Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.12.2020, RV/2100717/2015

§ 30 EStG idF vor BudBG 2011: Berechnung der Spekulationsfrist bei Vorliegen eines Optionsvertrages (Call Option)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.-Bf., vertreten durch A.A. WP u STB-Ges., Adr.-StB., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2011, Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2011 mit 44.365,00 Euro festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im Beschwerdejahr 2011 Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie aus sonstigen Einkünften.

Im Zuge der am eingebrachten Einkommensteuererklärung 2011 erklärte der Bf. unter sonstige Einkünfte, neben 211,20 Euro an Funktionsgebühren, einen Betrag iHv 1.544,27 Euro (Kz 801) als Einkünfte aus Spekulationsgeschäfte und einen Betrag iHv 106.723,82 Euro (Kz 802) als Einkünfte aus Veräußerung von Beteiligungen.

Die belangte Behörde erließ am den Einkommensteuerbescheid für 2011 erklärungsgemäß. Mit Bescheid gem. § 295a BAO vom wurde aufgrund einer Anpassung des geltend gemachten Kinderfreibetrags der Einkommensteuerbescheid 2011 geändert und wurde die Einkommensteuer mit 50.738,00 Euro statt bisher 49.476,00 Euro festgesetzt.

Der Bf. brachte durch seine steuerliche Vertretung mit Schreiben vom einen Antrag gem. § 299 BAO auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheids 2011 vom inkl. berichtigter Einkommensteuererklärung 2011 sowie eine Zeichnungsvereinbarung, datiert , eine Beteiligungsberechnung und einen Kontoauszug mit der Nr. xxx, ein. Zur Begründung des Antrags gem. § 299 BAO wurde ausgeführt, dass die Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen (§ 31 EStG idF vor BudBG 2011) auf Grundlage der eingereichten Einkommensteuererklärung mit 106.723,82 Euro festgesetzt worden seien, diese jedoch korrekterweise mit 82.844.61 Euro festzusetzten gewesen wären. Der Differenzbetrag in Höhe von 23.879,21 Euro lasse sich wie folgt erklären: Der Bf. sei in den Jahren 2009 - 2011 an der Z.Z. (folgend kurz ,,Z.Z. AG") als Aktionär bzw. atypisch stiller Gesellschafter beteiligt gewesen. Die Beteiligungen seien jeweils treuhändig von Investmentfirmen für den Bf. gehalten worden. Die atypisch stillen Beteiligungen seien mit Einbringungs- und Sacheinlagevertrag vom mit steuerlicher Rückwirkung zum gemäß Art. III UmgrStG in die Z.Z. AG eingebracht worden. Als Gegenleistung für die eingebrachten atypisch stillen Beteiligungen seien dem Bf. neue Stückaktien an der Z.Z. AG gewährt worden. Auch diese Aktien seien weiterhin treuhändig von Investmentgesellschaften gehalten worden. Mit Vertrag vom seien sämtliche vom Bf. (als Treugeber) gehaltenen Aktien an die X.Y.GmbH veräußert worden, wobei das Verpflichtungsgeschäft am ("Closing date") rechtswirksam geworden sei. Der daraus lukrierte steuerliche Gewinn sei hinsichtlich jener Aktien, die innerhalb der Spekulationsfrist veräußert worden seien sowie jener Aktien, die als Gegenleistung für die oben angeführte Einbringung gemäß Art. III UmgrStG erworben worden seien, steuerpflichtig. Der Veräußerungsgewinn hinsichtlich jener Aktien, die weder innerhalb der Spekulationsfrist veräußert noch im Zuge der Einbringung erworben worden seien, sei nicht steuerpflichtig gewesen. Dieser letztgenannte Gewinn in Höhe von 23.879,21 Euro sei jedoch irrtümlich in der ursprünglich eingereichten Steuererklärung 2011 unter den Einkünften aus der Veräußerung von Beteiligungen erfasst und auch erklärungsgemäß veranlagt worden. Da der Bf. jedoch zu keinem Zeitpunkt über 1% an der Z.Z. AG beteiligt gewesen sei, sei der Tatbestand gemäß § 31 EStG (idF vor BudBG 2011) nicht erfüllt worden und unterliege dieser Gewinn daher nicht der Einkommensteuer.
An diese Ausführungen schloss eine Tabelle über den Aktienerwerb und -verkauf an, wobei sich dieser verkürzt wie folgt darstellt:
Aktien "C-Runde": Erwerb / Verkauf : Veräußerungserlös 74.779,21 Euro; Anschaffungskosten 50.900,00 Euro; Gewinn 23.879,21 Euro; steuerpflichtig: nein
Aktien "D-Runde": Erwerb / Verkauf : Veräußerungserlös 7.243,27 Euro; Anschaffungskosten 5.699,00 Euro; Gewinn 1.544,27 Euro; steuerpflichtig: ja; Einkunftsart § 30 EStG
Aktien aus Einbringung: Erwerb / Verkauf : Veräußerungserlös 56.092,68 Euro; Anschaffungskosten -26.751,93 Euro; Gewinn 82.844,61 Euro; steuerpflichtig: ja; Einkunftsart § 31 EStG iVm § 20 UmgrStG
Als Nachweis, dass die Veräußerung der am angeschafften Aktien ("C-Runde") außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist gemäß § 30 EStG gelegen ist, übermittelte der Bf. die Zeichnungsvereinbarung, die Verkaufsabrechnung der Treuhandgesellschaft (= Q.Q.GmbH) sowie den Kontoauszug zum .

Die belangte Behörde richtete mit Schreiben vom ein Ergänzungsersuchen an den Bf., in welchem um folgende Dokumente und Informationen ersucht wurde: Beteiligungsvertrag vom samt Nachtrag; Treuhandvertrag vom 18. Dezember 200;, Vertrag vom ; Auskunft darüber, weshalb vom Bf. am 404 Stückaktien im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gezeichnet wurden sowie bzgl. der grafischen Darstellung des Aktienverkaufes, wie die am verkauften Aktien hinsichtlich ihrer Nämlichkeit (in "C-Runde", "D-Runde" und "Einbringungsfälle") unterschieden werden und in weiterer Folge die unterschiedlichen Verkaufspreise/Aktie von 185,10 Euro, 214,91 Euro und 157,46 Euro bei einheitlicher Veräußerung an die Fa. X.Y.GmbH und den jeweiligen Anschaffungskosten zugeordnet werden konnten.

Mit Antwortschreiben vom wurden die angeforderten Dokumente vorgelegt und teilte der Bf. durch seine steuerliche Vertretung zu den Fragen mit, dass btr. 404 Stück Aktien der Bf. die Aktien nicht im eigenen Namen gezeichnet habe, sondern dies treuhändig durch die Q.Q.GmbH erfolgte. Die Frage nach dem Grund des Erwerbes der Aktien sei nicht nachvollziehbar, er basiere auf einer Investitionsentscheidung des Bf. Betreffend die Zuordnung der Aktien zu den Kategorien ,,C-Runde", ,,D-Runde" und ,,Einbringungsfälle" sowie die Zuordnung der Veräußerungspreise pro Aktie sei anzumerken, dass es sich hierbei um jeweils unterschiedliche Aktienkategorien gehandelt habe. Es habe unterschiedliche Finanzierungsrunden in Form von Kapitalerhöhungen bei der Z.Z. AG gegeben. Die bei diesen Finanzierungsrunden ausgegebenen Aktien seien mit unterschiedlichen Vermögens- und Mitwirkungsrechten ausgestaltet gewesen, woraus sich auch die unterschiedlichen Veräußerungserlösansprüche ergeben hätten. Die Unterscheidung der Aktien habe auf Basis der unterschiedlichen Nummern, die den Stückaktien der einzelnen Finanzierungsrunden zugewiesen worden sein, vorgenommen werden können.

Die belangte Behörde nahm mit Bescheid vom das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2011 wieder auf, da die Voraussetzungen des Neuerungstatbestands im Anlassfall erfüllt seien, indem sich erstmals aus dem Anbringen des Abgabepflichtigen vom ergeben habe, welche konkreten Sachverhalte als "Spekulation" und als "Beteiligungsveräußerung" einbekannt worden seien. Erst durch die nähere Kenntnis dieser Umstände sei dem Finanzamt eine zutreffende Einordnung unter die rechtlichen Tatbestände möglich gewesen. Da weder die Auswirkungen der Wiederaufnahme geringfügig seien noch deren Verfügung als "unbillig" angesehen werden könne (die erforderlichen Berichtigungen seien sogar mit Anbringen vom beantragt worden), sei bei Ausübung des Ermessens der Rechtsrichtigkeit der Vorzug vor der Rechtsbeständigkeit einzuräumen gewesen.
Im am selben Tag erlassenen Einkommensteuerbescheid 2011 (neuer Sachbescheid) setzte die belangte Behörde die Einkünfte aus Spekulationsgeschäfte mit 84.388,88 Euro und die Einkommensteuer mit 62.283,00 Euro (bisher 50.738,00 Euro) fest.

