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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2021, RV/5200034/2016

Altlastenbeitrag für Baurestmassen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***SenV***, den Richter ***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes ***ZA*** vom , Zahl: ***000***, betreffend Altlastenbeitrag in der Sitzung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I.) Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid des Zollamtes ***ZA*** vom , Zahl: ***000***, wurde dem Beschwerdeführer (Bf.) einen Altlastenbeitrag für das erste Quartal 2014 in der Höhe von 1.288,00 Euro gemäß §§ 3 Abs. 1 lit. c), 6 Abs. 1 Z. 1 lit b) und 7 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) in Verbindung mit § 201 BAO zur Entrichtung vorgeschrieben.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Im Februar 2014 habe der Bf. auf einer näher bezeichneten Liegenschaft eine Maschinenhalle und ein Stallgebäude abgebrochen und den dabei anfallenden Betonabbruch mit einem Volumen von 70 m3 im zweiten Quartal 2014 an Ort und Stelle wieder eingebaut.
Die Baurestmassen seien auf ihre Umweltverträglichkeit untersucht worden und in einem Sachverständigengutachten sei festgestellt worden, dass die untersuchten Baurestmassen (Betonabbruch) der Qualitätsklasse C zuzuordnen seien und daher als Deponiebaustoff oder in einschlägig vorbelasteten Bereichen (Bereichen mit vergleichbarer Hintergrundbelastung ) eingebaut werden dürften.
Die gutachterliche Feststellung, wonach das untersuchte Material trotz der erheblichen Vorbelastung dort verwendet werden könne, wo es angefallen sei bzw. in Bereichen mit ähnlicher Hintergrundbelastung wiedereingebaut werden könne, widerspreche jedoch dem Bundesabfallwirtschaftsplan 2011 (Kapitel 7.14. Baurestmassen). Das Material hätte vielmehr auf eine Deponie zur Ablagerung verbracht werden müssen bzw. innerhalb des Deponiekörpers als Baumaterial verwendet werden dürfen.
Eine Geländeverfüllung mit Baurestmassen, welche bloß die Qualitätsklasse C aufweisen würden, sei nicht zulässig und führe zu einer Beitragspflicht nach dem Altlastensanierungsgesetz.
Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. c ALSAG unterliege das Verfüllen von Geländeunebenheiten mit Abfällen, also auch der Einbau an Ort und Stelle, dem Altlastenbeitrag.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Der Bf. brachte darin im Wesentlich vor, dass die verfahrensgegenständlichen Baurestmassen durch den Sachverständigen ***SV***, auf ihre Umweltverträglichkeit untersucht worden seien. In Punkt 7. (Befund) des Sachverständigengutachtens vom heiße es, das geprüfte Material halte nur mehr den Grenzwert für Ammonium und Nitrit der Qualitätsklasse C ein und könne somit nur mehr als Deponiebaustoff ab Baurestmassendeponie oder in einschlägig vorbelasteten Bereichen verwendet werden. Eine Verwendung des Materiales erscheine dort möglich, wo bereits derartige Hintergrundbelastungen vorherrschen würden bzw. standorttypisch seien.
Zusätzlich sei das abgebrochene Gebäude vor 1955 erbaut worden.
Nach telefonischer Rücksprache mit dem Sachverständigen und dem Bezirksabfallverband ***BAV***, die den Bf. auf den Punkt 7. des oben angeführten Sachverständigengutachtens vom hingewiesen hätten und den Einbau der Baurestmassen bestätigt hätten, habe der Bf. dies auch so durchgeführt.
Der Bf. habe daher nach zwei eingeholten mündlichen Bestätigungen gemäß dem Sachverständigengutachten gehandelt, sodass er keinen Grund dafür sehe, der Vorschreibung des Altlastenbeitrages Folge zu leisten.

Das Zollamt wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom stellte der Bf. einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Mit der fristgerechten Einbringung dieses Vorlageantrags gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Mit Vorlagebericht vom legte das Zollamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die hier gegenständliche Rechtssache infolge Versetzung des Berichterstatters in den Ruhestand der bisher zuständig gewesenen Senatsgerichtsabteilung abgenommen und der nunmehr ausgewiesenen Senatsgerichtsabteilung zugeteilt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. hat im Februar 2014 auf dem Grundstück Nr. ***EZ***, eine Maschinenhalle und ein Stallgebäude abgebrochen und die dabei angefallenen Baurestmassen im Ausmaß von 140 Tonnen im Zuge der Errichtung eines Auszugshauses im zweiten Quartal 2014 an Ort und Stelle wieder eingebaut.

