NoVA- und KfzSt-Pflicht, nicht widerlegte Standortvermutung
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/16/0044. Zurückweisung hinsichtlich Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer 01-06/2015 mit Beschluss vom , hinsichtlich Normverbrauchsabgabe 09/2014 mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ort, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum September 2014 und Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume Juli bis Dezember 2014 und Jänner bis Juni 2015 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum September 2014 wird abgewiesen.
Der Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Juli bis Dezember 2014 wird stattgegeben. Der Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Juli bis Dezember 2014 wird aufgehoben.
Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Jänner bis Juni 2015 wird abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt die Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum September 2014 in Höhe von EUR 472,01, die Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Juli bis Dezember 2014 in Höhe von EUR 274,43 und die Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Jänner bis Juni 2015 in Höhe von EUR 411,64 fest. Begründend führte das Finanzamt jeweils unter Verweis auf § 82 Abs. 8 KFG aus, dass die Beschwerdeführerin Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges Subaru Legacy mit dem amtlichen Kennzeichen 0000 (Deutschland) sei, der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin in Österreich gelegen sei und das Fahrzeug mindestens seit in Österreich verwendet werde.
In ihrer Beschwerde vom wendete die Beschwerdeführerin zusammengefasst ein, dass der dauernde Standort des Fahrzeuges in Deutschland sei und die Normverbrauchsabgabe und die Kraftfahrzeugsteuer zu hoch bemessen seien. Wertschätzungslisten bei Fahrzeugen über 12 Jahre seien nicht mehr anzuwenden, der Händlereinkaufswert habe bei maximal EUR 800,- gelegen. Zum Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung sei das Fahrzeug teilweise defekt gewesen. Der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin habe sich zu keinem Zeitpunkt in Österreich befunden, dies trotz des Umstandes, dass sie von 2011 bis 2015 ihren Hauptwohnsitz in ö_Ort gehabt habe. Sie habe ihren deutschen Hauptwohnsitz in d_Adresse_1. Ab 2014 habe die Beschwerdeführerin lediglich ihren teilweise in ö_Ort aufhältigen Ehegatten für kürzere Zeit besucht. Ihre ganze Familie, Kinder, Enkelkinder und Freunde befänden sich in Deutschland. Die Beschwerdeführerin sei in Österreich über ihren Ehegatten krankenversichert. Sie habe weder Einkommen noch Vermögen in Österreich und besitze ausschließlich eine deutsche Bankverbindung. Der Pkw Subaru Legacy mit dem amtlichen Kennzeichen 0000 (Deutschland) sei im Streitzeitraum vorwiegend in Deutschland verwendet worden und sei lediglich für Besuche des Ehegatten nach Österreich verbracht worden, dies niemals länger als vier Wochen ausschließlich in Österreich. Betankungen, Reparaturen, Wartung und Ersatzteilbeschaffung sei ausschließlich in Deutschland geschehen. Der Pkw sei am in Deutschland erstzugelassen worden, sie habe diesen 2010 von ihrem Sohn käuflich erworben. Schließlich beantragte die Beschwerdeführerin, "das Bundesfinanzgericht möge gemäß § 28 Abs. 2 und 3 erster Satz VwGVG die angefochtenen Bescheide aufheben, en eventu gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen und sodann gemäß § 28 Abs. 2 und 3 1. Satz VwGVG - gegebenenfalls nach berichtigter Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes - in der Sache selbst entscheiden und die angefochtenen Bescheide aufheben, in eventu die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 ABs. 3 VwGVG mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an die Behörde zurückverweisen".
Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für das Jahr 2014 dahin ab, dass die Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2014 mit EUR 205,82 festgesetzt wurde. Im übrigen wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Die Beschwerdeführerin beantragte am die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde diese Rechtssache der ursprünglich zuständigen Geschäftsabteilung abgenommen und jener der einschreitenden Richterin mit Wirkung zum übertragen.
