Verwendung von errichteten Bungalows vor dem Verkauf als Anlagevermögen oder Vorsteuerberichtigung für Umlaufvermögen?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die als Bescheidbeschwerde geltende Berufung vom gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Veranlagungsjahre 2002, 2003, 2004 und 2005 des FA Bruck Eisenstadt Oberwart vom , Steuernummer ***BF1StNr1***
zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2002, 2003, 2004 und 2005 werden geändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (in der Folge Bf. oder W.P. genannt) und ihr Ehegatte J. P. (J.P. genannt) waren viele Jahre im Baunebengewerbe tätig. Die Eheleute betrieben in *Ort* einen Steinbruch sowie eine Schottergrube, wozu auch ein Handel mit Schotter- und Steinprodukten und die Verlegung von Stein- und Terrazzoplatten gehörte.
Die Geschäfte waren auf J.P. und W.P. sowie der P. GmbH verteilt. Auf Grund einer J.P. erteilten umfassenden Handlungs- und Prozessvollmacht bestimmte dieser faktisch alle maßgeblichen geschäftlichen Belange. Zwischen den Steuerpflichtigen wurden das Betriebsvermögen mehrfach transferiert. Die Geschäftstätigkeit der GmbH (Terrazoplattengeschäft) wurde 1995 eingestellt und die Produktionshalle samt Anlagevermögen an die Bf. verkauft (ATS 6.620.942).
J.P. hatte aus einer langjährigen Geschäftsverbindung mit D. Interesse an dessen Immobilienprojekt zur Aufschließung der A- Badeseen in V.erlangt. Er übernahm für A- eine Bürgschaft für einen Bankkredit, der für die Schaffung von Badeparzellen und der Errichtung einer Kläranlage investiert wurde. Im Jahr 1985 wurde diese Bürgschaft schlagend, weshalb J.P. rund ATS 5,7 Mio. Bankverbindlichkeiten von A- gegen Erwerb eines erstrangigen Höchstpfandrechtes an der Liegenschaft KG V., XXX1 bezahlte.
Im Zuge der Zwangsversteigerungen gegen A- erwarb J.P im Jahr 1990 um ATS 6,5 Mio. diese rd. 23.700m2 große Liegenschaft, die aus teilweise bebauten und unbebaute Fläche im Bereich des Ost- und Westufers des A;-s II einschließlich einer dazugehörigen Wasserfläche bestand. Bereits im Jahr 1988 hat J.P. um ATS 6,5 Mio das Grundstück, E1, Parz. X1. (8.175m2), mit der darauf errichteten Klär-, Kanal- und Wasserpumpanlage ersteigert. Den Erwerb finanzierte er zur Gänze über Bankkredit (Eisenstädter Bank). Zudem kaufte J.P. im Juni 1990 von der B- GmbH (Familie A-) die Liegenschaften XX9 (20.300m2 Wasserfläche an der Westseite, A;- II,) und das Grundstück Ez0 (Westufer, A;- samt Straße, 3.020m2) um insgesamt ATS 7,0 Mio. Auch dieser Liegenschaftskauf wurde mit Kredit der Raika Zemendorf fremdfinanziert
Die Bf. erwarb in der KG V.im Juli 1988 gemeinsam mit anderen Grundstücken die Parzelle X4, X5 und ersteigerte die Seegrundstücke XX1 um ATS 5,4 Mio. Die Finanzierung erfolgte ebenfalls durch Bankkredit (Eisenstädter Bank). Zudem hatten die Ehegatten bereits in den 80er-Jahren auch noch einige andere Grundstücke angeschafft.
Im Zeitraum 1988 bis 1990 hat das Ehepaar J. und ***Bf1*** einen großen Teil der Grundstücke an den ehemaligen Schottergruben "A;- I und II" samt Straßen, Kläranlage und Wasserversorgung im Gemeindegebiet V1/V. in Niederösterreich fremdfinanziert erworben. Sowohl die Bf. als auch J.P. nahmen die Liegenschaftsanschaffungen und die dabei aufgenommenen Bankverbindlichkeiten als Betriebsvermögen in die Jahresabschlüsse ihrer nichtprotokollierten Einzelunternehmen auf. Die Gewinnermittlung erfolgte von beiden Einzelunternehmern durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988.
In der Folge betrieben das Ehepaar P. in gemeinsamen Zusammenwirken eine umfangreiche Immobilienentwicklung zur Aufschließung der Liegenschaften. Es erfolgten u.a. Vermessungen, Liegenschaftsteilungen, die Schaffung von nutzbaren Bauparzellen sowie der Ausbau der Infrastruktur. Vom Bauamt der Gemeinde V1 wurden Baubewilligungen zur Errichtung von unterkellerten Bungalows eingeholt. Im Mai 1993 wurde die Genehmigung für 34 Gebäude und im September 1993 für weitere 28 Gebäude erteilt. Diese Bauwerke wurden als Superädifikate von der Bf. als Bauherrin auf dem Grund und Boden des J.P. errichtet.
Im Herbst 1993 wurde der Bau von 13 Doppelhäusern und einem Einzelhaus mit jeweils 120m2 verbauter Fläche aufgenommen. Anlässlich einer Baustellenbesichtigung im Mai 1994 durch eine von der Wirtschaftskammer NÖ. beauftragte Detektei wurde festgestellt, dass die 14 Häuser zu 90% im Rohbaustadium aufgemauert waren und bei 5 Häusern bereits die Dachsparren aufgelegt worden warem. Anstelle der bei der Baubehörde gemeldeten Baufirma (K- GmbH) seien 5 ausländische Arbeiter an der Baustelle angetroffen worden, die nach Angaben von J.P. im Unternehmen der Bf. (W.P.) als Arbeiter angemeldet seien (Bericht v. ). Bei einer weiteren Baustellenbesichtigung im Auftrag der WK NÖ durch die Detektei betreffend das Bauprojekt "Errichtung von 40 baugleichen, unterkellerten Bungalows, mit ca. 70m2 Nutzfläche, im September 2001 wurde festgestellt, dass die Rohbauten bereits fertiggestellt waren und bei den Gebäuden teilweise die Vollwärmeschutzfassade geklebt und verspachtelt war. Der bei Innenausbauarbeiten angetroffene Arbeiter (T.) habe angegeben, seit 6 Jahren bei der Bf. beschäftigt zu sein. Von J.P. werde ihm gesagt, welche Arbeiten er an den Bungalows zu verrichten habe. Der Arbeiter habe den Bungalow 33 bewohnt, wo auch sein Pkw parkte, (Bericht v. ).
