Nachweis einer Bevollmächtigung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch UnionTAX & LAW, Donau-City-Straße 7/DC Tower/30th Floor, 1220 Wien, gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) der Jahre 2017, 2018 und 2019 beschlossen:
Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. a leg. cit. als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Begründung
Verfahrensgang
Der in Rumänien wohnhafte Beschwerdeführer (in der Folge abgekürzt Bf.) war in den Streitjahren bei inländischen Unternehmen nichtselbständig beschäftigt.
In den für die Jahre 2017, 2018 und 2019 eingereichten Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung machte der Bf. jeweils Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung geltend. Für die Jahre 2017 und 2018 wurde darüber hinaus die Berücksichtigung eines Kinderabsetzbetrages für ein haushaltszugehöriges Kind in Höhe von jeweils 440,00 € beantragt, während für das Jahr 2019 der Familienbonus Plus begehrt wurde.
Die Arbeitnehmerveranlagungen 2017 und 2018 erfolgten mit Bescheiden vom , die Arbeitnehmerveranlagung 2019 mit Bescheid vom . Die Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung wurden nur für das Jahr 2017 im beantragten Ausmaß anerkannt. Für die Jahre 2018 und 2019 wurden diese Kosten mit der Begründung nicht gewährt, bei ledigen Steuerpflichtigen komme eine Anerkennung solcher Kosten nur für 6 Monate in Betracht, weil ihnen eine Wohnsitzverlegung zugemutet werden könne.
Der geltend gemachte Kinderabsetzbetrag wurde weder für 2017 noch für 2018 berücksichtigt. Begründend wurde ausgeführt, für das betreffende Kind stünde in diesen Veranlagungsjahren dieser Absetzbetrag nicht für mindestens 7 Monate zu.
Der für 2019 beantragte Familienbonus Plus wurde mit der Begründung nicht anerkannt, ein solcher stünde gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 nur für ein Kind zu, für das Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) in Österreich gewährt werde. Bisher sei für das betreffende Kind, das im EU-EWR-Raum oder der Schweiz lebe, kein Antrag auf Familienbeihilfe gestellt worden, sodass eine Überprüfung dieses Anspruchs in Österreich nicht erfolgen könne. Erst wenn positiv über einen solchen Anspruch abgesprochen worden sei, könne der Familienbonus Plus für ein Kind im EU-EWR-Raum oder der Schweiz berücksichtigt werden.
In den von der rechtlichen Vertretung des Bf. gegen die Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 jeweils am eingebrachten Beschwerden führte diese aus, für das am ***1*** geborene Kind des Bf. seien am Anträge auf Familienbeihilfe für 2017 und 2018 gestellt worden. Über diese Anträge sei bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entschieden worden. Der Bf. sei im Jahr 2017 in den Zeiträumen vom bis zum , vom bis zum und vom bis zum sowie im Jahr 2018 im Zeitraum bis - und damit in beiden Jahren mehr als sieben Monate - im Inland beschäftigt gewesen. Deshalb stünde ihm der Kinderabsetzbetrag für diese Jahre für mehr als sieben Monate zu.
Nicht anerkannt worden sei überdies 2017 und 2018 der Alleinverdienerabsetzbetrag. Dieser sei deshalb zu gewähren, weil der Bf. mit der Kindesmutter in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebe.
Auch hinsichtlich der für das Jahr 2018 nicht anerkannten Werbungskosten für Familienheimfahrten werde auf die bestehende Lebensgemeinschaft des Bf. mit der Kindesmutter verwiesen. Die zeitliche Begrenzung von zwei Jahren sei für das Jahr 2018 nicht nachvollziehbar, da bisher nur für 2017 ein Werbungskostenansatz erfolgt sei. Eine Wohnsitzverlegung der Familie nach Österreich sei nicht zumutbar. Die Familie habe ihren Lebensmittelpunkt am Wohnsitz in Rumänien.
Den Beschwerden beigelegt waren folgende Unterlagen:
Ein Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Gebietskrankenkasse als Beweis für die inländischen Beschäftigungszeiten des Bf.
Anträge auf Familienbeihilfe/Ausgleichs- und/oder Differenzzahlung für 2017, 2018 und 2019 vom
Eine von einer rumänischen Behörde ausgestellte und mit 9. Jänner datierte Familienstandsbescheinigung "E 401" in rumänischer Sprache als Beweis dafür, dass der Bf. mit der Kindesmutter und ihrem gemeinsamen Sohn in nichtehelicher Gemeinschaft lebt.
In der Folge wurde der Bf. mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom aufgefordert, das vom rumänischen Finanzamt bestätigte Formular E9 seiner Lebensgefährtin für die Jahre 2017 und 2018 bis spätestens einzureichen.
