Kein ständiger Auslandsaufenthalt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die die Beschwerde der ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, nunmehr vertreten durch Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik LL.M., Rechtsanwalt, 1010 Wien, Kärntnerstraße 61, vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamts Baden Mödling, 2340 Mödling, Dipl.Ing.Wilhelm Haßlingerstr.3, vom , mit welchem der Antrag vom auf Familienbeihilfe für die im Jänner 2004 geborene ***5***-***6*** ***2*** ab Juli 2020 abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer ***7***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Antrag
Am beantragte die Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** mit dem Formular Beih 100-PDF und gab an:
Sie sei österreichische Staatsbürgerin und wohne in ***3***, ***4***. Ihr "aktueller Partner" sei ***8*** ***2***, indischer Staatsbürger und verfüge über einen gültigen Aufenthaltstitel. Beantragt werde die Zuerkennung von Familienbeihilfe für die im Jänner 2004 geborene gemeinsame Tochter ***5***-***6*** ***2*** ab mit der Begründung "Kind ist wieder zurück in Österreich".
Die Tochter ***5***-***6*** ***2***, österreichische Staatsbürgerin, wohne im Haushalt der Mutter ***1*** ***2*** in ***3***, ***4***; die Mutter trage auch die Kosten für das Kind zu mehr als 50%.
***5***-***6*** ***2*** befinde sich in Schulausbildung, voraussichtliches Ende Juni 2023.
An Unterlagen wurde mit dem Antrag vorgelegt:
"Passenger details" zu einem Flug von Wien nach Manila und einem Rückflug von Manila nach Wien für ***5***-***6*** ***2***. Details dazu wie etwa das Datum sind im elektronisch vorgelegten PDF unleserlich.
Kopie des Österreichischen Reisepasses für ***5***-***6*** ***2*** ohne leserliche Ein- und Ausreisevermerke.
Meldebestätigung vom August 2017, wonach ***5***-***6*** ***2*** seit August 2017 ihren Hauptwohnsitz in ***3***, ***4*** habe.
Geburtsurkunde von ***5***-***6*** ***2***, Vater ***8*** ***2***, Mutter ***1*** ***2***, Geburtsort Wien.
Ergänzungsersuchen
Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt die Bf um
Schulbestätigung bzw. Tätigkeitsnachweis von ***5******6***
In weiterer Folge legte die Bf am eine Bestätigung der Central Philippine University vom vor, wonach ***5***-***6*** ***2*** im Schuljahr 2020/2021 Studentin am Junior High School Departement der Central Philippine University sei.
It ist further certified that CPU ist having a FULL ONLINE class thus School Year 2020-2021.
Bescheid
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Familienbeihilfe für ***5***-***6*** ***2*** ab Juli 2020 mit folgender Begründung ab:
Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
Beschwerde
Mit als "Einspruch-Beschwerde" bezeichnetem Schreiben vom legte die Bf Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid ein und gab in diesem an:
Ich, Frau ***2******1***, lege Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid meines Antrags auf Familienbeihilfe von ein.
Ich habe Ihnen bereits alle erforderlichen Unterlagen geschickt und trotzdem wurde der Antrag abgelehnt
Ich schicke es Ihnen jetzt nocheinmal das Rückflugticket meiner Tochter und die Bescheinigung der Schule dass Sie nun online die Schule hier in Österreich weiter fortführt und hoffe auf positive Erledigung.
Ein Ticket für ***5***-***6*** ***2*** betreffend Flug Wien-Manila am und Manila Wien am inklusive Buchungsdetails, die Bestätigung der Central Philippine University vom , wonach ***5***-***6*** ***2*** im Schuljahr 2020-2021 Studentin dieser Universität sei und das Studium in diesem Schuljahr zur Gänze online erfolge, waren beigelegt.
Ergänzungsersuchen
Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt die Bf:
Bitte um Vorlage eines Nachweises, dass sich Ihre Tochter ***5***-***6*** ständig in Österreich aufhält.
Aus der vorgelegten Schulbestätigung vom geht nur hervor, dass das Schuljahr 2020/2021 Online stattfindet. Sie bestätigt jedoch nicht, aus welchem Land sie den Unterricht Online verfolgt.
Dieser Vorhalt wurde offenbar nicht unbeantwortet.
