Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.04.2021, RV/7400148/2020

Vorschreibung der Ausgleichsabgabe auch nach Bauwerberwechsel an jene Person, die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (Baubewilligung) Bauwerber war

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch FIDI UNGER Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 16 Tür 6, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 37 vom betreffend Vorschreibung der Ausgleichsabgabe gemäß § 48 Abs. 1 und § 54 Wiener Garagengesetz 2008 (WGarG 2008), Aktenzahl MA37/***Zahl2***, zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom ***Datum1*** wurde der Beschwerdeführerin als Baubewerberin des Bauvorhabens in ***Adresse***, die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die in der Folge beschriebenen Bauausführungen (Dachgeschosszubau für die Schaffung von sieben Wohnungen) vorzunehmen.

Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 i.V.m. § 50 Wiener Garagengesetz 2008 (WGarG 2008) zur Schaffung von vier Stellplätzen nicht entsprochen werde. Die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 52 i.V.m. § 48 Abs. 1 und § 50 WGarG 2008 durch die Bauführung geschaffen werden müssten, bleibe zur Gänze um vier Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin für das Bauvorhaben an der oben angeführten Adresse die Ausgleichsabgabe gemäß § 48 Abs. 1 und § 54 WGarG 2008 i.H.v. 48.000 Euro vorgeschrieben.

In der Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 48 Abs. 1 WGarG 2008 entstehe bei Neu-und Zubauten sowie Änderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung eine Stellplatzverpflichtung, die entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder dem Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen sei.

Bleibe bei einem Bauvorhaben nach der nachvollziehbaren Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Zahl zurück, sei dies, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien Anwendung finde, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibe.

Abgabepflichtig sei gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 der Bauwerber oder die Baubewerberin.

Die Ausgleichsabgabe ergebe sich gemäß § 54 WGarG 2008 aus dem Produkt des Einheitssatzes und der Zahl der fehlenden Stellplätze. Der Einheitssatzes Betrage nach § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr. 27/2014, 12.000 Euro pro Stellplatz.

Im Baubewilligungsbescheid der Magistratsabteilung 37 sei festgestellt worden, dass das Bauvorhaben um vier Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wandte die Beschwerdeführerin ein, dass sie im angefochtenen Bescheid als Baubewerberin bezeichnet werde, obwohl sie dies nicht mehr sei. Mit Kaufvertrag vom habe sie das gegenständliche Bauprojekt an die ***Erwerberin*** verkauft, die dieses mit allen Rechten und Pflichten übernommen habe. Sie könne daher nicht Bescheidadressat sein, insbesondere auch aus dem Grund, weil sie ohne Kenntnis über den aktuellen Baufortschritt sei. Die Beschwerdeführerin könne nur vermuten, dass gegenständlicher Bescheid aufgrund des nun erfolgten Baubeginnes erlassen worden sei. Gerade aus der Anzeige des Baubeginnes, die jedenfalls nicht von der Beschwerdeführerin stamme, hätte die Behörde aber erkennen können, dass nicht die Beschwerdeführerin, sondern die Erwerberin Baubewerberin sei. Der Bescheid wäre daher an die letztgenannte Gesellschaft zu richten gewesen.

Darüber hinaus sehe § 53 Abs. 1 WGarG 2008 vor, dass der Grundeigentümer zur ungeteilten Hand für die Abgabe hafte. Da die Beschwerdeführerin nicht Grundeigentümerin sei - wie eine Einsicht in das Grundbuch ergebe - wäre der Bescheid zumindest auch an die ***Erwerberin*** zu richten gewesen.

Nach Erhalt des gegenständlichen Bescheides habe sich die Beschwerdeführerin an den ausführenden Architekten gewandt, und habe dieser mitgeteilt, dass ein Bauwerberwechsel und ein Planwechsel stattgefunden hätten oder derzeit stattfänden (der genaue Verfahrensstand sei der Beschwerdeführerin nicht bekannt, da sie nicht Bauwerberin sei).