Von J.P. und der Bf. erfolgten bereits Anfang der 90er Jahre erste Liegenschaftsverwertungen durch Verkauf von Teilflächen. Unter anderem wurde das um ATS 120.850 ersteigerte Grundstück XX2 um ATS 1.500.000 an die Gemeinde V1 verkauft. Zudem wurde bei der Liegenschaft, X8/EZ 870 (um ATS 320.000 erworben) eine Teilfläche von 2.109 m2 (XX3) um ATS 1.265.400 ebenfalls an die Gemeinde V1 verkauft. An die Familie AA wurden 3/90tel des Grundstückes (XX9, anteilige AK: ATS 222.666) um ATS 500.000 verkauft. Von der Bf. wurde der Wassergenossenschaft A;- I von der Liegenschaft XX4 Straßenflächen verkauft (ATS 1.188.000). Diese Veräußerungserlöse wurden von der Bf. und J.P. im Rahmen der betrieblichen Gewinnermittlung ihrer Einzelunternehmen erfasst (und deshalb keine Spekulationsgewinne gemäß § 30 EStG erklärt).
In der nachfolgenden Tabelle sind zum Überblick über die betrieblichen Aktivitäten der Bf. und ihres Ehegatten J.P relevante Bilanzansätze der Jahresabschlüsse 1998, 2003 und 2005 dargestellt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bf. - ***Bf1*** | 1998 in ATS | 2003 in Euro | 2005 in EURO |
Anlagevermögen Steinbruch Trockenzeile A;- II Grund Brodersdorf Gebäude Steinbruch Gebäude Kläranlage Kanalanlage u. Pumpstation | 57.203,00 3.921.343,00 274.510,00 344.000,00 3.870.000,00 2.268.750,00 | 3.408,57 284.269,25 19.949,43 19.185,62 215.838,32 114.913,93 | 3.109,15 284.269,25 19.949,42 16.860,08 189.676,10 94.928,91 |
Im Bau befindliche Anlagen Materialvorräte (Baumaterial) | 13.381748,00 7.419.626,19 | 514.863,66 627.384,06 | 335.318,15 514.863,66 |
Bankverbindlichkeiten Bank Bgld.916…. Bank Bgld. 916….. Commerzbank 70…. Commerzbank 70…. Erste B. 48…. Erste B. 91… Erste B. 916… Bankverbindlichkeiten gesamt | 8.220.855,30 4.750.000,00 2.611.539,76 2.204.890,70 4.207.517,98 7.613.027,66 942.936,91 30.550.768,31 | 374.289,12 2.696.857,67 (Kt. 00107106775) 3.071.146,79 | 86.064,25 374.289,12 2.869.543,97 (Kt. 00107106775) 3.329.897,34 |
Bankzinsen Erlöse Mieten 10% Gesamterlöse | 882.212,22 29.011,53 312.502,84 | 0,00 13.143,54 122.368,24 | 1,50 19.682,43 391.272,70 |
(Tabelle 1)
Tabelle in neuem Fenster öffnen
J.P. | 1998 in ATS | 2003 in Euro | 2005 in EURO |
Anlagevermögen Grund-Kläranl., E1, Nr. 3.., Seegrund EZ X2, Nr. X3, Straße, X8, Nr. 5… Wasserfl., EZ 1…, Nr. 3… Gebäude | 497.976,00 6.268.775,47 99.821,61 6.927.500,00 180.000,00 | 36.189,33 316.313,82 7.254,35 503.441,06 13.081,11 | 36.189.33 322.618,95 7.254,35 503.441,06 13.081,11 |
Wasserleitung, Kanal, erworben von Bf. | 0,00 | 0,00 | 138.846,67 |
Bankverbindlichkeiten Commerzbank 70… Bank Bgld. 91… Erste B. 91… Erste B. 91… Erste B. 91… Oberb.4161 -… Oberb.4161-…. Bankverbindlichkeiten gesamt | 30.873.973,71 -- 9.023.373,55 5.000.000,00 6.300.000,00 -- -- 51.197.347,26 | -- 363.364,17 332.560,78 -- -- 1.912.454,37 400.592,13 3.039.774,84 | -- 363.364,17 332.560,78 -- -- 1.951.762,90 400.594,89 3.048.282,74 |
Bankzinsen Erlöse Mieten 10% Gesamterlöse | 728.103,06 26.889,01 26.889,01 | 25.000,00 2.266,92 530.745,16 | 29.982,54 4.080,73 123.549,43 |
(Tabelle 2)
In einer vom Finanzamt (FA) am durchgeführten niederschriftlichen Befragung des J.P. zu den Liegenschaftskäufen beim A- See I und II gab dieser an, dass die Gesamtinvestitionen samt Kläranlage, Wege, Parzellen und Schottergrube einschließlich Finanzierungskosten um die 40 Mio. Schilling betragen habe. Er belegte mit Buchhaltungsunterlagen, dass sich die betrieblichen Bankverbindlichkeiten von ihm und seiner Gattin einschließlich der P. GmbH zum auf etwas über ATS 27 Mio. beliefen. Dieser Schuldenstand bestand schon vor einigen der vorgenannten Immobilienankäufen und dem Bau der großen Anzahl von Bungalows.
