Auch die Anschaffung von iPhones und einer Waschmaschine können betrieblich veranlasst sein.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Koll & Partner Steuerberatungsgesellschaft WirtschaftstreuhandgesmbH & Co KG, Bahnstraße 2, 2230 Gänserndorf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ehemaligen Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer 2013 Steuernummer 38 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Nachdem die Veranlagung zur Einkommensteuer 2013 zunächst erklärungsgemäß erfolgte, wurde der Einkommensteuerbescheid vom mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und mit dem gleichzeitig erlassenen neuen Sachbescheid die von der Beschwerdeführerin, einer Lungenfachärztin, geltend gemachte Absetzung für Abnutzung für eine Waschmaschine sowie für drei Apple iPhones und ein Apple iPad nicht anerkannt und auch der von den Anschaffungskosten dieser Wirtschaftsgüter geltende gemachte investitionsbedingte Gewinnfreibetrag bei der Gewinnermittlung nicht in Abzug gebracht.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Rechnung für die Waschmaschine laute auf den Gatten der Beschwerdeführerin und sei in ***St1*** zugestellt worden. Eine Waschmaschine sei dem privaten Lebensbereich zuzuordnen und grundsätzlich nicht abzugsfähig, es sei denn sie werde ausschließlich betrieblich genutzt. Die Kosten der drei Apple iPhones zählten zu den Kosten der privaten Lebensführung und seien nicht abzugsfähig, weil sich bereits zwei iPhones aus dem Jahr 2012 im Betriebsvermögen befänden.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde brachte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin vor, die Nichtanerkennung der genannten Kosten sei rechtswidrig, weil sowohl die Waschmaschine als auch die iPhones in der Ordination der Beschwerdeführerin genutzt würden. Wie im mündlich geführten Vorhaltsverfahren ausführlich erklärt und zusätzlich mittels E-Mail detailliert erläutert, sei die Waschmaschine aufgrund der Hygieneverordnung in ***St2*** installiert worden und werde nur für die Ordinationswäsche verwendet. Dies entspreche unter anderem den Desinfektionsvorschriften der Hygieneverordnung. Die iPhones würden für diverse Demonstrationszwecke für Inhalatoren, COPD Tests und für andere berufliche Zwecke eingesetzt. Wie im E-Mail erläutert, würden spezielle Geräte zur Erfüllung dieser Zwecke deutlich mehr kosten als ein iPhone.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung als unbegründet abgewiesen, es seien keine neuen Beweise "vorgebracht" worden, die nicht bereits bekannt gewesen wären und den Erstbescheid widerlegen würden.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag beantragte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und wandte sich erneut gegen die Aberkennung der Kosten der genannten Wirtschaftsgüter, da sich sämtliche Wirtschaftsgüter im Betrieb befänden und dort auch verwendet würden. Da es nie ein schriftliches Vorhaltsverfahren gegeben habe, die Rechtfertigung mittels E-Mail betreffend den mündlichen Vorhalt nicht beachtet und auch in der Begründung des bekämpften Bescheides in keiner Weise gewürdigt worden sei, müsse gegenständlicher Vorlageantrag gestellt werden. Wenn in der Beschwerdevorentscheidung angeführt werde, es seien keine "neuen Beweise vorgebracht" worden, so sei dies verwunderlich, weil doch in der Beschwerde unter Verweis auf die bereits per E-Mail übermittelten Unterlagen ausdrücklich mitgeteilt worden sei, dass die genannten Wirtschaftsgüter in der Ordination verwendet worden und deshalb dort auch anzutreffen seien.
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Mit Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde auf, die Ergebnisse von Erhebungen beim Lieferanten der Waschmaschine sowie das Ergebnis der Befragungen des Personals der Beschwerdeführerin vorzulegen, aus denen hervorgehe,
1. wohin die Waschmaschine vom Lieferanten geliefert worden sei, und
2. ob sich die Waschmaschine und die iPads bzw. iPhones tatsächlich in der Ordination der Beschwerdeführerin befänden und dort genützt würden.
In der Begründung wurde dargelegt, der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin habe sowohl in der Beschwerde als auch im Vorlageantrag erklärt, dass sich die genannten Wirtschaftsgüter im Betrieb der Beschwerdeführerin befänden und dort auch genutzt würden.