Infolge des Planwechsels komme es auch zu einer Flächenänderung, die auch eine Änderung der Berechnung der Stellplatzverpflichtung bewirke. Es sei daher davon auszugehen, dass die im nunmehr vorliegenden Bescheid vorgenommene Berechnung der Ausgleichsabgabe i.H.v. 48.000 Euro unrichtig sei, weshalb dieser auch aus diesem Grunde aufzuheben sein werde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und nach Darstellung des Verfahrensganges und der im gegenständlichen Fall anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen festgehalten, dass der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe die Immobilie verkauft, keinen Einfluss auf die Entstehung der Abgabenschuld habe. Die Abgabenschuld entstehe nach Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides, in welchem ausgesprochen worden sei, um wieviel die Anzahl der Pflichtstellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe, und werde per gesondertem Bescheid vorgeschrieben. Dieser Bescheid vom , Zl. MA 37/***Zahl1***, in welchem ausgesprochen worden sei, um wieviel die Anzahl der Pflichtstellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe, sei an die Beschwerdeführerin und sohin an die gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 Zahlungspflichtige ergangen. Da die Anzeige eines Bauwerberwechsels mit datiert und am bei der belangten Behörde eingegangen sei, sei zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am die Beschwerdeführerin Bauwerberin dieses Bauvorhabens gewesen.

Ein Wechsel im Grundeigentum sei erst in einem allfälligen Haftungsverfahren zu berücksichtigen. Der neue Grundeigentümer hafte gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 erst im Falle einer Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld zur ungeteilten Hand.

Unter Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/17/0264, kam die belangte Behörde zur Schlussfolgerung, eine Bescheiderlassung an die neue Grundeigentümerin und Bauwerberin sei nicht zulässig.

Eine gegebenenfalls im Kaufvertrag festgelegte Übernahme von Zahlungspflichten sei im Innenverhältnis im Zivilrechtsweg zu klären und habe auf die Vorschreibung der Baubehörde keinen Einfluss. Ein Planwechsel, der auf die Höhe der Abgabenschuld Einfluss nehme, sei nicht aktenkundig.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag verweist die Beschwerdeführerin ergänzend darauf, dass § 53 Abs. 1 WGarG 2008 bei einem Wechsel im Grundeigentum die Haftung des neuen Grundeigentümers für die Abgabenschuld zur ungeteilten Hand normiere. Der Bescheid wäre daher zumindest auch an die neue Eigentümerin zu richten gewesen. Darüber hinaus sei die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung nicht darauf eingegangen, dass zwischenzeitig ein Planwechsel stattgefunden habe, wodurch es auch zu einer Flächenänderung gekommen sei, die auch eine Änderung der Berechnung der Stellplatzverpflichtung bewirke. Es sei daher davon auszugehen, dass die im bekämpften Bescheid vorgenommene Berechnung der Ausgleichsabgabe unrichtig sei, und der Bescheid auch aus diesem Grund aufzuheben sein werde.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies im Vorlagebericht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/17/0264.

Das Bundesfinanzgericht forderte die belangte Behörde in der Folge mehrmals auf, bekanntzugeben, ob und gegebenenfalls mit welchen Auswirkungen für die Ausgleichsabgabe zwischenzeitlich eine Abänderung des Bauvorhabens beantragt bzw. bewilligt worden sei.

