Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 14.04.2021, RV/7500133/2021

Wirksame Zustellung - verspätete Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Verwaltungsstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: ***GZ***, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 33/2008 in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 29/2013, in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 1, 50 und 31 VwGVG zurückgewiesen.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Lenkererhebung / Beweisaufnahme

Nach einer Anonymverfügung vom und einer Strafverfügung vom , zu der der Beschwerdeführer per E-Mail der belangten Behörde mitteilte, dass er die Tat nicht begangen habe und Einspruch erhebe, veranlasste die belangte Behörde eine Lenkererhebung.

Mit dieser Lenkererhebung vom wurde der Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer aufgefordert, der Behörde Auskunft zu erteilen, wem er das KFZ mit dem Kennzeichen ***1*** am um 21:20 Uhr überlassen hatte, zumal es an diesem Datum zu dieser Zeit in ***Abstellort*** abgestellt war. Mit E-Mail vom gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er selbst der Lenker des Fahrzeuges war. Am versendete die belangte Behörde eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, in der die belangte Behörde dem Beschwerdeführer bekannt gab, dass sein KFZ am "19..2.18.0 um 21:20 Uhr, ***Abstellort***" abgestellt war und sich keine Person in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges befand. Darauf antwortete der Beschwerdeführer mit E-Mail vom , dass weder er noch sein Fahrzeug am in der Schloßgasse gewesen wären.

Aus einem Aktenvermerk der belangten Behörde geht hervor, dass am eine Mitarbeiterin der belangten Behörde den Beschwerdeführer anrief, um zu erklären, dass das Datum in der Verständigung falsch abgedruckt war.
Der weitere Text des Aktenvermerks lautet: "Er möchte die VBA neuerlich zugestellt bekommen. Im Gespräch schimpfte er, dass wir alle nicht mehr dicht seien. Er hätte einen Parkschein ausgefüllt und müsste bei einer Verlängerung nicht beim Fahrzeug sein.
Eine Erklärung wollte er nicht mehr hören, schimpfte weiter und legte dann auf.
"

Am verständigte die belangte Behörde den Beschwerdeführer erneut über das Ergebnis der Beweisaufnahme, wobei diesmal als Datum der genannt war. Das Schreiben konnte am nicht an der Abgabestelle zugestellt werden und wurde daher in einer Post-Geschäftststelle hinterlegt. Am hat der Beschwerdeführer das Schreiben dort übernommen.

Straferkenntnis

Mit Straferkenntnis vom , Zahl:***GZ***, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, dem Beschwerdeführer angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 21:20 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***Abstellort***, abgestellt, wobei der um 21:03 Uhr gebuchte, elektronische 15-Minuten-Parkschein Nr. 271841115 mit dem um 21:20 Uhr gebuchten elektronischen 30-Minuten-Parkschein Nr. 271842591 in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge kombiniert worden sei.
Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 9 Abs. 1 Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 33/2008, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 3 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Im Zustellnachweis wurde vom Zusteller angeführt, dass die Übernahme des Poststücks durch einen persönlich bekannten Mitbewohner des Beschwerdeführers an der Abgabestelle erfolgte.

Mahnung / Exekution

Am erließ die belangte Behörde eine Mahnung und Vollstreckungsverfügung, weil die Geldstrafe aus dem Straferkenntnis vom nicht bezahlt wurde.

Am richtete der Beschwerdeführer ein E-Mail an die belangte Behörde und gab bekannt, dass er ein Schreiben bezüglich eines Rückstandsausweises erhalten habe. Als Grund nannte er, dass es sich um ein angebliches Parkvergehen handle, das er nie begangen habe und verwies dazu auf ein angehängtes E-Mail. In diesem angehängten E-Mail (vom ) gab der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde bekannt, dass weder er noch sein Fahrzeug am in der Schlossgasse 16 gewesen wäre. Vorausgegangen war diesem E-Mail eine Lenkererhebung vom . Er ersuchte um Klärung und genaue Begründung in dieser Angelegenheit und bat die voreilige Pfändung einzustellen.

