Nachversteuerung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch GWP GRÖSZ WEISZ PARTNER Steuerberatung OG, Burgenlandstraße 81, 7301 Deutschkreutz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer 2016, Steuernummer , zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) war als Arzt selbstständig tätig und veräußerte seine bisher Ordination einschließlich des gesamten Sachanlagevermögens im Dezember 2016. In den Jahren 2013 bis 2016 machte der Beschwerdeführer den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag in (Gesamt)höhe von 63.606,53 € geltend (für den Kauf von begünstigungsfähigen Wertpapieren).
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2016 abweichend von der eingereichten Erklärung fest.
Begründend wurde hierzu Folgendes ausgeführt:
"Gemäß § 10 Abs. 6 EStG ist im Falle der Übertragung eines Betriebes der gewinnerhöhende Ansatz beim Rechtsnachfolger dann vorzunehmen, wenn die Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist ausscheiden oder in das Ausland verbracht werden.
Unter Veräußerung wird jede entgeltliche Übertragung (zB Verkauf, Tausch, Zwangsversteigerung, Enteignung) des Eigentums am Betriebsvermögen (Maßgeblichkeit des wirtschaftlichen Eigentums) auf eine andere Person (natürliche, juristische Person, Gesamthandvermögen) verstanden ().
Eine Veräußerung des ganzen Betriebes liegt vor, wenn alle für eine im Wesentlichen unveränderte Fortführung des Betriebs notwendigen Wirtschaftsgüter in einem einzigen einheitlichen Vorgang an einen einzigen Erwerber (Gemeinschaft) entgeltlich übertragen werden (; ; ). Dabei ist nicht entscheidend, ob der Erwerber den Betrieb tatsächlich fortführt, sondern vielmehr, ob ihm die erworbenen Wirtschaftsgüter objektiv (bloß abstrakt) die Fortführung des Betriebes ermöglichen (vgl. ; ; ; ; ; ).
Bei einer Betriebsaufgabe werden die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang an verschiedene Erwerber entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder in das Privatvermögen übernommen ().
Ist eine entgeltliche Betriebsübertragung erfolgt und wird das Wirtschaftsgut, für welches FBiG geltend gemacht worden ist, mitübertragen, läuft die Behaltefrist beim Rechtsnachfolger weiter (Mühlehner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar (2015), § 10 EStG, Rz 8.1). Voraussetzung ist, dass dem Betriebsnachfolger die Wirtschaftsgüter (einschließlich Wertpapiere), für welche der investitionsbedingte Freibetrag geltend gemacht worden ist, ins Eigentum übergeben werden (Mühlehner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar (2015), § 10 EStG, Rz 8.2). Die Nachversteuerung erfolgt bei der Betriebsübertragung nur, wenn das Wirtschaftsgut innerhalb der Behaltefrist aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder außerhalt des EU-/EWR-Raumes verbracht wird (Mühlehner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar (2015), § 10 EStG, Rz 8.1).
Im Falle einer Betriebsaufgabe gelangen die Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen, was die Nachversteuerung auslöst (Mühlehner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar (2015), § 10 EStG, Rz 8.2).
Gemäß § 21 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Sie haben als Übergeber mit dem Übergabevertrag vom der Übernehmerin Frau ***2*** die gesamte Ordinationseinrichtung, den Patientenstock inkl. Patientenkartei, den technischen Geräten und Materialien sowie der sonstigen Ausstattung, den Wartungsverträgen, den Energievertrag, diverse Dienstverhältnisse sowie der E-Card-Einrichtung samt Zubehör zu einem Preis von EUR 80.000,00 übergeben. Ferner wurde vereinbart, dass die Übernehmerin die im Betriebsvermögen befindlichen Wertpapiere in ihr Eigentum übernimmt und so lange in ihrem Betriebsvermögen hält, bis die Behaltedauer abgelaufen ist. Nach Ablauf der Behaltedauer verpflichtet sich die Übernehmerin die Wertpapiere auf ein Depot des Übergebers zu übertragen.
Sämtliche in Zusammenhang mit diesem Depot entstehenden Kosten übernimmt der Steuerpflichtige.
Gegenständlich liegt eine Veräußerung des Betriebes vor, da alle für eine im Wesentlichen unveränderte Fortführung des Betriebes notwendigen Wirtschaftsgüter - insbesondere Ordinationsräume, Patientenstock, diverse Geräte, Dienstverhältnisse - in einem einzigen einheitlichen Vorgang an einen einzigen Erwerber entgeltlich übertragen wurden.
Unter der Voraussetzung, dass dem Betriebsnachfolger die Wertpapiere, für welchen der investitionsbedingte Freibetrag geltend gemacht worden ist, ins Eigentum übergeben werden, läuft die Behaltefrist bei diesem weiter.
Laut dem Depotauszug 2017 - Depot Nr. ***1***, lautend auf Frau ***2***, befinden sich die gegenständlichen Wertpapiere im Eigentum der Betriebsnachfolgerin.
Demzufolge wurden diese vom Steuerpflichtigen an die Betriebsnachfolgerin übergeben.
Durch die Verpflichtung der Betriebsnachfolgerin, die gegenständlichen Wertpapiere nach der Behaltefrist auf ein Depot des Steuerpflichtigen zu übertragen, werden deren Nutzungsrechte massiv eingeschränkt. Die Betriebsnachfolgerin kann durch diese Vereinbarung die Wertpapiere weder veräußern, einem Dritten übertragen noch ins Privateigentum übernehmen. Dieses faktische Veräußerungsverbot, das sich aus dem Kontext des Vertrages ergibt, da die Wertpapiere rückübertragen werden müssen, führt dazu, dass die Betriebsnachfolgerin das wirtschaftliche Eigentum an der Sache verliert. Durch diese Einschränkung der Verfügungsmacht kann sie nicht wie ein Eigentümer schalten und walten. Ferner ergibt sich aus dem Vertragswerk, dass etwaige Substanzwertverluste zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, da kein Wertausgleich vereinbart wurde und somit der Steuerpflichtige die Wertpapiere zu jenem Wert übernimmt, den diese zum entsprechenden Zeitpunkt haben.
Nicht unberücksichtigt bleiben darf die Tatsache, dass die Betriebsnachfolgerin nur solange im Besitz der Wertpapiere ist, bis die Behaltedauer für eine Nachversteuerung des investitionsbedingten Freibetrages abgelaufen ist. Laut Vereinbarung erfolgt die Rückübertragung der einzelnen Wertpapiere etappenweise, abhängig davon, wann die Behaltefrist endet. Daraus ergibt sich, dass die Betriebsnachfolgerin nie ernsthaft als Eigentümerin in Betracht gezogen wurde, sondern lediglich eine Vereinbarung getroffen wurde, die einen abgabensparenden Effekt nach sich zieht. Ohne das Resultat der Steuerminderung wäre es unverständlich eine Vereinbarung wie die vorliegende zu treffen.
