Rückzahlung von zu Unrecht unversteuert ausbezahlter Kilometergelder, Herabsetzung der Nachforderung von Lohnsteuer und der Bemessungsgrundlage für den DB und DZ?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Koch & Partner SteuerberatungsgmbH, IZ Nö Süd, Str. 7, Obj. 58D 3 Tür 5, 2355 Wiener Neudorf, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Nachforderung von Lohnsteuer und die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015, Steuernummer ***Bf1StNr1***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Im Zuge einer Lohnabgabenprüfung wurde laut Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung festgestellt, dass das vom Arbeitnehmer ***1*** geführte Fahrtenbuch begründet mangelhaft, fehlerhaft und nicht plausibel bzw. unglaubwürdig sei.
Zur Beurteilung "mangelhaft" wird ausgeführt:
"Excel-Tabellen ohne zusätzliche zweifelsfrei nachvollziehbare Hintergrund- bzw. Zusatz(Ur)aufzeichnungen sind als Nachweis deshalb nicht geeignet, da jederzeit nachträgliche Veränderungen vorgenommen werden können bzw. nicht auszuschließen sind. Der auf diese Weise erzeugte Excel-Datenbestand ist kein in sich geschlossenes Verzeichnis und daher nicht geeignet den fortlaufenden und lückenlosen Charakter eines geschlossenen Verzeichnisses zweifelsfrei zu belegen. Aufzeichnungen nur großräumige Ortsangaben ohne genaue Straßenbezeichnungen und ohne Hausnummer enthalten (z.B. diverse Wege) und daher für die Abgabenbehörde nicht zweifelsfrei nachprüfbar."
Zur Beurteilung "fehlerhaft" wird ausgeführt:
"Lt. Niederschrift wird die Fehlerhaftigkeit der vorgelegten Aufzeichnungen sogar vom Dienstnehmer selbst bestätigt, z.B. erfolgte am arbeitsfreien Feiertag am eine Dienstfahrteintragung/Kilometergeldabrechnung, die unrichtig ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass bei tatsächlicher Arbeitsleistung am Feiertag ein arbeitsrechtlicher Entgeltanspruch auf Feiertagsarbeitsentgelt/Überstundenentlohnung besteht, welcher bei Nichtentlohnung auch zur Anwendung der Sozialdumpingbestimmungen führt. Des Weiteren wurden exorbitant zu hohe Kilometerzahlen für (kurze) bestimmte Distanzen berücksichtigt, die nicht zweifelsfrei nachvollziehbar sind. Zusammenfassend ist anzumerken, dass das Kontrollsystem des Dienstgebers nicht funktionierte bzw. nicht zuverlässig glaubhaft ist."
Zur Beurteilung "nicht plausibel/unglaubwürdig" wird ausgeführt:
"Viele Tageseintragungen von exorbitant zu hohen Kilometerzahlen für (kurze) aufgezeichnete Distanzen (z.B. für Fahrten ***2*** bis zu 198 ! Kilometer) sind nicht zweifelsfrei nachvollziehbar und unglaubwürdig. Es erfolgte eine schematische (vervielfältigte) Kilometergeldabrechnung/-aufzeichnung mit Excel-Tabellen und sich wiederholenden gleichen Kilometerdistanzen die widersprüchlich zu den allgemeinen Lebenserfahrungen sind. Der Dienstnehmer Herr ***1*** war generell nicht kooperativ und konnte trotz Urgenz keine Servicerechnung(en), keinen Prüfbericht über § 57a KFG, keine Namen von aufgesuchten Werkstätten, keine Daten zu jener Person die das 1. Service durchgeführt hat und auch nicht den Namen des KFZ-Käufers bekanntgeben, bzw. den Kaufvertrag des gegenständlichen KFZ vorlegen (siehe aufgenommene Niederschrift). Des Weiteren wurde an arbeitsfreien Tagen (Wochenenden, Urlaube, Feiertage) das gegenständliche KFZ grundsätzlich nicht privat genutzt, was ebenfalls den allgemeinen Lebensumständen und Lebenserfahrungen widerspricht. Über die in den Kilometergeldabrechnungen eingetragenen diversen Einkäufe konnten keine Rechnungen/Belege vorgelegt und/oder Auskünfte erteilt werden bzw. sind auch buchhalterisch nicht nachvollziehbar. Über die in den Kilometergeldabrechnungen eingetragenen diverse Wege konnten ebenfalls keine nachvollziehbaren Angaben und/oder Auskünfte erteilt werden, bzw. sind auch buchhalterisch