Das Abbruchmaterial wurde vor dem Einbau auf die Umweltverträglichkeit untersucht. Dem Gutachten des allgem. beeid. u. gerichtl. zertif. Sachverständigen ***SV*** vom , GZ: ******, zufolge sind die untersuchten Baurestmassen der Qualitätsklasse "C" zuzuordnen.
In Punkt 7. (Befund) des genannten Sachverständigengutachtens heißt es:
"Das geprüfte Material hält nur mehr den Grenzwert für Ammonium und Nitrit der Qualitätsklasse C ein und kann somit nur mehr als Deponiebaustoff ab Baurestmassendeponie oder in einschlägig vorbelasteten Bereichen verwendet werden. Eine Verwendung des Materiales erscheint dort möglich, wo bereits derartige Hintergrundbelastungen vorherrschen bzw. standorttypisch sind.
…"

Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind,und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (z.B. ; ; ; ).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und sind insbesondere hinsichtlich der Menge des Materials, des Zeitpunktes der Geländeverfüllung/Geländeanpassung und des Veranlassers der beitragspflichtigen Tätigkeit unbestritten. Für das Bundesfinanzgericht bestehen auch keine Zweifel an den Feststellungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom , GZ: ******, wonach die untersuchten Hochbaurestmassen der Qualitätsklasse "C" zuzuordnen sind.

Der unter Punkt 1. angeführte Sachverhalt ergibt sich sohin aus den vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen des Bf. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

1. Rechtslage und rechtliche Erwägungen:

Gemäß § 274 Abs. 1 Z. 1 lit. b BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung u.a. dann stattzufinden, wenn es im Vorlageantrag beantragt wird.

Parteierklärungen sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d.h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl. ).

Im Vorlageantrag beantragte der Bf. "eine mündliche Verhandlung und/oder die Entscheidung durch den Senat".

Aufgrund dieser unklaren Formulierung ersuchte das Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom , der Bf. möge diese Anträge präzisieren, anderenfalls gehe das Bundesfinanzgericht davon aus, dass er mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sei.

In seinem Schreiben vom erklärte daraufhin der Bf., "seine persönliche Anwesenheit könne, müsse aber nicht sein, außer es wären hier einige Unklarheiten beim Verfahren oder seine Eindrücke wären entscheidend beim Urteilsverlauf".

Der Bf. hat somit zum Ausdruck gebracht, dass er nur dann die Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt, wenn "Unklarheiten im Verfahren" bestünden oder "seine Eindrücke" für die Entscheidung bedeutsam wären. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht wurde somit unter einer Bedingung gestellt.

Ein wesentlicher Zweck einer mündlichen Verhandlung liegt darin, dass in ihr der Sachverhalt auf dem Verhandlungsweg, im Gespräch oder in Rede und Gegenrede erörtert oder geklärt wird. Mit seinem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hält der Bf. offenkundig die Durchführung einer mündlichen Verhandlung dann für erforderlich, wenn "Unklarheiten im Verfahren" bestünden oder seine Eindrücke entscheidungsrelevant wären.

Damit wird die Durchführung der Verhandlung von künftigen Ereignissen im weiteren Verfahrensablauf, etwa in der Verhandlung selbst, abhängig gemacht und hiedurch ein dem Verfahren abträglicher Schwebezustand herbeigeführt (vgl. ). Dies spricht für die Annahme, dass die Beantragung der mündlichen Verhandlung als unter einer Bedingung vorgenommene Prozesshandlung unwirksam ist.
Im Übrigen wurde dem Bf. ausreichend Gelegenheit gegeben, seinen Antrag zu erklären und zu präzisieren, und somit seine Rechtsverteidigungsmöglichkeiten zu wahren.

Der Senat hält es im vorliegenden Fall daher für vertretbar, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen, weil im Übrigen auch keine "Unklarheiten" im Verfahren bestehen und dem Bf. mit Schreiben vom Gelegenheit gegeben wurde, zu den Sachverhaltsannahmen Stellung zu nehmen und damit auch seine Sichtweise und "Eindrücke" darzustellen.