Am fand die von der Beschwerdeführerin beantragte mündliche Verhandlung statt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt und Beweiswürdigung
Die Beschwerdeführerin war ausweislich des Zentralen Melderegisters von bis an der Adresse ö_Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet. Seit ist die Beschwerdeführerin an dieser Adresse mit Nebenwohnsitz gemeldet. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin, K, geboren am Datum, ist an dieser Adresse seit mit Hauptwohnsitz gemeldet. Aus dem Grundbuch ist ersichtlich, dass er seit dem Jahr 1997 Eigentümer der Wohnung ö_Adresse ist.
Die Beschwerdeführerin ist seit an der Adresse d_Adresse_1 (Deutschland) gemeldet (vgl. die Meldebestätigung des Einwohnermeldeamtes der Landeshauptstadt d_Ort_1 vom ).
Die Beschwerdeführerin ist nach ihren glaubwürdigen Angaben (vgl. Stellungnahme vom , Aussage in der mündlichen Verhandlung) ausschließlich in Österreich über ihren Ehegatten krankenversichert. Sie verfügt weder über einen österreichischen Mobilfunkanschluss noch eine Bankverbindung in Österreich.
Die Beschwerdeführerin war von bis Eigentümerin und Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges Subaru Legacy mit der Fahrgestellnummer Nr und dem amtlichen Kennzeichen 0000 (Deutschland). Dieses Fahrzeug hat eine Nennleistung von 121 kW. Das ergibt sich aus dem Finanzamt übermittelten Auszügen aus dem Zentralen Verkehrs-Informationssystem des deutschen Kraftfahrt-Bundesamtes und der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom .
Nicht erwiesen ist, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin in den Jahren 2014 und 2015 an ihrem (weiteren) Wohnsitz in der d_Adresse_1 (Deutschland) gelegen war. Die Beschwerdeführerin verfügte über das dort gelegene Ein-Zimmer-Apartment mit einer Größe von 50 m² aufgrund einer mündlich vereinbarten unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung durch Freunde (vgl. Stellungnahme vom ). "Die Beschwerdeführerin hält sich vorwiegend in dieser Wohnung in d_Ort_1 auf… Auch ihre Kinder wohnen in unmittelbarer Nähe bzw. in solch einer Entfernung, die leicht mit dem Bus erreicht werden kann." (vgl. Stellungnahme vom ). In der mündlichen Verhandlung gab die Beschwerdeführerin hingegen an, sie halte sich in d_Ort_1 in jenen Wohnungen auf, in denen sie gerade (zur Betreuung ihres Sohnes bzw. Enkelkindes) gebraucht werde.
Unzweifelhaft hat die Beschwerdeführerin enge persönliche Beziehungen zu ihren erwachsenen Söhnen und ihrem 2014 geborenen Enkelkind, welche nach ihren Angaben in d_Ort_1 leben und die sie zeitweise unterstützt und betreut. Die engsten persönlichen Bindungen bestehen jedoch zum eigenen Ehepartner. Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung angegeben, es habe in ihrer Ehe zwischen 2004 und 2009 eine Krise gegeben, aufgrund derer sie und ihr Ehegatte sich eine Auszeit genommen hätten und während derer sie sich in d_Ort_1 und ihr Ehegatte sich in Österreich aufgehalten hätten. Diese Krise sei zwischenzeitlich behoben, seit 2016 bzw. 2017 gehe es wieder bergauf. Damit in Einklang steht der Zeitpunkt der Hauptwohnsitzmeldung der Beschwerdeführerin und auch ein bei den vorgelegten Verwaltungsakten befindlicher Zeitungsausschnitt vom April 2011, aus dem hervorgeht, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte bei einer Ausstellung in ö_Ort eigene Werke zur Schau gestellt haben. In der mündlichen Verhandlung gab die Beschwerdeführerin an, sie habe ihren Hauptwohnsitz in Österreich im Jahr 2015 umgemeldet, da sie sich "von den Behörden verfolgt" gefühlt habe.