Aus der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ergibt sich eindeutig, dass die Wertpapiere nur deshalb ins Eigentum der Betriebsnachfolgerin übertragen wurden, um eine Nachversteuerung des investitionsbedingten Freibetrages zu vermeiden. Das wirtschaftliche Eigentum verbleibt auf Grund des faktischen Veräußerungsverbotes der Wertpapiere durch Frau ***3***, des Rechts der Rückübertragung und der damit starken und abgesicherten Position bei Ihnen. Da nie eine Eigentumsübertragung beabsichtigt und daher tatsächlich nicht stattgefunden hat, sind die Wertpapiere auf Grund des Ausscheidens aus dem Betriebsvermögen innerhalb der Behaltefrist Substanzwertverluste zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, da kein Wertausgleich vereinbart bei Ihnen nachzuversteuern.
Betreffend der Ermittlung des Entnahmenwertes des Gebäudes wird auf die Rücksprache mit Ihrem Steuerberater Mag. ***9*** verwiesen.
Der Entnahmewert war mit dem besonderen Steuersatz von 30% gern. § 30a Einkommensteuergesetz zu besteuern."
Dagegen brachte der Bf. eine Beschwerde mit folgender Begründung ein:
"Ad. 1. Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom
Der von Ihnen dargestellte Sachverhalt hinsichtlich der Übertragung der Wertpapiere, die Dr. ***Bf*** angeschafft hat in das Eigentum von ***3***, ist grundsätzlich korrekt wiedergegeben. Wie Sie richtig ausgeführt haben, wurde im Rahmen einer entgeltlichen Betriebsübertragung verschiedene Wirtschaftsgüter (Ordinationseinrichtung, Patientenstock inkl. Patientenkartei, technische Geräte und Materialen, etc.) im Rahmen eines entgeltlichen Übergabevertrages an Frau ***3*** übertragen.
Vorab einige grundlegende Worte zum Ablauf des Verkaufes der Ordination von Herrn Dr. ***Bf*** an Frau ***3*** mit Ende 2016. In einem Punkt unterscheidet sich der Verkauf einer Arztpraxis erheblich "normalen" Unternehmenskauf. Beim Verkauf einer Arztpraxis kann der Arzt nicht einen Käufer wählen, sondern er muss sich mit dem von der Gebietskrankenkasse bestimmten Nachfolger seines Kassenvertrages auf einen Verkauf "einigen". D.h. der Nachfolger kann für die Übergabe der Patientenakte den ehemaligen Inhaber der Kassenverträge kontaktieren und ihm dafür und für das Inventar eine Ablöse bezahlen - er muss dies aber nicht.
Im Fall von Dr. ***Bf*** kam es zu einer solchen Vereinbarung, sodass seine Nachfolgerin Frau ***3*** ihm eine Ablöse für das Inventar und Patientenstock von insgesamt Euro 80.000,00 bezahlt hat. Zusätzlich wurde vereinbart, dass die Wertpapiere, welche Dr. ***Bf*** zur Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne erworben hat, in das Betriebsvermögen von Frau ***3*** übernommen werden und von dieser bis zum Ablauf der Behaltefrist gehalten werden. Erläuternd muss dazu gesagt werden, dass Frau ***3*** bereits längere Zeit Vertretungsärztin in der Ordination von Dr. ***Bf*** war und sie von Dr. ***Bf*** als seine Nachfolgerin aufgebaut wurde. Ob mit einem völlig Fremden so eine Vereinbarung überhaupt möglich gewesen wäre, ist zu bezweifeln. In der Praxis gab es jedoch bereits Fälle in denen der Nachfolger mit seinem Vorgänger als Kassenarzt keine Vereinbarung getroffen hat und es zu keiner (steuerpflichtigen) Ablöse kam.
D.h. eigentlich sind ein Patientenstock bzw. ein Kassenvertrag keine Werte die einfach so gehandelt werden. Tatsächlich ist der in Pension gehende ehemalige Kassenarzt auf das Entgegenkommen des Nachfolgers angewiesen, um wenn möglich noch einen Ertrag zu lukrieren. Oft gibt es aber grundsätzliche Hindernisse. Zum Beispiel will der übernehmende Arzt die EDV-Ausstattung und die Programme nicht übernehmen bzw. gibt es auch keinen Willen die oft älteren Geräte bzw. Ordinationsausstattung zu übernehmen.
In der Praxis ist der ehemalige Kassenarzt bzw. war in diesem Fall Dr. ***Bf*** in einer verhandlungstaktisch sehr schlechten Position.
Genauso liefen dann auch die konkreten Vertragsverhandlungen in den Monaten Oktober bis Dezember 2016 ab. Einerseits wurde der bereits vereinbarte Kaufpreis von ursprünglich Euro 100.000,00 genauso in Frage gestellt, wie auch den bereits mündlich vereinbarten Verkauf der in der Behaltefrist befindlichen Wertpapiere gem. § 10 EStG.
Die Diskussionspunkte waren einerseits die Höhe des Kaufpreises und die Notwendigkeit einer tatsächlichen Übertragung der Wertpapiere. Im Rahmen der Verhandlungen wurden dann natürlich auch noch andere Punkte diskutiert, wie z.B. ob die Entlohnung als Vertretungsarzt der letzten Jahre angemessen war. Grundsätzlich waren dies aufgrund der längeren Zusammenarbeit der beiden Parteien sehr emotional geführte Diskussionen.
Nun zu ihrer konkrete Bescheidbegründung:
Wie Sie festgestellt haben - und welches auch für uns außer Diskussion steht - handelt es sich bei dem vorliegenden Übergabevertrag um eine entgeltliche Veräußerung der für eine unveränderte Fortführung notwendigen Wirtschaftsgüter (Patientenstock, Ordinationseinrichtung, etc.) mit Übernahme aller Dienstnehmer an Frau ***3***.
Weiters wurde von Ihnen festgestellt, dass auch die Wertpapiere, für welche der investitionsbedingte Freibetrag geltend gemacht wurde, ins Eigentum von Frau ***3*** übergeben wurde. Das ergibt sich aus dem Depotauszug und dem Verrechnungskonto zum Depotauszug, welche beide auf Frau ***3*** lauten. Weiters werden die Wertpapiere von Frau ***3*** im Anlageverzeichnis ausgewiesen. Sowohl Depotauszug als auch Verrechnungskonto zum Depotauszug als auch Anlageverzeichnis wurden Ihnen bereits übermittelt.
D.h. rein formal wurden bzw. werden die sich aus dem Gesetz und den Einkommensteuerrichtlinien notwendigen Punkte zur Übertragung der Wertpapiere ins Betriebsvermögen von Frau ***3*** erfüllt.