In der zusätzlichen Bescheidbegründung btr. Wiederaufnahme des Verfahrens und des neuen Sachbescheids führte die belangte Behörde nach (auszugsweiser) Zitierung der zum Stichtag der Veräußerung der Aktien geltenden §§ 30, 31, 124b Z 185 lit. b EStG und § 20 UmgrStG aus, dass dem Antragsteller dahingehend beizupflichten sei, dass - außerhalb des von § 31 EStG a.F. geforderten Beteiligungsausmaßes - für den Verkauf von Aktien, die am angeschafft worden seien ("C-Runde"), kein Besteuerungstatbestand bestehe und dass die am erworbenen Aktien ("D-Runde") innerhalb der von § 30 Abs. 1 lit. b EStG normierten Jahresfrist spekulationsverfangen veräußert worden seien.
Hinsichtlich jener Aktien, die als Gegenleistung für die Einbringung einer atypisch stillen Beteiligung erworben und ebenfalls am verkauft worden seien, vertrete das Finanzamt jedoch eine abweichende Rechtsansicht: Zur Anwendung des § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, komme es nur, wenn sich die Möglichkeit der Besteuerung der stillen Reserven nicht schon aus den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes ergebe. Bei einer Veräußerung der für die Einbringung mit einem Stichtag vor dem erworbenen Anteile ergebe sich daher folgende Subsidiarität der zu prüfenden Tatbestände:
▪ Werden die erworbenen Anteile im Betriebsvermögen gehalten, sei die Veräußerung ein laufender Geschäftsfall und der Veräußerungsgewinn zähle zur jeweiligen betrieblichen Einkunftsart.
▪ Werden die erworbenen Anteile im Privatvermögen gehalten und innerhalb eines Jahres nach dem auf den Einbringungsstichtag folgenden Tag veräußert, liege ein Spekulationsgeschäft iSd § 30 EStG idF vor 1. StabG, BGBl. I Nr. 22/2012, vor.
▪ Werden die erworbenen Anteile im Privatvermögen gehalten und beträgt das Beteiligungsausmaß mindestens 1%, komme bei abgelaufener Spekulationsfrist § 31 EStG in der zuletzt gültig gewesenen Fassung zur Anwendung. Bei Veräußerung nach dem wären außerdem die Besonderheiten nach § 124b Z 185 lit. a) EStG zu beachten.
▪ Erst dann, wenn alle diese Möglichkeiten auszuschließen sind (und die Beteiligung weniger als 1% beträgt), könne § 20 Abs. 6 UmgrStG als Tatbestand in Betracht kommen.
Indem jedoch im Anlassfall die maßgebende Einbringung nach Art. III UmgrStG rückbezogen auf den erfolgt sei und die neuen Anteile mit dem Beginn des dem Einbringungsstichtag folgenden Tages als angeschafft zu gelten hätten (§ 20 Abs. 1 UmgrStG), sei die Spekulationsfrist zum Tag der Veräußerung () noch nicht abgelaufen gewesen. Es würden daher insoweit Einkünfte nach § 30 EStG in der für das Kalenderjahr 2011 geltenden Fassung vorliegen, die somit insgesamt mit folgendem Betrag zu ermitteln gewesen seien: 1.544,27 Euro aus "D-Runde"; 82.844,61 Euro aus Einbringung; gesamt 84.388,88 Euro.
Für Einkünfte aus (ehem.) Spekulationsgeschäften sei eine Progressionsermäßigung nicht anwendbar.
Die aufgrund eines Antrages nach § 299 BAO begehrten Änderungen seien im Rahmen einer amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO umgesetzt worden, weil einerseits ein Ausspruch über die Rechtswidrigkeit eines ergänzenden Bescheides gem. § 295a BAO, welcher lediglich über Kinderbetreuungskosten rechtskräftig erkannt habe, hinsichtlich der in ihm genannten Einkünfte nicht zielführend erschienen wäre und andererseits erst durch die mit Eingabe vom gewonnenen Informationen (insbesondere über das Datum der An- und Verkäufe, die Anschaffungskosten und Verkaufserlöse im Einzelnen) Unrichtigkeiten, die den ursprünglichen Bescheid vom betreffen, hervorgekommen seien.

In der Beschwerde, datiert , bei der belangten Behörde am eingegangen, beantragt der Bf. die Einkommensteuer für das Jahr 2011 in Höhe von 44.365,00 Euro anstatt wie bisher mit 62.283,00 Euro festzusetzen. Zur Begründung führt der Bf. aus:
"In der Bescheidbegründung betreffend den beschwerdegegenständlichen Einkommensteuerbescheid 2011 wird auf unser Anbringen vom verwiesen, in welchem wir beantragt haben, den Einkommensteuerbescheid 2011 vom gemäß S 299 BAO wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben und durch einen geänderten Sachbescheid zu ersetzen. Wie in unserem Schreiben vom erläutert, war unser Mandant zunächst an der Z.Z. AG als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt, wobei diese Beteiligungen treuhändig von der Y.Z.GmbH sowie der B.B.GmbH für unseren Mandanten gehalten wurden. Zum steuerlichen Stichtag hat unser Mandant seine atypisch stille Beteiligung an der Z.Z. AG gemäß Art III UmgrStG in die Z.Z. AG eingebracht. Als Gegenleistung hierfür wurden unserem Mandanten 656 neue Stückaktien der Z.Z. AG zugeteilt.
Darüber hinaus hat unser Mandant auch zusätzlich Aktien an der Z.Z. AG gehalten, die er am (,C-Runde') sowie am (,D-Runde') erworben hat. In unserem Schreiben vom führen wir an, dass unser Mandant seine Aktien mit Vertrag vom veräußert hat, wobei das Verpflichtungsgeschäft am rechtswirksam wurde.
Daher wurde vom Finanzamt in der Bescheidbegründung der Stichtag der Veräußerung sämtlicher Aktien mit angenommen. Daraus würde folgen, dass hinsichtlich jener Aktien, die zum erworben wurden (einbringungsgeborene Aktien), die Spekulationsfrist gemäß § 30 EStG (idF vor BudBG 2011) zum Veräußerungszeitpunkt noch nicht abgelaufen ist.
Genau dieser Schluss wird in der vorliegenden Bescheidbegründung gezogen und daher der Veräußerungsgewinn betreffend die einbringungsgeborenen Aktien der Besteuerung zum Progressionstarif gemäß § 33 EStG unterzogen.
Mit gegenständlicher Bescheidbeschwerde halten wir jedoch fest, dass es zwei unterschiedliche Veräußerungszeitpunkte betreffend die von unserem Mandanten gehaltenen Aktien gegeben hat. Dies wurde zugegebenermaßen in unserem Schreiben vom nicht klar genug dargelegt, weshalb wir dies wie folgt nachholen:
Wie der Abgabenbehörde bereits bekannt ist, veräußerten die Aktionäre der
Z.Z. AG ihre Aktien im Jahr 2011 an die X.Y.GmbH, FN xxx. Im Rahmen der Abwicklung der Transaktion wurde unterschieden zwischen den "normalen Aktien" und den (einbringungsgeborenen) Aktien, welche von den ehemals atypisch stillen Gesellschaftern gehalten wurden ("Silent partner shares"). Am wurde ein share purchase agreement (,SPA') abgeschlossen. Im Zuge dieses SPA wurden die ,normalen', nicht einbringungsgeborenen Aktien an die X.Y.GmbH veräußert. Weiters wurde im Rahmen dieses SPA der X.Y.GmbH eine Kaufoption betreffend die einbringungsgeborenen Aktien eingeräumt (,Purchaser Option Agreement'). Diese Kaufoption berechtigte die X.Y.GmbH zum Erwerb jener Aktien, die von den ehemals atypisch stillen Gesellschaftern gehalten wurden. Der Zeitraum, innerhalb dessen diese Kaufoption ausgeübt werden durfte, wurde vom bis vereinbart. Die Ausübung dieser Kaufoption erfolgte durch die Übermittlung einer sogenannten "Call Option-Exercise Notice". Diese Option wurde von der X.Y.GmbH betreffend die von unseren Mandanten (über die o.a. Treuhandgesellschaften) gehaltenen einbringungsgeborenen Aktien am ausgeübt. Daraufhin wurde am der Aktienkaufvertrag betreffend die einbringungsgeborenen Aktien (,Silent Partner Share Purchase Agreement') abgeschlossen.
Maßgebend für den Veräußerungszeitpunkt gemäß § 31 EStG (idF vor BudBG 2011) ist grundsätzlich der Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes. Bei Optionsgeschäften kommt das relevante Verpflichtungsgeschäft erst bei Ausübung der Option zustande (vlg. EStR Rz 6755 iVm Rz 6623).
Wie oben beschrieben, wurden im gegenständlichen Fall die Kaufoptionen am ausgeübt. Somit hat unser Mandant seine einbringungsgeborenen Aktien am und damit außerhalb der Spekulationsfrist gemäß S 31 EStG (idF vor BudBG 2011) veräußert.
Zur Dokumentation unserer Erläuterungen übermitteln wir Ihnen in der Anlage die relevanten
Auszüge aus den der Transaktion zugrundeliegenden Verträgen:
o Call Option-Exercise Notice (Ausübung der Kaufoption) vom
o Silent Partner Share Purchase Agreement (Aktienkaufvertrag betreffend die einbringungsgeborenen Aktien) vom .
Wir haben jene Stellen, die für die steuerrechtliche Beurteilung des beschwerdegegenständlichen Falls von besonderer Relevanz sind, farblich markiert.
Der Einkommensteuerbescheid 2011 ist daher dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Spekulationsgeschäfte 1.544,27 Euro (Veräußerungsgewinn der am angeschafften Aktien) und die Einkünfte gemäß § 31 EStG iVm § 20 Abs 6 UmgrStG 82.844,61 Euro (Veräußerungsgewinn der einbringungsgeborenen Aktien) betragen. Unter Berücksichtigung der Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und Absetzbeträge ergibt sich eine Einkommensteuer für das Jahr 2011 in Höhe von 44.365,00 Euro."