Anlässlich einer bei der Bf. für die Jahre 2000 bis 2006 durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung wurde Folgendes festgestellt:
Von der Bf. sei auf Grund einer außerbücherlichen Vereinbarung mit ihrem Ehegatten auf den in dessen zivilrechtlichen Eigentum stehenden Liegenschaften bei den "A- Seen" sogenannte "Badebungalows" als Superädifikate errichtet worden. Insgesamt hätten sich auf den Liegenschaften mehr als 100 Bungalows in unterschiedlicher Ausbaustufen befunden.
Von den Herstellungskosten für die Gebäude sei von der Bf. der Vorsteuerabzug in Anspruch genommen worden. Die Herstellungskosten für die Gebäude seien in der Buchhaltung der Bf. auf dem Konto 710 "Anlagen im Bau" und teilweise auch auf dem Konto 1100 "Materialvorräte" (Baumaterial) aktiviert worden.
Noch vor vollständiger Fertigstellung der Bungalows sei der Verkauf der Gebäude mit einem dazugehörigen idellen Grundanteil von J.P. und der Bf. aktiv betrieben worden. J.P. habe den Verkauf im Internet und durch großflächige Verkaufsplakate beworben und er habe auch mehrere Immobilienmakler mit der Vermittlung und Veräußerung betraut.
Die Erwerber hätten in einer niederschriftlichen Befragung Auskunft zu ihrer Anwerbung für den Immobilienkauf erteilt. Sie gaben zu Protokoll, dass ihnen gegenüber von J.P. die Kaufoption als einzige Möglichkeit angeboten worden sei. Den Interessenten seien jeweils mehrere Bungalows in unterschiedlichen Ausbaustufen zur Besichtigung bereitgestanden. Die Objekte seien vor den Verkäufen nicht vermietet gewesen, da sie als "Rohbauten" nicht bezugsreif fertiggestellt und noch nicht sogleich bewohnbar gewesen seien.
Bereits in den Vorjahren vor dem Prüfungszeitraum seien Bungalows verkauft worden. Der Verkauf von drei Objekten im Jahr 1994 und einem Objekt 1997 sei evident.
Im Jahr 2000 seien vier "Ausbauhäuser" (S. u. TZ 26/27; F. 28/29) direkt von der Bf. an die Erwerber verkauft worden, wobei zugleich der anteilige Grundstücksverkauf jeweils durch den Ehegatten erfolgt sei. Diese Gebäudeverkauf 2000 seien von der Bf. auch umsatzsteuerpflichtig behandelt worden.
In den Folgejahren habe die Bf. den Verkauf der "Ausbauhäuser" dann jedoch anders gestaltet. Die Bf. verkaufte zunächst die Superädifikate umsatzsteuerfrei an J.P. und dieser verkaufte dann die Bungalows mitsamt einem idellen Miteigentumsanteil an Grund und Boden an die Erwerber. Von der Bf. sei der Verkauf der Superädifikate an J.P. als Anlagenabgang auf dem Buchhaltungkonto 710 "Anlagen in Bau" erfasst worden.
Die Bf. habe 2003 den Verkauf von 8 Häusern, 2004 den Verkauf von 5 Häusern und 2005 den Verkauf von 1 Haus verbucht. Nach den Feststellungen der BP seien auf dem Grundstück S1 (auf Westseite des Kinersee II) jedoch auch im Jahr 2002 4 Häuser (Nr. 18, 22, 26, 27) und 2003 die erklärten 8 Superädifikate verkauft worden (auf Gstk S1: Nr. 19, 21, 23, 24, 25, 33, 34). Im Jahr 2004 seien 6 Gebäude (Nr. 11, 16, 17, 30, 31, 32) und 2005 2 Objekte (Nr. 20 u. 35) von der Bf. veräußert worden.
Von der Bf. sei auf Grund des steuerfreien Verkaufs der Superädifikate an J.P. eine Umsatzsteuerberichtigung des Anlagevermögens gemäß § 12 Abs. 10 UStG wegen Eintritt geänderter Verhältnisse vorgenommen worden.
Die Rechnungen über die Herstellungskosten für die errichteten Gebäude seien nicht vorhanden gewesen. Diese seien auch dem StV nicht vorgelegen. Der StV habe die Vorsteuerberichtigungen auf Grund der. ihm von J.P bekanntgegebenen umsatzsteuerpflichtigen Herstellungskosten von € 70.000 pro Gebäude vorgenommen. Dies pauschale Ermittlung der vorsteuerrelevanten Herstellungskosten sei erforderlich gewesen, weil die Vorsteuern für die Materialeinkäufe (z.B. Ziegeln, Bauholz, sonstiges Baumaterial) und für die bezogenen Leistungen (Arbeitsstunden) nicht detailliert einzelnen Objekten zuordenbar waren.
Vom steuerlichen Vertreter wurde auf dieser Grundlage für die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG ein von der Bf. erfolgter Vorsteuerabzug pro Haus von € 11.441,41 ermittelt. Das entspricht umsatzsteuerpflichtigen Herstellungskosten pro Haus von netto € 57.207,05 (20% USt/VSt € 11.441,41). Vom StV wurde für 2003 eine VSt-Berichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG je verkauftem Haus von € 2.027,11 (für 8 Hausverkäufe eine Vst-Berichtigung von € 16.216,88) erklärt. 2004 wurde für 5 Hausverkäufe eine VSt-Berichtigung von € 4.414,85 (pro Haus € 882,97) erklärt und 2005 für einen Hausverkauf eine VSt-Berichtigung von € 79,43 vorgenommen.