Am wurde von der rechtlichen Vertretung des Bf. gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 eine Beschwerde eingebracht, in welcher diese vermerkte, dass der betreffende Bescheid ihr am zugestellt worden sei. Begründend wurde ausgeführt, für das am ***1*** geborene Kind des Bf. sei am ein Antrag auf Familienbeihilfe für das Jahr 2019 gestellt worden. Laut telefonischer Auskunft des Finanzamtes sei Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2017 bis Dezember 2019 bewilligt worden. Ausgehend von laut Versicherungsdatenauszug bestätigten Beschäftigungszeiten sei davon auszugehen, dass für das Jahr 2019 jedenfalls für mehr als sieben Monate Familienbeihilfe gewährt worden sei.
Werbungskosten für Familienheimfahrten seien im vollen Umfang zu berücksichtigen. Der Bf. lebe mit der Kindesmutter in einem gemeinsamen Haushalt. Wie aus der beigefügten Familienstandsbescheinigung "E 401" ersichtlich sei, bestehe ein eheähnliches Lebensverhältnis. Eine Wohnsitzverlegung der Familie nach Österreich sei daher nicht zumutbar. Das gemeinsame Kind sei zwischenzeitlich acht Jahre alt und besuche die Schule. Weder das Kind noch die Ehefrau würden deutsch sprechen. Der Lebensmittelpunkt der Familie liege trotz der Auslandstätigkeit des Bf. am Wohnsitz in Rumänien. Eine Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf zwei Jahre für die Kosten der doppelten Haushaltsführung sei daher nicht vorzunehmen.
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Ausführungen sei auch der Alleinverdienerabsetzbetrag im Beschwerdefall zu berücksichtigen.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 mit der Begründung abgewiesen, der Bf. sei der Aufforderung zur Einreichung der benötigten Unterlagen nicht innerhalb der gewährten Frist nachgekommen. Mit selben Datum wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 als nicht fristgerecht mit der Begründung zurückgewiesen, die Beschwerdefrist beginne mit der Zustellung an den Steuerpflichtigen und nicht mit der Zustellung an den in Österreich nicht vertretungsbefugten Vertreter zu laufen.
Der am seitens der rechtlichen Vertreterin des Bf. eingebrachte und von ihr auch unterzeichnete Vorlageantrag hat folgenden Inhalt:
"….
Es wird in sämtlichen Verfahren die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt.
Zur Begründung führen wir wie folgt aus:
Sämtliche Bescheide wurden angeblich direkt an den Antragsteller zugestellt, ebenso die Beschwerdevorentscheidungen, obwohl die Vertreterin zur Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt war.
Soweit sich die entscheidende Behörde auf die angeblich mangelnde Vertretungsbefugnis beruft, kann dies nicht dazu führen, dass dem Antragsteller Rechtsmittel verloren gehen, ohne dass die Vertreter zuvor auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt hingewiesen wurden.
Es ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen die entscheidende Behörde von einer mangelnden Vertretungsbefugnis der Unterzeichnenden ausgeht.
Sollten hierzu weitere Ausführungen notwendig sein, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis.
Eine Zustellvollmacht wurde mit Einreichung der Anträge zur Arbeitnehmerveranlagung eingereicht.
Es ist aus den Entscheidungen der Behörde auch nicht erkennbar, wann und an welchem Ort und in welcher Form zugestellt wurde.
Vor diesem Hintergrund müssen die Unterzeichnenden von einer fristwahrenden Einlegung der Beschwerde ausgehen."
Im Vorlagebericht vom , der auch der rechtlichen Vertretung des Bf. übermittelt wurde, nahm das Finanzamt wie folgt Stellung:
"Sachverhalt: Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist strittig, ob eine eingebrachte Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde. Die Einkommensteuerbescheide und auch die Beschwerdevorentscheidungen wurden direkt an die Adresse des Antragstellers nach Rumänien gesendet, obwohl lt. Vorlageantrag die Vertreterin zur Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt gewesen wäre. Dabei handelt es sich um die ***2*** (Steuerberater und Rechtsanwälte) in ***3***. Die Beschwerdevorentscheidungen für die Jahre 2017 und 2018 wurden wegen nicht beigebrachter Unterlagen abgewiesen, das Jahr 2019 als verspätet zurückgewiesen. Außerdem wird im Vorlageantrag weiters ausgeführt, dass es keine erkennbaren Gründe für eine mangelnde Vertreterbefugnis gäbe und dass eine Zustellvollmacht mit Einreichung der Anträge zur Arbeitnehmerveranlagung eingereicht worden sei.
