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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.04.2021, RV/7500225/2021

Verspäteter Einspruch gegen Strafverfügung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Müller-Dobler MBA MSc über die Beschwerde von ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl MA67/Zahl1/2018, wegen Verspätung zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer (Bf.) wurde mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt Wien, MA 67-Parkraumüberwachung, vom , Zahl MA67/Zahl1/2018, angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am um 13:23 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1090 Wien, Garnisongasse 5 abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben, da die Parkzeit überschritten worden sei. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Auf Grund der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz wurde über den Bf.eine Geldstrafe in der Höhe von 60,00 Euro, und im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden, verhängt.

In der Rechtsmittelbelehrung zur Strafverfügung ist ausgeführt:

"Sie haben das Recht gegen diese Strafverfügung Einspruch zu erheben. Der Einspruch ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung schriftlich oder mündlich bei der Magistratsabteilung 67, 1200 Wien, Dresdner Straße 81-85 einzubringen. … Sie können sich im Einspruch rechtfertigen und die Ihrer Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. …"

Gemäß aktenkundiger Formularabfertigung (Akt S 17) wurde die Strafverfügung am an die (damalige) Adresse des Bf. in Adr1 gesendet (Versandprofil RSb) und nach einem erfolglosen Zustellversuch bei der zuständigen Postgeschäftsstelle hinterlegt, wo sie zur Abholung bereitgehalten und nicht behoben wurde.

Die belangte Behörde setzte das Verfahren fort in dem sie am eine Mahnung an den Bf. erließ. Der Bf. wurde mit der Mahnung noch einmal aufgefordert, den Gesamtbetrag idHv € 65,00 (offene Forderung inkl. Mahngebühren gem. § 54 b Abs.1a VStG per ) unverzüglich zu bezahlen.

Die Mahnung wurde ohne Zustellnachweis zugestellt und der geforderte Betrag wurde nicht einbezahlt.

Mit Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe vom zu obiger rechtskräftiger Strafverfügung vom , MA67/Zahl1/2018, wurde der Bf. aufgefordert binnen zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens bei der Landespolizeidirektion im dortigen Polizeianhaltezentrum anzutreten.

In der Aufforderung wurde Folgendes festgehalten: "Da Grund zur Annahme besteht, dass die Geldstrafe uneinbringlich ist, muss nunmehr die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden. Gegen diese Aufforderung ist kein Rechtsmittel zulässig. Wenn Sie diese Aufforderung nicht befolgen, müssen Sie damit rechnen, dass Sie zum Strafantritt zwangsweise vorgeführt werden. Den Vollzug der Freiheitsstrafe können Sie dadurch abwenden, dass Sie die ausstehende Geldstrafe sofort nach Zustellung dieser Aufforderung begleichen. …"

Die Aufforderung wurde gemäß Übernahmebestätigung RSa (Akt S 33/59) dem Bf. persönlich am ausgefolgt.

Mit Mail vom (und von der belangten Behörde als Einspruch gegen die verfahrensleitende Strafverfügung vom gewertet) brachte der Bf. folgendes vor:
"Ich habe die Strafen (Anmerkung BFG, gemeint: die gegenständliche und zwei weitere nicht gegenständliche Strafen) aus dem Jahr 2018 erst jetzt, nach drei Jahren bekommen. Obwohl es so lange her ist habe ich Beweismittel und weiß noch ganz genau, dass ich an folgenden Tagen , und gearbeitet habe und nicht in Wien sein konnte. Ich will, dass Sie mir Beweismittel schicken, wo mein Auto mit dem Kennzeichennummer sichtbar ist, da ich nicht an genannten Tagen in Linz war. Es handelt sich umMA67/Zahl1/2018 (Anmerkung BFG: gegenständlich), MA67/Zahl2/2018, MA67/Zahl3/2018."

Mit Vorhalt (Verfahrensanordnung-Verspätungsvorhalt) des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom wurde dem Bf. mitgeteilt, dass das Rechtsmittel vom nach der Aktenlage als verspätet eingebracht erscheine, da die zweiwöchige Rechtsmittelfrist am abgelaufen sei. Die Strafverfügung sei nach einem erfolglosen Zustellversuch bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes Österreichische Post AG hinterlegt worden.
Grundsätzlich gelten hinterlegte Dokumente gem. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit dem ersten Tag der Abholfrist, dies sei der gewesen, als zugestellt. Der Bf. werde in diesem Zusammenhang um Bekanntgabe ersucht, ob er zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung nicht nur vorübergehend von der Abgabestelle abwesend gewesen sei und ob er insbesondere durch eine Reise, einen Urlaub oder einen Krankenhausaufenthalt gehindert gewesen sei, von der Zustellung Kenntnis zu erlangen.

Mit fristgerechter E-Mail vom führte der Bf. die drei vorgenannten GZen an und brachte vor:
"Zu dieser Zeit habe ich in Linz gewohnt und gearbeitet und das Auto mit dem Kennzeichen 123 habe ich für einige Wochen Herrn Herr, geboren am geb überlassen, da er damals neu in Österreich war und er das Auto nötiger hatte als ich. Aus dieser Zeit stammen noch weitere Strafen wie zB für Geschwindigkeitsüberschreitung, welche er natürlich selbst beglichen hat. Da die oben genannte Strafe erst jetzt, nach drei Jahren ankam, und ich keinen Kontakt mehr mit Herr habe, möchte ich Sie bitten, dass Sie Kontakt mit ihm aufnehmen um selbst die Strafen zu begleichen."