Aus dem Passus, dass sich Frau ***3*** nach Ablauf der Behaltedauer verpflichtet die Wertpapiere auf ein Depot von Dr. ***Bf*** zu übertragen, schließen Sie jedoch, dass die Verfügungsmacht von ***3*** soweit eingeschränkt ist, dass diese nicht wie ein Eigentümer schalten und walten kann. Überdies ergibt sich aus dieser Vereinbarung, dass mögliche Substanzwertverluste Dr. ***Bf*** aufgrund der Bestimmung der Rückübertragung verbleiben.
Grundsätzlich ist es so, dass dieser Passus so nicht von Dr. ***Bf*** gewünscht wurde. Vielmehr hatte Frau ***3*** bedenken, dass sie Wertpapiere in ihr Betriebsvermögen übernimmt und damit auch das Risiko eines möglichen Wertverlustes. Daher wurde von Seiten des Steuerberaters von Frau ***3***, Dr. ***8*** von der ***7***, welcher auch den Kaufvertrag erstellt hat, im Vertrag dieser Passus reingeschrieben. Um den sich bereits schwierig gestaltenden Verkaufsprozess nicht weiter zu gefährden, wurde von unserer Seite keine Einwände dagegen eingebracht.
Der Grund war, dass die Substanzerhaltung der Wertpapiere für uns kein wichtiges Thema war. Die Wertpapiere waren mündelsichere Wertpapiere. Drei von vier Positionen sind bzw. waren ***5*** Anleihen. Ein Risiko eines Substanzverlustes ist bzw. war de facto nicht gegeben. Daher war uns dieser Passus im Endeffekt egal. Er war von uns zwar nicht gewünscht, jedoch wie gesagt, wurde er von der Käuferseite bzw. deren Steuerberater in den Vertrag geschrieben und von uns aus verhandlungstaktischen Gründen auch nicht rausreklamiert.
Tatsächlich wurden die Wertpapiere dann auch nicht in das Eigentum bzw. in das Depot des Verkäufers wieder rückübertragen, sondern von Frau ***3*** verkauft. Die entsprechende Verkaufsabrechnung der Wertpapiere legen wir diesem Schreiben bei (Anlage 1). Ähnlich eines Ratenkaufes wurde dann der Kaufpreis von Frau ***3*** an Dr. ***Bf*** überwiesen.
Ihrer Argumentation, dass die Betriebsnachfolgerin die Wertpapiere nur solange in ihrem Besitz hält bis die Behaltedauer für eine Nachversteuerung abgelaufen ist, halte ich entgegen, dass das in allen Fällen so passiert. Natürlich hält jeder Steuerpflichtige, der sich Wertpapiere zum Zwecke der Geltendmachung eines (früher) investitionsbedingten Freibetrages bzw. (jetzt) Gewinnfreibetrages Wertpapiere nur solange bis die Behaltedauer abgelaufen ist. Der Großteil der Wertpapiere wird in der Praxis sofort nach Ablauf der vierjährigen Behaltedauer verkauft und zum Erwerb neuer Wertpapiere genutzt. Und natürlich ist das Ziel einen möglichst abgabensparenden Effekt zu erzielen. Und natürlich ist jeder Steuerpflichtige, welcher Wertpapiere für den Gewinnfreibetrag für den Zeitraum der gesetzlichen Behaltedauer de facto in seinen Eigentumsrechten eingeschränkt.
Natürlich war es auch das Ziel der gegenständlichen Vereinbarung zwischen Dr. ***Bf*** und ***3*** die Nachversteuerung bei Dr. ***Bf*** zu vermeiden. Im Rahmen der Verhandlungen zwischen Dr. ***Bf*** und ***3*** wurde daher der im Vertrag dargestellte Kompromiss erzielt. Mehr war leider nicht möglich. Die Alternative für Dr. ***Bf*** war den Verkaufsprozess abzubrechen und auf den Verkaufspreis von Euro 80.000,00 zu verzichten. Die Suche nach einem anderen Käufer war keine Option - wie oben dargestellt gibt es nur die Möglichkeit, dass man an den Kassenvertrags-Nachfolger verkauft oder gar nicht.
Die Argumentation, dass aufgrund des von Ihnen argumentierten faktischen Veräußerungsverbotes der Wertpapiere durch ***3*** und des Rechts der Rückübertragung, Dr. ***Bf*** eine starke und abgesicherte Position hat, ist dagegenzuhalten, dass seine Intention eigentlich der Verkauf der Wertpapiere ohne die Möglichkeit der Rückübertragung war. Dieser Passus diente wie bereits oben angeführt rein der Absicherung von ***3*** und wurde von ihrem Steuerberater auch in ihrem Sinne so formuliert.
Aufgrund der oben angeführten Argumentation beantragen wir daher den Betrag von Euro 63.606,53 nicht nachzuversteuern, da
• die Wertpapiere entsprechend der Bestimmungen des § 10 EStG in das Eigentum von Frau ***3*** übergegangen sind (Depotauszüge zum und lege ich nochmals bei - Anlage 2).
• auf dem Verrechnungskonto zum Depot von Frau ***3*** auch die Wertpapierzinsen gutgeschrieben wurden.
• Dr. ***Bf*** weder auf das Depot noch auf das dazugehörige Verrechnungskonto einen Zugriff bzw. zeichnungsberechtigt gewesen ist oder war.
• aus den oben angeführten Punkten außer Diskussion steht, dass die Wertpapiere nicht ins Privatvermögen von Dr. ***Bf*** überführt wurden und damit ein wesentlicher Grund für eine Nachversteuerung der Wertpapiere nicht gegeben ist.
• eine Einschränkung der der Verfügungsmacht des Eigentums an den Wertpapieren alleine schon deshalb gegeben ist, da jeder Steuerpflichtige beim Kauf der Wertpapiere defacto weiß, dass er diese vier Jahre nicht verkaufen darf. D.h. das von Ihnen argumentierte faktische Veräußerungsverbot hat in diesem Fall jeder Steuerpflichtige, der Wertpapiere zum Zwecke der Geltendmachung des Gewinnfreibetrages erwirbt und nicht nur die Übernehmerin.
• die behauptete starke und abgesicherte Position des Dr. ***Bf*** nicht von ihm gewünscht war, sondern ausdrückliche Bedingung der Übernehmerin, Fr. ***3***, war und im Vertrag auch von ihr bzw. ihrem Steuerberater so vorgegeben wurde.
Unserer Ansicht nach sind die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 EStG erfüllt bzw. entspricht die von Ihnen angesetzte Nachversteuerung nicht der gesetzlichen Regelung.
Wir beantragen daher den Einkommensteuerbescheid 2016 insoweit zu verändern und einerseits die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit Euro 217.407,70 (statt mit Euro 281.014,23) und andererseits die Einkünfte, welche dem Durchschnittsteuersatz unterworfen werden mit Euro 76.779,83 (statt mit Euro 140.386,36) festzusetzen.