Am ersuchte der Beschwerdeführer per E-Mail die belangte Behörde um Aussetzung der Exekution und legte einen Screenshot seines elektronischen Parkkontos bei.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde eine Beschwerde vom (das E-Mail vom ) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Mit Beschluss vom zu GZ RV/7500260/2020 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde vom gegen die Vollstreckungsverfügung vom als verspätet zurück.

Am ersuchte der Beschwerdeführer per E-Mail um Zusendung des Rückscheins zum Schreiben des Bundesfinanzgerichts. Die belangte Behörde hat den Rückschein beim Bundesfinanzgericht angefordert und am an den Beschwerdeführer weitergeleitet.

Mit E-Mail vom erklärte der Beschwerdeführer, dass es sich nicht um seine Unterschrift handle, die am Rückschein ersichtlich ist. Weiters erklärte der Beschwerdeführer, dass er aus diesem Grund das Dokument auch nie erhalten habe.

Mit Schreiben vom stellte ein Parteienvertreter an die belangte Behörde einen Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit und einen Antrag auf Zustellung des Straferkenntnisses. Darin wird angeführt, dass es dem Beschwerdeführer gänzlich unbekannt wäre, dass gegen ihn ein Straferkenntnis ergangen war und er anlässlich einer Akteneinsicht feststellte, dass die Unterschrift am Übernahmeschein nicht von ihm stamme.

Am verfügte das Bundesfinanzgericht die neuerliche Zustellung des Beschlusses vom an den Beschwerdeführer (diesmal zu eigenen Handen) und an die belangte Behörde.

Mit Schreiben vom versendete die belangte Behörde das Straferkenntnis an den einschreitenden Vertreter des Beschwerdeführers und wies erneut darauf hin, dass das Poststück am an der Abgabestelle an einen Mitbewohner übergeben wurde.

Mit E-Mail vom gab der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde bekannt, dass er ein Schreiben, das an eine Rechtsanwaltskanzlei zugestellt wurde, wegen bereits eingetretener Verjährung als gegenstandslos betrachte. In einem weiteren E-Mail (vom 00:00 Uhr) ergänzte der Beschwerdeführer, dass sein voriges Schreiben als Beschwerde zu werten sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Am erließ die belangte Behörde ein Straferkenntnis und verhängte eine Geldstrafe von insgesamt € 70, weil das KFZ mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 21:20 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt wurde, wobei ein Fünfzehn-Minuten-Parkschein mit einem Gebührenparkschein in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge kombiniert wurde. Das Straferkenntnis weist eine Amtssignatur auf.

Dieses Straferkenntnis wurde am von einem Zusteller der Österreichischen Post AG an der Wohnadresse des Beschwerdeführers an einen dort anwesenden Mitbewohner übergeben. Der Zustellnachweis ist ordnungsgemäß ausgefüllt.

Am richtete die belangte Behörde eine Mahnung und Vollstreckungsverfügung an den Beschwerdeführer, weil die mit Straferkenntnis vom verhängte Strafe nicht bezahlt wurde.

Am hat die belangte Behörde als Antwort auf ein E-Mail des Beschwerdeführers dem Beschwerdeführer das Straferkenntnis vom sowie den Zustellnachweis vom per E-Mail zur Kenntnis gebracht und im Textteil des E-Mails darauf hingewiesen, dass das Poststück von einem Mitbewohner an der Abgabestelle übernommen wurde.

Eine Beschwerde gegen den Vollstreckungsauftrag hat das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom zur GZ RV/7500260/2020 als verspätet zurückgewiesen.