nicht nachvollziehbar (Reisewege müssen so detailliert beschrieben werden, das Fahrtstrecken unter Zuhilfenahme einer Straßenkarte / eines Routenplaners zweifelsfrei nachvollzogen werden können bzw. Geschäftspartner/Baustellen so genau angeführt werden, das eine Überprüfung möglich ist. Inwieweit der KFZ-Verkauf des gegenständlichen PKW im Feber 2016 (polizeiliche Abmeldung ) in einem kausalen Zusammenhang mit der GPLA-Prüfungsanmeldung am steht kann vom Prüfer nicht beurteilt werden, jedoch war dadurch eine direkte Überprüfung des Kilometerstandes am PKW sowie die Einsicht in § 57a KFG-Gutachten mit einer Verprobung der vorgelegten Kilometergeldaufzeichnungen nicht mehr möglich. Deshalb mussten für die rechtliche und rechnerische Überprüfung weitere Erhebungen vorgenommen werden, die in weiterer Folge ergeben haben, dass die vorgelegten Kilometergeldaufzeichnungen lt. Fahrzeughistorie durch bewusste Unwahrheiten nicht korrekt sind. Erst nach diesen Erhebungen erfolgte vom Steuerberater eine Sachverhaltsdarstellung mit dem Eingeständnis der unwahren Aufzeichnungen und der Übermittlung des § 57a KFG-Gutachten."
Auf Grund dieser Ermittlungen des Prüfers und des sich daraus ergebenden Sachverhalts wurde die abgabenfreie Abrechnung der Kilometergelder für den Dienstnehmer ***1*** im Ausmaß von 80% nicht anerkannt und diesbezüglich nachträglich mit den angefochtenen Bescheiden unter Hinweis auf den Bericht vom als Begründung Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag bei der Bf nachgefordert.
In den dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerden verwies die Bf darauf, dass das vom Prüfer im Prüfungsbericht vom beanstandete Kilometergeld des ***1*** von ihm im Ausmaß von € 10.000,- mit an die Beschwerdeführerin (Bf) zurückbezahlt worden sei. Als Beweis wurde das Schreiben des Rechtsanwalts des ***1*** vom und ein Kontoauszug der Bf vom , aus dem der Eingang der Rückzahlung des zu viel ausbezahlten Kilometergeldes hervorgeht, vorgelegt.
Das Beschwerdebegehren richtete sich darauf, den rückerstatteten Betrag in Höhe von € 10.000,- aliquot bei den Bemessungsgrundlagen der betroffenen Abgaben der Jahre 2011 bis 2015 in Abzug zu bringen und die Bescheide neu auszustellen.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung verwies das Finanzamt darauf, dass die Auszahlung der beschwerdegegenständlichen Kilometergelder im Zuge der Lohnabgabenprüfung als Arbeitslohn qualifiziert worden sei. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer gewährt werde. Die Summe dieser Arbeitslöhne werde durch Zahlungen eines Dienstnehmers an den Dienstgeber nicht berührt. Eine nachträgliche Rückzahlung ändere somit nicht die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag ().
Betreffend den Abzug/Einbehalt der Lohnsteuer sei auf den Zufluss abzustellen. Gemäß § 78 EStG sei der Arbeitgeber verpflichtet, bei jeder Lohnzahlung, also im Zeitpunkt des Zuflusses an den Arbeitnehmer, Lohnsteuer einzubehalten. Dieser Lohnsteuerabzug bzw. Einbehalt sei jedoch im gegenständlichen Fall unterblieben. Ein eventuell rückgezahlter Arbeitslohn könne einen einmal erfolgten Zufluss nicht mehr rückgängig machen (.
In dem dagegen fristgerecht erhobenen Vorlageantrag verwies die Bf darauf, dass sie zu keiner Zeit die Absicht gehabt habe, ***1*** neben dem vereinbarten Arbeitslohn und dem gesetzlichen Kilometergeld einen über diesen vereinbarten Arbeitslohn hinausgehenden Lohn zu zahlen. Es seien nach Bekanntwerden der fehlerhaften Abrechnung Kilometergelder in Höhe von € 10.000 von ***1*** retour verlangt worden. Dieser habe diesen Betrag in der Zwischenzeit an die Bf zurückgezahlt, wodurch in dieser Höhe kein Arbeitslohn vorliegen würde, sondern der Betrag allenfalls als Darlehen betrachtet werden könne. Es liege daher kein abgabepflichtiger Arbeitslohn vor.