Abschließend möchte ich noch anmerken, dass wenn es nicht möglich ist Wertpapiere entsprechend der gewählten Vorgehensweise oder mittels einer Ratenvereinbarung zu verkaufen, bei welcher der Kaufpreis in Form einer jährlichen Rate in Höhe der frei gewordenen Wertpapiere bezahlt wird, kein Verkauf einer Arztpraxis eines Kassenarztes mehr möglich sein wird. Eine komplette Vorfinanzierung durch den Übernehmer bzw. Nachfolger wird in den seltensten Fällen möglich sein. Es wird einerseits daran scheitern, dass der Nachfolger die Wertpapiere nicht sofort zahlen will um seine Liquidität - vor allem in den ersten Monaten und Jahren - aufgrund der verspäteten Abrechnung mit der Krankenkasse nicht einzuschränken und andererseits eine zusätzliche Finanzierung des Kaufpreises inkl. Ablöse der Wertpapiere oftmals seitens der Bank nicht möglich ist."
Das Finanzamt erließ daraufhin eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, die wie folgt begründet wurde:
"Die angeführten Ausführungen sind Bestandteil des oben bezeichneten Bescheides. Ein nach Maßgabe der Rechtsmittelbelehrung zulässiges Rechtsmittel kann nur gegen den Spruch des oben bezeichneten Bescheides, nicht aber gegen die Begründung erhoben werden. Im Übrigen wird auf die entsprechende Rechtsmittelbelehrung bzw. Rechtsbelehrung verwiesen.
Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom fristgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 23.05,2019 nach §§ 243 ff BAO erhoben.
Der Beschwerdeführer führte in der Beschwerde an, dass der von der Abgabenbehörde dargestellte Sachverhalt hinsichtlich der Übertragung der Wertpapiere grundsätzlich korrekt wiedergegeben worden sei. Richtig sei, dass es sich bei dem vorliegenden Übergabevertrag um eine entgeltliche Veräußerung der für eine unveränderte Fortführung notwendigen Wirtschaftsgüter (Patientenstock, Ordinationseinrichtung, etc.) mit Übernahme aller Dienstnehmer an Frau ***3*** gehandelt habe. Durch die Übertragung des Eigentums der Wertpapiere an Frau ***3*** sowie die Ausweisung der Wertpapiere im Anlagevermögen von Frau ***3*** seien rein formal bzw. seien die sich aus dem Gesetz und den Einkommensteuerrichtlinien notwendigen Punkte zur Übertragung der Wertpapiere ins Betriebsvermögen von Frau ***3*** erfüllt. Der Passus, dass sich Frau ***3*** nach Ablauf der Behaltedauer verpflichtet die Wertpapiere auf ein Depot des Beschwerdeführers zu übertragen, sei vom Beschwerdeführer nicht gewünscht gewesen. Vielmehr habe Frau ***3*** Bedenken gehabt, dass sie Wertpapiere in ihr Betriebsvermögen übernimmt und damit auch das Risiko eines möglichen Wertverlustes zu tragen habe. Aus diesem Grund sei vom Steuerberater von Frau ***3*** der vorliegende Passus in den Vertrag geschrieben worden. Seitens des Beschwerdeführers seien keine Einwände dagegen eingebracht worden, um den sich bereits schwierig gestaltenden Verkaufsprozess nicht weiter zu gefährden. Tatsächlich seien die Wertpapiere anschließend auch nicht in das Eigentum bzw. in das Depot des Verkäufers wieder rückübertragen worden, sondern von Frau ***3*** verkauft worden. Die entsprechende Verkaufsabrechnung liege bei. Der Beschwerdeführer wandte ferner ein, dass es in allen Fällen so passiere, dass der Betriebsnachfolger die Wertpapiere nur solange im Besitz halte bis die Behaltedauer für eine Nachversteuerung abgelaufen sei. Natürlich sei es auch das Ziel der gegenständlichen Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und Frau ***3*** gewesen, die Nachversteuerung beim Beschwerdeführer zu vermeiden. Der Beschwerdeführer hält des Weiteren entgegen, dass eine - wie von der Abgabenbehörde behauptete - starke und abgesicherte Position auf Grund des faktischen Veräußerungsverbotes der Wertpapiere durch Frau ***3*** und des Rechts der Rückübertragung, nie gewollte war. Die Intention des Beschwerdeführers sei der Verkauf der Wertpapiere ohne die Möglichkeit der Rückübertragung gewesen. Auf Grund der angeführten Argumentation beantragt der Beschwerdeführer, den Betrag iHv EUR 63.606,53 nicht nachzuversteuern.
Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Unstrittig ist, dass mit dem Übergabevertrag vom der Beschwerdeführer als Übergeber der Übernehmerin Frau ***2*** die gesamte Ordinationseinrichtung, den Patientenstock inkl. Patientenkartei, den technischen Geräten und Materialien sowie der sonstigen Ausstattung, den Wartungsverträgen, den Energievertrag, diverse Dienstverhältnisse sowie der E-Card-Einrichtung samt Zubehör zu einem Preis von EUR 80.000,00 übergeben hat.
Ferner steht die Vereinbarung, dass die Übernehmerin die im Betriebsvermögen befindlichen Wertpapiere in ihr Eigentum übernimmt und so lange in ihrem Betriebsvermögen hält, bis die Behaltedauer abgelaufen ist, außer Streit. Nicht bestritten wird ferner, dass sich die Übernehmerin nach Ablauf der Behaltedauer verpflichtet, die Wertpapiere auf ein Depot des Übergebers zu übertragen. Sämtliche in Zusammenhang mit diesem Depot entstehenden Kosten übernimmt der Steuerpflichtige. (Ausführungen in der Beschwerde vom )
Gegenständlich handelt es sich um nachfolgende Wertpapiere:
[…]
Am wurde die ***5*** 2014-2026/13 und am die ***6*** Vorsorge Fonds zu Gunsten des Kontos mit IBAN AT ***4*** verkauft. (Schreiben vom und der "die plattform").
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 6 EStG ist im Falle der Übertragung eines Betriebes der gewinnerhöhende Ansatz beim Rechtsnachfolger dann vorzunehmen, wenn die Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist ausscheiden oder in das Ausland verbracht werden.
Wirtschaftlicher Eigentümer ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist jedoch nach Lehre und Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, auszuüben in der Lage ist und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Verfügungsgewalt und Nutzung der Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf .Dauer, dh. auf die Dauer der voraussichtlichen wirtschaftlichen Nutzung, geltend machen kann.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen (). Hiezu ist die Vertragsgestaltung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu würdigen ().
Gemäß § 21 Abs 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher
Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Sinn des § 21 Abs. 1 BAO ist, die Lebensvorgänge ohne Rücksicht auf ihre formalrechtliche Gestaltung in ihrer wirklichen Form steuerlich zu erfassen und damit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung Rechnung zu tragen ( 255/74; , 93/13/0012).
Gegenständlich ist dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Argumentation, dass rein formal die sich aus dem Gesetz und den Einkommensteuerrichtlinien notwendigen Voraussetzungen zur Übertragung der Wertpapiere ins Betriebsvermögen von Frau ***3*** erfüllt sind, beizupflichten.
