Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2021, RV/3100880/2018

Investitionsbedingter Gewinfreibetrag: Ausscheiden von Wrtschaftsgütern infolge höherer Gewalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, Josef Pichl Str 18, 6370 Kitzbühel, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel Lienz vom betreffend Einkommensteuer 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der im Jahr 1951 geborene Beschwerdeführer hat bis zum Jahr 2017 einen Gastronomiebetrieb geführt und erzielte daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Für die Jahre 2013 bis 2016 wurde vom Beschwerdeführer jeweils ein Gewinnfreibetrag gewinnmindernd geltend gemacht, damit in Zusammenhang stehend jeweils Wertpapiere angeschafft und im Jahr 2017 sodann eine Betriebsaufgabe erklärt. In der für das Jahr 2017 eingebrachten Einkommensteuererklärung wurden für die für die Jahre 2013 bis 2016 in Zusammenhang mit den geltend gemachten investitionsbedingten Gewinnfreibeträgen für die Jahre 2013 bis 2016 keine Gewinnerhöhungen zum Ansatz gebracht, mit der Begründung, dass die Betriebsaufgabe aufgrund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers erfolgt und somit infolge höherer Gewalt ausgelöst worden sei, weshalb ein gewinnerhöhender Ansatz gemäß § 10 Abs 5 letzter Satz EStG in Zusammenhang mit den angeschafften Wertpapieren unterbleiben könne.

Das Finanzamt folgte dieser Ansicht nicht und brachte im Einkommensteuerbescheid 2017 abweichend von der Erklärung Gewinnerhöhungen in Zusammenhang mit den geltend gemachten investitionsbedingten Gewinnfreibeträgen für die Jahre 2013 bis 2016 zum Ansatz. In der Bescheidbegründung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass in Bezug auf die Betriebsaufgabe im Jahr 2017 keine höhere Gewalt iSd § 10 Abs 5 letzter Satz EStG vorliegen würde, auch wenn der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers mitentscheidend für die Betriebsaufgabe gewesen sei, da er zum einen bereits seit die gesetzliche Alterspension beziehe und andererseits höhere Gewalt nur bei einer Erwerbsunfähigkeit in Betracht komme. Die geltend gemachten investitionsbedingten Gewinnfreibeträge der Jahre 2013 - 2016 in Höhe von insgesamt € 10.278,64 € seien daher im Zuge der Betriebsaufgabe nachzuversteuern.

In der mit Eingabe der steuerlichen Vertretung vom eingebrachten Beschwerde wurde eingewendet, dass gemäß § 10 Abs. 5 EStG eine Gewinnerhöhung lediglich bei Veräußerung bzw. bei Ausscheiden der Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen vor Ablauf der Frist vorgesehen sei, eine solche aber im Falle des Ausscheidens infolge höherer Gewalt unterbleiben könne. Der Beschwerdeführer habe nach einer seit längerem geplanten und im Jahr 2016 durchgeführten beidseitigen Knieoperation (künstliche Kniegelenke) feststellen müssen, dass entgegen dem ursprünglichen Vorhaben, den Betrieb noch für weitere 5 Jahre fortzuführen, aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen (anhaltende Schmerzen, rezidivierende Probleme durch die Arbeitsbelastung und schlechter Heilungsverlauf) nicht mehr möglich gewesen sei und er sohin gezwungen gewesen sei, (auch über ärztliches Anraten) den Betrieb einzustellen. Darüberhinaus würden sich die als begünstigte Wirtschaftsgüter im Sinne des § 10 Abs. 3 EStG 1988 angeschafften Wertpapiere weiterhin auf demselben Bankkonto befinden und seien nicht veräußert worden, weshalb keine Entnahme dieser aus dem Betriebsvermögen vorliege.

In der Begründung zur abweisenden Beschwerdevorentscheidung führte das Finanzamt aus, dass nach ständiger Rechtsprechung auch jene Fälle, in denen angeschaffte Wirtschaftsgüter nach Betriebsaufgabe im Privatvermögen weiter gehalten würden, eine Nachversteuerungspflicht nach § 10 Abs 5 EStG auslösen würden. Zu dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Judikat des Bundesfinanzgerichtes () wurde angemerkt, dass in dem diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Sachverhalt eine Erwerbsunfähigkeit nach § 133 Abs 2 GSVG des Beschwerdeführers festgestellt worden sei.