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab, da unter Anschaffung und Veräußerung iSd § 30 EStG die schuldrechtlichen, auf die Eigentumsübertragung ausgerichteten Rechtsgeschäfte zu verstehen gewesen seien. Für die Berechnung der Spekulationsfrist sei bzw. wäre daher der Zeitpunkt des Zustandekommens dieser schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte - insbesondere Kaufverträge - maßgeblich gewesen. Dem Bf. sei beizupflichten, dass auch ein Kaufanbot oder eine bloße Kaufoption noch keinen Anschaffungs- oder Veräußerungsvorgang bewirke. Dies ergebe sich aus der bloß einseitigen Bindung des Offerenten bzw. des Optionsgebers, der zwar bei schuldhafter Leistungsvereitelung schadenersatzpflichtig werde, dessen Leistung aber auf Grundlage der einseitigen Erklärung noch nicht erfolgreich eingefordert werden könne.
Das der belangten Behörde vorgelegte umfassende Vertragswerk ("Share Purchase Agreement", "Execution Version") sei jedoch seinem Inhalt nach schon zum Stichtag geeignet gewesen alle rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der beabsichtigten Veräußerung zu regeln. Nach fester Überzeugung der belangten Behörde liege damit, wenn nicht gar eine "Punktation", so doch jedenfalls ein typischer "Vorvertrag" iSd § 936 ABGB vor, der den Bindungswillen sämtlicher an den Rechtsgeschäften beteiligten Personen mit ausreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringe. Ein derartiges Vertragswerk löse aber bereits den maßgebenden Steuertatbestand aus. Insoweit, als die Vereinbarungen u.a. auch ein "Purchaser Option Agreement" beinhalten, sollte offenbar eine gewisse Koordination der von den Transaktionen berührten Gesellschaften, der bestehenden Treuhandschaften und, wie aus dem Hinweis auf § 880a ABGB geschlossen werden könne, der Interessen dritter Personen herbeigeführt werden. Dabei handle es sich tatsächlich nicht um einen noch einseitig fehlenden Bindungswillen, sondern um Maßnahmen zur Erleichterung der Abwicklung bei der Eigentumsübertragung. Die konkret gewählte Vorgehensweise scheine angloamerikanischem Rechtsverständnis zu folgen, wonach komplexe Wirtschaftstransaktionen üblicher Weise durch Zerlegung in Einzelschritte umgesetzt würden und mit einem "closing" oder "settlement", idR durch Übergabe der für den Eigentumserwerb entscheidenden Urkunden, enden. Der Begriff der "Option" werde dementsprechend auch nicht dem in Österreich gebräuchlichen Begriffsverständnis (als einseitiges Gestaltungsrecht ein bestimmtes Schuldverhältnis in Gang zu setzen) gleich zu halten sein.
Eine gegenteilige Auffassung wäre vom Bf. an Hand einer vertragsrechtlichen Analyse und unter näherer Erläuterung, welche Gründe die Erwerberin innerhalb der Zeit zwischen und ernsthaft zum Verzicht auf Optionsausübung veranlassen hätten können, darzutun.