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte dazu aus:
Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
Sie haben mit der Beschwerde vom eine Schulbesuchsbestätigung der Central Philippine University vom vorgelegt, aus der hervor geht, dass ***5******6*** im Schuljahr 2020/2021 Schülerin der Junior High School ist und dass der Unterricht im betreffendem Schuljahr zur Gänze Online stattfindet. Sie gaben an, dass ***5***-***6*** den Schulunterricht aus Österreich weiter führt.
Weiters legten Sie gebuchte E-Tickets betreffend Flug Wien - Manila (v. ) und Flug Manila- Wien(v.) und eine Kopie des Personalausweises von ***5***-***6*** (ausgestellt am ) vor.
Um den Anspruch auf Familienbeihilfe für Ihre Tochter ***5***-***6*** und unter anderem den ständigen Aufenthalt Ihrer Tochter in Österreich prüfen zu können , wurden Sie mittels Ergänzungsersuchen am aufgefordert zusätzlich folgende Unterlagen vorzulegen:
Vorlage eines Nachweises, dass sich Ihre Tochter ***5***-***6*** ständig in Österreich aufhält.
Sie haben bis heute keinen Nachweis vorgelegt, dass sich Ihre Tochter ***5***-***6*** ständig in Österreich aufhält. Da Sie trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht haben und dadurch Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden, dass ab Juli 2020 für Tochter ***5***-***6*** kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. besteht.
Ihre Beschwerde war daher abzuweisen.
Vorlageantrag
Mit Schreiben ihres nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters vom , zur Post gegeben am selben Tag, stellte die Bf Vorlageantrag:
In außen bezeichneter Beschwerdeangelegenheit wurde die Beschwerdevorentscheidung vom der Beschwerdeführerin am zugestellt. Dem einschreitenden Rechtsanwalt wurde Vollmacht erteilt und beruft sich dieser auf die ihm erteilte Vollmacht. Zustellungen mögen zukünftig an den einschreitenden Rechtsanwalt vorgenommen werden.
Innerhalb offener Frist wird der Vorlageantrag (Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht) gestellt.
Als Vorlagegründe werden angeführt, dass die Beschwerdeführerin sehr wohl mit ihrer Tochter zum Finanzamt kommen wollte und beweisen wollte, dass ihre Tochter nunmehr ständig in Österreich aufhältig ist. Es wurden die Einreisedokumente vorgelegt und eine Kopie des Reisepasses. Ebenso wird nochmals eine Kopie des Reisepasses vorgelegt und die letzte Flugbestätigung. Seit dieser Zeit ist ***5******6*** durchgehend in Österreich aufhältig ,da sie in Österreich den Online Besuch der Schule absolviert. Dies wurde auch vorgebracht und die Erklärung der Mutter dazu abgegeben.
Der einschreitende Rechtsanwalt kennt die Familie durch regelmäßige Kontakte (circa 1 x wöchentlich) und ist ***5***-***6*** seit Juli immer anwesend. Sie ist daher durchgehend und ständig in Österreich aufhältig .Unter einem wird auch ein aktuelles Foto am Stephansplatz mit einer Tageszeitung des Tages (bei einem Spaziergang zur Erholung) aufgenommen, um die aktuelle Anwesenheit dem Bundesfinanzgericht zu belegen. Bei einer anfälligen Berufungsverhandlung ist ***5******6*** bereit, persönlich auch über kurzfristige Verständigung zu erscheinen.
Aus den genannten Gründen bleiben die gestellten Anträge auf Gewährung der Beihilfen voll inhaltlich aufrecht.
Vorlage
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und gab unter anderem an:
Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)
Beschwerde
1 Beschwerde
Bescheide
2 Familienbeihilfe (Monat: 07.2020)
Antrag / Anzeige an die Behörde
3 Antrag
Beschwerdevorentscheidung
4 bve12.1..2021
Vorlageantrag
5 Vorlageantrag
Vorgelegte Aktenteile
6 Vorhalt +Beantwortung
7 Vorhalt (Beschwerde)
Bezughabende Normen
§ 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967
Ergänzung nach Bedarf
Sachverhalt und Anträge
Sachverhalt:
Kindesmutter beantragt die Familienbeihilfe ab Juli 2020, da die Tochter ***5*** -***6*** wieder in Österreich aufhältig ist. Studium an der Central Philippine University -Junior High School.