In dem vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung genannten Erkenntnis des , gehe es um rückgezahlte Löhne, die aufgrund einer vom Arbeitgeber veranlassten und freiwilligen Änderung/Rückzahlung verursacht worden seien. Dem Arbeitgeber sei in diesem Fall bewusst gewesen, welchen Lohn er damals an seinen Geschäftsführer ausbezahlt habe. Dies sei im Fall der Bf nicht gegeben, da es aufgrund der GPLA-Prüfung zu einer nachträglichen Änderung des Kilometergeldes gekommen sei, das von der Bf nach bestem Wissen und Gewissen als steuerfreies Kilometergeld ausbezahlt worden sei. Aus diesem Grund sei das Kilometergeld in Höhe von € 10.000 von ***1*** an die Bf zurückgezahlt worden. Es handle sich nicht um eine freiwillige Rückzahlung. Das Erkenntnis sei daher nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Auf den Antrag in der Beschwerde werde hingewiesen.
Das Finanzamt legte die Beschwerden an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Lohnabgabenprüfung fand im Jahr 2016 über die Jahre 2010 bis 2015 (Bescheide 2011 bis 2015) statt. Die Bf hat an ihren Dienstnehmer ***1*** in den geprüften Jahren unversteuerte Kilometergelder ausbezahlt. Im Zuge dieser Lohnabgabenprüfung stellte sich auf Grund der Ermittlungen des Prüfers heraus, dass die Voraussetzungen für die unversteuerte Auszahlung dieser Kilometergelder auf Grund nachweislich bewusst unwahrer Angaben des ***1*** in dem durch Excel geführten Fahrtenbuch teilweise nicht vorgelegen sind. Der Dienstnehmer ***1*** zahlte daraufhin einen Betrag in Höhe von € 10.000,- an die Bf im Jahr 2016 zurück.
Strittig ist die nachträgliche aliquote Verminderung der Bemessungsgrundlagen für den DB und DZ und der Lohnsteuer in den geprüften Jahren 2011 bis 2015 um den im Jahr 2016 zurückgezahlten Betrag in Höhe von € 10.000,-.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung und wird durch das in der Folge von der Bf vorgelegte Schreiben des Rechtsanwaltes des ***1*** sowie dem Kontoauszug, aus dem die Rückzahlung eines Betrages von € 10.000,- von ***1*** an die Bf hervorgeht, bestätigt.
Rechtliche Beurteilung und Erwägungen
Nachforderung von Lohnsteuer:
Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zufließen. Der Einkommensteuer unterliegen gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, zu denen gemäß der Regelung des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a erster Satz EStG 1988 die Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis zählen.
Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 fallen Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden, nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Auf Grund der Ermittlungen des Prüfers hat sich zweifelsfrei herausgestellt, dass für die unversteuerte Auszahlung der von der Bf als nicht steuerbar behandelten Kilometergelder nicht die im Sinne des § 26 Z 4 EStG 1988 geforderten Voraussetzungen hinsichtlich der als Nachweis zu führenden Fahrtenbücher vorgelegen sind.
Zu den Vorteilen aus einem Dienstverhältnis des § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch solche, die sich ein Arbeitnehmer ohne Willensübereinstimmung mit dem Arbeitgeber aneignet, z.B. Bestechungsgelder oder Warendiebstähle (vgl. und ).
Geht man davon aus, dass ***1***, wie von der Bf im Vorlageantrag angegeben, ohne ihr Wissen zu Unrecht Kilometergelder verrechnet hat, ist nach der oben genannten Judikatur des VwGH entgegen der Ansicht der Bf eindeutig von Arbeitslohn auszugehen, der dem Grunde nach der Einkommensbesteuerung unterliegt. Auch widerrechtlich bezogene geldwerte Vorteile begründen Einnahmen (Erkenntnis des , unter Verweis auf ).
Wenn die Bf in diesem Zusammenhang einwendet, dass ***1*** einen Betrag im Ausmaß von € 10.000,- mit an die Bf zurückbezahlt habe und der rückerstattete Betrag in Höhe von € 10.000,- aliquot bei den Bemessungsgrundlagen der betroffenen Abgaben der Jahre 2011 bis 2015 in Abzug zu bringen sei und fordert, die Bescheide neu auszustellen, ist dem die Bestimmung des § 19 Abs. 1 EStG 1988 über den Zufluss von Einnahmen entgegenzuhalten.
Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Nach § 19 Abs. 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Zugeflossen bzw. bezogen ist eine Einnahme nach JAKOM EStG Kommentar, Rz 8 zu § 19, sobald der Empfänger über sie tatsächlich und rechtlich () bzw. rechtlich und wirtschaftlich () verfügen kann. Die Einnahme muss also tatsächlich in das Vermögen des Steuerpflichtigen übergegangen sein, eine Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen bewirkt haben und der Steuerpflichtige musste über die Einnahme "frei verfügen" können (VwGH vom7. Juli 2011, 2007/15/0156, und vom , 2009/13/0209).
Die von der Bf an ihren Dienstnehmer ***1*** überwiesenen Kilometergelder sind unzweifelhaft in dessen Vermögen übergegangen. Das lässt sich daraus ableiten, dass ***1*** sich erst nach den Ermittlungen des Prüfers und der Forderung der Bf bemüßigt fühlte, von den erhaltenen Kilometergeldern einen Betrag in Höhe von € 10.000,- an die Bf zurückzuzahlen. Die Ausbezahlung des Kilometergeldes durch die Bf an ***1*** bewirkte somit eine Vermehrung seines Vermögens und er konnte darüber bis zur Rückzahlung frei verfügen. Es ist daher von einem dem § 19 Abs. 1 EStG konformen Zufluss der Einnahmen in Form der verrechneten Kilometergelder bei ***1*** auszugehen.
Im Zusammenhang mit der beschwerdegegenständlichen Forderung der Bf, die mit den angefochtenen Bescheiden für die Jahre 2011 bis 2015 vorgenommenen Steuerfestsetzungen aliquot in Höhe des im Jahr 2016 zurückbezahlten Betrages in Höhe von € 10.000,- zurückzunehmen, wird darauf hingewiesen, dass nach JAKOM EStG Kommentar, Rz 15 zu § 19, Änderungen in Folgejahren (gegenständlich die Rückzahlung von zugeflossenen Einnahmen) einen einmal erfolgten Zufluss nicht mehr rückgängig machen können (; , Renner SWK 16, 1085).
Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Als Lohnzahlungen gelten auch Vorschuss- oder Abschlagszahlungen, sonstige vorläufige Zahlungen auf erst später fällig werdenden Arbeitslohn, Bezüge aus einer gesetzlichen Krankenversorgung sowie im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten geleistete Vergütungen, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen geleistet werden.
§ 78 Abs. 1 EStG 1988 verpflichtet den Arbeitgeber, bei jeder Lohnzahlung, also im Zeitpunkt des Zuflusses an den Arbeitnehmer, Lohnsteuer einzubehalten (). Nachdem, wie oben dargestellt, die von der Bf an ***1*** ausgezahlten Kilometergelder auf Grund des Nichtvorliegens der Voraussetzungen für eine nicht steuerbare Behandlung der Kilometergelder bereits zum Zeitpunkt der Auszahlung steuerpflichtigen Arbeitslohn dargestellt haben, sind die Folgen der Arbeitslohnauszahlung durch den Arbeitgeber bereits bei Auszahlung in den einzelnen Jahren eingetreten. Das bedeutet, dass die Bf bereits zum Zeitpunkt der Auszahlung der Kilometergelder die strittigen Lohnabgaben (Lohnsteuer, DB und DZ) abführen hätte müssen.
Zudem haftet der Arbeitgeber gemäß § 82 EStG 1988 dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Der Umstand, dass die Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 Z 1 (Pflichtveranlagung) und 4 (Antragsveranlagung) oder Abs. 3 (Betrugsfälle) vorliegen, steht einer Inanspruchnahme des Arbeitgebers nicht entgegen.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass im Falle von Rückzahlungen von ungerechtfertigt erlangten Beträgen unter gewissen Voraussetzungen (vgl. Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG, § 16 Abs. 2, Tz 1) die Geltendmachung als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG 1988 in Betracht kommt (vgl. ). Dies scheidet jedoch aus, da es sich im gegenständlichen Fall nicht um das Beschwerdeverfahren des zurückzahlenden Dienstnehmers handelt und zudem bei ihm auch keine Lohnsteuer festgesetzt wurde.
Aus den dargestellten Gründen ist es daher nicht möglich, den vom Dienstnehmer ***1*** an die Bf im Jahr 2016 rückgezahlten Betrag von € 10.000 aliquot bei der Nachforderung von Lohnsteuer in den Jahren 2011 bis 2015 in Abzug zu bringen.
Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag:
Gemäß § 41 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.