Mit Eingabe der steuerlichen Vertretung vom wurde sodann ein Vorlageantrag eingebracht und dazu ein Schreiben des Arztes, der die Knieoperation durchgeführt hat, vorgelegt. Nach dem Inhalt dieses Schreiben sei der Beschwerdeführer im September 2016 einer bilateralen Knietotalendoprothesenimplantation unterzogen worden und sei dem Patienten damals aus fachärztlicher Sicht angeraten worden, sein berufliches Belastungsprofil drastisch zu reduzieren. Die damalige berufliche Belastung mit 12-stündigen Arbeitstagen und langem Stehen sowie Tragen von Lasten sei für den Rehabilitationsverlauf nicht förderlich gewesen. Nachdem es zu rezidivierenden Problemen durch die Arbeitsbelastung gekommen sei, sei dem Patienten geraten worden, seine belastende Arbeit zu beenden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die für den Streitfall maßgebliche gesetzliche Bestimmung des § 10 EStG 1988 lautet auszugsweise wie folgt:

" (1) Bei natürlichen Personen kann bei der Gewinnermittlung eines Betriebes ein Gewinnfreibetrag nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewinnmindernd geltend gemacht werden…..

2. Der Gewinnfreibetrag beträgt:

- Für die ersten 175 000 Euro der Bemessungsgrundlage 13%,

- für die nächsten 175 000 Euro der Bemessungsgrundlage 7%

- für die nächsten 230 000 Euro der Bemessungsgrundlage 4,5%,

insgesamt somit höchstens 45 350 Euro im Veranlagungsjahr.

…………

3. Bis zu einer Bemessungsgrundlage von 30 000 Euro, höchstens daher mit 3 900 Euro, steht der Gewinnfreibetrag dem Steuerpflichtigen für jedes Veranlagungsjahr einmal ohne Investitionserfordernis zu (Grundfreibetrag).

4. Übersteigt die Bemessungsgrundlage 30 000 Euro, steht ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag insoweit zu, als er durch Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter gemäß Abs. 3 gedeckt ist.

5. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag kann für das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung begünstigter Wirtschaftsgüter (Abs. 3) geltend gemacht werden. Er ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung wird dadurch nicht berührt.

……..

(3) Begünstigte Wirtschaftsgüter im Sinne des Abs. 1 Z 4 sind:

1. Nicht unter Abs. 4 fallende abnutzbare körperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren, die inländischen Betrieben oder inländischen Betriebsstätten zuzurechnen sind, wenn der Betrieb oder die Betriebsstätte der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes eingesetzt werden, nicht einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte als zugerechnet.

2. Wohnbauanleihen, die dem Anlagevermögen eines inländischen Betriebes oder einer inländischen Betriebsstätte ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden, vorbehaltlich Abs. 5 Z 2 und Z 3. Wohnbauanleihen sind Wandelschuldverschreibungen, die von

  • Aktiengesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes über steuerliche Sondermaßnahmen zur Förderung des Wohnbaus, BGBl. Nr. 253/1993, in der jeweils geltenden Fassung, oder von

  • diesen vergleichbaren Aktiengesellschaften mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht,

ausgegeben worden sind und der Förderung des Wohnbaus in Österreich entsprechend den Vorschriften des Bundesgesetzes über steuerliche Sondermaßnahmen zur Förderung des Wohnbaus, BGBl. Nr. 253/1993, in der jeweils geltenden Fassung, dienen.

(5) Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden sie ins Ausland - ausgenommen im Falle der entgeltlichen Überlassung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes - verbracht, gilt Folgendes:

1. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag ist insoweit gewinnerhöhend anzusetzen. Der gewinnerhöhende Ansatz hat im Jahr des Ausscheidens oder des Verbringens zu erfolgen.

2. Im Fall des Ausscheidens von Wohnbauanleihen unterbleibt insoweit der gewinnerhöhende Ansatz, als im Jahr des Ausscheidens begünstigte Wirtschaftsgüter im Sinne des Abs. 3 Z 1, die die Voraussetzungen für den Freibetrag erfüllen, angeschafft oder hergestellt werden (Ersatzbeschaffung). Auf den Fristenlauf des angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgutes wird die Behaltedauer der ausgeschiedenen Wohnbauanleihe angerechnet. Die Frist kann jedoch nicht vor jenem Zeitpunkt enden, zu dem die Frist für die ausgeschiedene Wohnbauanleihe geendet hätte. Soweit Wirtschaftsgüter der Ersatzbeschaffung dienen, kann ein Freibetrag nicht in Anspruch genommen werden. Wirtschaftsgüter, die der Ersatzbeschaffung dienen, sind als solche im Verzeichnis gemäß Abs. 7 Z 2 auszuweisen.