Am versendete die belangte Behörde unter anderem das Straferkenntnis vom an den zuvor eingeschrittenen Parteienvertreter und verwies dabei auf den Zustellvorgang vom . Die Beschwerde gegen dieses Straferkenntnis ist erst am bei der belangten Behörde eingelangt.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Straferkenntnis gründen sich auf das in den Verwaltungsakten aufliegende Straferkenntnis vom . Auf der letzten Seite des Straferkenntnisses findet sich die Amtssignatur.

Am erließ die belangte Behörde eine Strafverfügung, weil am um 21:20 das KFZ des Beschwerdeführers in der ***Abstellort*** abgestellte war und ein 15-Minuten-Parkschein (Gratisparkschein) mit einem Gebührenparkschein in unmittelbarer zeitlicher Aufeinanderfolge kombiniert wurde. Diese Strafverfügung muss der Beschwerdeführer erhalten haben, zumal er am dagegen Einspruch erhoben hatte. § 49 Abs 2 VStG sieht vor, dass nach einem rechtzeitig eingebrachten Einspruch das ordentliche Verfahren einzuleiten ist, das dadurch gekennzeichnet ist, dass dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben ist, sich zu rechtfertigen (§ 40 VStG). Das VStG kennt nur ein Straferkenntnis, eine Ermahnung oder eine Einstellung. Selbst wenn das Verfahren durch Einstellung beendet wird und die Einstellung durch Aktenvermerk erfolgt, ist dies dem Beschuldigten dann mitzuteilen, wenn er von dem gegen ihn gerichteten Verdacht wusste (§ 45 Abs 2 VStG). Straferkenntnis und Ermahnung haben stets mit Bescheid zu erfolgen. Da der Beschwerdeführer auf Grund seines Einspruchs bereits Kenntnis vom Verfahren hatte und im Anschluss an die Strafverfügung auf Grund des Einspruchs jedenfalls eine Reaktion der Behörde zu erfolgen hatte, ist ein Vorbringen, das dahingeht, nichts vom Verfahren gewusst zu haben, nicht glaubwürdig.

Am hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer sowohl das Straferkenntnis vom als auch die Zustellurkunde per E-Mail zugeschickt, weil der Beschwerdeführer in seinem E-Mail vom um "Klärung und genaue Begründung in dieser Angelegenheit" ersucht hatte. Aktenkundig sind auch weitere E-Mails des Beschwerdeführers - etwa vom , in dem der Beschwerdeführer um Aussetzung der Exekution ersuchte. Erst am schreibt der Beschwerdeführer, dass er auf Grund eines Exekutionstitels um Zusendung des Rückscheins zum Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom Juli 2020 ersuchte. Nachdem ihm dieser Rückschein übermittelt wurde, gab er am bekannt, dass es sich dabei nicht um seine Unterschrift handle und er dieses Dokument daher nie erhalten hätte. Im Antrag auf Zustellung des Straferkenntnisses vom , der durch einen Parteienvertreter eingebracht wurde, bringt der Beschwerdeführer erstmals vor, dass er anlässlich einer Akteneinsicht feststellte, dass die Unterschrift am Übernahmeschein nicht von ihm stamme und keine befugte Person mit einer solchen Unterschrift existiert, die für ihn Post übernehmen dürfe. Es ist also an dieser Stelle festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zwar schon seit Februar 2020 im Besitz des Zustellnachweises vom war, aber erst im November 2020 vorbrachte, dass die Unterschrift nicht von ihm wäre, was nicht einmal strittig ist. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer anlässlich der Übermittlung der Unterlagen im Februar 2020 bereits mitgeteilt, dass das Poststück (Straferkenntnis) von einem Mitbewohner an der Abgabestelle übernommen wurde; dies ist auch aus der Übernahmebestätigung vom ersichtlich. Es wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht, dass er das E-Mail vom mit den Beilagen und Erklärungen, um die er zuvor ersucht hatte, nicht erhalten hätte.

In diesem E-Mail vom wurde der Beschwerdeführer auch darauf aufmerksam gemacht, dass er von der Magistratsabteilung 6 ein Schreiben vom übermittelt bekam.