Bei den veräußerten Objekten handele es sich um Ausbauhäuser, die bis zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht bewohnbar gewesen seien und daher auch nicht entgeltlich vermietet worden seien. Die Objekte seien in den Büchern der Bf. als "Im Bau befindliche Anlagen" geführt worden und seien im Betriebsvermögen der Bf. tatsächlich Umlaufvermögen gewesen. Auf Grund der durch die steuerbefreiten Verkäufe dieses Umlaufvermögens eingetretenen Änderung der Verhältnisse, sei von der gesamten für diese Superädifikate in Abzug gebrachten Vorsteuer - ohne eine Aliquotierung - die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs.11 UStG vorzunehmen gewesen.
Die von der Bf. durchgefühte VSt-Berichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG sei eindeutig unrichtig, weil die verkauften Rohbauten niemals zur dauerhaften Verwendung im Geschäftsbetrieb bestimmt und eingesetzt waren und daher eindeutig kein Anlagevermögen gewesen seien. Von der Bf. sei die geringere, aliquote VSt-Berichtigung gem. § 12 Abs. 10 UStG bloß zur Steuervermeidung herangezogen worden, weil es offenkundig gewesen sei, dass es sich bei den Superädifikaten um Verkaufsobjekte und daher kein Anlagevermögen gehandelt habe.
Von der BP wurde auf Basis der Unterlagen des StV über die Ermittlung und Berechnung der VSt-Korrektur pro "Gebäude" eine VSt-Berichtigung für Umlaufvermögen gemäß § 12 Abs. 11 UStG in folgender Höhe ermittelt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
VSt-Abzug lt. StV pro Haus Euro | Anzahl verkaufterHäuser lt. BP Objekt-Nr. | VSt-Berichtigung/UV § 12 11 UStG lt. BP - Euro | ||
2002 | € 11.441,41 | 4 | 18, 22, 26, 27 | 45.765,65 |
2003 | € 11.441,41 | 8 | 19, 21, 23, 24, 25, 33, 34 | 91.531,31 |
2004 | € 11.441,41 | 6 | 11, 16, 17, 30, 31, 32 | 68.648,48 |
2005 | € 11.441,41 | 2 | 20, 35 | 22.882,83 |
Gesamt | 20 | 228.828,27 |
(Tabelle 3)
Das Finanzamt (FA) folgte den Feststellungen der Außenprüfung (BP-Bericht vom , Tz. 2) und erließ für die Veranlagungsjahre 2002, 2003, 2004 und 2005 entsprechend geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide vom , die allesamt, einschließlich dem BP-Bericht vom , der Bf. am mit Rückschein zugestellt worden sind.
Die Bf. erhob - nach rechtswirksamer Verlängerung der Rechtsmittelfrist - durch ihren bevollmächtigten Ehegatten, J.P. mit Schreiben vom gegen die USt-Bescheide für die Jahre 2002, 2003, 2004 und 2005 rechtzeitig und formgerecht Berufung und beantragte die erklärungsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer. Zur Begründung wurde sinngemäß Folgendes vorgebracht:
Von der Bf. seien Bungalows in Form von Superädifikaten errichtet worden, die dann teilweise vermietet und teilweise unecht steuerbefreit veräußert worden sind. Die Bf. sei der Auffassung, dass für die unecht steuerbefreit verkauften Gebäude zu Recht nur eine anteilsmäßige Umsatzsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG durchzuführen war.
Die Grundstücksanschaffungen des Ehegatten J.P. sowie die ergänzend von der Bf. erworbenen Grundstücke (z.B. Zufahrten, Wegerechte) seien zunächst ausschließlich mit Eigenkapital finanziert worden. Es sei von beiden Ehepartnern gewollt gewesen, das privat angesparte Vermögen auf diese Weise zur Alterssicherung anzulegen.
Für die Beurteilung der Streitfrage, ob Umlaufvermögen und ein gewerblicher Grundstückshandel vorliege, sei nach der Jud. des VwGH (, 2008/15/0093) die Situation im Zeitpunkt der Grundstücksanschaffung maßgebend. Im Anschaffungszeitpunkt seien die Immobilieninvestitionen mit ausreichenden Eigenmittel abgesichert gewesen, sodass in wirtschaftlicher Betrachtung keine Fremdfinanzierung vorgelegen habe. Die Ehegatten hätten bei der Anschaffung der Immobilien auch keine Veräußerungsabsicht gehabt. Es sei von Anfang an beabsichtigt gewesen auf den Grundstücken (A;-n I u. II) Badehäuser und Bungalows zu errichten und sie dann zur Altersvorsorge langfristig zu vermieten.
Die maßgebenden Grundstücksanschaffungen seien im Zeitraum 1988 bis 1990 von J.P. erfolgt. Das sei der Kauf der Grundstücke: XXX1 (Ost- und Westufer A;- 2) um ATS 6,5 Mio., der Grundstücke XX9, u.a. sowie X8 um ATS 7 Mio. und das Grundstück E1 (Kläranlage) um ATS 6,5 Mio. gewesen. Diese Gesamtinvestition habe ATS 20 Mio. zuzüglicher der Anschaffungsnebenkosten betragen. Die Finanzierung dieser Liegenschaftserwerbe sei zwar mit Bankkrediten erfolgt, diese wären aber mit privatem Sparvermögen in Höhe von ATS 20 Mio besichert gewesen. Dieses Kapitalvermögen habe die Bf. durch Wertpapiergeschäfte im Jahr 1985 erworben. Aus dem vorhandenen Kapitalvermögen von ATS 1 Mio. sei es der Bf. durch den Kauf von Aktien oder Fonds in Kanada binnen 9 Monaten einen Gesamterlös von ATS 25 Mio. zu erzielen.
Im Jahre 1999 sei es schließlich zu einer Umschuldung von der Bank 11 zur 22 und einer Kreditaufstockung auf ATS 25 Mio. gekommen, sodass dann noch immer "in wirtschaftlicher Betrachtung - ein Eigenfinanzierungsanteil von 80% vorgelegen habe.