Nach Maßgabe der Bestimmungen des § 122 Abs. 7 und 8 WKG 1998 kann ein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag eingehoben werden, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, gilt.
Zum Begehren der Bf um Herabsetzung der Bemessungsgrundlagen für den DB und DZ in den Jahren 2011 bis 2015 auf Grund der Rückzahlung des Arbeitslohnes durch ***1*** im Jahr 2016 ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den von der Bf rechtswidrig als nicht steuerbar behandelten, an ***1*** ausbezahlten, Kilometergeldern um Arbeitslöhne bzw. Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 gehandelt hat (s. oben). Liegt Arbeitslohn gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit a EStG 1988 vor, so ist gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 der DB und der DZ (§ 122 Abs. 7 und 8 WKG 1998) zu berechnen und gemäß § 43 Abs. 1 FLAG 1967 für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt abzuführen.
Den Einwendungen der Bf bezüglich des vom Finanzamt in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung genannten Erkenntnisses des , wonach dieses Erkenntnis nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar sei, da es um rückgezahlte Löhne gehen würde, die aufgrund einer vom Arbeitgeber veranlassten und freiwilligen Änderung/Rückzahlung verursacht worden seien, und dem Arbeitgeber in diesem Fall bewusst gewesen sei, welchen Lohn er damals an seinen Geschäftsführer ausbezahlt habe, was im gegenständlichen Fall nicht gegeben sei, da es aufgrund der GPLA-Prüfung zu einer nachträglichen Änderung des Kilometergeldes gekommen sei, das von der Bf nach bestem Wissen und Gewissen als steuerfreies Kilometergeld ausbezahlt worden sei, ist entgegenzuhalten, dass der VwGH in diesem Erkenntnis ausgesprochen hat, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 41 Abs. 3 FLAG 1967) der Dienstgeberbeitrag "von der Summe der Arbeitslöhne" zu berechnen ist, "die jeweils in einem Kalendermonat an die (…) Dienstnehmer gewährt worden sind." Die Summe dieser Arbeitslöhne wird durch Zahlungen eines Dienstnehmers an den Dienstgeber nicht berührt. Dadurch kommt eindeutig zum Ausdruck, dass die gegenständliche Arbeitslohn-Rückzahlung des ***1*** an die Bf eine Herabsetzung der einzelnen jahrweisen Bemessungsgrundlagen für den DB und DZ nicht bewirken kann.
Zum weiteren Begehren im Vorlageantrag, dass der rückgezahlte Betrag allenfalls als Darlehen betrachtet werden könne, wird auf den Kommentar zum FLAG, Csaszar/Lenneis/Wanke, RZ 46 zu § 41, verwiesen, wonach auch bei Vorschüssen oder A-conto-Zahlungen der Zufluss im Zeitpunkt der Zahlung gegeben ist. Wenn nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung nicht klar ersichtlich von einem Darlehen auszugehen ist, liegt Dienstgeberbeitragspflicht im Zeitpunkt des Zuflusses vor. Umstände, die für ein Darlehen sprächen, wären eindeutige Vereinbarungen über die Laufzeit bzw. Höhe und Fälligkeit von Tilgungsraten sowie über die Verzinsung ().
Im gegenständlichen Fall liegt keinerlei Vereinbarung über ein Darlehen, die Laufzeit, Höhe und Fälligkeit der Tilgungsraten sowie über die Verzinsung vor, da es sich ursprünglich um die Vergütung von Kilometergeldern an den Dienstnehmer ***1*** gehandelt hat. Ein Umdeutung des zurückgezahlten Betrages in ein Darlehen ist nicht möglich, da die Bf im Vorlageantrag selbst ausführt, das Kilometergeld nach bestem Wissen und Gewissen als steuerfreies Kilometergeld ausbezahlt zu haben. Der Aussage "nach bestem Wissen und Gewissen" widersprechend hat der Prüfer jedoch im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung zusammenfassend angemerkt, dass das Kontrollsystem des Dienstgebers nicht funktioniert habe bzw. nicht zuverlässig glaubhaft sei. Die fingierten Aufzeichnungen des Dienstnehmers seien über viele Jahre (vermutlich unkontrolliert) vom Dienstgeber entgegengenommen worden und daher auch die gehörige Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Unternehmers verletzt worden.
Das Finanzamt hat daher zu Recht die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf gesetzlichen Bestimmungen und die zitierte eindeutige und einheitliche Rechtsprechung die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 78 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 122 Abs. 7 und 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 15 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100926.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at