3. Werden Wohnbauanleihen, für die ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wurde, vorzeitig getilgt, können zur Vermeidung einer Nachversteuerung anstelle begünstigter körperlicher Wirtschaftsgüter innerhalb von zwei Monaten nach der vorzeitigen Tilgung auch Wohnbauanleihen angeschafft werden (Wohnbauanleihenersatzbeschaffung). In den ersatzbeschafften Wohnbauanleihen setzt sich der Lauf der Frist gemäß Abs. 3 hinsichtlich der vorzeitig getilgten Wohnbauanleihen unverändert fort. Soweit Wohnbauanleihen der Ersatzbeschaffung dienen, kann ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag nicht in Anspruch genommen werden. Wohnbauanleihen, die der Ersatzbeschaffung dienen, sind im Verzeichnis gemäß Abs. 7 Z 2 als solche auszuweisen.

Im Falle des Ausscheidens eines Wirtschaftsgutes infolge höherer Gewalt oder behördlichen Eingriffs unterbleibt der gewinnerhöhende Ansatz.

(6) Im Falle der Übertragung eines Betriebes ist der gewinnerhöhende Ansatz (Abs. 5) beim Rechtsnachfolger dann vorzunehmen, wenn die Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist ausscheiden oder in das Ausland (Abs. 5) verbracht werden.

(7) Voraussetzungen für die Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages (Abs. 1 Z 4) sind:

1. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag wird in der Einkommensteuererklärung oder Feststellungserklärung an der dafür vorgesehenen Stelle ausgewiesen. Der Ausweis hat getrennt zu erfolgen für

- jenen Teil des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages, der durch körperliche Anlagegüter gedeckt ist, und

- jenen Teil des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages, der durch Wohnbauanleihen gedeckt ist.

2. Begünstigte körperliche Wirtschaftsgüter, die der Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages dienen, sind im Anlageverzeichnis bzw. in der Anlagekartei auszuweisen. Wohnbauanleihen sind für jeden Betrieb in einem gesonderten Verzeichnis auszuweisen. In diesen Verzeichnissen ist für jedes Wirtschaftsgut anzugeben, in welchem Umfang die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zur Deckung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages beitragen. Die Verzeichnisse sind der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen. Die Antragstellung oder eine Berichtigung der Verzeichnisse ist bis zur Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuerbescheides oder Feststellungsbescheides möglich."

Im streitgegenständlichen Fall sind die Wertpapiere, welche als begünstigte Wirtschaftsgüter im Sinne des § 10 Abs. 3 EStG angeschafft wurden, nach der erfolgten Betriebsaufgabe nach dem Beschwerdevorbringen auf dem "Bankkonto" belassen worden.

Dazu ist grundsätzlich vorweg darauf hinzuweisen, dass Wertpapiere, die als begünstigte Wirtschaftsgüter im Sinne des § 10 Abs. 3 EStG zur Inanspruchnahme eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrags angeschafft werden, unter Beachtung der Bestimmungen über Ersatzbeschaffungen gemäß § 10 Abs 5 Z 2 iVm Abs 3 Z 1 EStG, ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre dem Anlagevermögen des Betriebes gewidmet sein müssen.

Wird diese Behaltefrist nicht erfüllt, hat gemäß § 10 Abs 5 Z 1 EStG eine Nachversteuerung durch gewinnerhöhenden Ansatz des geltend gemachten Gewinnfreibetrages im Jahr des Ausscheidens der Wertpapiere aus dem Betriebsvermögen zu erfolgen. Durch eine Betriebsaufgabe bzw -veräußerung ohne Übertragung der Gewinnfreibetragswertpapiere gehen diese ins Privatvermögen des ehemaligen Betriebsinhabers über. Erfolgt dies innerhalb der Behaltefrist, hat sohin eine entsprechende Nachversteuerung zu erfolgen.

Die Möglichkeit, für die Anschaffung von Wertpapieren den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag steuerlich geltend zu machen, zeigt insbesondere iZm den Regelungen über die Ersatzbeschaffung die klare Absicht des Gesetzgebers, dadurch das Kapital des Betriebs für zukünftige Investitionen zu stärken. Erlischt die Verbindung zum Betriebsvermögen, kann dieser Zweck durch das Halten der Wertpapiere nicht mehr verfolgt werden (Mayer in BFG-Journal 2020, 240).