Gemäß § 2 Abs. 4 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), BGBl. I Nr. 102.

Gemäß § 2 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1. AWG 2002 sind im Sinne dieses Bundesgesetzes "Altstoffe"
a) Abfälle, welche getrennt von anderen Abfällen gesammelt werden, oder
b) Stoffe, die durch eine Behandlung aus Abfällen gewonnen werden, um diese Abfälle nachweislich einer zulässigen Verwertung zuzuführen.

Für die Feststellung, dass es sich bei der Sache um Abfall iSd § 2 Abs. 1 AWG handelt, genügt es, wenn entweder der subjektive Abfallbegriff oder der objektive Abfallbegriff als erfüllt anzusehen ist.
Zur Erfüllung des objektiven Abfallbegriffes iSd § 2 Abs.1 Z.2 AWG 2002 reicht nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. ; ) die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG aus. Es kommt nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist.

Baurestmassen weisen ein erhöhtes Schadstoffpotential im Vergleich zu Primärrohstoffen auf, welches eine Sammlung, Lagerung und Behandlung des Abfalls erforderlich macht (objektiver Abfallbegriff). Der objektive Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG 2002 ist im konkreten Fall erfüllt, weil aufgrund des erhöhten Gefährdungspotentials die Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse geboten ist.

Soweit eine Verordnung gemäß Abs. 2 oder eine Verordnung gemäß Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle nicht anderes bestimmt, gelten gemäß § 5 Abs. 1 AWG 2002 Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden. Im Falle einer Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne von § 2 Abs. 5 Z 6 ist das Ende der Abfalleigenschaft mit dem Abschluss dieses Verwertungsverfahrens erreicht.

Für Baurestmassen und aus diesen hergestellte Produkte - im vorliegenden Fall Material für eine Geländeverfüllung/Geländeanpassung - hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa ; , 2010/07/0065) zur Rechtslage vor der Geltung der AWG-Novelle 2010 ausgesprochen, dass es nach dem Wortlaut des Gesetzes zur Beendigung der Abfalleigenschaft noch nicht ausreicht, dass die Altstoffe die in § 5 Abs. 1 AWG 2002 bezeichnete (produktähnliche) Qualität aufweisen. Entscheidend sei vielmehr die Tatsache, dass die Altstoffe bzw. die aus ihnen gewonnenen Stoffe tatsächlich in dieser Beschaffenheit "verwendet" werden.

Die Aufbereitung von Baurestmassen zu Recyclingbaustoffen bestimmter Qualitäten führt noch nicht das Abfallende der Baurestmassen herbei. Dies wird erst durch deren unmittelbaren Einsatz als Baustoff bewirkt. Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend bewirkt nämlich lediglich der Einbau bzw. die Verbauung eine Verwendung "unmittelbar als Substitution" im Sinne des § 5 Abs. 1 AWG.
Der Verwaltungsgerichtshof begründet die Sachgerechtigkeit einer derartigen Auslegung dieser Bestimmung damit, dass Baurestmassen nach ihrer Aufbereitung nicht generell für den Wiedereinbau, also nicht für jeden Zweck, dem das ursprüngliche Material gedient hatte, eingesetzt werden, sondern deren Einsatzmöglichkeit von der konkreten herkunfts- und kontaminationsbedingten Qualität des jeweiligen Materials abhängt.

Im Erkenntnis vom , 2012/10/0086, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass diese Judikatur zur Rechtslage vor der AWG-Novelle 2010 für Baurestmassen und aus diesen hergestellte "Recyclingprodukte" auch im Geltungsbereich des AWG 2002 idF der AWG-Novelle 2010 (BGBl. I Nr. 9/2011) gilt.

Unter der Voraussetzung, dass es sich hierbei auch um eine zulässige Verwendung gehandelt hätte, hätte aber somit im vorliegenden Fall das Abfallende frühestens erst mit dem Einbau eintreten können. Vor dem Einsatz als Baustoff und somit zum Zeitpunkt des Einbaus war das verwendete Material daher jedenfalls Abfall.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG idF BGBl. I Nr. 71/2003 unterliegen dem Altlastenbeitrag das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.