Der Bf. brachte durch seine steuerliche Vertretung nach mehreren Fristverlängerungen mit Schreiben vom den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerdevorentscheidung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 264 BAO ein. Einleitend wurden unter Bezugnahme auf die Beschwerde vom die vertraglichen Verhältnisse im Zusammenhang mit den Aktienverkäufen des Bf. nochmals erläutert ("Share Purchase Agreement" vom , Kaufoptionsvereinbarung bzw. "Purchase Option Agreement" vom , Ausübung der Kaufoption am , Abschluss des Aktienkaufvertrags am ). Zur rechtlichen Würdigung der belangten Behörde merkte der Bf. zunächst an, dass zivilrechtlich getroffene Vereinbarungen grundsätzlich auch für steuerrechtliche Zwecke maßgebend seien. Die diesbezüglichen Grenzen würden sich in den §§ 21 - 23 BAO sowie in der sogenannten Angehörigenjudikatur finden. Obwohl in der Bescheidbegründung nicht explizit erwähnt, sei davon auszugehen, dass die Behörde unter Berufung auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise gemäß § 21 BAO die Kaufoptionsvereinbarung in einen Vorvertrag gemäß § 936 ABGB oder gar eine Punktation umqualifiziere.
Sodann nahm der Bf. eine zivilrechtliche Begriffserläuterung der Begriffe "Vorvertrag" (Vereinbarung, künftig einen Vertrag mit bestimmtem Inhalt abzuschließen. Vertragsgegenstand sei demnach die Verpflichtung zum Abschluss eines Hauptvertrages. Der Vorvertrag müsse alle wesentlichen Punkte des Hauptvertrages enthalten und auf Abschluss des Hauptvertrages können innerhalb eines Jahres geklagt werden) - Punktation iSd § 885 ABGB (ein bloß vorläufiges von den Parteien unterfertigtes schriftliches Konzept, das zumindest die Hauptpunkte des geschlossenen Vertrages enthält, die Punktation gewähre bereits einen unmittelbaren Anspruch auf Vertragserfüllung. Das Wesen der Punktation liege darin, dass über den abgeschlossenen Vertrag nach dem Parteiwillen noch eine förmliche Urkunde errichtet werden solle, die die Punktation als bloßes Konzept des Vertrages ersetzen solle. Dies habe jedoch nicht zur Folge, dass die Wirksamkeit des Vertrages erst mit der Einhaltung dieser Form eintrete. Der Vertrag gelte vielmehr sofort als Punktation) - Optionsvertrag (Vereinbarung, wonach der Optionsnehmer das Recht erhält, ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis in Geltung zu setzen. Die Ausübung der Option begründe unmittelbar vertragliche Verpflichtungen des Optionsgebers) vor.
Zur steuerlichen Würdigung des "Purchase Option Agreement" als Vorvertrag oder Punktation durch die belangte Behörde wurde entgegnet, dass anders als beim Vorvertrag oder einer Punktation nach ganz einheitlicher Rechtsauffassung der Erwerb einer Option noch keine Anschaffung bzw. Veräußerung des der Option zugrundeliegenden Wirtschaftsgutes iSd § 30 EStG idF vor dem 1. StabG 2012 darstelle. Es fehle am zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäft zur Übertragung des Wirtschaftsgutes. Erst wenn die Option ausgeübt werde und dadurch Wirtschaftsgüter des Privatvermögens erworben werden, komme es zu einem Anschaffungs- bzw. Veräußerungsvorgang, der die relevanten Fristen des § 30 EStG idF vor dem 1. StabG 2012 auslöse.
Das am abgeschlossene SPA beinhalte keinerlei Vereinbarungen dahingehend, dass sich die Parteien zum Abschluss eines Hauptvertrages verpflichten. Das von der Behörde behauptete Vorliegen eines Vorvertrages scheide daher aus. Es liege weiters keine Punktation iSd § 885 ABGB vor, da eine Punktation bereits einen unmittelbaren Anspruch auf Vertragserfüllung voraussetze. Dies wäre im vorliegenden Fall jedenfalls nicht gegeben. Mangels zweiseitigen Bindungswillen erfolge demnach zum kein Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes. Weder das SPA noch der Optionsvertrag würden Bestimmungen enthalten, die die Disposition über die Gesellschaftsrechte des Optionsgebers beschränken würden. Die Tatsache, dass der Bf. als Optionsgeber bis zur tatsächlichen Ausübung der Option in der Ausübung seiner Gesellschaftsrechte nicht beschränkt gewesen sei, spreche jedenfalls auch gegen den Übergang vom wirtschaftlichen Eigentum vor dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes. Die in den genannten vertraglichen Dokumenten getroffenen Vereinbarungen würden vielmehr belegen, dass der Bf. seine einbringungsgeborenen Aktien nicht bereits mit dem SPA am veräußert habe, sondern lediglich durch das ebenfalls am abgeschlossene "Purchase Option Agreement" der X.Y.GmbH als potentiellen Kaufinteressenten eine Kaufoption eingeräumt habe. Es fehle daher zum an der beidseitigen Bindung der Vertragsparteien zum Abschluss des Veräußerungsgeschäftes, was aber die Voraussetzung für einen Veräußerungsakt gemäß § 30 EStG idF vor dem 1. StabG 2012 darstelle. Das Verpflichtungsgeschäft sei erst mit der Ausübung der Kaufoption durch die X.Y.GmbH am abgeschlossen worden. Dieses Datum der Ausübung sei für die steuerliche Spekulationsfrist maßgebend, zumal es vor diesem Datum auch mangels Einschränkung der Dispositionsrechte des Bf. betreffend die mit den gehaltenen Aktien im Zusammenhang stehenden Gesellschaftsrechte zu keinem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums der Aktien auf die X.Y.GmbH gekommen sei. Da die Optionsausübung im beschwerdegegenständlichen Fall außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist erfolgt sei, sei der Spekulationstatbestand gemäß § 30 EStG idF vor dem 1. StabG 2012 nicht erfüllt. Eine Umqualifizierung der Kaufoptionsvereinbarung in einen Vorvertrag oder eine Punktation sei schlichtweg falsch und entspreche nicht den tatsächlich getroffenen Vereinbarungen. An dieser Schlussfolgerung ändere auch die Tatsache, dass bereits zum wesentliche Vertragsinhalte betreffend den nach der Ausübung der Kaufoption abzuschließenden Aktienkaufvertrag ("Silent Partner Share Purchase Agreement") festgestanden seien, nichts. Vielmehr sei dies als Notwendigkeit zu sehen, da die am Optionsgeschäft beteiligten Parteien Klarheit über die Bedingungen des bei Ausübung der Option abzuschließenden Hauptvertrages (im vorliegenden Fall "Silent Partner Share Purchase Agreement") haben müssten. Es sei auch nicht verständlich, warum die Behörde in ihrer Bescheidbegründung den Schluss ziehe, dass der Begriff "Option" im beschwerdegegenständlichen Fall nicht dem in Österreich gebräuchlichen Begriffsverständnis entspreche. Das oben beschriebene Vertragsverhältnis entspreche eindeutig einem - auch in Österreich sehr häufig vorkommenden - Kaufoptionsgeschäft. Auch die von der Behörde als angloamerikanische Besonderheit bezeichneten Begriffe wie "Closing" oder "Settlement" würden nichts an dieser Sichtweise ändern und seien für die Beantwortung der beschwerdegegenständlichen Rechtsfrage irrelevant. Die Behörde versuche unter dem Hinweis, dass es sich um komplexe und angloamerikanisch spezifische Vertragsklauseln handle, die getroffenen Vereinbarungen anders zu interpretieren als es der Realität entspreche. Es wäre der X.Y.GmbH selbstverständlich zugestanden, die Kaufoption betreffend die einbringungsgeborenen Aktien nicht auszuüben, wenn es beispielsweise innerhalb des Optionszeitraumes zu einem Wertverlust der kaufgegenständlichen Aktien gekommen wäre.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. In der Stellungnahme wurde auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Der Bf. brachte mit Schreiben vom eine Ergänzung bezüglich der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der einbringungsgeborenen Aktien ein.
Der Bf. habe sich im Jahr 2008 mittelbar über die Z.Z. GmbH & Co KG an der steuerlichen Mitunternehmerschaft Z.Z. AG & Stille beteiligt. Mit dem Einkommensteuerbescheid 2008 sei die Einkommensteuer erklärungsgemäß festgesetzt worden. Aufgrund einer bei der Z.Z. AG & Stille durchgeführten Außenprüfung gemäß § 147 BAO sei am ein gemäß § 295 Abs 1 BAO berichtigter Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 ergangen. Dieser Außenprüfung zufolge wurden die Verlustzuweisungen der Z.Z. AG & Stille an den Bf. mit 4.937,63 Euro anstatt wie ursprünglich erklärt mit 24.005,44 Euro festgesetzt. Gegen den diesem Einkommensteuerbescheid zugrundeliegenden ,,Feststellungsbescheid" vom sei am das Rechtsmittel der Beschwerde (damals Berufung) erhoben worden und habe das Bundesfinanzgericht diese Beschwerde mit Beschluss vom als unzulässig zurückgewiesen, da es sich beim ,,Feststellungsbescheid" um einen rechtlich unbeachtlichen Nichtbescheid gehandelt habe.
Der Bf. habe am den Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom gemäß § 295 Abs 4 BAO für den Fall gestellt, dass es sich bei dem diesem Bescheid zugrundeliegenden ,,Feststellungsbescheid" 2008 der Z.Z. AG & Stille um einen Nichtbescheid handeln würde. Eine Entscheidung betreffend diesen Antrag sei bis dato noch nicht ergangen.
Des Weiteren habe sich der Bf. im Jahr 2009 als atypisch stiller Gesellschafter in einer zweiten Tranche an der Mitunternehmerschaft Z.Z. AG & Stille beteiligt. Die Beteiligung sei treuhändig durch die Y.Z.GmbH (FN xxx) erfolgt. Die Einkommensteuer 2009 sei zunächst mit Bescheid vom erklärungsgemäß veranlagt worden, aufgrund der oben angeführten Außenprüfung bei der Z.Z. AG & Stille erging am ein gemäß § 295 Abs 1 BAO berichtigter Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 und seien aufgrund dieser Außenprüfung die Verlustzuweisungen der Z.Z. AG & Stille an den Bf. mit 6.394,93 Euro anstatt wie ursprünglich erklärt mit 37.722,07 Euro festgesetzt worden. Gegen den dem Einkommensteuerbescheid 2009 zugrundeliegenden ,,Feststellungsbescheid" 2009 der Z.Z. AG & Stille vom sei das Rechtsmittel der Beschwerde (damals Berufung) erhoben worden und habe das Bundesfinanzgericht diese Beschwerde mit Beschluss vom als unzulässig zurückgewiesen, da es sich beim ,,Feststellungsbescheid" um einen rechtlich unbeachtlichen Nichtbescheid handelte.
Der Bf. habe am den Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom gemäß § 295 Abs 4 BAO für den Fall gestellt, dass es sich bei dem diesem Bescheid zugrundeliegenden ,,Feststellungsbescheid" 2009 der Z.Z. AG & Stille um einen Nichtbescheid handeln würde. Eine Entscheidung betreffend diesen Antrag sei bis dato noch nicht ergangen.
Mit Einbringungs- und Sacheinlagevertrag vom habe der Bf. seine atypischen stillen Beteiligungen an der Z.Z. AG in die Z.Z. AG gemäß Art. III UmgrStG eingebracht. Die Einbringung sei steuerlich rückwirkend zum Stichtag erfolgt. Als Gegenleistung für die eingebrachten atypisch stillen Beteiligungen seien dem Einbringenden 665 neue Stückaktien der Z.Z. AG zugeteilt worden. Diese einbringungsgeborenen Aktien seien am durch den Bf. um 56.092,68 Euro veräußert worden. Die steuerlichen Anschaffungskosten in Bezug auf die einbringungsbedingt erworbenen Aktien hätten sich aus dem steuerrechtlichen Eigenkapital gemäß der Einbringungsbilanz vom abgeleitet und hätten -26.751,93 Euro betragen. Diese Einbringungskapital habe sich aus Einlagen des Bf. in die Mitunternehmerschaft in Höhe von insgesamt 35.000,00 Euro und aus Verlustzuweisungen von -61.751,93 Euro zusammengesetzt. Bei den Verlustzuweisungen seien jedoch die oben angeführten Kürzungen der Verlustzuweisungen durch die Außenprüfung bei der Z.Z. AG & Stille nicht berücksichtigt worden. Unter Berücksichtigung der festgestellten Kürzungen der Verlustzuweisungen, welche sich in weiterer Folge aufgrund der sich derzeit (noch) im Rechtsbestand befindlichen Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 für den einkommenserhöhend auswirkten, seien jedoch die steuerlichen Anschaffungskosten des Bf. in Bezug auf die im Jahr 2011 veräußerten einbringungsgeborenen Aktien höher als in der Einkommensteuererklärung angegeben, da die Kürzungen der Verlustzuweisungen zu einem höheren Einbringungskapital geführt hätten. Hierdurch reduziere sich auch der im Jahr 2011 zu versteuernde Veräußerungsgewinn der einbringungsgeborenen Aktien an der Z.Z. AG von 82.844,61 Euro (ursprünglich erklärt) auf 32.449,66 Euro und werde dies entsprechend beantragt.

Mit einem weiteren Schreiben vom legte der Bf. eine Stellungnahme der W.W. Rechtsanwälte GmbH zur Frage vor, in wie weit in zivilrechtlicher Hinsicht hinsichtlich der Optionsverträge vom (Call-Options-Verträge) zu einem Zeitpunkt vor dem ein bindender Vertrag (sei es in Form eines Vorvertrages oder einer Punktation oder ähnlichem) vorliege. In diesem Schreiben wurden, nach Darstellung der rechtlichen Grundlagen zum Vorvertrag, zur Option, zur Punktation, zum Termingeschäft und zur Doppeloption, eine Subsumption des vorliegenden Geschäfts vorgenommen und abschließend festgehalten, dass ein in zivilrechtlicher Hinsicht bereits zustande gekommener Vertrag vor dem keinesfalls vorgelegen und eine Veräußerung des wirtschaftlichen Eigentums vor dem gerade eben nicht beabsichtigt gewesen sei, was der unterzeichnende Rechtsanwalt aufgrund seiner persönlichen Involvierung als Geschäftsführer der Treuhänderin einer optionsbeteiligten Vertragspartei auch aufgrund eigener persönlicher Wahrnehmung zu bestätigen in der Lage sei.

Im Zuge einer E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Bundesfinanzgericht und der steuerlichen Vertretung btr. Terminisierung eines Erörterungstermins gem. § 269 Abs. 3 BAO, wurde vom steuerlichen Vertreter mitgeteilt, dass es sich bei der im "Purchaser Option Agreement" und "Silent Partner Option Agreement" unter "Atachements" [sic!] genannten Unterlage "/5.1 Option SPA" um das "Silent Partner Share Purchase Agreement" handle.

Der Erörterungstermin nach § 269 Abs. 3 BAO fand am statt.

Auf Frage des Richters, warum im Share Purchase Agreement (SPA) und im Silent Partner Share Purchase Agreement (SPSPA) jeweils unter Abschnitt 9.10 das Recht des Staates New York, im Purchaser Option Agreement (POA) und im Silent Partner Option Agreement (SPOA) jeweils unter Abschnitt 8.5 hingegen das österreichische Recht als anzuwendende Recht - insbes. auch für die Vertragsauslegung - festgeschrieben wurde, gab der Bf. an, dass diesbezüglich Herr RA Dr. W. zu befragen wäre, da er jener Rechtsanwalt sei, welcher die Aktionäre vertreten habe. Der steuerliche Vertreter gab bekannt sich mit Dr W. in Verbindung zu setzen und eine Stellungnahme nachzureichen.

Bezüglich der fehlenden Definition des Begriff "Option" - im SPA und im SPSPA wurde unter "Definitions" jeweils auf Abschnitt 2.4 (a) verwiesen, jedoch findet sich dort keine entsprechende Erklärung - gab die steuerliche Vertretung an, dass es sich bei diesen Optionen um die Mitarbeiter-Optionen gehandelt habe. Der Bf. ergänzte, dass in Punkt 2.4.a letzter Satz die Mitarbeiter-Optionen angesprochen werde.