Der Beschwerdeführer ist durch den Passus über die Rückübertragung der Wertpapiere nach der Behaltedauer in der Lage zu verhindern, dass die Wertpapiere von der Betriebsnachfolgerin veräußert, einem Dritten übertragen oder in ihr Privateigentum übernommen werden. Ferner trägt der Beschwerdeführer weiterhin das Risiko eines etwaigen Substanzverlustes, da kein Wertausgleich vereinbart wurde. Auch die Kosten des Depots werden vom Beschwerdeführer übernommen. Der Beschwerdeführer ist daher unzweifelhaft in der Lage den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes auszuüben. Ferner verfügt er über positive Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind. Hierdurch kommt es zu einer massiven Einschränkung der Nutzungsrechte der Betriebsnachfolgerin. Daran ändert auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer keinen Zugriff bzw. Zeichnungsberechtigung für das Depot und das dazugehörige Verrechnungskonto hatte, nichts. Durch die Aufnahme des Passus in der Vereinbarung hätte er im Zivil-Rechtsweg sowohl die Rückübertragung als auch die Unterlassung der Veräußerung und Übertragung auf Dritte durchsetzen können.
Auch die Tatsache, dass eine etappenweise Rückübertragung der einzelnen Wertpapiere abhängig vom Ende der Behaltedauer zu erfolgen hat, spricht dafür, dass diese Konstruktion rein für die Erzielung einer Abgabenersparnis vereinbart wurde.
Bei der Argumentation, dass eine Einschränkung der Verfügungsmacht des Eigentums an den Wertpapieren allein schon deshalb gegeben sei, da jeder Steuerpflichtige beim Kauf der Wertpapiere wisse, dass er diese vier Jahre nicht verkaufen dürfe, verkennt der Beschwerdeführer, dass die Wertpapiere - trotz Inanspruchnahme des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages - zur freien Disposition stehen und nur das Risiko daran haftet, dass es innerhalb der Behaltedauer zu einer Nachversteuerung kommt. Dem Käufer der Wertpapiere steht es dennoch frei, die Wertpapiere zu veräußern, zu übertragen oder ins Privatvermögen zu übernehmen.
Die Gutschreibung der Wertpapierzinsen auf dem Verrechnungskonto zum Depot von Frau Dr.***2*** entspricht einer gewöhnlichen Vorgehensweise und widerlegt nicht, dass die Wertpapiere - unter Zugrundelegung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise - ins Privatvermögen des Beschwerdeführers übernommen wurden. Außerdem wurde seitens des Beschwerdeführers kein Nachweis darüber erbracht, dass die Zinsen tatsächlich bei der Betriebsnachfolgerin verblieben sind.
Ergänzend wird angemerkt, dass durch die Vorlage der Schriftstücke von "die Plattform" zwar ersichtlich ist, dass zwei Wertpapiere kurz nach der Behaltedauer veräußert wurden, nicht erkennbar ist jedoch, wer der Begünstigte aus dem Veräußerungsgeschäft ist bzw. wem der Veräußerungserlös zugeflossen ist.
Für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ist auf Dauer der wirtschaftlichen Nutzung (laut Vertrag ist das die Behaltedauer) abzustimmen, weshalb Vorgänge, die eine Zeit nach der Behaltedauer betreffen, außer Betracht zu lassen sind.
Dass der Passus über die Rückübertragung der Wertpapiere nach der Behaltedauer vom Beschwerdeführer nicht gewünscht, sondern lediglich akzeptiert worden sei, wurde nicht belegt oder in einer anderen Art und Weise glaubhaft gemacht.
Aus der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ergibt sich daher wie bereits im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 detailliert ausgeführt wurde - dass die Wertpapiere auf Grund des faktischen Veräußerungsverbotes, des Rechts der Rückübertragung sowie der damit zusammenhängenden starken und abgesicherten Position im wirtschaftlichen Eigentum des Beschwerdeführers verblieben sind. Die Folge daraus ist, dass die Wertpapiere innerhalb der Behaltedauer aus dem Betriebsvermögen der Betriebsnachfolgerin ausgeschieden sind. Daraus resultierend ergibt sich, dass nicht sämtliche Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 EStG erfüllt sind und die Wertpapiere daher nachzuversteuern sind. Der Nachversteuerungsbetrag bildet einen Teil des Veräußerungsgewinnes."
Der dagegen eingebrachte Vorlageantrag wurde wie folgt begründet:
"Mit Beschwerdevorentscheidung vom bzw. dazugehöriger Bescheidbegründung vom (zugestellt am ) wurde die Bescheidbeschwerde vom als unbegründet abgewiesen.
Grundsätzlich besteht mit der Abgabenbehörde insoweit einvernehmen, dass im Zuge einer entgeltlichen Betriebsübertragung verschiedene Wirtschaftsgüter (Ordinationseinrichtung, Patientenstock inkl. Patientenkartei, technische Geräte und Materialen, ec.) mit Übernahme aller Dienstnehmer an Frau ***3*** überragen wurden. Der dazu aufgesetzte Übergabevertrag liegt diesem Antrag als Beilage bei.
Dabei wurden auch die Wertpapiere, für welche der investitionsbedingte Freibetrag geltend gemacht wurde, ins Eigentum von Frau ***3*** übergeben.
Das ergibt sich aus dem Depotauszug und dem Verrechnungskonto zum Depotauszug, welche beide auf Frau ***3*** laufen. Weilers werden die Wertpapiere von Frau ***3*** im Anlageverzeichnis ausgewiesen. Sowohl Depotauszug als auch Verrechnungskonto zum Depotauszug als auch Anlageverzeichnis wurden dem Finanzamt vorgelegt. Die entsprechenden
Nachweise schließen wir als Beilage diesem Antrag an.
Hinsichtlich der Wertpapiere wurde in § 1 des Übergabevertrages folgendes vereinbart:
Frau ***2*** Übernimmt in ihr Eigentum die Wertpapiere lt. Anlage 2 und wird diese so lange in ihrem Betriebsvermögen halben, bis die Behaltedauer abgelaufen ist. Nach Ablauf der Behaltedauer verpflichtet sich Frau ***2*** die Wertpapiere auf ein Depot von Herrn Bf. zu übertragen. Die genauen Bezeichnungen und Fristen sind der Anfage 2 zu erıtnehmen, welche wesentlicher Bestandteil dieses Vertrages ist. Sämtliche in Zusammenhang mit diesem Depot entstehenden Kosten übernimmt Herr Bf..
Aus dem Passus, dass sich Frau ***3*** noch Ablauf der Behaltedauer verpflichtet die Wertpapiere auf ein Depot von Herrn Dr. ***Bf*** zu übertragen, schließt das Finanzamt jedoch, dass die Verfügungsmacht von ***3*** soweit eingeschränkt ist, dass diese nicht wie ein Eigentümer schalten und walten kann. Überdies ergibt sich für das Finanzamt aus dieser Vereinbarung, dass mögliche Substanzwertverluste Herrn Dr. ***Bf*** aufgrund der Bestimmung der Rückübertragung verbleiben.