Das verfahrensgegenständliche Material wurde zu einer Geländeverfüllung im Zuge des Neubaus eines Auszugshauses im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. c ALSAG verwendet und unterliegt daher grundsätzlich der Altlastenbeitragspflicht. Eine Ausnahme für mineralische Baurestmassen bestimmt § 3 Abs. 1a Z. 6 ALSAG.

Gemäß der zuletzt angeführten Bestimmung sind von der Beitragspflicht ausgenommen mineralische Baurestmassen, wie Asphaltgranulat, Betongranulat, Asphalt/Beton-Mischgranulat, Granulat aus natürlichem Gestein, Mischgranulat aus Beton oder Asphalt oder natürlichem Gestein oder gebrochene mineralische Hochbaurestmassen, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben ist, und diese Abfälle im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z. 1 lit. c verwendet werden.

Nach der Rechtsprechung des VwGH legt schon der Wortlaut ein Verständnis dieser Ausnahme dahingehend nahe, dass es auf den konkreten Zeitpunkt der Verwendung ankommt, in dem zum einen ein Qualitätssicherungssystem vorliegen und zum anderen die Zulässigkeit der Verwendung gegeben sein muss. Die Beitragsfreiheit soll eben nur besonders qualifizierten (umweltverträglichen) Materialien zu Gute kommen ().

Bereits im Zeitpunkt des Einbaus von Baurestmassen muss das in § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG geforderte Qualitätssicherungssystem gegeben sein. Ein solches Qualitätssicherungssystem umfasst eine Ablauforganisation, Verantwortlichkeiten, Abläufe, Verfahren und Mittel zur Verwirklichung des Ziels der Garantie gleichbleibender Qualität. Es beinhaltet auch Vorgaben zur Eingangskontrolle, Eigen- und Fremdüberwachung, Aufzeichnungspflichten sowie gegebenenfalls zur Kennzeichnung als Information für Anwender. Das Qualitätssicherungssystem selbst, dessen Inhalt und Bestandteile sind weder im Altlastensanierungsgesetz noch in einer anderen Rechtsvorschrift näher definiert. Dieses System muss geeignet sein, die geforderte Gewährleistung gleichbleibender Qualität durch Maßnahmen organisatorisch oder technischer Art entsprechend abzusichern. Die Regelungen des Bundes-Abfallwirtschaftsplans stellen technische Vorschriften dar und haben den Charakter eines Regelwerks mit der Wirkung eines objektivierten, generellen Gutachtens, das gegebenenfalls durch ein fachliches Gegengutachten widerlegt werden kann (, unter Hinweis auf , sowie ).

Die im Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2011 (BAWP 2011) enthaltenen Vorgaben betreffend die Umweltverträglichkeit (Qualitätsbestimmungen - d.h. Qualitätsklassen und Mindestanforderungen betreffend umwelttechnische Einsatzbereiche) von Recycling-Baustoffen bilden für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum den Stand der Technik ab.

Nach dem für den maßgeblichen Einbauzeitraum, d.h. im zweiten Quartal 2014, festgestellten Stand der Technik bestanden für den Einbau von Recyclingmaterial folgende zulässige Einsatzmöglichkeiten:

In Kapitel 7.14. Baurestmassen, auf Seite 271 des BAWP 2011 heißt es:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"Tabelle 3: Qualitätsklassen: Einsatzbereiche für Recycling-Baustoffe
Anwendungsform
hydrologisch sensibles Gebiet
hydrologisch weniger sensibles Gebiet
innerhalb des Deponiekörpers4)
ungebunden ohne Deckschicht1)
Qualitätsklasse A+
Qualitätsklassen2) A+, A
Qualitätsklassen A+, A, B, C
ungebunden mit Deckschicht oder in gebundener Form ohne/mit Deckschicht1)
Qualitätsklassen3) A+, A
Qualitätsklassen A+, A, B
Qualitätsklassen A+, A, B, C
Als Zuschlagstoff für Asphalt oder Beton
Qualitätsklassen A+, A, B
Qualitätsklassen A+, A, B
Qualitätsklassen A+, A, B, C