Beweismittel:
im Akt
Stellungnahme:
Da die vorgelegten Unterlagen zum Nachweis des ständigen Aufenthaltes in Österreich nicht ausreichend waren, war die Beschwerde abzuweisen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die im Jänner 2004 geborene, also derzeit etwas über 17 Jahre alte ***5***-***6*** ***2*** ist die Tochter der Bf ***1*** ***2***. Mutter und Tochter sind österreichische Staatsbürger; die Tochter hat seit August 2017 ihren Hauptwohnsitz in ***3***, ***4***, wo auch ihre Mutter wohnt. Von Juli 2019 bis Juli 2020 war ***5***-***6*** ***2*** ständig auf den Philippinen aufhältig.
Seit Juli 2020 gehört ***5***-***6*** ***2*** dem elterlichen Haushalt in Österreich an. Sie nimmt im Schul- bzw. Studienjahr 2020/2021 an einem Online-Schulbesuch bzw. Online-Studium an der Central Philippine University teil und ist seit Juli 2020 nicht mehr auf den Philippinen gewesen. Sie möchte zumindest während des Schul- bzw. Studienjahres 2020/2021 in Österreich bleiben.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den glaubwürdigen Angaben der Bf und die von ihr vorgelegten Unterlagen. Dass die Tochter ***5***-***6*** ***2*** im Juli 2019 nach Manila geflogen und im Juli 2020 nach Wien zurückgeflogen ist, ergibt sich aus den vorgelegten Tickets. Dass die Tochter ***5***-***6*** ***2*** im Schul- Studienjahr 2020/2021 an einem Online-Schulbesuch bzw. Online-Studium an der Central Philippine University teilnimmt, bei dem Präsenzlehrveranstaltungen nicht vorgesehen sind, ergibt sich aus der Bestätigung der Universität.
Die Bedenken in der Beschwerdevorentscheidung und im Vorlagebericht, ob sich ***5***-***6*** ***2*** seit Juli 2020 ständig in Österreich aufgehalten hat, sind für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar:
Selbstverständlich kann ein Online-Unterricht an sämtlichen Orten der Welt mit entsprechender Internetversorgung absolviert werden.
Die Annahme, dass eine minderjährige österreichische Staatsbürgerin, die in Österreich geboren ist und mit ihren Eltern in Niederösterreich lebt, besonders in Zeiten einer Pandemie (COVID 19) nicht bei ihren Eltern in Österreich, sondern irgendwo sonst wohnen soll, wenn sie ihrer Ausbildung online zu Hause nachgehen kann, wie das Finanzamt vermutet, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Dass die Tochter im Juli 2020 nach Österreich in der Absicht, sich hier zumindest für ein Schul- bzw. Studienjahr aufzuhalten, zurückgekehrt sind, ergibt sich schlüssig aus dem Flugticket und der Universitätsbestätigung.
Schon im Antrag vom27.8.2020 hat die Bf ausgeführt, dass ihre Tochter seit Juli 2020 "wieder zurück in Österreich" sei. Das Finanzamt hat diese Angabe im angefochtenen Bescheid ignoriert und die Bestätigung der Central Philippine University zunächst offenbar nur soweit gelesen, dass sich diese Universität auf den Philippinen befindet, nicht aber, dass ein Onlineunterricht stattfindet. Das Finanzamt hat während des gesamten Verwaltungsverfahrens keinen Versuch unternommen, seine Zweifel im Weg eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens auszuräumen.
Die Bf wurde am um einen Nachweis, dass sich ihre Tochter ständig in Österreich aufhält, ersucht. Das Finanzamt hat aber nicht gesagt, wie die Bf, die bereits entsprechende Unterlagen vorgelegt hat, seiner Ansicht nach diesen Nachweis erbringen soll.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung hat die Bf ihre Mitwirkungspflicht (im Übrigen nach § 119 BAO und nicht nach § 115 BAO) nicht verletzt. Die Bf hat jene Unterlagen übermittelt, die sie zu Recht für den Nachweis des Aufenthalts in Österreich seit Juli 2020 als ausreichend erachtet. Wenn das Finanzamt weitere Nachweise des Aufenthalts möchte, hätte das Finanzamt ausführen müssen, worin diese bestehen sollen.