Grundsätzlich ist es so, dass dieser Passus so nicht von Herrn Dr. ***Bf*** gewünscht wurde. Vielmehr hatte Frau ***3*** bedenken, dass sie Wertpapiere in ihr Betriebsvermögen übernimmt und damit auch das Risiko eines möglichen Wertverlustes. Daher wurde von Seiten des Steuerberaters von Frau ***3***, Dr. ***8*** von der ***7***, welcher auch den Kaufvertrag erstellt hat, im Vertrag dieser Passus hingeschrieben. Um den sich bereits schwierig gestaltenden Verkaufsprozess nicht weiter zu gefährden, wurde von unserer Seife keine Einwände dagegen eingebracht.
Der Grund war, dass die Substanzerhaltung der Wertpapiere für uns kein wichtiges Thema war. Die Wertpapiere waren mündelsichere Wertpapiere. Drei von vier Positionen sind bzw. waren ***5*** Anleihen. Ein Risiko eines Substanzverlustes ist bzw. war de facto nicht gegeben. Daher war uns dieser Passus im Endeffekt egal. Er war von uns zwar nicht gewünscht jedoch wie gesagt, wurde er von der Käuferseite bzw. deren Steuerberater in den Vertrag geschrieben und von uns aus verhandlungstaktischen Gründen auch nicht rausreklamiert.
Tatsächlich wurden die Wertpapiere dann auch nicht in das Eigentum bzw. in das Depot des Verkäufers wieder rückübertragen, sondern von Frau ***3*** verkauft. Die entsprechende Verkaufsabrechnung der Wertpapiere wurden dem Finanzamt bereits vorgelegt. Ähnlich eines Ratenkaufes wurde dann der Kaufpreis von Frau ***3*** an Dr. ***Bf*** überwiesen.
Aufgrund der Ausführungen in unserer Bescheidbeschwerde vom , welche wir inhaltlich voll aufrechterhalten, haben wir daher beantragt, den Betrag von Euro 63.606,53 nicht nachzuversteuern
-) da die Wertpapiere entsprechend der Bestimmungen des § 10 8516 in das Eigentum von Frau ***3*** übergegangen sind (Depotauszüge zum und lege ich nochmals bei - Anlage 2).
-) auf dem Verrechnungskonto zum Depot von Frau ***3*** auch die Wertpapierzinsen gutgeschrieben wurden. (Kontoauszüge Verrechnungskonto des Jahres 2017 liegen nun bei),
-) Herr Dr. ***Bf*** weder auf das Depot noch auf das dazugehörige Verrechnungskonto einen Zugriff bzw. zeichnungsberechtigt gewesen ist oder war,
-) aus den oben angeführten Punkten außer Diskussion sieht, dass die Wertpapiere nicht ins Privatvermögen von Herrn Dr. ***Bf*** überführt wurden und damit ein wesentlicher Grund für eine Nachversteuerung der Wertpapiere nicht gegeben ist,
-) eine Einschränkung der Verfügungsmacht des Eigentums an den Wertpapieren alleine schon deshalb gegeben ist, da jeder Steuerpflichtige beim Kauf der Wertpapiere de facto weiß, dass er diese vier Jahre nicht verkaufen darf. D.h. das von Ihnen argumentierte faktische Veräußerungsverbot hat in diesem Fall jeder Steuerpflichtige, der Wertpapiere zum Zwecke der Geltendmachung des Gewinnfreibetrages erwirbt und nicht nur die Übernehmerin und
-) die behauptete starke und abgesicherte Position von Herrn Dr. ***Bf*** nicht von ihm gewünscht war, sondern ausdrückliche Bedingung der Übernehmerin, Fr. ***3***, war und im Vertrag auch von ihr bzw. ihrem Steuerberater so vorgegeben wurde.
Unserer Ansicht nach sind daher die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 EStG erfüllt bzw. entspricht die vom Finanzamt angesetzte Nachversteuerung nicht der gesetzlichen Regelung.
Das Finanzamt dagegen ist der Ansicht, dass durch den Passus über die Rückübertragung der Wertpapiere noch der BehaItedauer Herr Dr. ***Bf*** in der Lage ist zu verhindern, dass die Wertpapiere Frau ***3*** veräußern, einem Dritten übertragen oder in ihr Privateigentum übernehmen kann. Dies ist unserer Ansicht nach nicht möglich. Frau ***3*** ist Eigentümerin der Wertpapiere. Sie kann diese jederzeit verkaufen. Das Depot lautet auf ihren Namen und die Zinsen werden auf ihrem Verrechnungskonto gutgeschrieben.
D.h. sie hat alle Rechte, die ein Eigentümer der Wertpapiere hat. Schlussendlich hat sie die Wertpapiere auch veräußert, jedoch erst nach Ablauf der vierjährigen Behaltedauer. Danach überweist sie, wie schon oben erwähnt, diesen Erlös ähnlich einem Ratenverkauf an Herrn Dr. ***Bf***.
Aus den Kontoauszügen des Verrechnungskotos des Depots für die Zeit vom bis geht eindeutig hervor, dass die Zinsen der Wertpapiere der auf dem Wertpapierdepot befindlichen Wertpapiere diesem Konto gutgeschrieben wurden. Diese Zinsen decken die Kosten des Wertpapierdepots mehr als ab. Der vom Finanzamt in der Bescheidbegründung vom geforderte Nachweis, dass die Zinsen tatsächlich bei der Betriebsnachfolgerin verblieben sind, ist naturgemäß schwierig zu erbringen, da es eben keine Überweisung auf ein Konto von Herrn Dr. ***Bf*** gab.
Nichtsdestotrotz ergeben sich aus den tatsächlichen Gegebenheiten (Gutschrift der Wertpapierzinsen auf ein Verrechnungskonto von Frau ***3***, Durchführung der Veräußerung durch Frau ***3***, ec.), dass diese Handlungen von Frau ***3*** nur durch ihre Stellung als Inhaberin und Eigentümerin der Wertpapiere durchgeführt werden konnten.
Überdies besteht mit der Betriebsnachfolgerin, wie bereits in unserer Bescheidbeschwerde vom geschildert, keine Gesprächsbasis. Somit ist es leider nicht mehr möglich, von Seite der Betriebsnachfolgerin Unterlagen zu bekommen bzw. kann von ihrer Seite doch keine Bestätigung über den Ablauf der sich sehr schwierig gestaltenden Verhandlungen im Dezember 2016 erhalten werden.