Die Feststellungen zum zur GZ RV/7500260/2020 gründen sich auf die vorgelegten Verwaltungsakten, in denen dieser Beschluss enthalten ist. Daraus ist auch ersichtlich, dass der Beschwerdeführer vorbrachte, auch diesen Beschluss, der mit Zustellnachweis versendet wurde, nicht erhalten zu haben.

Die Feststellungen zum Zustellnachweis vom gründen sich auf den in den Verwaltungsakten einliegenden Zustellnachweis. Darauf ist angeführt, dass das Poststück einem Mitbewohner des Beschwerdeführers, der dem Zusteller persönlich bekannt war, übergeben wurde. In diesem Zusammenhang ist noch zu bedenken, dass die Lenkererhebung vom dem Beschwerdeführer persönlich am zugestellt wurde - dies geht aus der im Verwaltungsakt erliegenden Übernahmebestätigung hervor, in der angeführt ist, dass dieses Poststück (Lenkererhebung) dem "Empfänger" zugestellt wurde und der Übernehmer (= Empfänger) dem Zusteller persönlich bekannt sei. Dieser Zustellvorgang wurde durch den Zusteller mit der Personalnummer ***PersNr*** beurkundet. Derselbe Zusteller (mit derselben Personalnummer) hat die Zustellung am vorgenommen.

Schließlich ist aus dem zentralen Melderegister ersichtlich, dass an der Liegenschaftsadresse ***Bf1-Adr***, drei Personen ihren Hauptwohnsitz haben.
Aus dem Grundbuch zur KG ***KG***, EZ ***EZ*** (Liegenschaftsadresse ***Bf1-Adr***) geht hervor, dass diese Liegenschaft dem Beschwerdeführer zur Hälfte gehört. Die andere Hälfte gehört einem ***1***. Ein Veräußerungs- und Belastungsverbot ist für ***2*** eingetragen. Als Grund für all diese Eintragungen ist im Grundbuch eine Einantwortungsurkunde aus dem Jahr 1999 genannt. Sowohl der Beschwerdeführer als auch ***1*** und ***2*** haben an dieser Liegenschaft ihren Hauptwohnsitz, was aus dem Zentralem Melderegister ersichtlich ist, in das Einsicht genommen wurde.

Insofern sind die Angaben am Zustellnachweis, dass das Dokument einem Mitbewohner übergeben wurde, glaubhaft. Es entspricht auch durchaus der Lebenserfahrung, dass ein Zusteller die Bewohner in seinem Zustellbezirk kennt, insbesondere dann, wenn er ihnen bereits mehrmals in relativ kurzer Zeit behördliche Schriftstücke mit Zustellnachweis zugestellt hatte. Unglaubwürdig ist hingegen, dass der Beschwerdeführer mehrere behördliche Schriftstücke, die mit Zustellnachweis versendet wurden, sei es von der Magistratsabteilung 67, von der Magistratsabteilung 6 oder vom Bundesfinanzgericht, nie erhalten haben soll.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe das Straferkenntnis nicht erhalten, reicht somit nicht aus, Zweifel an der Zustellung zu erwecken.

Somit geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG davon aus, dass das beschwerdegegenständliche Straferkenntnis am einem Mitbewohner an der Abgabestelle übergeben wurde.

Ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts (). Im Rahmen der freien Beweiswürdigung obliegt es dem Verwaltungsgericht, welche Beweisergebnisse es für die Feststellungen heranzieht ().

Rechtsgrundlagen

§ 7 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet auszugsweise:

"(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt

  • in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,

[…]"

§ 44 VwGVG lauet auszugsweise:

"(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist."

§ 6 Zustellgesetz lautet:

Mehrmalige Zustellung

"§ 6. Ist ein Dokument zugestellt, so löst die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments keine Rechtswirkungen aus."

