Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 07.04.2021, RV/7101376/2018

Zurückweisung eines Vorlageantrages, weil die Beschwerdevorentscheidung nicht rechtswirksam ergangen ist

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Jahre 2009 bis 2012, Steuernummer ***Bf1StNr1***, beschlossen:

I. Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm § 264 Abs. 4 lit. e der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 idgF. (BAO) als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin war in den Streitjahren 2009 bis 2012 zu 51% an der GmbH beteiligt.

Im Zuge einer die Streitjahre umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurden verdeckte Ausschüttungen festgestellt; diese wurden im Ausmaß ihrer Beteiligung der Beschwerdeführerin zugerechnet. Die Kapitalertragsteuer wurde mit Bescheiden vom direkt der Beschwerdeführerin vorgeschrieben.

Mit Schriftsatz vom wurde gegen diese Bescheide Beschwerde erhoben und ausgeführt, die Begründung der Kapitalertragsteuerbescheide verweise auf die bei der GmbH stattgefundene Betriebsprüfung. Es werde daher auf das im Beschwerdeverfahren der GmbH erstattete Vorbringen verwiesen.

Der Beschwerde gegen die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer 2009 könne jedoch schon jetzt stattgegeben werden. Selbst wenn die in Form eines Sicherheitszuschlages vorgenommene Gewinnerhöhung rechtens wäre, sei der Schluss von unbaren Formverstößen auf zahlungswirksame Zuwendungen an die Gesellschafter unzulässig. Da die Kapitalertragsteuer 2009 (anders als 2010) nur auf den Sicherheitszuschlag gestützt werde, dieser aber keine bare Komponente enthalte, sei insoweit eine verdeckte Ausschüttung an die Gesellschafter auszuschließen. Es werde diesbezüglich auf die Judikatur verwiesen, wonach ein Aufwand, der zwar nachweislich getätigt worden, aber steuerlich nicht abzugsfähig sei, zwar eine Gewinnerhöhung, aber keine Ausschüttung des Mehrergebnisses an die Gesellschafter bedeute (, 0099).

Außerdem sei die Zurechnung auch der Höhe nach unrichtig: Der Sicherheitszuschlag habe bei der Gesellschaft laut Tz 4 des Bp-Berichts jeweils nur € 10.000,00 brutto betragen, bei der verdeckten Ausschüttung würden aber € 12.000,00 angesetzt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und nach Zitat der Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, der Begriff der verdeckten Ausschüttung umfasse alle nicht ohne weiteres als Ausschüttung erkennbaren Zuwendungen an die an einer Körperschaft unmittelbar oder mittelbar Beteiligten, die zu einer Minderung der Einkünfte der Körperschaft führen und die der Körperschaft fremd gegenüberstehenden Personen nicht gewährt würden.

Im Zuge der Außenprüfung bei der GmbH seien die Eingangsrechnungen der Firmen ***1*** GmbH und ***2*** GmbH als reine Schein- bzw. Deckungsrechnungen klassifiziert worden. 50% des geltend gemachten Aufwandes seien im Schätzungswege als Aufwand anerkannt worden. Die restlichen 50% seien als verdeckte Ausschüttung an die Gesellschafter beurteilt worden.

Im Vorlageantrag verwies der steuerliche Vertreter auf den im Beschwerdeverfahren der GmbH erstatteten Vorlageantrag und führte ergänzend aus, die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer hätte richtigerweise an die GmbH erfolgen müssen, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Empfänger der Kapitalerträge nur ausnahmsweise in Anspruch genommen werde. Ein solcher Ausnahmefall sei nicht behauptet und auch nicht schlüssig dargetan worden. Weder der Bp-Bericht noch die Beschwerdevorentscheidung würden Aussagen zu den subjektiven Voraussetzungen enthalten.

Im Übrigen sei die Beschwerdevorentscheidung nicht wirksam ergangen, weil die Zustellung an den steuerlichen Vertreter erfolgt sei, obwohl die Zustellvollmacht mit Schreiben vom zurückgezogen worden sei. Das Original der Beschwerdevorentscheidung liege zum Nachweis, dass es nie in den persönlichen Einflussbereich der Beschwerdeführerin gelangt sei, bei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin verfügt seit nicht mehr über eine Zustellbevollmächtigung.