Beweismittel: Vorgelegte Aktenteile
Stellungnahme: Das Vorbringen im Vorlageantrag, wonach die Zustellvollmacht im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung eingereicht wurde, ist nicht nachvollziehbar, da seitens der steuerlichen Vertretung die behauptete Zustellvollmacht weder elektronisch angemerkt noch diese schriftlich bekanntgegeben wurde. Aus der Sicht des Finanzamtes war daher die Zustellung an den Steuerpflichtigen vorzunehmen."
Über Aufforderung des BFG teilte die rechtliche Vertretung des Bf. mit, dass die Beschwerdevorentscheidungen vom der rechtlichen Vertretung per Mail übermittelt wurden.
Sachverhalt und Beweiswürdigung
Für den Bf. wurden für die Jahre 2017, 2018 und 2019 seitens der ***4***, ***5***, ***6***, ausgefüllte und von der rechtlichen Vertretung unterzeichnete Formulare L 1 (Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung), L 1i (Beilage zur Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung) sowie L 1k (Beilage zur Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages bzw. eines Familienbonus Plus) beim Finanzamt eingereicht. Laut Vorlagebericht des Finanzamtes vom , der auch der rechtlichen Vertretung des Bf. übermittelt wurde, wurde von letzterer weder eine Zustellvollmacht für den Bf. elektronisch angemerkt noch war den eingereichten Formularen eine schriftliche (Zustell)Vollmacht beigelegt.
Die am erlassenen Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 sowie der am erlassene Einkommensteuerbescheid 2019 wurden dem Bf. an seine dem Finanzamt bekanntgegebene Wohnadresse in ***7***, zugestellt.
Die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2017 und 2018 wurden "Namens und auftrags" des Bf. von der rechtlichen Vertretung des Bf. am beim Finanzamt eingereicht. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 wurde ebenfalls "Namens und auftrags" des Bf. von der rechtlichen Vertretung des Bf. am beim Finanzamt eingereicht.
Sowohl das mit datierte Ergänzungsersuchen des Finanzamtes als auch die Beschwerdevorentscheidungen vom wurden dem Bf. an seine dem Finanzamt bekanntgegebene Wohnadresse in ***7***, zugestellt, welcher diese Bescheide per E-Mail an seine rechtliche Vertretung weiterleitete.
In dem am von der rechtlichen Vertretung des Bf. eingebrachten Vorlageantrag beruft sich diese auf ihre bestehende, eine Zustellvollmacht beinhaltende Bevollmächtigung.
Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das BFG auf die seitens des Finanzamtes übermittelten Aktenteile sowie auf die glaubwürdigen Angaben der rechtlichen Vertretung des Bf. zur Übermittlung der "Beschwerdevorentscheidungen" durch den Bf. an diese.
III. Rechtliche Beurteilung
In Streit steht die Rechtswirksamkeit der Zustellungen sämtlicher im gegenständlichen Beschwerdeverfahren erlassener Bescheide.
Gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen in der Regel (die bestehenden Ausnahmen sind im Beschwerdefall nicht maßgebend) durch Zustellung.
Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.
Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen, soweit in der BAO nicht anderes bestimmt ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 ZustG können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).
Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 ZustG, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
Gemäß § 8 Abs. 1 Rechtsanwaltsordnung (RAO) erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2007/16/0032, zum Ausdruck gebracht hat, schließt eine einem rechtlichen Vertreter erteilte (allgemeine) Vollmacht eine Zustellvollmacht mit ein (in diesem Sinne auch ; ). Die Worte "Namens und auftrags des Beschwerdeführers" auf einer Eingabe sind als Nachweis für das Vorliegen einer (allgemeinen) Vollmacht jedenfalls ausreichend (siehe dazu ; ).
Unzureichend ist nach ständiger Rechtsprechung des OGH (siehe dazu z.B. ; 5Ob 1020/93; ) jedoch die Wendung "vertreten durch…" auf einem Anbringen, das der Vertreter einreicht (siehe dazu auch Ritz, BAO6, § 83 Tz 10, der zutreffend darauf hinweist, dass der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 97/13/0179, offen lässt, ob bereits diese Wendung genügt). Begründend wird in den zitierten Erkenntnissen vom OGH ausgeführt, "vertreten durch" heiße schlicht, dass der Schriftenverfasser die Partei vertrete. Darunter sei aber nicht zwingend zu verstehen, dass diese Vertretung auf Grund einer erteilten Bevollmächtigung geschehe. Zu denken sei beispielsweise an ein (vorsorgliches) Tätigwerden als Geschäftsführer ohne Auftrag. Der Gesetzgeber habe mit § 8 Abs. 1 letzter Satz RAO aber nicht eine Regelung des Inhaltes getroffen, dass generell - allenfalls bloß widerleglich - vermutet würde, jeder einschreitende Rechtsanwalt sei als bevollmächtigt anzusehen. § 8 Abs. 1 letzter Satz RAO verlange vielmehr eine Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung und weise den Rechtsanwender an, dass dieser dem Rechtsanwalt vertraue, dass die Erklärung richtig sei.