Der als Zeuge benannte Ehegatte der Beschwerdeführerin ist seiner Ladung zur mündlichen Verhandlung unter Vorlage eines ärztlichen Attestes, welches ihm "Verhandlungsunfähigkeit für die nächsten 6 Monate" bescheinigt, nicht gefolgt. Es wurden neben dem ärztlichen Attest zwei von ihm unterfertigte, mit bzw. datierte "Eidesstättige Erklärungen" vorgelegt, in denen er angibt, die Besuche der Beschwerdeführerin seien "touristischer Natur mit häufigen Überschreitungen der Grenze nach Deutschland" gewesen und das Fahrzeug der Beschwerdeführerin habe sich "zu Zeiten ihrer Anwesenheit in ö_Ort niemals länger als 8-10 Tage in Österreich" befunden.
Bei seiner Vernehmung durch Organe der Finanzpolizei am gab der Ehegatte der Beschwerdeführerin noch an, dass die Beschwerdeführerin bei ihm in Österreich wohne. Diese zeitnahe Aussage ist - auch vor dem Hintergrund der Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung - glaubwürdiger als die Ausführungen in den beiden im Jahr 2021 verfassten Erklärungen.
Die Angaben zu den Aufenthalten in Österreich bzw. Deutschland in den Jahren 2014 und 2015 ergeben kein eindeutiges Bild. So habe sich die Beschwerdeführerin "ab 2014 ständig zur Unterstützung ihrer Schwiegertochter in Deutschland" aufgehalten und ihren Ehegatten für kürzere Zeit besucht, das Fahrzeug sei dabei nicht länger als vier Wochen in Österreich verblieben (Beschwerdevorbringen). Sie sei früher nur dreimal pro Jahr in Österreich gewesen, inzwischen vier- bis fünfmal, wobei die Aufenthalte zwei bis drei Wochen gedauert hätten; im Oktober und November 2014 sei sie nicht in Österreich gewesen, sondern nur im Dezember 2014 (Angaben in der mündlichen Verhandlung). Das Fahrzeug habe sich zu Zeiten der Anwesenheit seiner Ehegattin nie länger als 8-10 Tage in Österreich befunden (Angaben des Ehegatten in der Erklärung vom ). Es stimmen nicht einmal die aktenkundigen Angaben der Ehegatten über die jeweilige Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin überein.
Die drei übrigen als Zeugen benannten Personen sind trotz Aufforderung an die Beschwerdeführerin, diese zur mündlichen Verhandlung stellig zu machen, nicht erschienen. In der mündlichen Verhandlung gab die Beschwerdeführerin den Verzicht auf die Einvernahme der Zeugin A bekannt und beantragte, die übrigen Zeugen "im Rechtshilfeweg" zu vernehmen. Da das Bundesfinanzgericht das persönliche Erscheinen der Zeugen für erforderlich erachtet (§ 173 Abs. 1 BAO) und die Beschwerdeführerin darauf in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, erweist sich eine Einvernahme der Zeugen im Rechtshilfeweg nicht als geboten, zumal mit der Beschwerde Kopien von Erklärungen aller drei Personen vorgelegt wurden, in denen diese in allgemein gehaltener Formulierung einen überwiegenden Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Deutschland in den Jahren 2014 und 2015 bestätigen. Die Beweiskraft dieser Bestätigungen erachtet das Bundesfinanzgericht als gering, da konkrete Angaben über Aufenthaltszeiten der Beschwerdeführerin fehlen. Auch bleibt offen, wie die in dem etwa 35 km von d_Ort_1 entfernten Ort d_Ort_2 wohnhafte B eigene Wahrnehmungen zum überwiegenden Aufenthalt der Beschwerdeführerin machten konnte.
Aus vorgelegten Arztbriefen ist ersichtlich, das die Beschwerdeführerin am , , , und bei Ärzten in d_Ort_1 bzw. d_Ort_3 (Deutschland) zur Untersuchung bzw. in Behandlung war. Von 10.- war sie an der Universitätsklinik ö_Ort_2 in Behandlung (vgl. die Bestätigung vom ). Auch aus diesen Umständen lässt sich nicht zwingend ableiten, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin in Deutschland gelegen war.
Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung ein Konvolut an Rechnungen betreffend das verfahrensgegenständliche Fahrzeug vorgelegt. Diese sind datiert mit (lautend auf C, d_Adresse_2, d_Ort_1), (lautend auf ***Bf1***, PF 0107, d_Ort_4), (lautend auf ***Bf1***, d_Adresse_3, d_Ort_5), (lautend auf ***Bf1***, d_Adresse_2, d_Ort_1), (lautend auf ***Bf1***, d_Adresse_2, d_Ort_1), (lautend auf ***Bf1***, Schorlemerstraße 66, d_Ort_1), (lautend auf ***Bf1***, d_Adresse_2, d_Ort_1), (lautend auf C, Falsche Adresse, d_Ort_1), (lautend auf C, d_Adresse_4, d_Ort_1), (lautend auf ***Bf1***, d_Adresse_3, d_Ort_5), (lautend auf C, d_Adresse_4, d_Ort_1), (lautend auf ***Bf1***, PF 0107, d_Ort_4), (lautend auf C, d_Adresse_4, d_Ort_1), und (lautend auf ***Bf1*** ohne Adressnennung), (lautend auf C, d_Adresse_4, d_Ort_1), (lautend auf ***Bf1***, Schorlemerstraße 66, d_Ort_1), und (jeweils lautend auf ***Bf1***, d_Adresse_3, d_Ort_5), und und (jeweils lautend auf C, d_Adresse_4, d_Ort_1), (lautend auf ***Bf1***, d_Adresse_3, d_Ort_5) und schließlich (lautend auf C, d_Adresse_4, d_Ort_1). Zu den unterschiedlichen Rechnungsadressaten und verschiedenen Adressen gab die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung an, dass diese abhängig davon angeführt worden seien, wer das Auto zur Werkstatt gebracht habe. Die Adresse d_Adresse_4 in d_Ort_1 sei jene ihres Sohnes C. Die Adresse d_Adresse_2 sei ihr ehemaliger Hauptwohnsitz. Die Adresse d_Adresse_3 sei der (ehemalige) Wohnsitz ihres Sohnes D. Nachdem fast die Hälfte der Rechnungen auf C lautet und dessen Wohnadresse d_Adresse_4 besonders häufig aufscheint, ist glaubwürdig, dass er - wie auch die Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom angibt - das Fahrzeug mitbenutzt hat. Auch eine Mitbenutzung durch ihren Sohn D angesichts mehrerer Rechnungen, auf denen dessen Adresse genannt ist, ist glaubwürdig. Zum Ausmaß der Nutzung des Fahrzeuges durch die Söhne der Beschwerdeführerin hat diese jedoch kein Vorbringen erstattet. Zwei der Rechnungen lauten im übrigen auf den Namen der Beschwerdeführerin in Verbindung mit einer Postfachadresse in d_Ort_4 (Deutschland), das knapp 20 km vom österreichischen Wohnsitz entfernt liegt. Insgesamt sind die vorgelegten Reparaturrechnungen nicht geeignet, zweifelsfrei Aufschluss über den Mittelpunkt der Lebensinteressen bzw. den dauernden Standort des Fahrzeuges zu geben.
Die Beschwerdeführerin hat auch kein Vorbringen dazu erstattet, wann sie in welchem Ausmaß Fahrten mit dem Fahrzeug in Deutschland bzw. Österreich ausgeführt hat, zumal sie auch angibt, sie habe mit Freunden und Bekannten mitfahren (Angaben in der mündlichen Verhandlung) und Fahrzeuge ihres Sohnes bzw. Bruders (vgl. Stellungnahme vom ) mitbenützen können. Über Frage nach der auf dem Fahrzeug angebrachten österreichischen Jahres-Autobahnmaut-Vignette für das Jahr 2014 gab die Beschwerdeführerin an, die Vignette 2014 sei angeschafft worden, da sie damit die Brennermautkarte vergünstigt erwerben habe können. Sie sei ausschließlich im Jahr 2014 insgesamt viermal nach Italien bzw. Korsika gefahren.