Es seien von der Bf. etwa 73 Bungalows errichtet worden und wovon letztlich in einem Zeitraum von über 15 Jahren 23 Teilflächen verkauft worden seien. Diese Verkäufe seien im Verhältnis zu den vermieteten Parzellen weniger als ein Drittel. Der Grund für die Veräußerung sei zweifellos der entstandene Druck der Banken, nach dem Wert- und Kursverlust des zur Kreditbesicherung dienenden privaten Kapitalvermögens ab dem Jahr 2002 gewesen. Das in Fonds veranlagte Eigenkapital sei durch Verluste zu einem großen Teil aufgezehrt worden, für die Bebauungen seien kleinere Kreditaufnahmen notwendig geworden, hohe Prozesskosten seien aufgelaufen und durch Verzögerungen bei der Bebauung sei die Zinsbelastung erheblich angestiegen. Erst durch diese Umstände habe sich das Immobilienprojekt in eine überwiegende Fremdfinanzierung gewandelt.
Die erfolgten Grundstücksveräußerungen seien von den Ehegatten P. ursprünglich nicht geplant gewesen. Erst durch die dargestellte wirtschaftliche Entwicklung hätten die Banken zu den Hausverkäufen gedrängt und wären diese sozusagen als Notverkäufe zur Reduktion der Kredite notwendig geworden. Es werde nochmals betont, dass die gesamte Bautätigkeit der Bf. von Anfang an unter dem Aspekt der zukünftigen Vermietung gestanden sei.
Allgemein sei festzuhalten, dass die veräußerten Objekte zwischen Fertigstellung der Bauarbeiten und dem erfolgen Verkauf jeweils vermietet worden seien oder leer standen. Wo eine Vermietung nicht erfolgreich und langfristig habe durchgeführt werden können, sei es auf Grund des wirtschaftlichen Druckes der Banken letztlich zu Notverkäufen gekommen.
Die von der BP dargestellten Verkaufszahlen (insgesamt 20 Gebäude im Zeitraum 2002 bis 2005) seien der Bf. nicht nachvollziehbar und würden der Realität widersprechen. Vermutlich sei der BP durch Mehrfachzählung von Objekten (z.B. Zählung von Haus und Grundstück als zwei Verkäufe) ein Fehler unterlaufen. Insgesamt sei von der BP dieser Sachverhalt unzureichend ermittelt und nicht richtig dargestellt worden. Die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass Umlaufvermögen und ein gewerblicher Grundstückshandel vorliege, werde nicht akzeptiert.
Unberücksichtigt seien folgende Umstände geblieben:
Auf dem Grundstück S1 sei das Doppelhaus Nr. 22 u. 23 vor der Veräußerung an einen Makler namens M. über einen Zeitraum von ca. 2 Jahren vermietet worden. Das Haus Nr. 35 sei über einen Zeitraum von ca. 1,5 Jahren an Herrn Y. vermietet worden. Dieser habe nie Miete bezahlt und das Haus entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht fertiggestellt. Auch die nicht fertiggestellten Häuser Nr. 14 und Nr. 15 seien über ein Jahr lang an eine italienische Firma, welche Gasleitungen errichte, als Arbeiterwohnstätte vermietet worden. Das Haus Nr. 33 sei Frau C. ca. 2 Jahre lang mit der Verpflichtung, es fertig zu stellen, vermietet worden. Da von dieser ebenfalls keine Fertigstellung erfolgte, sei das Mietverhältnis gelöst worden. Als Nachweis der Vermietungsabsicht und erfolgten Vermietung werde der Mietvertrag mit VN1 V. vom Jänner 1997 betreffend das Haus Nr. 33 mit einer vereinbarten Monatsmiete von ATS 12.900 [= € 937,48] beigelegt. Dieser Mieter sei wegen Drogenhandels jedoch über Jahre in Haft gewesen und dadurch auch in Konkurs verfallen.
Die erklärten Vermietungserlöse seien eher gering gewesen, weil es sich bei den Bauten überwiegend um Rohbauten gehandelt habe, bei denen vereinbart war, dass das Mietentgelt bis zur tatsächlichen Benutzbarmachung ausgesetzt werde. Da objektiv betrachtet die Qualität und Lage der Bauten minderwertig gewesen sei, hätten sich auch überwiegend nur schlechte und letztlich zahlungsunfähige Mieter gefunden. Der Umstand, dass die Vermietungen letztlich nicht erfolgreich gewesen seien, habe zum Druck der Banken und schließlich zur Veräußerung einzelner Objekte beigetragen.
Dennoch werde durch die erklärten jährlichen Mieterlöse die verfolgte Vermietungsabsicht und letztlich auch realisierte Vermietung dokumentiert. Da die verkauften Objekte - genauso wie die zahlreichen noch immer vermieteten Gebäude - grundsätzlich zur Vermietung bestimmt gewesen seien und teilweise auch vor der Veräußerung vermietet worden seien, vertrete die Bf. die Auffassung, dass sie die Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 12 Abs. 10 UStG für Anlagevermögen korrekt durchgeführt habe.
Die BP replizierte in einer Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen sinngemäß: Die Behauptung, die Bf. habe mit einer Million Schilling durch Aktienspekulationen binnen kurzer Zeit ein Vermögen von 20 oder gar 25 Mio. ATS erwirtschaftet, sei völlig unglaubwürdig. Vielmehr sei in derartigen Fällen anzunehmen, dass ein solches in seiner Herkunft nicht geklärte Privatvermögen aus unversteuerten betrieblichen Quellen der Ehegatten aus den Vorjahren stammt (Schwarzgeld). Es sei im Geschäftsleben keine Seltenheit, dass für die Haftung von Betriebskrediten private Spareinlagen als Banksicherheit eingesetzt werden. Durch die Haftung für einen Betriebskredit werde ein im Privatvermögen befindliches Kapitalvermögen aber nicht in den Betrieb eingelegt und dadurch nicht zum Betriebsvermögen.
