe dazu, dass Vermieter, die den Einschränkungen der Vereinbarung von Kündigungsgründen gem. dem MRG unterworfen seien, schlechter gestellt seien als jene, die diesen Einschränkungen nicht unterliegen. Dies alles wie schon ausgeführt vor unveränderter Rechtslage.

Der Vertreter der belangten Behörde führte aus, dass die Begründung für die Beurteilung des vorliegenden Mietvertrags als befristet im gegenständlichen Bescheid bzw. der BVE bereits ausführlich dargelegt worden sei. Die Beurteilung des Sachverhaltes sei vor dem Hintergrund der aktuellen Judikatur erfolgt und aus Sicht der belangten Behörde nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Es sei zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Sachverhalt auch der Mieter (die beschwerdeführende Gesellschaft) einen Kündigungsverzicht abgegeben habe. Der Mieter unterliege dabei nicht dem strengen Bestandschutz des MRG. Wenn kein Kündigungsverzicht des Mieters erfolgt wäre, wäre der Mietvertrag gebührenrechtlich anders zu beurteilen gewesen.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags bzw. der Selbstberechnung habe es schon entsprechende Judikatur gegeben, die zu der Beurteilung des Mietvertrages als befristet durch die belangte Behörde geführt habe. Dies sei der beschwerdeführenden Gesellschaft auch bekannt gewesen, wie sich aus einer entsprechenden Korrespondenz der beschwerdeführenden Gesellschaft ergebe, die elektronisch dem BFG vorgelegt worden sei.

Vom steuerlichen Vertreter wurde entgegnet, dass der Vertrag anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn der Mieter keinen Kündigungsverzicht abgegeben hätte, sei festzuhalten, dass die Beurteilung eines Sachverhaltes nicht aufgrund von anderen Gestaltungsmöglichkeiten erfolgen dürfe. Es sei klar, dass die Mietvertragsgebühr insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es sich um zwei Konzernunternehmen handle, auch durch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten komplett vermieden hätte werden können. Die spezielle Problematik im vorliegenden Sachverhalt liege in der Rückwirkung. Wenn Änderungen für die Zukunft erfolgen, könne sich der Steuerpflichtige entsprechend darauf einstellen.

Zum letzten Punkt betreffend die Korrespondenz sei festzuhalten, dass im Zeitpunkt der Selbstberechnung nur Judikatur des BFG vorgelegen habe. Die beschwerdeführende Gesellschaft sei davon ausgegangen, dass die bisherige Rechtsprechung des VwGH eindeutig sei und auch unverändert bleiben würde, da die Argumentation des BFG aus Sicht der beschwerdeführenden Gesellschaft völlig unhaltbar gewesen sei. Außerdem sei zu beachten, dass die entsprechende Judikatur des BFG zu Sachverhalten ergangen sei, die sich von den vorliegenden Verfahren wesentlich unterschieden hätten. Insbesondere sei in den entsprechenden Verträgen dem Wortlaut nach ein Mietvertrag von bestimmter Dauer vereinbart worden und nicht wie im Vorliegenden ein Vertrag unbestimmter Dauer. Man habe das Gefühl, dass der Steuerpflichtige vor dem Hintergrund der unveränderten "Rechtsvorschriften", insbesondere Rz 705 GebRL, bewusst in die Falle gelockt werden sollte.

I.6. Weitere Vorbringen

Mit E-Mail vom ergänzte der steuerliche Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft sein Vorbringen und übermittelte eine Entscheidung des VwGH aus den 70er Jahren, in welcher der VwGH sinngemäß festgehalten habe, dass die Beurteilung, ob ein Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer vorliege, nicht mehr aufgrund des Gesetzes vorgenommen werden könne, sondern diesbezüglich die Rrechtsprechung des VwGH zu studieren sei. Es handele sich dabei um die Entscheidung vom , 2163/74, in der sich der VwGH auch schon mit den Ausführungen von Arnold im AnwBl 1974 zu dem Thema § 19 Abs. 2 MietenG versus einzeln bestimmt bezeichnete Gründe auseinandersetze.