Hinsichtlich des "Option-SPA" wies der Richter darauf hin, dass dieses jeweils im Vertragstext des POA und des SPOA, welche beide gemeinsam mit dem SPA bereits am abgeschlossen wurden, und zudem in den dortigen Anhängen genannt wurde, naheliegend erscheint, dass es sich beim "Option-SPA" um einen eigenen Vertrag handelt, zumal das SPSPA in den drei am abgeschlossenen Verträgen nicht angeführt wurde. Der steuerliche Vertreter gab bekannt, dass er sich diesbezüglich noch einmal mit den befassten Rechtsanwälten in Verbindung setzen und das "Option-SPA" anfordern werde.

Zur Frage des Richters, warum es sich trotz der SPSPA-Präambel Abs. 2 und Abschnitt 1.12 iVm der SPSPA Definition zu "Primary Purchase Closing", in welcher das SPA als "Primary Purchase Agreement" bezeichnet wird, um keinen beide Seite verbindlichen Hauptvertrag handle, replizierte der steuerliche Vertreter, dass beim SPA die stillen Gesellschafter nicht Vertragsparteien gewesen seien. Der Bf. ergänzte, unter "Primary Purchase Agreement" könne auch die zeitliche Reihenfolge verstanden werden, da im SPA 83 % der Aktien gekauft worden seien. Der steuerliche Vertreter und der Bf. hielten fest, dass beim SPA über die 83 % der Aktien und im SPSPA über 17 % der Aktien der jeweilige Hauptvertrag abgeschlossen worden seien. Entsprechend sei laut steuerlichen Vertreter der Begriff "primary" deswegen gewählt worden, da mit diesem Vertrag der Hauptanteil der Aktien erworben worden sei.

Bezüglich der Nachreichung des Bf. vom gab der Richter bekannt, dass mit Bescheiden gem. § 299 BAO vom die Bescheide gem. § 295 (1) BAO vom ersatzlos aufgehoben wurden, sodass die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide 2008 vom und 2009 vom wieder in Kraft getreten sind. Der steuerliche Vertreter gab daraufhin bekannt, dass das Anbringen vom nicht mehr aufrechterhalten bleibt.

Der Bf. führte abschließend hinsichtlich des Umfelds der Z.Z. im Sommer 2011 aus, dass die Z.Z. ein Hochtechnologie-Unternehmen mit enormen Forschungs- und Entwicklungsausgaben gewesen sei. Sie hätte im Sommer 2011 einen massiven Finanzierungsbedarf gehabt, da die Altgesellschafter nicht mehr bereit waren, weitere Finanzierungen zu geben. Die Verluste der Z.Z. im Gesamtjahr 2010 hätten 10,4 Mio. Euro, und im Jahr 2011 18,1 Mio. Euro betragen. Es habe zu diesem Zeitpunkt kein marktreifes Produkt gegeben. Der Einstieg der X.Y. Gruppe sei die letzte Chance gewesen, um eine Insolvenz zu vermeiden. "Wir" [Anm.: gemeint der Bf. und der Geschäftsführer der Z.Z. Dr. V.V.] hätten gewusst, dass 5 Mio. Euro gefehlt haben. Es hätte durchaus sein können, dass aus diesem Grund die Call-Option nicht gezogen worden wäre. Das Risiko der Put-Option, welche Ende des Jahres gezogen worden wäre, war ebenfalls gegeben, da die österreichische Käufergesellschaft in hohem Maße fremdfinanziert gewesen sei (90 Mio. Euro). Es hätte somit wesentlich wirtschaftliche Risiken für die Silent Partners gegeben.

Mit Anbringen vom übermittelte der steuerliche Vertreter den vollständigen Notariatsakt des Purchaser Option Agreement inklusive sämtlicher Anlagen (ua. "Option-SPA") sowie eine Stellungnahme von Herrn RA Dr. W., in welcher dieser ausführte, dass die dem Silent Partner Option Agreement und dem Purchaser Option Agreement beigeschlossene Anlage 5.1 "Option-SPA" von dem am abgeschlossenen "Silent Partner Share Purchase Agreement" abweiche. Es könne festgehalten werden, dass der Aktienkaufvertrag zwischen den "Silent Partner" und dem Käufer erst nach Abschluss der Optionsvereinbarungen bis zum final verhandelt worden und der endgültige Kaufvertrag von der als Anlage der Optionsvereinbarungen beigeschlossenen Entwurfsfassung ("Option-SPA") abweiche. Weiters teilte Dr. W. mit, dass der Unterschied zwischen dem anwendbaren Recht im "Silent Partner Option Agreement" sowie dem "Purchaser Option Agreement" einerseits und dem "Silent Partner Share Purchaser Agreement" inhaltlich darauf zurückgehe, dass nach Überzeugung der damaligen Vertragsparteien die Frage der wirksamen Ausübung einer Option über den Erwerb von Aktien an einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich sinnvollerweise nur nach österreichischem Recht geregelt werden könne. Die jeweiligen Bestimmungen 8.5. des "Purchaser Option Agreement" einerseits und dem Silent Partner Share Purchaser Agreements andererseits würden ohnehin darauf verweisen, dass das anwendbare Recht im ausführenden SPA jeweils dort geregelt sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Beschwerdegegenständlich ist, ob hinsichtlich jener einbringungsgeborenen Aktien, welche zum erworben wurden, die Spekulationsfrist gemäß § 30 EStG idF vor BudBG 2011 zum Veräußerungszeitpunkt im Jahre 2011 abgelaufen war oder nicht.
Während der Bf. die Ansicht vertritt, dass diese Aktien erst aufgrund der von der X.Y.GmbH (Käufer) ausgeübten Kaufoption in Form der Übermittlung der "Call Option-Exercise Notice" am und dem "Silent Partner Share Purchase Agreement" (Vertrag über den Kauf von Anteilen der stillen Gesellschafter) vom veräußert wurden, sieht die belangte Behörde bereits durch das zum abgeschlossene "Share Purchase Agreement" (Aktienkaufvertrag) und dem "Purchaser Option Agreement" (Vertrag über die Käuferoption) einen Vorvertrag oder eine Punktation vorliegend, wodurch das schuldrechtliche, auf die Eigentumsübertragung ausgerichtete Rechtsgeschäft verwirklicht sei, welches den maßgebenden Steuertatbestand iSd § 30 EStG idF vor BudBG 2011 auslöse.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

  • Rechtliche Grundlagen und Definitionen der in Frage kommenden Vertragsarten:

§ 30 Abs. 1 EStG 1988 idF vor Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, lautete auszugsweise:
"Spekulationsgeschäfte sind
1. Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung beträgt: ...
b) Bei anderen Wirtschaftsgütern, insbesondere bei Wertpapieren im Sinne des § 1 Abs 1 des Depotgesetzes, bei sonstigen Beteiligungen und Forderungen, nicht mehr als ein Jahr."

Nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sind unter Anschaffung und Veräußerung iSd § 30 EStG 1988 die schuldrechtlichen, auf die Eigentumsübertragung ausgerichteten Rechtsgeschäfte zu verstehen. Für die Berechnung der Spekulationsfrist ist daher der Zeitpunkt des Zustandekommens dieser schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte (Verpflichtungsgeschäft) - insbesondere Kaufverträge - und nicht das Verfügungsgeschäft oder die Zahlung des Kaufpreises maßgeblich (vgl , Kirchmayr/Perl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 31 Rz 95). Dies gilt sowohl für den Beginn des Fristenlaufs (Anschaffung) als auch für die Beendigung (Veräußerung). Die Fristberechnung erfolgt von Tag zu Tag (s. Kanduth-Kristen in Jakom EStG5, § 30 Rz 12).

Allerdings kommt es ausnahmsweise nicht auf den Zeitpunkt eines solchen Rechtsgeschäftes an, wenn die Vertragsparteien bereits vorher eine Vereinbarung geschlossen haben, aufgrund derer das wirtschaftliche Eigentum übergegangen ist (; , mwH). Hiezu bedarf es einer beide Vertragsparteien bindenden, einen späteren Kaufvertrag wirtschaftlich vorwegnehmenden Vereinbarung. Ein (auch unwiderrufliches) Kaufanbot oder eine bloße Kaufoption sind hiefür nicht ausreichend ( mwH).
Bei Einbringungen iSd Art. III UmgrStG gelten neue Anteile gem § 20 Abs. 1 UmgrStG mit dem Beginn des dem Einbringungsstichtag folgenden Tages als angeschafft. Die nachfolgende Veräußerung der Anteile binnen eines Jahres fällt unter § 30 (Kanduth-Kristen, a.a.O., Rz 15, "Einbringung").

Hinsichtlich der unterschiedlichen Rechtsfolgen von Kauf-, Options-, Vorverträgen, Termingeschäfte und Punktation ist zu unterscheiden:

"Der Kaufvertrag ist der Titel für den Eigentumserwerb (Verpflichtungsgeschäft), die Übergabe in das Eigentum der Modus (Verfügungsgeschäft)" [Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.08 (Stand ) § 1053 Rz 1]). Durch den Kaufvertrag wird eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem andern überlassen (§ 1053 ABGB). Der Verkäufer verpflichtet sich zur Übergabe und Übereignung einer Sache und der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises (§§ 1053, 1061f ABGB).
Als entgeltliches Rechtsgeschäft, welches auf Übertragung des zivilrechtlichen oder des wirtschaftlichen Eigentums an einem Wirtschaftsgut abzielt, wird der Kauf in der höchstgerichtlichen Judikatur als charakteristisches Beispiel des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts und damit für die Berechnung der Spekulationsfrist herangezogen (vgl. nochmals , ).