Zum Nachweis dieser privaten Geldmittel sei ein Bankeinzahlungsbeleg über ATS 20 Mio. mit Datum vom vorgelegt worden. Die maßgebenden Liegenschaftskäufe fanden allerdings in den Jahren 1988 bis 1990 statt. Ob dieses Haftungskapital auch schon damals zur freien Disposition der Bf. oder ihres Gatten zur Verfügung stand, werde mit diesem Bankbeleg nicht bewiesen.
Tatsache sei, dass die Liegenschaftserwerbe - wie es bei gewerblichen Immobiliengeschäften üblich ist - fremdfinanziert worden sind. Dabei hätten sich die Ehegatten auch Fremdwährungskredite bedient. Im Jahr 1998 hätten die Bf. und ihr Ehemann betriebliche Bankverbindlichkeiten von mehr als ATS 80 Mio. in den Bilanzen ausgewiesen und es seien in der Folge ernsthafte Rückzahlungsschwierigkeiten eingetreten. Aus den Jahresabschlüssen sei zu ersehen, dass wegen der Liquiditätsprobleme die meisten Zinsenrückzahlungen ausgesetzt worden seien. Von einer Eigenfinanzierung könne bei den Liegenschaftsgeschäften der Ehegatten P. daher keine Rede sein.
In einem Schreiben von J.P. an eine Anrainerin vom offenbare sich eindeutig, dass schon zu Beginn der Liegenschaftsprojekte am Kiendersee Verkaufsabsicht und Verkaufserfordernis vorgelegen ist. J.P. erklärte gegenüber einer Anrainerin (Zitat):
"Sie kennen meinen Standpunkt, demzufolge ich - bedingt durch die fast zweieinhalbjährige Verhinderung Trockenparzellen zu verkaufen - nicht in der Lage bin, meine seinerzeitigen Angebote aufrecht zu halten. Ich bin teilweise nur Inkassant für unsere Banken, weil ich enorme Zinsenbeträge ja irgendwie hereinbringen muss."
In der Buchhaltung der Bf. seien vom StV folgende Anzahl an verkauften Superädifikaten verbucht worden: 2003: 8, ( Buchung Kt. 710 Anlagenabgang, Text: "BW 8 Gebäude von 17"), 2004: 5 und 2005: 1 Gebäude. Auf Grund von Abfragen der BP im Grundbuch (insb. EZ X2, GstNr.: S1 sowie Abfragen in der Grunderwerbssteuer-Datenbank seien auch noch weitere Verkäufe von Superädifikaten von der BP festgestellt worden.
Bei den verkauften Objekten habe es sich fast ausschließlich um Rohbauten gehandelt, die nicht als marktüblicher Wohnraum benutzbar und daher nicht vermietbar gewesen seien (u.a. keine Böden, rohe Innenmauern, kein Bad, z.T. keine Heizung u. keine vollständigen Stromanschlüsse). Die Feststellung, dass die Gebäude vor dem Verkauf nicht vermietet worden sein konnten, sei durch die Zeugenaussagen späterer Erwerber bestätigt worden.
Zudem fehle den von der Bf. behaupteten Mietverhältnissen jede Beweisgrundlage. Außer dem Haus Nr. 36 (Vermietung an V. ab 10/1996), seien keine Mietverträge, keine Nachweise über Mietzahlungen oder sonstige Belege einer Vermietung (z.B. Kündigungsschreiben usw.) vorgelegt worden. Die angeblichen Mieter seien unvollständig bezeichnet (z.B. italienische Firma/Gasleitungsverlegung, Hr. Y., Fr. C.), sodass weder eine ZMR-Abfrage noch eine andere Überprüfung möglich sei (z.B. Zeugenbefragung). Auch in den Buchhaltungsunterlagen seien keine Anhaltspunkte zu diesen vorgebrachten Vermietungen festgestellt worden. Gerade bei einer Vermietung, bei der Fertigstellungsarbeiten des Mieters gegen Anrechnung auf den Mietzins vereinbart werden, seien detaillierte Vertragsregeln erforderlich und hätten daher Nachweise vorliegen müssen.
Der Einwand der Vermietung von Haus 15 (italienische Firma) und Haus 36 (Hr. V.) gehe insofern auch ins Leere, weil der Verkauf dieser beiden Objekte von der BP im Streitzeitraum 2002 bis 2005 gar nicht festgestellt worden sei.
Der Umstand, dass bei der Errichtung einer derart großen Zahl von Bungalows auch ein Teil vermietet worden sei, ändere nichts an der Beurteilung, dass jene relevante Anzahl an Häusern, die ohne vorheriger dauerhaften Verwendung als Mietobjekt, verkauft worden seien, kein Anlagevermögen des Unternehmens bildeten.
Die Bf. erklärte folgende Erlöse aus der Gebäudevermietung:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vermietung Gebäude | 1998 in Euro | 1999 in Euro | 2000 in Euro | 2001 in Euro |
Erlöse | 1.954 | 47.243 | 13.197 | 7.477 |
Vermietung Gebäude | 2002 in Euro | 2003 in Euro | 2004 in Euro | 2005 in Euro |
Erlöse | 9.669 | 13.143 | 8.449 | 19.682 |
(Tabelle 4)
Zieht man zur Einschätzung des Vermietungsvolumens den Mietzins aus der nachgewiesenen Vermietung des Hauses 36 mit einer vereinbarten Monatsmiete von umgerechnet in Euro € 937,5 und einer Jahresmiete von € 11.250 heran, dann zeige sich, dass von der Bf jährlich 1 bis maximal 2 Gebäude entgeltlich vermietet worden seien.