Nicht erwiesen ist, dass das Fahrzeug einem bestimmten Ort außerhalb des österreichischen Bundesgebietes zuzuordnen wäre. Die Beschwerdeführerin bringt dazu nur vor, dass Fahrzeug "seinen ständigen Standort in Deutschland" habe (Beschwerde). Ihr Ehegatte gibt an: "Der Heimatstandort des o.g. Kfz war seit dem Erwerb ununterbrochen in Deutschland. …" (Erklärung vom ).
Nicht erwiesen ist, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung in Österreich im September 2014 einen Wert von EUR 800,- hatte. Die Beschwerdeführerin hat ihr diesbezügliches Vorbringen nicht belegt und erweist sich dieses im Verlauf des Verfahrens als widersprüchlich. So gab die Beschwerdeführerin an, "… dass das beschwerdegegenständliche Kfz schon lange Zeit nicht mehr verwendbar war und bereits im vorgeworfenen Zeitraum über erhebliche Defekte verfügte, weshalb immer wieder Reparaturen notwendig waren und längere Strecken fast nicht mehr bewältigbar waren. Zum jetzigen Zeitpunkt verfügen die Beschwerdeführerin und der Ehegatte über keinen Pkw mehr. Der dem Verfahren zugrundeliegende Pkw ist bereits seit längerer Zeit außer Betrieb." (Stellungnahme vom ). Nachdem die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung Reparaturrechnungen für das Fahrzeug bis ins Jahr 2020 vorgelegt hatte, relativierte sie ihr Vorbringen dahin, dass das Fahrzeug "damals" aufgrund eines Getriebeschadens nicht fahrtüchtig gewesen, aber repariert worden sei.
Dem gegenüber hat das Finanzamt den gemeinen Wert des Fahrzeuges anhand der Eurotax-Notierung geschätzt. Es ist grundsätzlich als schlüssiger und denkfolgerichtiger Schätzungsvorgang anzusehen, wenn bei Ermittlung des gemeinen Wertes eines Fahrzeuges vom in Österreich bestehenden Listenpreis ausgegangen wird. Es kommt darauf an, welcher Preis bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Diese Schätzungsmethode ist grundsätzlich zulässig (vgl. mwN) und entspricht der Verwaltungsübung. Die Beschwerdeführerin hat der Schätzung des Finanzamtes bloß die allgemeine, nicht belegte Behauptung entgegengehalten, dass bei Fahrzeugen über 12 Jahre Wertschätzungslisten nicht mehr anzuwenden seien und dass das Fahrzeug diverse Schäden aufgewiesen habe. Insgesamt ist kein Grund ersichtlich, vom Ergebnis der Schätzung des gemeinen Wertes aufgrund der Eurotax-Notierung abzuweichen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Festsetzung der Normverbrauchsabgabe)
Gemäß § 36 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen unter anderem des § 82 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen auf Straße mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) oder mit ihnen behördlich bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten (§§ 45 und 46) durchgeführt werden und sie weitere hier nicht interessierende Voraussetzungen erfüllen.
§ 82 Abs. 8 KFG 1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 26/2014 (mit Ablauf des in Kraft getreten) bestimmt: "Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung."
§ 1 Abs. 7 Meldegesetz 1991 lautet: "Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat."
Nach § 1 Z 3 lit b Normverbrauchsabgabegesetz 1991 (NoVAG) in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes BGBl. I 34/2010 unterliegt der Normverbrauchsabgabe - abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen - die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland. Als erstmalige Zulassung gilt unter anderem die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.
Abgabenschuldner sind nach § 4 Z 3 NoVAG im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre (§ 1 Z 3), der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO).
Gemäß § 201 Abs 1 BAO iVm Abs 2 Z 3 leg cit kann eine erstmalige Festsetzung einer Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabenpflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Die Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt der Verwendung des gegenständlichen Fahrzeuges in Österreich in Österreich ansässig. Sie hat ihren Hauptwohnsitz in Österreich gemeinsam mit ihrem Ehegatten bewohnt.