Mit E-Mails vom 13. und ergänzte der steuerliche Vertreter sein Vorbringen erneut. Im Hinblick auf die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Rechtsprechung wolle er jedenfalls auch schriftlich noch kurz festhalten, dass der , E 1740/2017, mit dem der VfGH die Behandlung der vorgelegten Beschwerden abgelehnt habe, bekannt sei. Es sei aber auch bekannt, dass die Widersprüchlichkeiten in den Erwägungen der neuen Rechtsprechungslinie des BFG in diesen Beschwerden nicht so klar herausgearbeitet worden seien (bzw. mangels damaligen Vorliegens zB der E Ra 2019/16/0182 auf entsprechend widersprüchliche VwGH-Erwägungen noch gar nicht eingegangen werden habe können), wie das bis dato schon geschehen sei und im Fall des Erfordernisses einer (neuerlichen) VfGH-Beschwerde noch weiter geschehen werde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am schloss die beschwerdeführende Gesellschaft mit der konzernverbundenen *** einen Mietvertrag über die Liegenschaft ***. Bei der gegenständlichen Liegenschaft handelt es sich um ein Grundstück mit einem darauf neu errichteten Betriebsgebäude, das aus drei selbstständigen Einrichtungen besteht: Bürotrakt, Werkzeugwartung und Produktionshalle. Es handelt sich dabei um drei separat betretbare und abgeschlossene Bereiche.

Der verfahrensgegenständliche Mietvertrag weist auszugsweise folgenden Inhalt auf:

"§ 2 Mietzweck

2.1 Die Vermietung des Mietgegenstandes erfolgt zu unternehmerischen Zwecken, […].

§ 3 Mietdauer

3.1 Der Mietvertrag beginnt mit und wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Der Mietvertrag kann vom Vermieter unter Einhaltung einer Frist von 36 Monaten zum Quartalsende und vom Mieter unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum Quartalsende mittels eingeschriebenen Briefes gekündigt werden.

3.2 Der Vermieter verzichtet für die ersten 20 Jahre (sohin bis einschließlich ) auf die Ausübung seines Kündigungsrechtes. Der Vermieter ist jedoch jederzeit berechtigt, den Mietvertrag aus den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Gründen zu beenden.

3.3 Der Mieter verzichtet für die ersten 15 Jahre (sohin bis einschließlich ) auf die Ausübung seines Kündigungsrechtes.

3.4. Die Möglichkeit zur vorzeitigen Vertragsauflösung durch die Vertragsparteien gemäß § 1117 und § 1118 ABGB bleibt von den vorstehenden Bestimmungen unberührt. Das Mietverhältnis kann insbesondere sofort aufgelöst werden:

a) Bei Nichtzahlung oder nicht gänzlicher Bezahlung dreier aufeinanderfolgender Monatsmieten trotz zweifacher schriftlicher Mahnung […].

b) Bei erheblich nachteiligem Gebrauch des Mietobjektes (wie beispielsweise bei Verursachung erheblicher Kontaminationen der Liegenschaft oder Lagerung von Sondermüll in erheblichem Ausmaß) trotz schriftlicher Mahnung und Setzung einer angemessenen Nachfrist.

§ 4 Mietzins

4.1 Der monatlich zu entrichtende Mietzins setzt sich zusammen aus dem Hauptmietzins, den Betriebskosten und der Umsatzsteuer in der gesetzlichen Höhe. […]

Der monatliche Mietzins beträgt daher in Summe EUR 100.422,- zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer von derzeit 20%.

[…] Das laufende monatliche Akonto für die Betriebskosten bei Abschluss dieses Mietvertrags betragen derzeit EUR 12.000,- zuzüglich 20% Umsatzsteuer. […].

[…]

4.7 Der Mieter bestätigt, den Mietgegenstand ausschließlich (ausgenommen in geringfügigem Ausmaß, sofern dies für die Umsatzsteueroption unschädlich ist - derzeit Bagatellgrenze von 5%) für Umsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug beim Vermieter nicht ausschließen. […]

§ 5 Baukostenzuschuss

5.1 Der Mieter hat dem Vermieter am einen Investitionszuschuss in Höhe von EUR 301.266,- (entspricht drei Monatsmieten exkl Betriebskosten) zzgl einer allfälligen Umsatzsteuer auf ein von diesem schriftlich bekannt zu gebendes Konto sowie nach Legung einer Rechnung zu überweisen.