Nach mehrmaligen Urgenzen und nachdem auch bereits von der Beschwerdeführerin eine Entscheidung urgiert worden war, gab schließlich Herr ***X*** von der zuständigen Baubehörde bekannt, dass bislang kein weiterer Baubewilligungsbescheid zu dem genannten Bauvorhaben erlassen worden sei. In dem derzeit aufgrund eines Auswechselplanes anhängigen Verfahren würden keine für das Ausmaß der Stellplatzverpflichtung maßgeblichen Änderungen thematisiert, da es lediglich um eine Veränderung der straßenseitigen Knickfenster, eine Änderung der Terrassen sowie eine Änderung der Dachgaupen gehe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Magistratsabteilung 37 - Baupolizei für Wien hat mit Bescheid vom ***Datum1***, ZI. MA37/***Zahl1***, (Baubewilligung) ausgesprochen, dass bei dem bewilligten Bauvorhaben an der Adresse ***Adresse*** der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 in Verbindung mit § 50 WGarG 2008 zur Schaffung von vier Stellplätzen nicht entsprochen werde. Dieser Bescheid ist unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Als Bescheidadressatin und Zahlungspflichtige ist die Beschwerdeführerin angeführt.

Am wurde der belangten Behörde die Anzeige eines Bauwerberwechsels persönlich überbracht.

Mit Bescheid vom , Zl. MA37/***Zahl2***, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 48 Abs. 1 und § 54 WGarG 2008 in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr.27/2014, aufgrund der Feststellungen des Bescheides der Magistratsabteilung 37/Gebietsgruppe West - Stadterneuerung II vom ***Datum1***, Zl. MA37/***Zahl1***, eine Ausgleichsabgabe für 4 Stellplätze in Höhe von 48.000 Euro vorgeschrieben.

Im Verfahren aufgrund der Einreichung eines Auswechselplanes durch die neue Bauwerberin wurde noch keine Entscheidung getroffen, der Auswechselplan sieht aber keine die Stellplatzverpflichtung betreffenden Änderungen vor.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und der vom Bundesfinanzgericht eingeholten Auskunft der Baupolizei. Er ist auch - mit Ausnahme des Umstandes, dass bislang keine neue Baubewilligung vorliegt - nicht strittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 48 Abs. 1 Wiener Garagengesetz 2008 idFg LGBl. Nr.26/2014 (WGarG 2008) entsteht bei Neu- und Zubauten sowie Änderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung eine Stellplatzverpflichtung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen; diese ist entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen.

Gemäß § 50 Abs.1 erster Satz WGarG 2008 ist für je 100 m² Wohnnutzfläche ein Stellplatz zu schaffen.

Bleibt bei einem Bauvorhaben nach der Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Anzahl zurück, ist dies gemäß § 52 Abs. 1 WGarG 2008, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien anzuwenden ist, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt. Wird nur gegen diese Feststellung Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhoben, kann das bewilligte Vorhaben begonnen werden, wenn die entsprechende Ausgleichsabgabe bezahlt wird. Wird der Beschwerde stattgegeben, ist die Ausgleichsabgabe zur Gänze oder nach Maßgabe der Herabsetzung zurückzuerstatten.

Gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 ist der Bauwerber oder die Bauwerberin abgabepflichtig. Ist er oder sie nicht der Grundeigentümer oder die Grundeigentümerin, so haftet dieser oder diese für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand. Bei einem Wechsel im Grundeigentum haftet auch der neue Grundeigentümer oder die neue Grundeigentümerin für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.

Gemäß § 54 WGarG 2008 ergibt sich die Ausgleichsabgabe aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl, um die nach den Feststellungen des Bewilligungsbescheides (§ 52 Abs. 1 WGarG 2008) die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Anzahl zurückbleibt. Der Einheitssatz wird nach den durchschnittlichen Kosten des Grunderwerbes und der Errichtung eines Stellplatzes durch Verordnung der Wiener Landesregierung festgesetzt; er beträgt je Stellplatz höchstens 18.000,-- Euro.

Gemäß § 55 WGarG 2008 wird die Ausgleichsabgabe mit gesondertem Bescheid bemessen. Die Erhebung einer Beschwerde nach § 52 Abs. 1 WGarG 2008 hindert nicht die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe.

Gemäß § 56 Abs. 1 WGarG 2008 ist die Ausgleichsabgabe binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten.