Die Beschwerdeführerin ist unstrittig Halterin und Verwenderin des gegenständlichen Fahrzeuges. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes orientiert sich dafür am Halterbegriff des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes. Halter ist danach jene Person, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug auszuüben (vgl. 9 Ob A 150/00z; ). Letzteres hat die Beschwerdeführerin nicht bestritten. Das gelegentliche Überlassen des Fahrzeuges an ihre Söhne ist Ausfluss eben dieser Verfügungsgewalt.
Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, dass sie das gegenständliche Fahrzeug im September 2014 erstmalig in Österreich verwendet hat. Daher wird gemäß § 82 Abs. 8 KFG vermutet, dass das gegenständliche Fahrzeug seinen dauernden Standort im Inland hat. Diese Rechtsvermutung ist einer Widerlegung zugänglich. Es obliegt der betreffenden Person, den Gegenbeweis zu erbringen, dass das Fahrzeug seinen dauernden Standort tatsächlich nicht im Inland hat ( mwN).
Die Beweislast trifft diesbezüglich allein die Beschwerdeführerin. Um diesen Gegenbeweis erbringen zu können, hat diese Person dabei von sich aus initiativ und umfassend darzulegen, aus welchen Gründen das Fahrzeug nicht als ein Fahrzeug mit dauerndem inländischem Standort anzusehen ist, und dafür auch die erforderlichen Beweise anzubieten (). Die Beweismittel für den Gegenbeweis sind unbegrenzt. Reine Behauptungen reichen ebenso wenig aus (Haller, Normverbrauchsabgabegesetz, § 1 Tz 128) wie eine bloße Glaubhaftmachung. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft in Fällen, in denen ein Sachverhalt mit Auslandsbezug entscheidungsrelevant ist, die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht (siehe Ritz, BAO, 6.A., Rz 10 ff zu § 115 mit Judikaturnachweisen).
Die Beschwerdeführerin hat entsprechend dem festgestellten Sachverhalt ihre Verfügungsmacht über das Fahrzeug von ihrem inländischen Hauptwohnsitz ausgeübt. Sie hat weder behauptet noch nachgewiesen, dass das Fahrzeug einem bestimmten Ort außerhalb des österreichischen Bundesgebietes zuzuordnen wäre. Sie hat keinen bestimmten Ort benannt, an dem sich der Standort des Fahrzeuges befunden hätte.
Die Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG wurde nicht durch einen Gegenbeweis widerlegt. Angesichts des Gesetzeswortlautes ("Gegenbeweis") genügt es nicht, eine überwiegende Verwendung in einem anderen Staat glaubhaft zu machen. Gelingt der Nachweis des dauernden Standortes in einem anderen Staat nicht, muss die Behörde bei gegebenen Voraussetzungen für den vermuteten dauernden Standort im Inland nicht das überwiegende Verwenden im Inland nachweisen. Dieses wird dann von § 82 Abs. 8 KFG vermutet (UFS RV/0077-I/04; ; Haller, Normverbrauchsabgabegesetz 2017, § 1 Tz 127 und 128).
Da das Fahrzeug (unstrittig) im Inland verwendet wurde und gemäß § 36 KFG im Inland zum Verkehr zuzulassen gewesen wäre, ist der Tatbestand des § 1 Z 3 lit. b NoVAG dem Grunde nach verwirklicht. Mit dem erstmaligen Verbringen des gegenständlichen Fahrzeuges am ist die Steuerschuld gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG entstanden. Da die Beschwerdeführerin Verwenderin und Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges ist, ist sie gemäß § 4 Z 3 NoVAG Abgabenschuldnerin.