[…]

§ 7 Untervermietung / Weitergabe

7.1. Der Mieter ist berechtigt, den Mietgegenstand zur Gänze oder zum Teil, entgeltlich oder unentgeltlich an verbundene Unternehmen gemäß § 228 Abs. 2 UGB bzw. § 15 AktG oder sonstige Dritte unterzuvermieten (Untervermietrecht).

7.3 […] Beide Vertragsparteien verzichten hiermit aus diesem Grund ausdrücklich auf ein vorzeitiges Kündigungsrecht gemäß § 1120 ABGB.

§ 11 Versicherung

11.1 Der Mieter verpflichtet sich, eine Betriebshaftpflichtversicherung in angemessenem Umfang für das im Mietgegenstand betriebene Unternehmen abzuschließen.

11.2 Die Gebäude werden in Rücksprache mit dem Mieter durch den Vermieter auf die üblichen Risiken versichert. Die daraus resultierenden Kosten sind Teil der Betriebskosten und werden im Rahmen der Betriebskostenabrechnung durch den Mieter gezahlt.

[…]"

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie den Erhebungen in der mündlichen Verhandlung und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Vorweg wird hinsichtlich des diesbezüglichen Beschwerdevorbringens festgehalten, dass gemäß herrschender Rechtsprechung ein Begründungsmangel im Rechtsmittelverfahren saniert werden kann und im gegenständlichen Verfahren im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung auch erfolgt ist (z.B. , , 2001/13/0281, 0282 vgl. ).

Gemäß § 33 TP 5 Abs 1 Z 1 des Gebührengesetzes 1957 (GebG) unterliegen Bestandverträge im Allgemeinen einer Gebühr nach dem Wert in Höhe von einem Prozent. Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen gemäß § 33 TP 5 Abs 2 GebG auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.

Nach § 33 TP 5 Abs 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.

Für die Festsetzung der Gebühren ist gemäß § 17 Abs 1 GebG der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird gemäß § 17 Abs 2 GebG bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Sofern die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, kann gemäß § 201 Abs 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) nach Maßgabe des Abs 2 und muss nach Maßgabe des Abs 3 eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

In § 30 Abs. 2 MRG wird Folgendes festgehalten:

"(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteilerwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personenvertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessender bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatzbeschafft wird."

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass es sich beim Mietvertrag um einen Bestandvertrag iSd § 33 TP 5 Abs. 1 GebG handelt. Ebenso wurden keine Einwände gegen die Berechnung der Mietvertragsgebühr an sich erhoben. Strittig ist jedoch, ob ein Mietvertrag mit bestimmter oder unbestimmter Dauer vorliegt.

Zum vereinbarten Kündigungsverzicht

Im gegenständlichen Fall haben die Vertragsparteien der Bezeichnung nach ein unbefristetes Mietverhältnis vereinbart. Entsprechend obiger Feststellungen verzichtet die Mieterin jedoch vertraglich für einen Zeitraum von 15 Jahren und die Vermieterin für einen Zeitraum von 20 Jahren auf die ordentliche Kündigung des Vertrages. Die Vermieterin kann entsprechend der in den obigen Feststellungen dargestellten vertraglichen Vereinbarung den Vertrag aus den Gründen des § 30 Abs 2 MRG sowie aus den Gründen der §§ 1117 und 1118 ABGB mit sofortiger Wirkung aufkündigen.

In seinem Beschluss vom , Ra 2019/16/0182 führt der VwGH folgendes aus:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht entgegensteht. Ein nach seinem Wortlaut auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist als ein Vertrag auf vorerst bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist. Die Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, weshalb in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. , und ).

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. und 0112).

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. , mwN).

Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. auch nochmals und 0112; )."

Beschwerdegegenständlich sind dem Vertragswortlaut nach sämtliche Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG (sowie die Gründe nach §§ 1117 und 1118 ABGB) vereinbart worden, was grundsätzlich zu keiner ausreichenden Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten und derart zur Annahme eines Vertrages auf unbestimmte Zeit führen würde (vgl ). Doch spricht der VwGH klar aus, dass auch bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser Gründe zum Ergebnis führen kann, dass von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen ist (vgl ).