Die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung vom betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Jahre 2009 bis 2012 wurde an die Beschwerdeführerin zu Handen ihres steuerlichen Vertreters zugestellt.

Die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung kam der Beschwerdeführerin nicht im Original zu.

Der steuerliche Vertreter brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den im vorgelegten Verwaltungsakt befindlichen Unterlagen und hinsichtlich des Umstandes, dass der Beschwerdeführerin die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung nicht im Original übermittelt wurde, auf der Aussage des steuerlichen Vertreters. Dieser hatte zum Nachweis seiner Angaben das Original der als Beschwerdevorentscheidung intendierten Erledigung dem Finanzamt als Beilage zum Vorlageantrag übermittelt.

Rechtliche Würdigung

Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung)

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Gemäß § 264 Abs. 4 lit e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen, durch Zustellung.

Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 (ZustG), ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen, soweit in der BAO - für den Beschwerdefall unerheblich - nicht anderes bestimmt ist.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Zustellmängel sind Rechtswidrigkeiten beim Zustellvorgang oder auf der Zustellverfügung. Solche Mängel liegen unter anderem bei Verletzungen des ZustG vor (vgl. Ritz, BAO6, § 7 ZustG Tz 3).

§ 7 ZustG ist anwendbar, wenn die Zustellverfügung an eine Person X zu Handen einer anderen Person Y lautet, Y zugestellt wurde und der nicht zustellungsbevollmächtigte Y das Schriftstück an X weiterleitet, weil es nach der Zustellverfügung auch für X bestimmt ist (vgl. Ritz, aaO Tz 4 und die dort wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Ein tatsächliches Zukommen im Sinne des § 7 ZustG setzt voraus, dass die Empfängerin tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstückes kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes des Schriftstückes beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht (vgl. Ritz, aaO Tz 7, und die dort angeführte Literatur und Judikatur).

Die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung ist von der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin zu Handen ihres steuerlichen Vertreters adressiert worden, der jedoch im Zeitpunkt der Zustellung über keine Zustellvollmacht mehr verfügte. Diese Erledigung war auch für die Beschwerdeführerin und nicht nur für ihren steuerlichen Vertreter bestimmt. Wäre sie der Beschwerdeführerin tatsächlich im Original zugekommen, dann wäre der Zustellmangel gemäß § 7 ZustG damit auch saniert worden (vgl. ; sowie ).

Da der steuerliche Vertreter aber die an ihn - trotz Fehlens einer Zustellvollmacht - gerichtete, als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung nicht im Original an die Beschwerdeführerin übermittelt hat, konnte der Zustellmangel auch nicht gemäß § 7 ZustG geheilt werden. Mangels rechtswirksamer Zustellung konnte daher die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung keine Rechtswirksamkeit gegenüber der Beschwerdeführerin entfalten.

Unabdingbare Voraussetzung eines Vorlageantrages ist, dass die Abgabenbehörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat (vgl. Ritz, BAO6, § 264 Tz 6, und die dort zitierte Judikatur). Wurde ein Vorlageantrag eingebracht, obwohl - wie im vorliegenden Fall - keine Beschwerdevorentscheidung rechtswirksam zugestellt wurde, so ist er als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO6, § 264 Tz 17).

Da die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung des Finanzamtes vom nicht rechtswirksam zugestellt wurde, war der Vorlageantrag vom als unzulässig zurückzuweisen.

Gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde beantragt wird.

Der Senat kann gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO ungeachtet eines Antrages (§ 274 Abs. 1 Z 1 BAO) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260 BAO).

Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter und hat nach § 274 Abs. 1 BAO eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so ist gemäß § 274 Abs. 5 BAO u.a. auch § 274 Abs. 3 BAO sinngemäß anzuwenden.

Im Hinblick darauf, dass das Verwaltungsgeschehen bereits ohne die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung geklärt werden konnte, und ein Eingehen auf die Beschwerdegründe mangels Erfüllung der Formalvoraussetzungen des Vorlageantrages dem erkennenden Gericht noch nicht möglich ist, konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung eines unzulässigen Vorlageantrages unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorlageantrages der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101376.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at