Optionsverträge: Optionsverträge sind gesetzlich nicht geregelt. Der OGH definiert darunter Verträge, die einem Beteiligten das Recht einräumen, ein inhaltlich schon vereinbartes, erst in Aussicht genommenes Rechtsgeschäft durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen [Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1072 Rz 39 (Stand , rdb.at)].
Der VwGH, definiert in diesem Sinne die Option als einen Vertrag, "durch den eine Partei das Recht erhält, ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis in Geltung zu setzen. Sie gewährt also ein Gestaltungsrecht, durch einseitige Erklärung das schon inhaltlich festgelegte Schuldverhältnis in Geltung zu setzen" ().
Weil die Ausübung der Option durch einseitige Erklärung ohne neuerlichen Vertragsabschluss das Schuldverhältnis selbst hervorruft, müssen alle wesentlichen Vertragsbestimmungen bereits enthalten sein [Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.06 § 936 Rz 5 (Stand , rdb.at)].
Der Optionsvertrag kreiert als zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen Optionsgeber und Optionsnehmer ein Gestaltungsrecht (das Optionsrecht) für den Optionsberechtigten. Mittels dieses Optionsrechts kann der Berechtigte ein bereits durch den Optionsvertrag inhaltlich vorbestimmtes Schuldverhältnis (Hauptvertrag) durch eine einseitige Erklärung (Optionsausübung) in Geltung setzen (Wimmer, Wertdisparitäten bei Optionsverträgen, ecolex 1/2020, S. 34).
"Der Optionsnehmer (Optionsberechtigte) hat somit das Recht, die in der Optionsvereinbarung getroffene Vertragsabrede durch bloße Abgabe einer Annahmeerklärung (,Ja, ich will!') wirksam werden zu lassen" (Fassl, Sicherung einer Ankaufsgelegenheit, Vortrag Wien ).
Optionsverträge sind keine Vorverträge, sie unterliegen aber analog § 936 der dort normierten Umstandsklausel/clausula rebus sic stantibus: Ändern sich vertragswesentliche Umstände nachträglich wesentlich und unvorhersehbar, so verliert der Vertrag seine Verbindlichkeit (vgl. Gruber, a.a. O. Rz 5 und 12).
Bei einer "Doppeloption" werden wechselseitig ein Ankaufsrecht und ein Andienungsrecht eingeräumt, wobei die Optionsfristen, die Erwerbspreise und sonstigen Bedingungen deckungsgleich sein können oder auch nicht. Ertragsteuerlich kann beim erstmaligen Gegenüberstehen gegengleicher Optionen ein Übergang wirtschaftlichen Eigentums angenommen werden, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen (deckungsgleiche Doppeloption): Tatsächliche Optionsausübung innerhalb der Optionsfrist, völlige Identität der Optionsbedingungen (Laufzeit, Erwerbspreis, sonstige Bedingungen), Ausübung der Gesellschafterrechte durch den zivilrechtliche Eigentümer des Gesellschaftsanteiles nur mehr in Abstimmung und Koordination mit dem künftigen Erwerber (vgl. Fraberger, Die Doppeloption als steuerliches Gestaltungsinstrument im M&A-Geschäft, RdW 2/2008, 170ff).

Gegenstand des Vorvertrages nach § 936 ABGB ist die Verpflichtung zum Abschluss eines künftigen (Haupt-)Vertrages. Leistungsgegenstand ist der Abschluss des Hauptvertrages. Dies bedeutet, dass der aus dem Vortrage Verpflichtete zur gehörigen Zeit ein entsprechendes Offert des anderen Teiles annehmen muss. Die Wirksamkeit eines Vorvertrages setzt unter anderem voraus, dass die wesentl. Stücke des Hauptvertrages bestimmt sind. Die wesentl. Stücke sind bestimmt, wenn die Mindestinhalte (essentialia negotii) des Hauptvertrages vereinbart worden sind. Der Abschlusszeitpunkt (die Fälligkeit des Abschlusses des Hauptvertrages) muss bestimmt sein. Er kann kalendermäßig bestimmt, aber auch von einer Bedingung abhängig sein [Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 936 Rz 1, 9 und 19 mit der jew. angeführten höchstgerichtlichen Judikatur (Stand , rdb.at)].

Als Termingeschäft (Forwards) wird im Allgemeinen der Kauf oder Verkauf eines Gutes verstanden, wobei Lieferung und Bezahlung eines Gutes nicht sofort (also bei Abschluss des Geschäftes) erfolgen, sondern zu einem bestimmten zukünftigen Termin (Plott in Hofstätter/Reichel ESt-Kommentar56, § 27 Abs. 4 Tz 10).
Innerhalb der Termingeschäfte unterscheidet man zwischen bedingten und unbedingten Termingeschäften.
Bei unbedingten Termingeschäften sind beide Vertragspartner zur Erfüllung des Geschäfts verpflichtet (zB Futures und Forwards). Bei bedingten Termingeschäften wie Optionen ist nur ein Vertragspartner (= Stillhalter) zur Erfüllung des Geschäfts verpflichtet (short position); der andere hat lediglich das Recht, die Erfüllung des Geschäfts zu den vorab festgelegten Bedingungen zu verlangen (Berechtigter ist in der long position; vgl. Marschner in Jakom, EStG13, § 27 Rz 187).
Optionen unterscheiden sich von unbedingten Termingeschäften dadurch, dass sie noch keine unbedingte Lieferverpflichtung bzw Abnahmeverpflichtung hinsichtlich eines bestimmten Gutes begründen, sondern dem Inhaber (Käufer) einer Option nur das Recht einräumen, ein bestimmtes Gut zu kaufen oder zu verkaufen. Ob es daher zur Erfüllung dieses (bedingten) Termingeschäftes kommt, hängt vom weiteren Verhalten des Inhabers der Option ab. Dem Inhaber einer Option stehen somit drei Handlungsmöglichkeiten offen, nämlich die Ausübung der Option, die Glattstellung der Option oder die Option verfallen zu lassen (siehe "Spekulationsbesteuerung bei derivativen Geschäften iSd § 30 Abs 1 Z 2 EStG", ÖStZ 2001, Heft 23 vom ).

Eine Punktation iSd. § 885 ABGB liegt vor, wenn die Parteien sich schriftlich über den wesentlichen Inhalt des Rechtsgeschäfts einigen, für einen späteren Zeitpunkt aber die Errichtung einer förmlichen Urkunde (Ausfertigung, Reinschrift) ins Auge fassen, in der die Einzelheiten geregelt bzw. die Vereinbarung konkretisiert werden soll. Die Punktation selbst ist ein bloßes Konzept ("Aufsatz"), das allerdings nicht unvollständig ist, sondern bereits die Eckpunkte der Vereinbarung enthält [Kalss in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.05 § 885 Rz 1 (Stand , rdb.at)].
Die Parteien haben im Zeitpunkt der Abfassung der Punktation bereits rechtsgeschäftlichen Bindungswillen, dh sie wollen bereits mit Abfassung der Punktation und nicht erst mit der zukünftigen Errichtung der förmlichen Urkunde gebunden sein. Die Punktation ist also unmittelbar verbindlich und gewährt - im Unterschied zum Vorvertrag - einen direkten Leistungsanspruch und verpflichtet unmittelbar zur Erfüllung der darin festgelegten Verpflichtungen (Kalss, a.a.O. Rz 3).
Die Punktation unterscheidet sich vom Vorvertrag dadurch, dass aus der Punktation sofort unmittelbare Leistungs- und Erfüllungspflichten sowie entsprechende Rechte entstehen, der Vorvertrag aber nur einen Anspruch auf Abschluss des Hauptvertrags enthält (Kalss, a.a.O., Rz 4).
Von der Option unterscheidet sich die Punktation, dass sie bereits einen Erfüllungsanspruch entstehen lassen hat, während bei der Option der Berechtigte in der Hand hat, diesen in Gang zu setzen (Studera/Thunshirn, Handbuch der Besteuerung von Grundstücks- und Liegenschaftstransaktionen, 2013, Tz 115).

  • Inhaltliche Gestaltung der vorgelegten Verträge:

Bezüglich des Verkaufs der Aktien wurde ein Vertragskonglomerat in englischer Sprache inkl. Anhänge und Anlagen abgeschlossen. Dabei sind folgende Vereinbarungen für die Beurteilung des Sachverhalts wesentlich:

a) Share Purchase Agreement (SPA, Anteilskaufvertrag)
b) Purchaser Option Agreement (POA, Vertrag über die Käuferoption = Call Option)
c) Silent Partner Option Agreement (SPOA, Vertrag über die Option der stillen Gesellschafter = Put Option)
d) Silent Partner Share Purchase Agreement (SPSPA, Vertrag über den Kauf von Anteilen der stillen Gesellschafter)
e) Option-Share Purchase Agreement (Option-Anteilskaufvertrag)

Das Bundesfinanzgericht hat die Frage, ob die Veräußerung der einbringungsgeborenen Aktien durch den Vertrag vom (= SPSPA) - initiiert durch die "Call Option-Exercise Notices" vom - erfolgte, oder ob bereits durch Abschluss der Verträge vom ein Vorvertrag oder eine Punktation und damit ein den Steuertatbestand iSd § 30 EStG idF vor BudBG 2011 auslösendes Rechtsgeschäft vorliegt, anhand der soeben aufgelisteten Verträge beurteilt.