1) Als Deckschichten gelten bindemittelgebundene Schichten (Asphaltbelag, Betonbelag), welche die Durchsickerung des gesamten Recycling­Baustoffs mit Niederschlägen verhindert.
2) Bis zu einer maximalen Schichtdecke von 2 m und einer maximalen Kubatur von 20.000 m3 können auch Recycling­Baustoffe anderer Qualitätsklassen eingesetzt werden, sofern die Grenzwerte der Qualitätsklasse A nur im Parameter Sulfat bis maximal 4.500 mg/kg TS überschritten werden.
3) Im Falle der Anwendung mit Deckschicht können auch Recycling­Baustoffe anderer Qualitätsklassen eingesetzt werden, sofern die Grenzwerte der Qualitätsklasse A nur im Parameter Sulfat bis maximal 4.500 mg/kg TS überschritten werden.
4) Nur bei Deponien für nicht gefährliche Abfälle, sofern der Einsatzbereich von der Deponiesickerwassersammlung erfasst ist.

Bei der Qualitätsklasse C handelt es sich um Recycling-Baustoffe, die für bautechnische Zwecke innerhalb einer Deponie(unter)klasse für nicht gefährliche Abfälle Verwendung finden können (ungeachtet der gesetzlichen Bestimmungen zur Abführung eines Altlastensanierungsbeitrages) unter der Voraussetzung der bautechnischen Notwendigkeit und Eignung, im erforderlichen Ausmaß sowie bei entsprechender Genehmigung einschließlich planerischer Darstellung (z.B. genehmigte und planlich dargestellte Randwälle, im Deponieprojekt angeführte Drainageschichten für das Basisentwässerungssystem). Nicht als bautechnische Zwecke gelten Deponiestraßen und Ausgleichsschichten.
Bei der Herstellung der Recycling-Baustoffe ist durch ein Qualitätssicherungssystem eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Das Qualitätssicherungssystem umfasst die Aufbauorganisation, Verantwortlichkeiten, Abläufe, Verfahren und Mittel zur Verwirklichung der Qualitätsziele und beinhaltet auch Vorgaben zur Eingangskontrolle, zur Eigen- und Fremdüberwachung, zu Aufzeichnungspflichten sowie zur Kennzeichnung als Information für Anwender."

Nach dem vorliegenden Sachverständigengutachten vom war das verfahrensgegenständliche Abbruchmaterial aufgrund der Messwerte für Ammonium und Nitrit der Qualitätsklasse "C" zuzuordnen. Es handelte sich sohin um Baurestmassen, die nach dem im Einbauzeitraum geltenden Stand der Technik im Sinne der Vorgaben des BAWP 2011 für bautechnische Zwecke (lediglich) innerhalb einer Deponie für nicht gefährliche Abfälle Verwendung finden konnten.

Auch der Verwaltungsgerichtshof ging im Zusammenhang mit dem Einsatz von Baurestmassen von der fachlichen Relevanz des Inhalts des BAWP aus. Die Einsatzmöglichkeit von Baurestmassen hängt von der konkreten und kontaminationsbedingten Qualität des jeweiligen Materials ab. Dazu kann auf die Kriterien des BAWP zurückgegriffen werden. Von der Qualität der Baurestmassen hängt die Altlastenbeitragspflicht ab. Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Regelungen im BAWP technische Vorschriften darstellen, die den Charakter eines Regelwerks mit der Wirkung eines objektivierten, generellen Gutachtens haben, das gegebenenfalls durch ein fachliches Gegengutachten widerlegt werden kann (vgl. mwH auf die höchstgerichtliche Judikatur).

Das Bundesfinanzgericht konnte daher den Ausführungen im Sachverständigengutachten, dass das geprüfte Material in einschlägig vorbelasteten Bereichen verwendet werden könne und eine Verwendung des Materiales dort möglich erscheine, wo bereits derartige Hintergrundbelastungen vorherrschen bzw. standorttypisch seien, nicht folgen, weil diese Auffassung nicht dem oben dargestellten und im BAWP 2011 abgebildeten Stand der Technik hinsichtlich der zulässigen Einsatzmöglichkeiten von Recyclingmaterial entspricht.

Selbst ein Nachweis der Umweltverträglichkeit der verwendeten Materialien könnte nicht das zwingende Tatbestandselement eines erforderlichen Qualitätssicherungssystems des § 3 Abs. 1a Z. 6 ALSAG ersetzen (). Bereits im Zeitpunkt des Einbaus muss das geforderte Qualitätssicherungssystem gegeben sein ().