Die Qualifikation als Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 11 UStG sei nach Auffassung der BP richtig vorgenommen worden, weil die verkauften Ausbauhäuser nicht dauerhaft zur Verwendung im Unternehmen der Bf. bestimmt gewesen seien und auch tatsächlich nicht als "bewohnbare Anlagehäuser" dauerhaft im Unternehmen verwendet worden seien. Allein die bloße Möglichkeit die Gebäude nach ihrer Fertigstellung als Mietobjekte zu nutzen, reiche für eine Vorsteuerberichtigung von Anlagegütern nach § 12 Abs. 10 nicht aus.
Das Rechtsmittel wurde von der Abgabenbehörde mitsamt dem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt und ist gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Bescheidbeschwerde zu erledigen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Das Bundesfinanzgericht hat durch Einsicht in die Unterlagen des Verwaltungsaktes und Würdigung der Parteienerklärungen Beweis erhoben. Der vorstehende Sachverhalt liegt der Entscheidung zu Grunde. Soweit entscheidungsrelevante Sachverhaltselemente strittig sind, wird in der rechtlichen Beurteilung die Beweiswürdigung dargelegt, aus welchen Überlegungen das BFG zu welcher Tatsachenfeststellung gelangt ist.
Zu beurteilen ist die Streitfrage, ob die im Prüfungszeitraum 2002 bis 2005 festgestellten Verkäufe von als Superädifikate errichteten Bungalows im Unternehmen der Bf. zur dauerhaften Verwendung als Anlagegut im Sinne des § 12 Abs. 10 UStG 1994 genutzt worden sind oder wegen Nichterfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen die gesamte von den Herstellungskosten in Anspruch genommene Vorsteuer gemäß § 12 Abs. 11 UStG 1994 im Jahr der steuerfreien Veräußerung der Bauwerke berichtigt werden musste.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 9 lit. a UStG 1994 sind die Lieferungen von Grundstücken steuerfrei. Der Unternehmen kann einen Umsatz der nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln (§ 6 Abs. 2 UStG). Der gegenständlichen Verkäufe von Gebäuden auf fremden Grund und Boden durch die Bf. (Superädifikaten) stellen eine Grundstückslieferungen im Sinne des § 6 Abs.1 Z. 9 lit. a UStG dar.
Feststeht, dass von der Bf. für die Errichtung der Bungalows der Vorsteuerabzug in Anspruch genommen wurde. Die in Abzug gebrachten Vorsteuern pro Haus wurden nach den Angaben der Bf. an ihren Steuerberater von diesem mit € 11.441,41 ermittelt. Unbestritten ist ferner die Tatsache, dass die Bf. die Verkäufe der Superädifikate an J.P. im Zeitraum 2002 bis 2005 als steuerfreie Lieferung gemäß § 6 Abs. 1 Z. 9 lit. a UStG 1996 behandelt hat. Von der Möglichkeit einer Option zur Umsatzsteuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG - wie bei den Verkäufen im Jahr 2000 - hat die Bf. keinen Gebrauch gemacht.
Durch die festgestellten unecht steuerfreien Grundstückslieferungen der Bf. in den Jahren 2002 bis 2005 ist daher eine Änderung der für den Vorsteuerabzug relevanten Verhältnisse eingetreten, sodass - was ebenfalls von der Bf. nicht bestritten wurde - eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen war.
Die Bestimmungen betreffend die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 bis Abs. 13 des UStG 1994 idgF lauten:
"(10) Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.
Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrundeliegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.
Bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neunzehn Kalenderjahren.
Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zwanzigstel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder die Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.
(11) Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer für sein Unternehmen hergestellt oder erworben hat oder bei sonstigen Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, die Voraussetzungen, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist, sofern nicht Abs. 10 zur Anwendung gelangt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung eingetreten ist.
(12) Die Bestimmungen der Abs. 10 und 11 gelten sinngemäß auch für Gegenstände, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören. Eine Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend sind, liegt auch vor, wenn die Änderung darin besteht, dass ein Wechsel in der Anwendung der allgemeinen Vorschriften und der Vorschriften des § 22 für den Vorsteuerabzug vorliegt.
(13) Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach Abs. 10 ist nicht durchzuführen, wenn der Betrag, um den der Vorsteuerabzug für einen Gegenstand für das Kalenderjahr zu berichtigen ist, 60 Euro nicht übersteigt."
Anlagevermögen sind die Wirtschaftsgüter, die dem Unternehmen auf Dauer dienen. Die Terminologie "Verwendung eines Gegenstandes als Anlagevermögen" entstammt dem Ertragssteuerrecht und es ist daher dieses Begriffsverständnis auch der Bestimmung des § 12 Abs. 10 UStG zu Grunde zu legen.
Bei Gegenständen, die der Unternehmerin seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, ist eine Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, nur befristet und aliquot zu berücksichtigen.
Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtung des Anlagevermögens ist daher nicht bloß die bestimmungsgemäße dauerhafte Verwendung, sondern dass der Gegenstand auch tatsächlich im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen genutzt wurde. Die maßgebende Frage ist daher, ob die verkauften Superädifikate im Unternehmen der Bf. tatsächlich für steuerpflichtige Umsätze verwendet (in Betrieb genommen) wurden. Diese Beurteilung hat gesondert für jede einzelne Grundstückslieferung der Bf. an J.P. zu erfolgen.
Das Argument der Bf., sie habe ursprünglich bei Anschaffung der Liegenschaften (1990) Seehäuser zum Zwecke der steuerpflichtigen Vermietung errichten wollen, ist für die Frage einer Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG überhaupt nicht maßgebend. Entscheidend ist allein der Umstand, ob jeder einzelne der festgestellten Hausverkäufe von der Bf. tatsächlich zur Erzielung eines auf Dauer angelegten, steuerpflichtigen Vermietungsumsatzes verwendet worden ist. Die bloße Herstellung der betreffenden Gebäude und die bloße Möglichkeit sie für steuerpflichtige Umsätze zu nutzen, erfüllt noch nicht den Tatbestand des § 12 Abs. 10 UStG.