Was für das Ausscheiden von Wertpapieren durch Veräußerung gilt, kann darüberhinaus nach dem Telos der Regelung nicht anders sein, wenn der betriebliche Zusammenhang wegfällt, weil ein Betrieb aufgegeben wird oder ohne Wertpapiere übertragen wird. Mit der Betriebsaufgabe oder -veräußerung hat der Steuerpflichtige den betrieblichen Zusammenhang in Bezug auf die Wertpapiere gelöst und eine Disposition getroffen, für die das Gesetz die Konsequenz der Nachversteuerung vorsieht. Der gesetzliche vorgesehenen Behaltefrist würde jeder Sinn fehlen, wenn es einen Betrieb, dessen Kapital gestärkt werden könnte, nicht mehr gibt (Atzmüller in SWK/2017, 655ff).

Anlässlich der Aufgabe des Betriebes kommt es somit zwingend zum Ausscheiden von Wertpapieren aus dem Betriebsvermögen, für deren Anschaffung im Rahmen eines Betriebes der Freibetrag für investierte Gewinne bzw. der Gewinnfreibetrag gemäß § 10 EStG 1988 geltend gemacht worden ist und gehen diese in weiterer Folge in das Privatvermögen des ehemaligen Betriebsinhabers über. Erfolgt die Betriebsaufgabe innerhalb der Behaltefrist, kommt es daher zur Nachversteuerung, sofern die Betriebsaufgabe nicht ausnahmsweise auf höhere Gewalt oder behördlichen Eingriff zurückzuführen ist ( sowie ; .; Mühlehner in Hofstätter/Reichel, EStG 1988 Kommentar, Rz 8.2 zu § 10; Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, 12. Aufl. 2019 Rz 29 zu § 10).

Das Bundesfinanzgericht schießt sich deshalb im Ergebnis der bisherigen einheitlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes und den überwiegend gleichlautenden Literaturmeinungen an. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer nach dem Beschwerdevorbringen die Wertpapiere nach wie vor "exakt auf demselben Bankkonto behalten und nicht veräußert hat".

Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, dass die Betriebsaufgabe aufgrund des gesundheitlichen Zustandes erfolgt sei und daher die Wertpapiere aufgrund höherer Gewalt aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden seien, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe 66 Jahre alt war und bereits seit dem Jahr 2016 die gesetzliche Alterspension bezogen hat.

Auch wenn nach Ansicht der Finanzverwaltung keine Bedenken bestehen, eine Betriebsaufgabe aufgrund höherer Gewalt anzunehmen, wenn eine Betriebsaufgabe zwangsläufig durch den Tod des Steuerpflichtigen erfolgt (sofern der Betrieb nicht auf den Erben übergeht und dieser den Betrieb in freier Entscheidung aufgibt), kann nach Auffassung des Gerichtes aber bei einer Betriebsaufgabe nach Erreichen des gesetzlichen Pensionsantrittsalter nicht davon gesprochen werden, dass eine Betriebsaufgabe infolge höherer Gewalt erfolgt ist, auch wenn diese aus medizinischen Gründen indiziert war.

Darüberhinaus war bei Abgabe der Steuererklärung für das Jahr 2015 am bzw. für das Jahr 2016 am bereits absehbar bzw. bekannt, dass der Betrieb eingestellt wird bzw. bereits eingestellt war (im August 2017). Insoweit kann schon aus diesem Grund nicht von Vorliegen von höherer Gewalt gesprochen werden kann.

Weiters wurde dem Beschwerdeführer nach dem vorgelegten ärztlichen Schreiben aus fachärztlicher Sicht angeraten, nach Durchführung der Operation sein berufliches Belastungsprofil drastisch zu reduzieren, da die berufliche Belastung des Beschwerdeführers mit 12-stündigen Arbeitstagen und langem Stehen sowie Tragen von Lasten für den Rehabilitationsverlauf nicht förderlich sei. Sohin war aber letztlich für den Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Durchführung der Operation im September 2016 evident, dass die Fortführung des Betriebes (mit demselben Arbeitseinsatz des Beschwerdeführers) nicht mehr möglich sein wird.

Zudem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Aufnahme von Wertpapieren in den Kreis der begünstigten Wirtschaftsgüter für die Inanspruchnahme eines Freibetrages für investierte Gewinne nicht eine Pensionsvorsorge für den Unternehmer fördern wollte, sondern das Ansparen zur Finanzierung zukünftiger Investitionen (vgl. JAKOM/Kanduth-Kristen, EStG § 10 Rz 23 und die dort zitierte Lehre).

Zulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im Streitfall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, war die Revision nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100880.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at