Auf den seitens einer Steuerberater- und Rechtsanwaltsgesellschaft für den Bf. in Papierform eingereichten Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2017, 2018 und 2019 samt Beilagen wurde lediglich vermerkt, dass diese Gesellschaft steuerliche Vertreterin des Bf. ist. Eine schriftliche Vollmacht war diesen Erklärungen nicht beigelegt.
In Übereinstimmung mit der obig zitierten ständigen Rechtsprechung des OGH erachtet das BFG dies nicht als ausreichenden Nachweis für ein Tätigwerden auf Grund einer vom Bf. erteilten Bevollmächtigung. Somit wurde der Bf. in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2017, 2018 und 2019 zu Recht als Empfänger dieser Bescheide bezeichnet und die Zustellungen dieser Bescheide waren rechtswirksam.
Aufgrund der Worte "Namens und auftrags des Antragstellers" in den eingebrachten Beschwerden hätten jedoch - wie obig dargelegt wurde - die "Beschwerdevorentscheidungen" als Empfänger die rechtliche Vertretung des Bf. und nicht den Bf. selbst anführen müssen. Da die Bezeichnung der rechtlichen Vertretung des Bf. als Empfänger unterblieb, war die Zustellung dieser Erledigungen gemäß § 9 Abs. 3 ZustG unwirksam. Nach § 9 Abs. 3 ZustG zweiter Satz ZustG ist allerdings eine Sanierung möglich, wenn das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zukommt.
Ein tatsächliches Zukommen setzt voraus, dass der Empfänger tatsächlich in den Besitz der zuzustellenden Schriftstücke gelangt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes des Schriftstückes z.B. durch Übermittlung einer Ablichtung etwa per Fax oder E-Mail (siehe dazu Ritz, BAO6, § 7 ZustG Tz 7, sowie die dort wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Im Beschwerdefall wurden die "Beschwerdevorentscheidungen" vom der rechtlichen Vertretung des Bf. lediglich per E-Mail übermittelt. Die in § 9 Abs. 3 ZustG vorgesehene Heilungswirkung konnte somit nicht eintreten, sodass die "Beschwerdevorentscheidungen" mangels rechtswirksamer Zustellung keine Rechtswirksamkeit gegenüber dem Bf entfalten konnten.
Unabdingbare Voraussetzung eines Vorlageantrages ist, dass die Abgabenbehörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat (vgl. Ritz, BAO6, § 264 Tz 6, sowie die dort zitierte Judikatur). Mangels Rechtswirksamkeit der "Beschwerdevorentscheidungen" war der Vorlageantrag als unzulässig zurückzuweisen (siehe dazu Ritz, BAO6, § 264 Tz 17, sowie ; ).
Angemerkt wird, dass auch das mit datierte Ergänzungsersuchen des Finanzamtes, mit welchem der Bf. aufgefordert wurde, das vom rumänischen Finanzamt bestätigte Formular E9 seiner Lebensgefährtin für die Jahre 2017 und 2018 bis spätestens einzureichen, als Empfänger die rechtliche Vertretung des Bf. und nicht den Bf. selbst hätte anführen müssen. Aufgrund der Zustellung dieses Ergänzungsersuchens an den Bf. selbst wurde somit dem in § 115 Abs. 2 BAO verankerten Grundsatz des Parteiengehörs nicht entsprochen.
IV. Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit Ausnahme der Frage, ob bereits die Wendung "vertreten durch…" auf einem von einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftstreuhänder, einem Notar oder einem Bilanzbuchhalter eingereichten Anbringen als Nachweis für ein Tätigwerden auf Grund einer Bevollmächtigung genügt, wurden sämtliche im Beschwerdefall aufgeworfenen Fragen über den Bestand einer Zustellvollmacht bzw. über die Rechtswirksamkeit einer Bescheidzustellung bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Die angeführte Rechtsfrage, bei deren Lösung das Finanzgericht der zitierten Judikatur des OGH gefolgt ist, war für den gegenständlichen Beschluss allerdings insofern von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie entscheidend für die Frage war, ob die angefochtenen Einkommensteuerbescheide der Jahre 2017, 2018 und 2018 Rechtswirksamkeit gegenüber dem Bf. entfalten konnten. Eine (ordentliche) Revision war deshalb zuzulassen.
Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100018.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at