In den einzelnen Verträgen finden sich u.a. die folgenden - für die Lösung dieser Frage notwendigen - Bestimmungen:

Ad a) - Auszüge aus dem SPA (Share Purchase Agreement / Anteilskaufvertrag):

In der Präambel des SPA wird u.a. ausgeführt, dass der Anteilskaufvertrag zwischen den Parteien mit Wirkung vom abgeschlossen wird (Absatz 1) und neben dem Verkauf von Zielaktien (Absatz 3) gleichzeitig der Käufer und die stillen Gesellschafter die SPOA und POA-Verträge abschließen (Absatz 4).

Artikel 1 des SPA beschreibt die Transaktion selbst. Abschnitt 1.1 a) regelt den Verkauf bzw. Kauf der Hauptanteile zwischen den Aktionären und dem Käufer. Abschnitte 1.1 b) beinhaltet die Regelung für die Anteile der stillen Gesellschafter. Demnach erklären sich die stillen Gesellschaftern gemäß den in den SP-Optionsvereinbarungen festgelegten Bedingungen einverstanden, die Anteile zu verkaufen, zu übereignen, abzutreten, zu übertragen und an den Käufer zu liefern, und der Käufer hat sich damit einverstanden erklärt, von den stillen Teilhabern zu kaufen, zu erwerben und, bei dem dabei in Betracht gezogenen "Closing"/Abschluss (der "SP-Optionsabschluss") das gesamte rechtliche und wirtschaftliche Eigentum an den stillen Gesellschafter Anteilen, frei und unbelastet von jeglichen Belastungen, zusammen mit allen Rechten, die jetzt oder in Zukunft damit verbunden sind, einschließlich aller Rechte auf Dividenden oder andere Ausschüttungen, die nach dem Abschluss erklärt, vorgenommen oder gezahlt werden zu übernehmen.

Der Vollzug der in diesem Vertrag vorgesehenen Transaktion (das "Closing"/Abschluss) erfolgt gemäß Abschnitt 1.3 am Datum dieses Vertrages (das " Closing"/Abschluss-Datum).

Unter Abschnitt 9, allgemeine Bestimmungen, wird in Pkt 9.10 als anzuwendendes Recht, das Recht des Staates New York für alle Fragen, die sich aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag ergeben, die Zusatzverträge und die Anhänge und Anlagen und alle damit in Betracht gezogenen Transaktionen, einschließlich ihrer Gültigkeit, Auslegung, Konstruktion, Ausführung und Durchsetzung und aller daraus entstehenden Streitigkeiten oder Kontroversen, bestimmt. Ebenso wird bzgl. des Schiedsgerichtsverfahren auf das New Yorker Recht Bezug genommen (Pkt. 9.11).

Dem SPA ist als Anhang A ein Definitionsverzeichnis zur Vertragsauslegung beigefügt. Auszugsweise werden daraus folgende Definitionen wiedergegeben:
"Principal Acquisition Agreements": Unter diesen "Haupt-Übernahmevereinbarungen" sind das SPA und die beiden SP-Optionsvereinbarungen (= POA und SPOA) zu verstehen.
"Purchaser Option Agreement": Der Vertrag über die Käuferoption bedeutet, dass eine bestimmte Kaufoptionsvereinbarung gleichen Datums [Anm.: wie das SPA] durch und unter dem Käufer und den stillen Gesellschafter vereinbart wird.
"Silent Partner Option Agreement": Der Vertrag über die Option der stillen Gesellschafter bedeutet, dass eine bestimmte Verkaufsoptionsvereinbarung gleichen Datums [Anm.: wie das SPA] von und zwischen dem Käufer und den stillen Gesellschaftern vereinbart wird.
"SP Option Agreements": "SP-Optionsvereinbarungen" bedeutet zusammenfassend der Vertrag über die Käuferoption (POA) und der Vertrag über die Option der stillen Gesellschafter (SPOA).
"SP Option SPA": Option-Anteilskaufvertrag der stillen Gesellschafter bedeutet, dass bestimmte Aktienkaufverträge mit Käuferoptionen in der den SP-Optionsvereinbarungen beigefügten Form bei Ausübung (x) erstens durch den Käufer der unter der Vereinbarung über die Käuferoption gewährten Rechte und (y) zweitens durch die stillen Gesellschafter unter der Vereinbarung über die Option stiller Gesellschafter in Kraft treten.

Ad b) und c) - Auszüge aus dem POA (Purchaser Option Agreement / Vertrag über die Käuferoption = Call Option) und SPOA (Silent Partner Option Agreement / Vertrag über die Option der stillen Gesellschafter = Put Option):

Ebenfalls am wurden mit Notariatsurkunde das POA und das SPOA abgeschlossen.

Das POA enthält die Regelung betreffend Einräumung der "Call Option" (Kaufoption), das SPOA jene über die Einräumung der "Put Option" (Verkaufsoption). Die beiden Verträge sind ident aufgebaut, auch die inhaltliche Diktion ist grundsätzlich - mit den Unterschieden, dass einmal die Call-Option (POA), einmal die Put-Option (SPOA) angesprochen wird - gleich. Allerdings sind im jeweiligen Pkt. 6.2 unterschiedliche Ausübungszeitpunkte geregelt (dazu weiter unten).

Nach Ansicht des Bf. ist erst mit der Übermittlung der "Call Option-Exercise Notices" die Option ausgeübt worden. Damit ist das POA, welches die Kaufoption vertraglich regelt, im Beschwerdefall von Relevanz.

Die folgenden Erörterungen betreffen daher das POA. Die Bestimmungen des SPOA sind jedoch spiegelbildlich für die Verkaufsoption ausgestaltet.

Beiden angesprochenen Verträgen wird im Abschnitt 1 eine Begriffsdefinition vorangestellt. Dabei wird unter "SPA" ausgeführt, dass es sich hierbei um den Anteilskauf- und Übertragungsvertrag vom handelt, der zwischen dem Käufer auf der einen Seite und den Aktionären auf der anderen Seite abgeschlossen wurde und von dem eine Kopie als Anlage./1.1 beigefügt ist und gemäß dem die Aktionäre alle ihre Anteile an der Gesellschaft an den Käufer verkaufen.
Unter "Option-SPA" wird festgehalten, dass dies ein Anteilskauf- und Übertragungsvertrag ist, der infolge der Ausübung einer der Kaufoptionen, welche in Abschnitt 5 dieser Vereinbarung detailliert beschrieben werden, in Kraft tritt.

In der Präambel Pkt. 2.1 POA wird auf das abgeschlossene SPA Bezug genommen, demzufolge der Käufer alle ausstehenden Anteile der Gesellschaft mit Ausnahme der Aktien mit Kaufoption kaufen wird. Nach Pkt 2.3 sind die Verkäufer bereit, die Anteile der Kaufoption zu Bedingungen zu verkaufen, die in allen wesentlichen Punkten mit den im SPA festgelegten Bedingungen übereinstimmen, vorausgesetzt, dass ein solcher Verkauf nach dem stattfindet.

Unter Pkt. 6.2 POA - Ausübung der Kaufoption - wird festgehalten, dass der Käufer die Kaufoptionen nur während des Zeitraums, der am beginnt und am endet bzw. unter Pkt. 6.2. SPOA die Verkaufsoptionsverkäufer die jeweilige Verkaufsoption nur während des Zeitraums, der am und einschließlich beginnt und am und einschließlich endet, ausüben kann.
Nach Pkt. 6.4 POA geht das rechtliche und wirtschaftliche Eigentum an den jeweiligen Kaufoptions-Aktien vom Verkäufer auf den Käufer in Übereinstimmung mit dem jeweiligen Option-SPA entweder am Datum des Inkrafttretens des Options-SPA oder zu einem späteren wie im jeweiligen Options-SPA vorgesehen Zeitpunkt über.

Als anzuwendendes Recht wird in beiden Verträgen unter Abschnitt 8.5 das österreichische Recht festgeschrieben.

Als Anhang wurden sowohl im POA als auch im SPOA an Verträgen das "SPA" und das "Option SPA" gelistet.

Ad d) - Auszüge aus dem SPSPA (Silent Partner Share Purchase Agreement / Vertrag über den Kauf von Anteilen der stillen Gesellschafter):

In der Präambel des SPSPA wird u.a. ausgeführt, dass der Vertrag zwischen den Parteien mit Wirkung vom abgeschlossen wird (Absatz 1). In Absatz 2 wird auf das SPA Bezug genommen und ausgeführt, dass der Käufer am ca. 83% der ausgegebenen und ausstehenden Aktien (die "Ziel-Aktien") des Aktienkapitals, gemäß den Bedingungen und Bestimmungen dieses bestimmten Anteilkaufvertrags (der "Hauptkaufvertrag") vom erworben hat.
Nach Absatz 3 hat der Käufer die stillen Gesellschafter am über seine Absicht informiert, alle von den stillen Gesellschaftern gehaltenen Ziel-Aktien zu kaufen.

Die Transaktion wird in Artikel 1 des SPSPA beschrieben: "Gemäß den in dieser Vereinbarung festgelegten Bedingungen und Konditionen erklären sich die stillen Gesellschafter damit einverstanden, die Anteile zu verkaufen, zu übereignen, abzutreten, zu übertragen und an den Käufer zu liefern, und der Käufer erklärt sich damit einverstanden, von den stillen Gesellschaftern beim ,Closing'/Abschluss (wie hierin definiert) das gesamte rechtliche und wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen zu kaufen, zu erwerben und frei und unbelastet vonjeglichen Belastungen, zusammen mit allen Rechten, die jetzt oder später damit verbunden sind, einschließlich aller Rechte auf jegliche Dividende oder andere Ausschüttungen, die nach dem Abschluss erklärt, vorgenommen oder gezahlt werden, anzunehmen (die ,Transaktion')."