Die untersuchten Baurestmassen wiesen die Qualitätsklasse "C" auf und es konnte daher (lediglich) eine gesichert gleichmäßige Qualität der Klasse "C" für den Einbau nachgewiesen werden. Ein Qualitätssicherungssystem im Sinne des § 3 Abs. 1a Z. 6 ALSAG für eine "höhere Qualitätsklasse", etwa "B" oder "A" lag im Beschwerdefall nicht vor.

Um einen gefahrlosen Einbau sicherzustellen, hätte daher unabhängig davon, ob es sich im vorliegenden Fall um ein hydrogeologisch sensibles oder weniger sensibles Gebiet handelt, je nach Anwendungsform (Einsatz in gebundener/ungebundener Form mit/ohne Deckschicht) jedenfalls Material, welches hinsichtlich der Qualitätsklasse "A" oder der Qualitätsklasse "B" qualitätsgesichert war, eingebaut werden dürfen. Nachweislich wurden aber vom Bf. Baurestmassen der Qualitätsklasse "C" eingebaut, sodass vom Bestehen einer systematischen Qualitätssicherung im erforderlichen Ausmaß nicht ausgegangen werden kann.

Mangels eines bereits im Zeitpunkt des Einbaus der verfahrensgegenständlichen Baurestmassen vorliegenden Qualitätssicherungssystems konnte im Beschwerdefall die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG nicht zur Anwendung gelangen.

Der Bf. ist als Veranlasser der beitragspflichtigen Tätigkeit Beitragsschuldner gemäß § 4 Z. 3 ALSAG.

Gemäß § 7 Abs. 1 ALSAG entsteht die Beitragsschuld im Fall der Beförderung von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die Beförderung begonnen wurde, bei allen übrigen beitragspflichtigen Tätigkeiten mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen wurde.
Nach den unbestrittenen Feststellungen des Zollamtes erfolgte der Einbau der Baurestmassen auf dem in Rede stehenden Grundstück im zweiten Quartal 2014, sodass die Beitragsschuld mit Ablauf des zweiten Quartals 2014 entstand.

Gemäß § 5 ALSAG ist die Bemessungsgrundlage die Masse des Abfalls entsprechend dem Rohgewicht.
Im Beschwerdefall blieb die vom Zollamt ermittelte Abfallmenge von 140 Tonnen unbestritten.

Die Höhe des Beitrags beträgt gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 ALSAG 9,20 Euro je angefangener Tonne, sodass sich somit ein Altlastenbeitrag in der Höhe von 1.288,00 Euro ergibt.

Gemäß § 9 Abs. 2 ALSAG hat der Beitragsschuldner spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag)des auf das Kalendervierteljahr (Anmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonateseine Anmeldung beim Zollamt einzureichen, in der er den für den Anmeldungszeitraum zu entrichtenden Beitrag selbst zu berechnen hat. Die Anmeldung gilt als Abgabenerklärung. Der Beitragsschuldner hat den Beitrag spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist (§ 201 Abs. 1 BAO).

Gemäß § 201 Abs. 2 Z. 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird.

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Die Festsetzung der Selbstberechnungsabgabe nach § 201 BAO erfolgte in Abwägung von Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Billigkeitsgründe wurden vom Bf. nicht geltend gemacht.
Unter Bedachtnahme auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass weder nach der Aktenlage noch nach dem bisherigen Vorbringen sachliche oder in der Person des Bf. liegende Umstände vorliegen, die gegen eine Festsetzung sprechen, ist die angefochtene Vorschreibung des Altlastenbeitrages daher ermessensgerecht.

Aus den dargelegten Erwägungen war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das BFG konnte sich bei den erheblichen Rechtsfragen, insbesondere zu den Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes, auf die in den rechtlichen Erwägungen des Erkenntnisses wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig, da bei der Beurteilung der Frage des Vorliegens eines Qualitätssicherungssystems von den dazu vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Grundsätzen nicht abgewichen wurde und zudem die einzelfallbezogene rechtliche Beurteilung keine über den Beschwerdefall hinausgehende Bedeutung aufweist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 2 Abs. 4 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 3 Abs. 1a Z 6 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5200034.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at