Die Beschwerdeführerin hat entgegen der Bestimmung des § 11 Abs. 1 NoVAG keine Normverbrauchsabgabe selbst berechnet und entrichtet, sodass deren Festsetzung in Anwendung des § 201 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 BAO erfolgen konnte. Die Einwendungen gegen die vom Finanzamt ermittelten Bemessungsgrundlage erwiesen sich nicht als stichhaltig. Einwendungen gegen die Höhe der festgesetzten Abgaben hat die Beschwerdeführerin nicht erhoben. Daher war die Beschwerde abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II (Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Juli bis Dezember 2014)
Auch das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 (KfzStG 1992) knüpft an die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland und daran an, dass das Fahrzeug zum Verkehr zuzulassen gewesen wäre. Da das Fahrzeug widerrechtlich im Inland verwendet wurde (§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992), ist die Steuerpflicht dem Grunde nach entstanden. Die Beschwerdeführerin als Verwenderin des Fahrzeuges ist gemäß § 3 Z 2 KfzStG 1992 Schuldnerin der Kraftfahrzeugsteuer. Die widerrechtliche Verwendung begann gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 nach Ablauf eines Monates nach der erstmaligen Verwendung im Bundesgebiet, somit im Oktober 2014. Aufgrund der widerrechtlichen Verwendung im Inland ab September 2014 hätte die Beschwerdeführerin die Kraftfahrzeugsteuer für das vierte Kalendervierteljahr 2014 berechnen und abführen müssen.
Da die Beschwerdeführerin entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 3 KfzStG 1992 die Kraftfahrzeugsteuer für die Dauer der widerrechtlichen Verwendung nicht selbst berechnet und entrichtet hat, war deren Festsetzung in Anwendung des § 201 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 BAO für das vierte Kalendervierteljahr 2014 dem Grunde nach zulässig. Die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für das dritte Kalendervierteljahr 2014 ist hingegen rechtswidrig. Da das Finanzamt die Kraftfahrzeugsteuer für das dritte und vierte Kalenderjahr zusammengefasst festgesetzt hat (§ 201 Abs. 4 BAO), erweist sich der Festsetzungsbescheid insgesamt (aus formalen Gründen) als rechtswidrig (vgl. ).
Zu Spruchpunkt III (Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Jänner bis Juni 2015)
Die Beschwerdeführerin hat auch im Zeitraum Jänner bis Juni 2015, somit in den ersten beiden Kalendervierteljahren des Jahres 2015, das Fahrzeug widerrechtlich in Österreich verwendet. Sie hat zwar im Jänner 2015 ihren Hauptwohnsitz in Österreich zum Nebenwohnsitz umgemeldet und dies damit begründet, dass sie sich von den Behörden verfolgt gefühlt habe. Sie hat aber nicht vorgebracht, dass sich dadurch in ihren tatsächlichen Lebensumständen Änderungen ergeben hätten.
Die Beschwerdeführerin als Verwenderin des Fahrzeuges ist gemäß § 3 Z 2 KfzStG 1992 Schuldnerin der Kraftfahrzeugsteuer. Die widerrechtliche Verwendung dauerte im Zeitraum Jänner bis Juni 2015 weiter an, weshalb die Beschwerdeführerin die Kraftfahrzeugsteuer für das erste und zweite Kalendervierteljahr berechnen und abführen hätte müssen.
Da die Beschwerdeführerin entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 3 KfzStG 1992 die Kraftfahrzeugsteuer für die Dauer der widerrechtlichen Verwendung nicht selbst berechnet und entrichtet hat, war deren (gemäß § 201 Abs. 4 BAO zusammengefasste) Festsetzung in Anwendung des § 201 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 BAO für das erste und zweite Kalendervierteljahr 2015 dem Grunde nach zulässig.
Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer ist bei Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen die um 24 Kilowatt verringerte Leistung des Verbrennungsmotors (§ 5 Abs. 1 Z 2 lit. a KfzStG), somit ein Ausgangswert von 97 kW. Insofern die Beschwerdeführerin Einwendungen gegen die Höhe der festgesetzten Kraftfahrzeugsteuer unter Hinweis auf Alter und Zustand des Fahrzeuges erhebt, gehen diese ins Leere.
Zu Spruchpunkt IV. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Diesem Erkenntnis liegen im wesentlichen Sachverhaltsfragen zugrunde. Die rechtliche Würdigung folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 |
Verweise | 9 Ob A 150/00z |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100001.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at