Hinsichtlich der Argumentation des Finanzamtes, dass nicht erkennbar ist, wer der Begünstigte aus dem Veräußerungsgeschäft ist bzw. wem der Veräußerungserlös zugeflossen ist, kann von unserer Seite nur entgegengehalten werden, dass der Verkauf eines Wertpapieres immer nur zugunsten des Inhabers des Wertpapierdepots erfolgen kann. D.h. verkaufen kann nur Frau ***3*** als Inhaberin des Depots. Die Gutschrift kann nur auf ein Verrechnungskonto von Frau ***3*** erfolgen. Danach erfolgte die Überweisung des Verkaufsbetrages ähnlich wie bei einem Ratenkaufvertrag an Herrn Dr. ***Bf*** - siehe dazu auch die Zahlungseingänge bei Herrn Dr. ***Bf*** am bzw. .
Im Übrigen verweisen wir auf das bisherige Vorbringen in der Bescheidbeschwerde vom und beantragen daher, den Einkommensteuerbescheid 2016 dahingehend zu verändern und einerseits die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit Euro 217.407,70 (statt mit Euro 281.014,23) und andererseits die Einkünfte, welche dem Durchschnittssteuersatz unterworfen werden, mit Euro 76.779,83 (statt mit Euro 140.386,36) festzusetzen."
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Sachverhalt
In den Jahren 2013 bis 2016 wurden vom Bf. Wertpapiere angeschafft, für die ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht wurde.
Der Bf. hat seine ärztliche Ordination als Übergeber mit Übergabevertrag vom Dezember 2016 der Übernehmerin Frau ***2*** die gesamte Ordinationseinrichtung, den Patientenstock inkl. Patientenkartei, den technischen Geräten und Materialien sowie der sonstigen Ausstattung, den Wartungsverträgen, den Energievertrag, diverse Dienstverhältnisse sowie der E-Card-Einrichtung samt Zubehör zu einem Preis von EUR 80.000,00 übergeben. Ferner wurde vereinbart, dass die Übernehmerin die im Betriebsvermögen befindlichen Wertpapiere in ihr Eigentum übernimmt und so lange in ihrem Betriebsvermögen hält, bis die Behaltedauer abgelaufen ist. Nach Ablauf der Behaltedauer verpflichtete sich die Übernehmerin die Wertpapiere auf ein Depot des Übergebers zu übertragen. Sämtliche in Zusammenhang mit diesem Depot entstehenden Kosten übernahm der Bf.
Das Finanzamt hat mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 vom die Nachversteuerung des Gewinnfreibetrags in Gesamthöhe von € 63.606,53 (zum Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988) vorgenommen.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig.
Gegenständlich liegt eine Veräußerung des Betriebes vor, da alle für eine im Wesentlichen unveränderte Fortführung des Betriebes notwendigen Wirtschaftsgüter - insbesondere Ordinationsräume, Patientenstock, diverse Geräte, Dienstverhältnisse - in einem einzigen einheitlichen Vorgang an einen einzigen Erwerber entgeltlich übertragen wurden.
Unter der Voraussetzung, dass dem Betriebsnachfolger die Wertpapiere, für welchen der investitionsbedingte Freibetrag geltend gemacht worden ist, ins Eigentum übergeben werden, läuft die Behaltefrist bei diesem weiter.
Laut dem Depotauszug 2017 - Depot Nr. ***1***, lautend auf Frau ***2***, befanden sich die gegenständlichen Wertpapiere nach der Übertragung während der Behaltefrist im Eigentum der Betriebsnachfolgerin. Demzufolge wurden diese vom Bf. an die Betriebsnachfolgerin übergeben.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 10 Abs. 1 EStG 1988 kann bei natürlichen Personen bei der Gewinnermittlung eines Betriebes ein Gewinnfreibetrag nach Maßgabe der Ziffern 1 bis 7 gewinnmindernd geltend gemacht werden.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 steht der Gewinnfreibetrag dem Steuerpflichtigen für jedes Kalenderjahr einmal bis zu einer Bemessungsgrundlage von 30.000 Euro zu (Grundfreibetrag). Erzielt der Steuerpflichtige Einkünfte aus mehreren Betrieben, ist der Grundfreibetrag nach Wahl des Steuerpflichtigen zuzuordnen. Wird vom Wahlrecht nicht Gebrauch gemacht, ist der Grundfreibetrag im Verhältnis der Gewinne zuzuordnen.
Übersteigt die Bemessungsgrundlage den Betrag von 30 000 Euro, kann gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht werden insoweit er durch Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter gemäß Abs. 3 gedeckt ist.
§ 10 Abs. 5 EStG 1988 lautet auszugsweise:
Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus (…), gilt Folgendes:
1. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag ist insoweit gewinnerhöhend anzusetzen. Der gewinnerhöhende Ansatz hat im Jahr des Ausscheidens (…) zu erfolgen.
Gemäß § 10 Abs. 6 EStG 1988 ist im Falle der Übertragung eines Betriebes der gewinnerhöhende Ansatz (Abs. 5) beim Rechtsnachfolger vorzunehmen. Im Falle der Übertragung eines Betriebes ist der gewinnerhöhende Ansatz nur dann vorzunehmen, wenn die Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist ausscheiden oder verbracht (Abs. 5) werden.
Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass die Wertpapiere im Rahmen der Übertragung des Betriebes des Einzelunternehmens des Bf. an seine Nachfolgerin übertragen wurden. Diese hat die Wertpapiere bis zum Ablauf der Behaltefrist in ihrem Eigentum gehalten.
Streit besteht hinsichtlich der Frage, ob der Bf. während dieser Zeit der wirtschaftliche Eigentümer der Wertpapiere war und der für die Anschaffung von Wertpapieren im Rahmen des Betriebes des Bf. geltend gemachte investitionsbedingte Gewinnfreibetrag insoweit gewinnerhöhend anzusetzen ist.
Grundsätzlich ist gemäß § 10 Abs. 5 Z 1 EStG der Gewinnfreibetrag gewinnerhöhend anzusetzen, wenn die im Zuge der Geltendmachung eines Gewinnfreibetrages angeschafften Deckungswirtschaftsgüter vor Ablauf der Behaltefrist aus dem Betriebsvermögen ausscheiden.
Unbestritten ist, dass die Wertpapiere Teil des Betriebsvermögens des Betriebes des Bf. als Arzt waren und die von § 10 Abs. 5 EStG 1988 geforderte Mindesthaltedauer von vier Jahren zum Zeitpunkt der Betriebsübertragung noch nicht abgelaufen war.
Unstrittig ist im vorliegenden Fall weiters, dass die gegenständlichen Wertpapiere im Rahmen der Übertragung des Betriebs in das Eigentum der Nachfolgerin mitübertragen wurden.
Die Wirtschaftsgüter (Wertpapiere) sind im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor Ablauf der Frist aus dem Betrieb des Rechtsnachfolgers ausgeschieden.
Es ergibt sich aus dem Übergabevertrag (bzw. Sachverhalt), dass die Wertpapiere an die Nachfolgerin des Bf. übertragen wurden und während der Behaltefrist in ihrem Eigentum waren. Innerhalb der Behaltefrist hat sie die Wertpapiere nicht in das Privateigentum des Bf. übertragen. Somit sind diese Wirtschaftsgüter nicht vor Ablauf der Frist gemäß § 10 Abs. 6 EStG 1988 ausgeschieden.