§ 13 Zustellgesetz lautet:

Zustellung an den Empfänger

"§ 13. (1) Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Ist aber auf Grund einer Anordnung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes an eine andere Person als den Empfänger zuzustellen, so tritt diese an die Stelle des Empfängers.

(2) Bei Zustellungen durch Organe eines Zustelldienstes oder der Gemeinde darf auch an eine gegenüber dem Zustelldienst oder der Gemeinde zur Empfangnahme solcher Dokumente bevollmächtigte Person zugestellt werden, soweit dies nicht durch einen Vermerk auf dem Dokument ausgeschlossen ist.

(3) Ist der Empfänger keine natürliche Person, so ist das Dokument einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen.

(4) Ist der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person, so ist das Dokument in deren Kanzlei zuzustellen und darf an jeden dort anwesenden Angestellten des Parteienvertreters zugestellt werden; durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Angestellte nicht oder nur an bestimmte Angestellte zugestellt werden, wenn der Parteienvertreter dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat. Die Behörde hat Angestellte des Parteienvertreters wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer zuvor der Behörde schriftlich abgegebenen Erklärung des Parteienvertreters durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Zustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden."

§ 16 Zustellgesetz lautet (auszugsweise):

Ersatzzustellung

"(1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.

[…]

(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."

Rechtliche Beurteilung

Nach § 13 Abs 1 ZustG ist das Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Unter Abgabestelle versteht man jenen Ort, an dem eine konkrete "postalische" Zustellung stattfinden darf ().

§ 16 ZustG ("Ersatzzustellung") normiert in Abs 1, dass - wenn das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden kann und an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend ist - an diesen zugestellt werden darf, sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinn des § 13 Abs 3 ZuStG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Gemäß § 16 Abs 2 ZustG kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder (unter anderem) dessen Arbeitnehmer ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.

Der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht. Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung; ein Gegenbeweis nach § 292 Abs 2 ZPO ist möglich (, , vgl. auch Ritz, BAO-Kommentar, Rz. 22 zu § 17 Zustellgesetz). Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. , , ).

Sachverhaltsmäßig steht fest, dass ein ordnungsgemäßer Zustellnachweis vorliegt, aus dem sich ergibt, dass das Poststück an der Zustelladresse an eine dort anwesende Person, die auch zur Annahme bereit war, übergeben wurde. Einzig die Mutmaßungen des Beschwerdeführers eineinhalb Jahre später (nachdem er für sich einen Parteienvertreter einschreiten ließ), dass der Verdacht nahe liege, dass das Straferkenntnis an eine völlig verfahrensfremde Person ausgehändigt wurde, ist kein Gegenbeweis für einen Zustellmangel. Bedenkt man, dass eine Person, die ebenfalls an der Abgabestelle wohnt und das Poststück als Ersatzempfänger übernommen hatte (wie es auch im Zustellnachweis angegeben ist) tatsächlich eine verfahrensfremde Person im Hinblick auf das Straferkenntnis ist, werden damit keine Umstände vorgebracht, die geeignet sind, berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen.

Die vierwöchige Frist zur Einbringung der Beschwerde begann daher am und endete am . Die mit E-Mail am und somit nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebrachte Beschwerde gegen das beschwerdegegenständliche Straferkenntnis war daher als verspätet zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat in Verwaltungsstrafsachen gemäß § 50 VwGVG grundsätzlich immer in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist (). Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ist allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung (vgl. , vgl. auch Verwaltungsgericht Wien , VGW-241/041/RP07/7308/2017). Da eine nicht rechtzeitig eingebrachte Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen ist, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, auf das (materielle) Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. , , , , 0003, ).

Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG Es war von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm Art. 133 Abs. 9 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen einen die Angelegenheit abschließenden Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die rechtlichen Konsequenzen einer verspätet eingebrachten Beschwerde aus dem Gesetz ergeben, war die ordentliche Revision im gegenständlichen Fall für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500133.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at