Aus den vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen sei nicht erkennbar, ob und in welcher Weise diese Angaben überprüft worden seien, und weshalb die Angaben der Beschwerdeführerin als unzutreffend angesehen worden seien.
Der belangten Behörde sei daher aufzutragen gewesen, dem Bundesfinanzgericht die Ergebnisse der darüber bereits getätigten oder noch durchzuführenden Erhebungen innerhalb der genannten Frist vorzulegen.
Mit Schreiben vom hielt das Finanzamt zunächst fest, dass sich gegenständlicher Sachverhalt bereits 2013 ereignet habe. Die gegenständlichen iPhones (iPhone 5 und iPhone 5S) seien mittlerweile von Apple iPhones 12 verdrängt worden. Den logischen Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung zufolge seien diese Generationen von Smartphones wie auch iPads alle bereits nicht mehr im Einsatz. Daher würden im Hinblick auf ein verwaltungsökonomisches Verfahren diesbezüglich keine Ermittlungsschritte mehr gesetzt.
Hinsichtlich der Waschmaschine sei anzumerken, dass über diese eine Rechnung an Herrn ***[Ehemann]*** (Ehegatte der Beschwerdeführerin), ***St1***, ausgestellt worden sei. Von der Finanzbehörde sei zum damaligen Zeitpunkt erhoben worden, dass die Waschmaschine auch an diese Adresse geliefert worden sei. Die Beschwerdeführerin habe an dieser Adresse weder einen Hauptwohnsitz noch einen Nebenwohnsitz. Auch die Ordination der Beschwerdeführerin befinde sich nicht dort. Mittlerweile sei die Waschmaschine abgeschrieben, weshalb gemäß § 132 BAO auch beim Lieferanten die entsprechenden Unterlagen nicht mehr aufbewahrt werden müssten.
In der Folge wurden die Parteien zur mündlichen Verhandlung geladen. Dazu teilte die Finanzamtsvertreterin mit E-Mail vom mit, die belangte Behörde werde an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen.
In der antragsgemäß in Abwesenheit der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung erklärte die Beschwerdeführerin das Prinzip des Vyntus TM WALK, für dessen Anwendung man eines der Apple iPhones benötige. Die iPhones seien für einen Mitarbeiter und für die jeweiligen Patienten gewesen, um diese zurückrufen zu können.
Die Beschwerdeführerin beteuerte noch einmal, die Waschmaschine stehe nach wie vor in der Ordination in ***St2***. Es sei zwar richtig, dass die Rechnung auf ihren Mann ausgestellt sei, das liege aber daran, dass sich dieser mit technischen Dingen besser auskennen würde. Bezahlt habe jedoch sie die Waschmaschine.
In der Folge übermittelte die Beschwerdeführerin auch zwei Fotos, aus denen ersehen werden kann, dass sich die Waschmaschine in der Ordination der Beschwerdeführerin befindet.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988.
Strittig ist, ob drei Apple iPhones, ein Apple iPad und eine Waschmaschine ausschließlich betrieblich genutzt wurden.
Aufgrund nachstehender Beweiswürdigung wird davon ausgegangen, dass die genannten Wirtschaftsgüter für die von der Beschwerdeführerin dargestellte Verwendung in der Ordination der Beschwerdeführerin angeschafft und ausschließlich dort genutzt wurden.
Beweiswürdigung
Das Finanzamt geht davon aus, dass diese Wirtschaftsgüter privat genutzt wurden. Hinsichtlich der iPhones und des iPads beruht diese Ansicht lediglich auf einer durch nichts belegten Vermutung. Dagegen hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung sehr anschaulich und durchaus glaubwürdig dargestellt, wofür die iPhones und das iPad gebraucht wurden.
Bezüglich der Waschmaschine geht das Finanzamt aufgrund der Rechnungsadresse davon aus, dass diese nicht für die Ordination der Beschwerdeführerin angeschafft wurde. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung zunächst erklärt, warum das Aufstellen einer Waschmaschine in der Ordination unerlässlich gewesen sei. Die Ordinationsadresse ihres Ehemannes sei deshalb auf der Rechnung angegeben worden, weil sich dieser mit technischen Geräten besser auskenne, und diese daher grundsätzlich von ihm bestellt würden. Die Waschmaschine sei aber in ihre Ordination gebracht und dort aufgestellt, und auch von ihr bezahlt worden. Sie stehe auch heute noch in der Ordination und könne dort jederzeit "besichtigt" werden.