Bei den meisten der gegenständlich vereinbarten Kündigungsgründe ist eine Realisierung entsprechend der obigen Feststellungen entweder faktisch nicht möglich (weil keine Wohnraummiete vorliegt, das Mietentgelt nicht in einer Dienstleistung besteht, keine Arbeiter oder sonstigen Angestellten untergebracht werden, keine Gebietskörperschaft involviert ist, kein Untermietverhältnis vorliegt bzw kein Miethaus vorliegt) oder aber setzt sie eine grobes Fehlverhalten der Mieterin voraus (Mietzinsrückstand, erheblich nachteiliger Gebrauch oder rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten, Untervermietung, vertragswidrige Verwendung, bzw die im Vertrag aufgezählten Kündigungsgründe sowie die Kündigungsgründe nach den §§ 1117 und 1118 ABGB).

Jene Gründe, die sich zwar dem Wortlaut nach vereinbart finden, deren Realisierung jedoch mangels gegenständlicher Anwendbarkeit ohnehin nicht möglich ist, sind dementsprechend nicht weiter in Betracht zu ziehen.

Hinsichtlich jener Gründe, die ein grobes Fehlverhalten der Mieterin voraussetzen, ist auszuführen, dass diese jeglichem Einfluss der Vermieterin entzogen sind. Sie können von dieser nicht aufgrund eigener freier Entscheidung ins Treffen geführt werden. Handelt die Mieterin vertragskonform bzw. beseitigt sie nach Aufforderung der Vermieterin einen vorliegenden Kündigungsgrund, so steht die Kündigungsmöglichkeit nicht zu. Mangels Möglichkeit einer Vertragsauflösung aufgrund freier Entscheidung, können somit auch diese Gründe gegenständlich nicht weiter in Betracht gezogen werden (vgl ).

Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z. 14 MRG würde voraussetzen, dass eine ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses aus den (erhöhten) Hauptmietzinsen nicht auf Dauer sichergestellt werden kann und dass eine baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt wird. Es liegt keinerlei Anhaltspunkt dafür vor, dass diese Voraussetzungen auf die gegenständliche Liegenschaft im Vertragszeitraum zutreffen werden, vielmehr handelt es sich gemäß den Feststellungen um neu erreichtete Gebäude.

Auch die Verwirklichung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG erscheint äußerst unwahrscheinlich, setzt dieser doch eine Abtragung oder einen Umbau des Miethauses im öffentlichen Interesse voraus.

Es verbleibt somit bloß der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs nach § 30 Abs 2 Z 9 MRG, der grundsätzlich auch von juristischen Personen geltend gemacht werden kann. Dies jedoch bloß unter der Voraussetzung, dass die vermieteten Räumlichkeiten zur Zweckerfüllung dringend benötigt werden und die vorliegende unabweisliche Notwendigkeit nur durch Aufkündigung des Bestandverhältnisses erreicht werden kann (vgl ). Eine Realisierung dieses Kündigungsgrundes ist entsprechend der obigen Feststellungen unter Bedachtnahme auf Gewicht und Wahrscheinlichkeit der Ausübung im gegenständlichen Fall als unwahrscheinlich zu qualifizieren, insbesondere da es sich um eine Vermietung innerhalb einer Konzernstruktur handelt.

Es ergibt sich somit, dass aufgrund der gegebenen Unwahrscheinlichkeit der frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages, entsprechend der zitierten VwGH-Rechtsprechung, gebührenrechtlich von einem auf bestimmte Dauer abgeschlossenen Vertragsverhältnis auszugehen ist.

Ergebnis

Aufgrund des vereinbarten Kündigungsverzichts der Vertragsparteien und der Eingeschränktheit der Kündigungsmöglichkeit bzw der Unwahrscheinlichkeit der Ausübung des einzig in der Disposition der Vermieterin verbleibenden Kündigungsgrundes sowie aufgrund des Umstands, dass der Mieterin vertraglich ein bloßes Recht zur Untervermietung eingeräumt wurde, das nicht zu einer Ungewissheit hinsichtlich der Dauer des Bestandverhältnisses führt, liegt gegenständlich dem Vertragsinhalt nach ein auf 15 Jahre befristeter Mietvertrag vor.