Im vorliegenden Fall kann kein Zweifel darüber bestehen, dass das zivilrechtliche Eigentum nach der Übertragung der Wertpapiere während der Behaltefrist nicht beim Bf. verblieben ist. Schließlich wurde im Übergabevertrag vom eindeutig dokumentiert, dass der Wille der beiden Vertragspartner darauf gerichtet war, dass das Eigentum an die Rechtsnachfolgerin des Bf. übergeht und erst nach Ablauf der Behaltefrist eine Rückübertragung des Depots erfolgen soll.
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsausführungen gilt es daher in weiterer Folge zu überprüfen, ob der Bf.- wie von der Abgabenbehörde postuliert - nach dem Gesamtbild der Verhältnisse bis zum Ablauf der Behaltefrist der wirtschaftliche Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Wertpapiere war.
In der Regel fällt das wirtschaftliche Eigentum mit dem zivilrechtlichen Eigentum zusammen. Nach § 24 Abs. 1 lit d BAO werden Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet. Ein vom Zivilrecht abweichendes wirtschaftliches Eigentum wird immer dann angenommen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, nämlich Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung, auszuüben in der Lage ist und wenn er zugleich jeden Dritten (auch den zivilrechtlichen Eigentümer) von der Einwirkung auf die Sache auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, ausschließen kann (vgl. Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz § 2, Tz 110 und die dort angeführte Rspr.).
Das wirtschaftliche Eigentum im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. d BAO setzt voraus, dass die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausgeübt wird (vgl. ; , 90/14/0139). Dazu muss der wirtschaftliche Eigentümer auf Grund eines Rechtsanspruches auf den Besitz des Wirtschaftsgutes in der Lage sein, die tatsächliche Herrschaftsmacht auszuüben und andere von der Verfügungsgewalt und der Nutzung auszuschließen. Dem Nichteigentümer muss demnach eine Rechtsposition zukommen, die sich von der eines Eigentümers nach Zivilrecht nur mehr durch das Fehlen der dinglichen Berechtigung unterscheidet, die aber durch ein einseitiges Gestaltungsrecht erzwungen werden kann (siehe dazu ).
In Anbetracht dieser rechtlichen Vorgaben kann aber bei der im Beschwerdefall gegeben Sachlage nicht davon ausgegangen werden, dass das zivilrechtliche und das wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren vor Ablauf der Behaltefrist auseinandergefallen sind.
Aus dem vorliegenden Sachverhalt (Gutschrift der Wertpapierzinsen auf ein Verrechnungskonto von Frau ***3***, Durchführung der Veräußerung durch Frau ***3***, etc.) ergibt sich, dass diese Handlungen von Frau ***3*** nur durch ihre Stellung als Inhaberin und Eigentümerin der Wertpapiere durchgeführt werden konnten.
Von einem wirtschaftlichen Eigentum des Bf. während der Behaltefrist kann nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht ausgegangen werden, da die Wertpapiere in dieser Zeit auf dem Depot seiner Nachfolgerin waren und er somit in dieser Zeit nicht über diese Wertpapiere wie ein Eigentümer verfügen konnte. Daran ändert auch die vereinbarte (Rück)Übertragung der Wertpapiere nach Ablauf der Behaltefrist bzw. die weiteren vom Finanzamt vorgebrachten Argumente, wonach das Eigentumsrecht der Nachfolgerin stark eingeschränkt war etc., nichts, da es rechtlich einerseits nicht darauf ankommt, was mit den Wertpapieren nach Ablauf der Behaltefrist passiert ist. Andererseits ist das Eigentumsrecht der Nachfolgerin in gleicher Weise eingeschränkt, wie das de facto bei jedem Eigentümer von Wirtschaftsgütern ist, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht wurde und der keine Nachversteuerung riskieren will. Auf die Tragung möglicher Substanzwertverluste kommt es im vorliegenden Fall nicht an.
Vielmehr geht aus dem vorliegenden Sachverhalt mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass der Bf. in den Jahren der Behaltefrist nach der Betriebsübertragung über kein (ausschließliches) Nutzungsrecht über die Wertpapiere verfügt hat, das einem wirtschaftlichen Eigentum gleichkommt.
Im Einkommensteuer-Kommentar JAKOM 2020 ((Beitrag von Kanduth-Kristen zu § 10 EStG 1988) wird zur Betriebsübertragung Folgendes ausgeführt:
"Die Übertragung des Betriebs ist gemäß § 10 Abs. 6 EStG 1988 kein Anlass für eine Nachversteuerung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags (invGFB). Der gewinnerhöhende Ansatz des invGFB ist beim Rechtsnachfolger vorzunehmen, wenn übertragene begünstigte WG innerhalb der (vom Rechtsvorgänger eingegangenen) Behaltefrist aus dem Betriebsvermögen ausscheiden oder verbracht werden. Der Gesetzestext differenziert dabei nicht zwischen unentgeltlichen und entgeltlichen Übertragungsvorgängen, sondern überbindet die Nachversteuerungspflicht in beiden Fällen auf den Rechtsnachfolger (s EStR 3723; zutr. Krit. betreffend entgeltlichen Übertragungsvorgänge Kanduth-Kristen/ Rutter taxlex 06, 685 Fn 25; Hirschler/ Posautz VWT 07 H 2, 20; WGW/Peth § 10 Rz 72; Beiser SWK 17, 498; aA Atzmüller SWK 17, 655)."
Somit geht bei einer entgeltlichen Übertragung des Betriebes durch die Mitübertragung der begünstigten Wirtschaftsgüter die Nachversteuerungsverpflichtung auf den Erwerber.
Aus dem vorgelegten Depotauszug zum geht eindeutig hervor, dass die gegenständlichen Wertpapiere in das Betriebsvermögen der Nachfolgerin des Bf. übergegangen sind. Dies geht auch aus dem Anlageverzeichnis der Rechtsnachfolgerin hervor. Eine Überführung in das Privatvermögen des Bf. hat nachweislich während der Behaltefrist nicht stattgefunden. Die Wertpapiere sind auch nicht vor Ablauf der Behaltefrist aus dem Betriebsvermögen der Rechtsnachfolgerin ausgeschieden und der Bf. war nach der Übertragung bis zum Ende der Behaltefrist nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Wertpapiere.
Aus den genannten Gründen erfolgte daher die Nachversteuerung durch das Finanzamt zu Unrecht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Frage der Nachversteuerung von mit Wertpapieren gedeckten investitionsbedingten Gewinnfreibeträgen gibt es eine klare gesetzliche Bestimmung. Gegenständliches Erkenntnis folgt auch der einschlägigen Rechtsprechung.
Eine ordentliche Revisionsmöglichkeit war demnach nicht zu gewähren.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 10 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 10 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7105403.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at