Hinsichtlich der im Streitzeitraum verkauften Gebäude wurde von der Bf. kein einziger Mietvertrag einer dauernden Vermietung für Wohnzwecke vorgelegt und auch nicht auf andere Weise das Erzielen eines dauerhaften steuerpflichtigen Umsatzes mit diesen Bauwerken nachgewiesen.
Die einzige nachgewiesene Vermietung betrifft das Haus Nr. 36 (Vermietung Haller ab 10/1996) und dieses Gebäude war nicht Gegenstand der Vorsteuerberichtigungen in den angefochtenen Bescheiden.
Eine vor Fertigstellung erfolgte vorübergehende Nutzung von Rohbauten als Schlafstellen für Bauarbeiter stellte keine Inbetriebnahme der Gebäude als Anlagevermögen dar, weil keine auf dauernde Verwendung gerichtete umsatzsteuerpflichtige Vermietung vorliegt (vgl. VwGH, , 2306/74).
Zudem sind die Einwendungen der Bf. pauschale und auf bloßer Behauptungsebne angesiedelte Vorbringen. Die Angaben zur erfolgten Vermietung widersprechen zum Teil auch der allgemeinen Lebenserfahrung und werden vom BFG daher für nicht glaubhaft erachtet.
Zudem erklärt die Bf., dass sie die Rohbauten "unter Aussetzung des Mietentgeltes" bis zur Fertigstellung zur tatsächlichen Benutzbarkeit" Personen überlassen habe.
Selbst wenn diese unbewiesenen, nicht konkretisierten Behauptungen zutreffend wären, würde eine solche Gebrauchsüberlassung von Rohbauten zur Fertigstellung keine bestimmungsgemäße Inbetriebnahme der "unfertigen" Häuser im Unternehmen und keine umsatzsteuerpflichtige Vermietung von Wohngebäuden darstellen.
Von der Bf. wurde die Tatbestandsvoraussetzung des § 12 Abs. 10 UStG, dass die Gebäude vor dem Verkauf an J.P. in ihrem Unternehmen als Anlagevermögen zur Erzielung steuerpflichtiger Umsätze tatsächlich genutzt wurden, weder glaubhaft gemacht noch nachgewiesen.
Da somit bei den festgestellten von der Bf. als steuerpflichtig behandelten Grundstücksumsätzen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 10 UStG nicht vorgelegen sind, waren die Vorsteuerberichtigungen in voller Höhe gemäß § 12 Abs. 11 UStG vorzunehmen.
Aus den grundbücherlichen Eintragungen zur Liegenschaft EZ 323, GStNr. S1 sind folgende Gebäudeverkaufe festzustellen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr | Objekte/Käufer, GstNr. S1 | Anzahl |
2000 | 26/Ö., 27/TZ/Ä, 28+29/F. | 4 |
2002 | 14/Ü, 18/PP, 22/FF | 3 |
2003 | 19/OO, 21/RR, 23/LL, 24/II, 25/TT, 33/Q., 34/Z. | 7 |
2004 | 11/EE, 16+17/GG, 30/WW, 31/ST | 5 |
2005 | 35/SP | 1 |
(Tabelle 5)
Zu den meisten dieser Verkäufe liegen umfangreiche Beweisunterlagen (Zeugeneinvernahmen, Zahlungsbelege, Verträge, Maklerbelege, Verkaufsinserate usw.) vor.
Im Jahr 2008 erklärte die Bf. den Verkauf von 8 Superädifikaten (Beweis: Buchung des Abgangs von "Anlagen im Bau" auf dem Konto 710 mit Text "BW 8 Gebäude 17"). Auch die VSt-Berichtigung wurde von der Bf. im Jahr 2003 für 8 Gebäude, allerdings aliquot nach § 12 Abs 10 UStG vorgenommen.
Es ist daher möglich, dass außer den vorgenannten, eindeutig nachgewiesenen Objektverkäufen auf dem Grundstück Nr. S1 auch noch bei anderen Liegenschaften der Ehegatten P. Grundstückumsätze, die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 11 UStG erfordern, von der Bf. im Streitzeitraum getätigt worden sind (insb. Verkauf von Badehäusern auf den sog. Trockenparzellen).
Da hierzu jedoch keine hinreichenden Beweisgrundlagen aktenkundig sind, werden vom BFG nur die in obiger Tabelle 5 angeführten Gebäudeverkäufe für die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 11 UStG herangezogen.
Zusammenfassend ergibt sich somit nachstehende Änderung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide zu Gunsten der Bf:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Steuer- jahr | VSt-Abzug lt. Bf. pro Haus - Euro | Anzahl Obj./BP | VSt-Ber/BP(§12/11 UStG) | Anzahl Obj./BFG | VSt-Ber/BFG§12/11 UStG) | Vst-Ber./Bf. lt. Erkl. |
2002 | € 11.441,41 | 4 | 45.765,65 | 3 | 34.X2,23 | 0,00 |
2003 | € 11.441,41 | 8 | 91.531,31 | 7 | 80.089,87 | 16.216,91 |
2004 | € 11.441,41 | 6 | 68.648,48 | 5 | 57.207,05 | 4.414,86 |
2005 | € 11.441,41 | 2 | 22.882,83 | 1 | 11.441,41 | 79,43 |
(Tabelle 6)
Der Beschwerde war daher teilweise stattzugeben und die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 11 UStG im Betrag von jährlich € € 11.441,41 zu vermindern, weil vom BFG in jedem Veranlagungsjahr ein Hausverkauf weniger als in den angefochtenen Bescheiden festgestellt wurde.
Zur Zulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln. Die maßgebende Rechtsfrage des Erfordernisses der tatsächlichen Verwendung des Anlagevermögens für steuerpflichtige Umsätze folgt aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 12 Abs. 10 UStG und entspricht der dazu bestehenden Rechtsprechung des VwGH.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12 Abs. 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 10 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100672.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
SAAAC-27406