Ein derartiger Vertrag ist gebührenrechtlich zunächst als Vertrag mit bestimmter Vertragsdauer zu qualifizieren und gilt danach als Vertrag mit unbestimmter Vertragsdauer. Nach Rechtsprechung des VwGH sind derartige Verträge einer nach der bestimmten und der unbestimmten Vertragsdauer berechneten Bemessungsgrundlage zu unterwerfen (vgl ). Die korrekte Berechnung der Bestandgebühr unter der Prämisse eines befristeten Mietvertrages ist unbestritten.

Vorbringen hinsichtlich Verfassungswidrigkeit

Die beschwerdeführende Gesellschaft brachte vor, dass Wohn- und Geschäftsraummiete ungleich behandelt würden. Gemäß den Bestimmungen des MRG könne die beschwerdeführende Gesellschaft nur beschränkt Kündigungsgründe vorsehen. Dennoch erfolge die Beurteilung der Frage, ob ein unbefristeter oder befristeter Mietvertrag vorliege auf Basis der vereinbarten Kündigungsgründe. Die jetzige Verwaltungspraxis führe daher dazu, dass Vermieter, die den Einschränkungen der Vereinbarung von Kündigungsgründen gem. dem MRG unterworfen seien, schlechter gestellt seien als jene, die diesen Einschränkungen nicht unterliegen.

Weiters wurde vorgebracht, dass das Determinierungsgebot zu beachten sei. Der Normunterworfene müsse aus dem Gesetz erkennen können, wie er sich zu verhalten habe. Es könne nicht sein, dass die rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes zu einer Denksportaufgabe ausarte. Der VfGH habe dies auch schon klar ausgesprochen. Zum Zeitpunkt der Durchführung der Selbstberechnung sei eine klare Rechtsprechung vorgelegen, und auch die Verwaltungspraxis sei auf Basis der Gebührenrichtlinie einheitlich gewesen. Dies liege nunmehr nicht mehr vor.

Außerdem liege eindeutig eine geänderte Rechtsprechung vor. Dies sei aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich, da auch der Gesetzgeber strengen Beschränkungen bei der Erlassung neuer, rückwirkender Vorschriften unterliege. Es könne daher nicht sein, dass allein aufgrund der Änderung der Verwaltungspraxis eine rückwirkende Änderung zu Lasten der Steuerpflichtigen erfolge.

Hierzu ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach festgehalten hat, dass die Frage, ob eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle vorliegt, eine Frage ist, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss ( mwN).

Dem Vorbringen der beschwerdeführerenden Gesellschaft, die rechtliche Beurteilung, ob ein Bestandvertrag als befristet oder unbefristet anzusehen ist, komme einer Denksportaufgabe gleich, kann daher nicht gefolgt werden. Vielmehr ermöglicht die vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebene Auslegungslinie eine klare und eindeutige Auslegung.

Auch kann das Argument der beschwerdeführenden Gesellschaft, dass durch eine geänderte Rechtsprechung eine rückwirkende Änderung zu Lasten der Steuerpflichtigen eingetreten sei, nicht nachvollzogen werden. Vielmehr dürfte der beschwerdeführenden Gesellschaft - wie auch aus ihrer Korrespondenz mit der anwaltlichen Vertretung vom hervorgeht - selbst bewusst gewesen sein, dass der verfahrensgegenständliche Bestandvertrag von der belangten Behörde als "befristet" angesehen werden könnte und entsprechend zu vergebühren sein werde.

Nach Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht liegen somit keine verfassungsrechtlichen Bedenken vor. Die beschwerdeführende Gesellschaft wird auf die Möglichkeit der Erhebung einer entsprechenden Erkenntnisbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof verwiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der VwGH hat in ständiger Rechtsprechung festgehalten, dass das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin besteht, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Dabei ist die Frage, was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, eine Frage ist, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss ( mwN).

Darüber hinaus lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102456.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at