Wird die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf unwirksam, steht gemäß § 56 Abs. 2 WGarG 2008 ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu.

Wird zunächst die Ausgleichsabgabe gemäß § 52 Abs. 3 WGarG 2008 entrichtet, werden die fehlenden Stellplätze jedoch zur Gänze oder teilweise geschaffen oder wird die Einstellmöglichkeit auf einem bereits bestehenden Stellplatz vertraglich sichergestellt (§ 51 WGarG 2008), steht gemäß § 56 Abs. 3 WGarG 2008 ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabenbetrages zu.

Wird nach Zustellung des Bemessungsbescheides eine Abänderung des Bauvorhabens bewilligt, die von Einfluss auf die Bemessungsgrundlage der Ausgleichsabgabe ist, so hat die Behörde gemäß § 56 Abs. 4 WGarG 2008 den Bemessungsbescheid von Amts wegen entsprechend abzuändern und gegebenenfalls den entrichteten Abgabenbetrag auf Antrag zinsenfrei zu erstatten.

Soweit nicht anderes bestimmt ist, gelten gemäß § 59 WGarG 2008 für das Verfahren betreffend die Bemessung und Einhebung der Ausgleichsabgabe die Bestimmungen der das Verfahren in Abgabesachen regelnden Vorschriften, für sonstige Verfahren auf Grund dieses Gesetzes die Bestimmungen der Bauordnung für Wien

Gemäß § 1 der auf Grund des § 54 WGarG 2008 ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr.27/2014, beträgt der Einheitssatz der Ausgleichsabgabe je Stellplatz 12.000 Euro.

Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ist gemäß § 4 Abs. 4 BAO ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

Gemäß § 4 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 52 Abs. 1 WGarG 2008 entsteht die Abgabepflicht mit der Rechtskraft des Ausspruches in der Baubewilligung, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt (vgl. , und die dort wiedergegebene Judikatur der Höchstgerichte).

Dies bedeutet im Beschwerdefall, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids vom ***Datum1***, MA 37/***Zahl1***, mit dem die Feststellung nach dem WGarG 2008, getroffen wurde, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, der Abgabenanspruch gegenüber der Beschwerdeführerin als damaliger Bauwerberin entstanden ist.

Zu klären ist also, ob die im Zeitpunkt der Feststellung, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, für die Beschwerdeführerin entstandene Abgabenschuld auf die Nachfolgerin in der Stellung als Bauwerberin übergegangen ist (und daher nicht der Beschwerdeführerin gegenüber vorzuschreiben gewesen wäre).

Auszugehen ist dabei von der oben bereits dargestellten grundsätzlichen Rechtslage, dass für die Vorschreibung einer Abgabe die zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches gegebene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist. Die Abgabe ist insofern jener Person vorzuschreiben, welche nach der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geltenden Rechtslage als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Für einen allfälligen Wechsel in der Stellung als Abgabenschuldner nach Entstehen des Abgabenanspruches (gleichgültig, ob bereits ein Bescheid zur Festsetzung der Abgabe ergangen ist oder nicht) bedürfte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung (vgl. ; ).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu Fragen eines nach Entstehung eines Abgabenanspruches eingetretenen Eigentumsübergangs festhält (vgl. etwa ; oder ), bedürfte es für den Eintritt eines Schuldnerwechsels im Falle des Eigentumsüberganges an einem Grundstück, auf das sich ein Vorhaben bezieht, für welches eine Abgabe vorgeschrieben worden ist oder für welches der Abgabenanspruch entstanden ist, einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung. Die Überlegungen, die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/17/0246, für den Fall der Rechtsnachfolge im Eigentum angestellt wurden, müssen in gleicher Weise auch im Fall der Vorschreibung einer Abgabe an einen Bauwerber nach einer Bauordnung gelten, der im Laufe der Zeit seine Stellung als Bauwerber verlieren kann und insofern ein Rechtsnachfolger in der Stellung als Bauwerber vorhanden sein kann.