Im Hinblick auf die durchaus glaubwürdige Schilderung der Beschwerdeführerin und den Umstand, dass die belangte Behörde ihre Annahme auf keinerlei gesicherte Ermittlungsergebnisse stützte und trotz Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht sich weigerte, eine Nachschau in der Ordination der Beschwerdeführerin vorzunehmen, war davon auszugehen, dass sich die genannten Wirtschaftsgüter tatsächlich in der Ordination der Beschwerdeführerin befinden bzw. befanden und dort ausschließlich beruflich verwendet wurden.
Rechtliche BeurteilungG
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 darf der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden.
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), sind gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemisst sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.
Wird das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr mehr als sechs Monate genutzt, dann ist gemäß § 7 Abs. 2 EStG 1988 der gesamte auf ein Jahr entfallende Betrag abzusetzen, sonst die Hälfte dieses Betrages.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.
§ 10 Abs. 1 EStG 1988 lautet:
"Bei natürlichen Personen kann bei der Gewinnermittlung eines Betriebes ein Gewinnfreibetrag nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewinnmindernd geltend gemacht werden:
1. Bemessungsgrundlage für den Gewinnfreibetrag ist der Gewinn, ausgenommen
- Veräußerungsgewinne (§ 24),
- Einkünfte im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 und 2, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 angewendet wird.
2. Der Gewinnfreibetrag beträgt:
- Für die ersten 175 000 Euro der Bemessungsgrundlage 13%,
- für die nächsten 175 000 Euro der Bemessungsgrundlage 7%,
- für die nächsten 230 000 Euro der Bemessungsgrundlage 4,5%,
insgesamt somit höchstens 45 350 Euro im Veranlagungsjahr.
3. Bis zu einer Bemessungsgrundlage von 30 000 Euro, höchstens daher mit 3 900 Euro, steht der Gewinnfreibetrag dem Steuerpflichtigen für jedes Veranlagungsjahr einmal ohne Investitionserfordernis zu (Grundfreibetrag).
4. Übersteigt die Bemessungsgrundlage 30 000 Euro, steht ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag insoweit zu, als er durch Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter gemäß Abs. 3 gedeckt ist.
5. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag kann für das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung begünstigter Wirtschaftsgüter (Abs. 3) geltend gemacht werden. Er ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung wird dadurch nicht berührt."
Betriebsausgaben sind nicht nur die Ausgaben, die im Betrieb unvermeidbar sind, sondern alle durch den Betrieb veranlassten Aufwendungen (vgl. ). Grundsätzlich steht es dem Finanzamt nicht zu, die Notwendigkeit und Angemessenheit einer Betriebsausgabe zu prüfen (vgl. 418/80). Es kommt nur auf die betriebliche Veranlassung an. Wenn allerdings ein Aufwand sowohl privat als auch betrieblich veranlasst sein kann, bietet sich die betriebliche Notwendigkeit als das Kriterium an, anhand dessen die Zuordnung zum Betrieb oder zum Privatbereich vorgenommen wird (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar [65. Lfg 2017] § 4 Abs. 4 EStG Rz 1).
Auch wenn die genannten Wirtschaftsgüter durchaus privat einsetzbar sind, so hat die Beschwerdeführerin doch recht anschaulich deren Notwendigkeit im Betrieb dargestellt, und auch glaubwürdig dargelegt, dass diese ausschließlich in ihrem Betrieb verwendet wurden.
Aus diesem Grund stellen die genannten Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen dar, weshalb deren Anschaffungskosten einerseits im Wege der Absetzung für Abnutzung als Betriebsausgaben zu berücksichtigen und andererseits als begünstigte Wirtschaftsgüter geeignet sind, den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag zu erhöhen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Fall die Sachverhaltsermittlung im Vordergrund stand und sich die an die ermittelten Sachverhaltsfeststellungen knüpfenden rechtlichen Folgen bereits aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen ergeben, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 7 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 10 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar [65. Lfg 2017] § 4 Abs. 4 EStG Rz 1 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102194.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
FAAAC-27312