Das Finanzamt hätte beispielsweise die Tochter vorladen und als Auskunftsperson oder Zeugin befragen können. Das Finanzamt hätte beispielsweise einen Augenschein in der elterlichen Wohnung vornehmen können. Das Finanzamt hätte die Bf auffordern können, weitere Zeugen für den Aufenthalt in Österreich namentlich zu benennen, was aber alles nicht geschehen ist.
Es kann der Bf daher nicht erfolgreich vorgeworfen werden, am Verfahren nicht entsprechend mitgewirkt zu haben.
Da die Angaben der Bf mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen und geeignete Beweismittel von der Bf vorgelegt worden sind, sind nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts weitere Ermittlungen nur verfahrensverzögernd und daher entbehrlich. Die erforderlichen Feststellungen waren im Einklang mit der Aktenlage zu treffen.
Rechtsgrundlagen
§ 2 FLAG 1967 lautet:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd für längstens drei Monate,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,
(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,
h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,
i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,
k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
dd) Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von "Erasmus+", ABl. Nr. L 347 vom S. 50.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).
(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.
(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.
(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.
(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.
(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.
(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.
§ 5 Abs. 3 FLAG 1967 lautet:
(3) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
§ 10 FLAG 1967 lautet:
§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.
(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.
(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
§ 114 BAO lautet:
§ 114. (1) Die Abgabenbehörden haben darauf zu achten, daß alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfaßt und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, daß Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen.
(2) Hiefür darf eine elektronische Dokumentation angelegt werden (Dokumentationsregister). Diese Dokumentation hat insbesondere Daten betreffend die Identität des Abgabepflichtigen und die Klassifizierung seiner Tätigkeit zu umfassen.
(3) Die Abgabenbehörde kann Anbringen und andere das Verfahren betreffende Unterlagen mit automationsunterstützter Datenverarbeitung erfassen. Diese Erfassung beeinträchtigt nicht die Beweiskraft, wenn sichergestellt ist, dass die so erfassten Unterlagen nachträglich nicht unbemerkbar verändert werden können.
(4) Abgabenbehörden dürfen personenbezogene und nicht personenbezogene Daten für Zwecke des automationsunterstützten Risikomanagements und der Betrugsbekämpfung verarbeiten, soweit dies nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben geeignet, erforderlich und angemessen ist.
§ 115 BAO lautet:
§ 115. (1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.
(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.
(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.
§ 119 BAO lautet:
§ 119. (1) Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
§ 143 BAO lautet:
§ 143. (1) Zur Erfüllung der im § 114 bezeichneten Aufgaben ist die Abgabenbehörde berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Die Auskunftspflicht trifft jedermann, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflicht handelt.
(2) Die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen, die für die Feststellung von Abgabenansprüchen von Bedeutung sind, vorzulegen oder die Einsichtnahme in diese zu gestatten.
(3) Die Bestimmungen der §§ 170 bis 174 finden auf Auskunftspersonen (Abs. 1) sinngemäß Anwendung.
(4) Die Bestimmungen über Zeugengebühren (§ 176) gelten auch für Auskunftspersonen, die nicht in einer ihre persönliche Abgabepflicht betreffenden Angelegenheit herangezogen werden.
§ 161 BAO lautet:
§ 161. (1) Die Abgabenbehörde hat die Abgabenerklärungen zu prüfen (§ 115). Soweit nötig, hat sie, tunlichst durch schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, daß die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag).
(2) Wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt, hat sie die Ermittlungen vorzunehmen, die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie kann den Abgabepflichtigen unter Bekanntgabe der Bedenken zur Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt). Erforderliche Beweise sind aufzunehmen.
(3) Wenn von der Abgabenerklärung abgewichen werden soll, sind dem Abgabepflichtigen die Punkte, in denen eine wesentliche Abweichung zu seinen Ungunsten in Frage kommt, zur vorherigen Äußerung mitzuteilen.
§ 166 BAO lautet:
§ 166. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
§ 167 BAO lautet:
§ 167. (1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
§ 168 BAO lautet:
§ 168. Die Beweiskraft von öffentlichen und Privaturkunden ist von der Abgabenbehörde nach den Vorschriften der §§ 292 bis 294, 296, 310 und 311 der Zivilprozeßordnung zu beurteilen. Bezeugt der Aussteller einer öffentlichen Urkunde die Übereinstimmung einer fotomechanischen Wiedergabe dieser Urkunde mit dem Original, so kommt auch der Wiedergabe die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde zu.