§ 124 Abs. 4 Wiener Bauordnung, demzufolge der zukünftige Bauwerber in die Rechtsstellung des bisherigen Bauwerbers an dessen Stelle eintritt, normiert zwar einen Wechsel in der Stellung des Bauwerbers, es kommt ihm jedoch nur Bedeutung für die baurechtlichen Regelungen zu. Auswirkungen für den Bereich der Ausgleichsabgabe kann die Regelung nur insoweit haben, als in jenen Fällen, in denen der Wechsel in der Stellung des Bauwerbers vor der Verwirklichung des Abgabentatbestandes eingetreten ist, bei der Bestimmung des Abgabepflichtigen auf die baurechtliche Regelung Bedacht zu nehmen ist: Abgabeschuldner ist der Bauwerber im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabetatbestands. Wenn sich also ein Wechsel in der Stellung als Bauwerber vor der Erlassung des Bescheids betreffend die Feststellung, um wie viel die Stellplätze hinter der erforderlichen Zahl zurückbleiben, ergeben hätte, dann wäre dieser Wechsel bei der Bestimmung des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen. Abgabepflichtiger wäre der "neue" Bauwerber (der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches aktuelle Bauwerber).

Sobald sich jedoch der Abgabentatbestand verwirklicht hat, ist das Abgabenschuldverhältnis entstanden und der Abgabeschuldner - unabhängig davon, ob bereits ein Bescheid zur Festsetzung der Abgabe ergangen ist oder nicht - damit festgelegt. Das Abgabenschuldverhältnis besteht zwischen dem Abgabegläubiger und dem Abgabeschuldner, in diesem Fall dem Bauwerber zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabetatbestandes. Spätere Änderungen in der Stellung des Abgabeschuldners müssten von der Abgabennorm ausdrücklich vorgesehen werden. Wollte der Gesetzgeber einen Übergang der bereits entstandenen Abgabenschuld auf den jeweiligen Bauwerber anordnen, müsste er dies durch eine ausdrückliche Vorschrift, die einen solchen Übergang anordnet, tun (es könnte der Übergang im Sinne eines Schuldnerwechsels, aber auch eine Gesamtschuld oder die Haftung des späteren Bauwerbers angeordnet werden). Eine solche Regelung enthält das WGarG 2008 jedoch nicht. Die Anordnung in § 124 Abs. 4 Wiener Bauordnung betrifft nur die Stellung als "Bauwerber" und nicht jene als Abgabepflichtiger nach dem WGarG 2008 (vgl. ).

Da die Beschwerdeführerin unbestritten zum Zeitpunkt des bescheidmäßigen Ausspruchs, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibe, Bauwerberin des Bauvorhabens war, ist sie Schuldnerin der Ausgleichsabgabe und zwar unabhängig davon, dass es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Bauwerberwechsel gekommen ist.

Gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 ist jedenfalls der Bauwerber oder die Bauwerberin im Zeitpunkt der Feststellung, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibe, abgabepflichtig und somit Abgabenschuldnerin. Grundeigentümer, wenn sie nicht zum Zeitpunkt des bescheidmäßigen Ausspruchs, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibe, zugleich Bauwerber sind, haften lediglich für die Abgabenschuld. Sie werden gemäß § 7 Abs. 1 BAO erst durch die Geltendmachung der Haftung (durch Haftungsbescheid nach § 224 BAO) zu Gesamtschuldnern (vgl. ).

Der Abgabenbescheid hatte daher ausschließlich an die Beschwerdeführerin als ursprüngliche Bauwerberin und nicht auch an die nunmehrige Grundeigentümerin zu ergehen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die gegenständlich zu beantwortende Rechtsfrage, wer im Falle eines Bauwerberwechsels als Abgabenschuldnerin oder Abgabenschuldner heranzuziehen ist, im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 54 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 52 Abs. 1 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 55 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 59 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400148.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at