Mit hier gegenständlichem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom , wurde der Einspruch des Bf. vom gegen die Strafverfügung vom gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wegen Verspätung zurückgewiesen.

Der Bf. erhob mit E-Mail vom fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Zurückweisung des Einspruches gegen die Strafverfügung und brachte wörtlich vor:
"Laut Ihnen war mein Einspruch vom verspätet. Hier möchte ich anführen, dass ich das erste Schreiben am erhalten habe, welches mit datiert war und es waren keine Mahngebühren angeführt, da der Brief das erste Schreiben an mich war. Daraufhin habe ich sofort reagiert, erstmal telefonisch und danach schriftlich, weil ich wusste, dass ich in dem angeführten Zeitraum nicht in Wien war. Damit habe ich meinen Einspruch rechtzeitig erhoben."

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung:

§ 49 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. Nr. 620/1995 lautet wie folgt:

"(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung zu vollstrecken."

Gemäß Formularabfertigung (Akt S 17) wurde die Strafverfügung am an die (damalige) Adresse des Bf. in Ebenhochstraße 28/2/9, 4020 Linz, versendet (Versandprofil RSb) und nach einem erfolglosen Zustellversuch bei der zuständigen Postgeschäftsstelle hinterlegt, wo sie zur Abholung bereitgehalten und nicht behoben wurde.

Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 idF BGBl. I Nr. 5/2008, gelten beim Postamt hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt.

In § 17 Abs. 3 dritter Satz Zustellgesetz ist weiters normiert:

"Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."

Zur Abholbereitschaft:

Das Ergebnis, dass die Abholung (sohin das Erhalten) nicht mehr zur Zustellung gehört, lässt sich zwingend aus dem Normzweck ableiten. Der Normzweck besteht darin, sicherzustellen, dass behördliche Verfahren auch dann weitergeführt werden können, wenn hinterlegte und zur Abholung bereit gehaltene Schriftstücke den Empfänger (etwa mangels Abholung) gar nicht erreichen. Denn stellte man darauf ab, dass die Zustellung erst dann bewirkt wäre, wenn das Schriftstück dem Empfänger zugekommen ist, läge bei nicht abgeholten Schriftstücken regelmäßig ein Mangel nach § 7 Zustellgesetz vor, welcher mangels Zukommens an den Empfänger nie sanierbar wäre (vgl. ); ).

Will eine Behörde davon ausgehen, ein Dokument sei durch Hinterlegung zugestellt, so trifft sie von Amts wegen die Pflicht festzustellen, ob auch tatsächlich durch Hinterlegung eine Zustellung bewirkt wurde und ob nicht etwa der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. zB ). Daher ist das Parteiengehör zB vor Zurückweisung eines Rechtsmittels wegen Verspätung zu wahren (zB , 89/13/0277;, 94/10/0010).

Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde. Er macht Beweis über die Zustellung; ein Gegenbeweis ist nach § 292 Abs. 2 ZPO möglich (zB ; , 2004/16/0197; , NZ 2008, 151).

Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. ; , 95/19/0764).

Im konkreten Fall wurde der Bf. mit Vorhalt der belangten Behörde vom auf die verspätete Einbringung des Einspruches hingewiesen und ihm zur Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit gegeben, diesen Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen und innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Sollte der Bf. mit dem ersten Tag der Abholfrist, dies sei der gewesen, ortsabwesend gewesen sein und er aus diesem Grund einen Zustellmangel geltend machen, habe der Bf. innerhalb der gleichen Frist die Möglichkeit, diesen durch Belege (zB Reiserechnungen, Urlaubsbestätigung oder Bestätigung über einen Krankenhausaufenthalt) glaubhaft zu machen.

In seiner fristgerechten Stellungnahme vom führte der Bf. aus, er habe zu dieser Zeit in Linz gewohnt und gearbeitet. Wie im Sachverhalt bereits ausgeführt wurde die Strafverfügung an die (damalige) Adresse des Bf. nach Adr1 versendet (Versandprofil RSb) und bei der zuständigen Postgeschäftsstelle zur Abholung bereitgehalten.

Entsprechend der in § 17 Abs. 3 Zustellgesetz normierten Zustellfiktion ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Strafverfügung vom dem Bf. am (erster Tag der Abholfrist) ordnungsgemäß zugestellt wurde.

Die in § 49 Abs. 1 VStG normierte Einspruchsfrist begann daher am und endete mit Ablauf des .

Der Einspruch gegen die Strafverfügung wurde erst am eingebracht, sodass die Erlassung des angefochtenen Bescheides betreffend Zurückweisung dieses Einspruches wegen Verspätung zu Recht erfolgte.

Da im gegenständlichen Verfahren der Einspruch unstrittig nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist eingebracht wurde, ist das Einspruchsvorbringen, er habe an den Tagen , (= Ausstellungsdatum der gegenständlichen Strafverfügung) und gearbeitet, daher habe er nicht in Wien sein können, nicht weiter zu prüfen, zumal die Strafverfügung rechtskräftig und vollstreckbar geworden ist. Die Frage, ob die Behörde die Strafverfügung hätte erlassen dürfen oder nicht, ist dabei ebenso wenig zu prüfen wie etwaige Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe des Bf.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500225.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at