§ 169 BAO lautet:
§ 169. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, ist jedermann verpflichtet, vor den Abgabenbehörden als Zeuge über alle ihm bekannten, für ein Abgabenverfahren maßgebenden Tatsachen auszusagen.
§ 182 BAO lautet:
§ 182. (1) Zur Aufklärung der Sache kann die Abgabenbehörde auch einen Augenschein, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen, vornehmen.
(2) Die Abgabenbehörde hat darüber zu wachen, daß der Augenschein nicht zur Verletzung eines Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses mißbraucht wird.
§ 183 BAO lautet:
§ 183. (1) Beweise sind von Amts wegen oder auf Antrag aufzunehmen.
(2) Die Abgabenbehörde kann die Beweisaufnahme auch im Wege der Amtshilfe durch andere Abgabenbehörden vornehmen lassen.
(3) Von den Parteien beantragte Beweise sind aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, daß die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
(4) Den Parteien ist vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.
§ 282 BAO lautet:
§ 282. Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Anspruch auf Familienbeihilfe
Nach der Aktenlage steht fest, dass die Bf den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967) in Österreich hat und die minderjährige Tochter ebenfalls österreichische Staatsbürgerin ist. Der Bf steht also gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu.
Kein ständiger Auslandsaufenthalt
Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 steht ein ständiger Auslandsaufenthalt des Kindes einem Anspruch auf Familienbeihilfeentgegen. Die Bestimmung ist verfassungskonform (vgl. ; ).
Gemäß § 53 FLAG 1967 und den unionsrechtlichen Vorschriften ist als "Ausland" i.S.d. FLAG 1967 ein Drittland, nicht aber ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union (bzw. ein Staat des EWR oder die Schweiz) anzusehen (siehe auch Kuprian, Kein Familienbeihilfenanspruch bei Ausbildung eines Kindes in einem "Drittland", UFS Journal 2011, 371; ; ; ; ; ).
Ein vorübergehender Auslandsaufenthalt steht dem Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht entgegen, ein ständiger schon (§ 5 Abs. 3 FLAG 1967).
Bei der Frage des ständigen Aufenthaltes i.S.d. § 5 Abs. 3 FLAG 1967 geht es um objektive Kriterien, die nach den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen sind (vgl. etwa ; ; ). Diese Beurteilung hat nicht auf den subjektiven Gesichtspunkt des Mittelpunktes der Lebensinteressen abzustellen, sondern auf das objektive Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 5 Rz 9).
Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. ).
Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehendgewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. ).
Das bloße Verbringen der Ferien in Österreich bzw. fallweise kurze Besuche in Österreich während eines Auslandsaufenthalts wären, so sie erfolgt sind, jeweils als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, wodurch ein ständiger Aufenthalt des Kindes im Ausland nicht unterbrochen wird (vgl. ; ; ; ; ).
Ein einjähriger Schulbesuch im Ausland führt zu einem ständigen Auslandsaufenthalt, der auch durch das etwaige Verbringen der Schulferien in Österreich im Haushalt der Eltern nicht unterbrochen wird (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 5 Rz 9).
Da sich nach den getroffenen Feststellungen die Tochter der Bf seit Juli 2020 voraussichtlich zumindest bis Juli 2021 in Österreich lebt, besteht seit Juli 2020 kein ständiger Auslandsaufenthalt, sondern ein ständiger Aufenthalt in Österreich.
§ 5 Abs. 3 FLAG 1967 steht daher dem Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht entgegen.
Aufhebung des angefochtenen Bescheids
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.
Steht Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und darüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des(monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) auszufertigen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2.A.2020 § 26 Rz 3 m.w.N.; u.v.a.).
Herstellung des der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustands
Gemäß § 25 Abs. 1 BFGG und § 282 BAO ist das Finanzamt verpflichtet, im gegenständlichen Fall mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen und die Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags vorzunehmen.
Nichtzulassung der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; Tatfragen sind einer Revision grundsätzlich nicht zugänglich.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 114 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 143 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100436.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at