Der Vollzug der in diesem Vertrag vorgesehenen Transaktionen (das "Closing"/Abschluss) erfolgt gemäß Abschnitt 1.3 am Datum dieses Vertrages (das " Closing"/Abschluss-Datum).

In Abschnitt 1.12 wird für den Fall, dass nach Ansicht des Käufers das Nettovermögen zum Geschäftsschluss am Tag des primären Kaufabschlusses um einen Betrag von mehr als 300.000 Euro (der "15. Juli-Schwellenwert") unter dem endgültigen Nettovermögen bei Geschäftsschluss liegt, eine Anpassung des Kaufpreises vorgesehen.

Unter Abschnitt 9, allgemeine Bestimmungen, wird in Pkt 9.10 als anzuwendendes Recht, - im Gegensatz zu den Bestimmungen im POA und SPOA - das Recht des Staates New York für alle Fragen, die sich aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag ergeben, die Zusatzverträge und die Anhänge und Anlagen und alle damit in Betracht gezogenen Transaktionen, einschließlich ihrer Gültigkeit, Auslegung, Konstruktion, Ausführung und Durchsetzung und aller daraus entstehenden Streitigkeiten oder Kontroversen, bestimmt. Ebenso wird bzgl. des Schiedsgerichtsverfahren auf das New Yorker Recht Bezug genommen (Pkt. 9.11).

Wie im SPA ist dem SPSPA als Anhang A ein Definitionsverzeichnis zur Vertragsauslegung beigefügt. Auszugsweise werden folgende Definitionen wiedergegeben:
"Primary Purchase Agreement": Hauptkaufvertrag hat die in der Präambel festgelegte Bedeutung
"Primary Purchase Closing": Der primäre Kaufabschluss bezeichnet den Abschluss der im primären Kaufvertrag vorgesehenen Transaktionen.
"Primary Purchase Closing Date": Primäres Kaufabschlussdatum hat die in Abschnitt 1.6 (b) (i) festgelegte Bedeutung.

Sowohl im SPA wie auch im SPSPA wird unter dem Definitionsanhang A jeweils unter "Options" auf die Erklärung im Abschnitt 2.4(a) verwiesen. In den angesprochenen Abschnitten wird zwar keine Legaldefinition des Begriffs "Options" gegeben, allerdings wird darauf verwiesen, dass neben den 358.526 nennwertlosen Stammaktien auch Optionen für insgesamt 16.214 Aktien gewährt werden.

Ad e) - Auszüge aus dem Option-SPA (Option-Share Purchase Agreement / Option-Anteilskaufvertrag):

Das Option-SPA wurde gemeinsam mit einem Muster des "Call Option-Exercise Notice" mit Eingabe des steuerlichen Vertreters vom dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. In der Präambel des Option-SPA findet sich einleitend lediglich das Abschlussjahr 2011, jedoch kein genaues Datum. In Abs. 2 wird darauf verwiesen, dass der Käufer am ca. 83% der ausgegebenen Aktien gemäß den Bedingungen und Bestimmungen dieses bestimmten Aktienkaufvertrags (der "Hauptkaufvertrag") vom 15. Juli 201 1 erworben hat. Abs. 3 beinhaltet den Verweis, dass der Käufer und die stillen Gesellschafter am das SPOA und das POA abgeschlossen haben. Der Abs. 4 nimmt hinsichtlich der Zielaktien darauf Bezug, dass der Käufer seine Kaufoption von den stillen Gesellschaftern ausgeübt hat bzw. die stillen Gesellschafter ihre jeweiligen Rechte zum Verkauf an den Käufer ausgeübt haben, wobei als Datum lediglich das Jahr 2011, nicht aber der Tag und das Monat genannt werden.

Die Transaktion wird in Artikel 1 beschrieben: "Gemäß den in dieser Vereinbarung festgelegten Bedingungen und Konditionen und gemäß der Vereinbarung über die Käuferoption stimmen die stillen Gesellschafter zu, die Anteile zu verkaufen, zu übereignen, abzutreten, zu übertragen und an den Käufer zu liefern, und der Käufer stimmt zu bei Abschluss (wie hierin definiert) das gesamte rechtliche und wirtschaftliche Eigentum an den Aktien frei und unbelastet von allen Lasten zusammen mit allen Rechten, die jetzt oder in Zukunft an sie geknüpft sind, einschließlich aller Rechte auf Dividenden oder andere Ausschüttungen, die nach dem Abschluss erklärt, vorgenommen oder gezahlt werden, zu kaufen, zu erwerben und von stillen Gesellschafter anzunehmen (die ,Transaktion')."

Die Bestimmungen des Closing (Pkt 1.3) sind ident mit jenen des SPA.

Als anzuwendendes Recht wird unter Pkt 9.10 - wie im SPA - das Recht des Staates New York für alle Fragen, die sich aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag ergeben, die Zusatzverträge und die Anhänge und Anlagen und alle damit in Betracht gezogenen Transaktionen, einschließlich ihrer Gültigkeit, Auslegung, Konstruktion, Ausführung und Durchsetzung und aller daraus entstehenden Streitigkeiten oder Kontroversen, bestimmt.

Die unter dem Anhang A genannten Begriffsdefinitionen "Closing Date", "Options", "Primary Purchase Agreement", "Purchaser Option Agreement", "Silent Partner Option Agreement" und "SP Option Agreements" entsprechenden jenen des SPA.

An dieser Stelle wird vom Bundesfinanzgericht festgehalten: Weshalb als anzuwendendes Recht im SPA, im Option-SPA und im SPSPA das Recht des Staates New York, im POA und SPOA das österreichische Recht zur Anwendung kommen soll, bzw. weshalb überhaupt für einen Kaufvertrag/Kaufoptionsvertrag über Anteile einer österreichischen Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich US-amerikanisches Recht als anzuwendendes Recht vereinbart wurde, konnte weder vom Bf. noch vom in den Vertragsabschlüssen involvierten Rechtsanwalt in nachvollziehbarer Weise beantwortet werden. Insofern kommt der von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung geäußerte Ansicht, bei den verwendeten Begriffe "Option" und "Settlement" handle es sich um anglo-amerikanische Begriffsauslegungen durchaus Berechtigung zu, zumal in den jeweiligen Klauseln des SPA, SPSPA und Option-SPA explizit auch für die (Begriffs)Auslegung amerikanisches Recht heranzuziehen ist.

  • Verknüpfung und zeitliche Zuordnung der einzelnen Verträge:

Beim SPA handelt es sich um den Hauptvertrag, auf welchen alle andere Verträge Bezug nehmen (Präambel Pkte 2.1 und 2.2 des POA und des SPOA; Präambel Abs. 2 Option-SPA; Präambel Abs. 2 SPSPA) bzw. in den Definitionsanhängen solche entsprechenden Begriffsbestimmungen enthalten sind (vgl. "Definitions" im Option-SPA und im SPSPA und insbes. in den POA und SPOA Verträgen, wonach das SPA als "the share purchase and transfer agreement dated as of July 15, 2011" bezeichnet wird). Die vom Bf. im Erörterungstermin vorgebrachte Argumentation, dass unter "Primary Purchase Agreement" auch die in zeitlicher Hinsicht frühere Vereinbarung gemeint sein könnte, wird vom Bundesfinanzgericht aus den diesbezüglich klaren Wortlauten der Verträge nicht geteilt. Zudem wurden die SPA-, POA- und SPOA- Verträge am selben Tag und lediglich das SPSPA zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen. Die Hauptvertragsrolle des SPA wird aber auch dadurch deutlich, dass im Artikel 1 Abschnitt 1.1 b) SPA auf die zeitgleich abgeschlossenen SP-Optionsvereinbarungen - d.s. laut "Definitions" das POA und SPOA - eingegangen wird und in den "Definitions" unter "Principal Acquisition Agreements" das SPA und die beiden SP-Optionsvereinbarungen (= POA und SPOA) genannt werden.

Inhaltlich wird im SPA über den Kauf der Anteile der Aktionäre - vgl. v.a. SPA Präambel Absatz 3 und Artikel 1 Abschnitt 1.1 a) - und der Option über die Anteile der stillen Gesellschafter - vgl. v.a. SPA Präambel Absatz 4 und Artikel 1 Abschnitt 1.1 a) - abgesprochen, wobei zu letzterer auf die diesbezüglichen Bedingungen in den SP-Optionsvereinbarungen (= POA und SPOA) verwiesen wird. Den SP-Optionsvereinbarungen wiederum ist als Muster das "SP Option SPA" als das "Purchaser Option Share Agreement" angefügt (siehe SPA "Definitions").

Die beiden, am selben Tag wie das SPA abgeschlossenen, SP-Optionsvereinbarungen (= POA und SPOA) beinhalten das Regelwerk über die Kaufoptionen und die Verkaufsoptionen hinsichtlich der noch zu verkaufenden Anteile. In den "Definitions" bezüglich des "Option-SPA" wird festgehalten, dass dieser - jeweils als Anhang dem POA/SPOA beigefügte - Vertrag mit Ausübung der jeweiligen Kaufoption gem. Abschnitt 5 des POA/SPOA in Kraft tritt.
Abschnitt 5 beinhaltet, dass im Falle der Ausübung einer Kaufs-/Verkaufsoption der jeweilige Kaufs-/Verkaufsoptionsverkäufer und der Kaufs-/Verkaufsoptionskäufer automatisch (ohne weitere Maßnahmen der Parteien) in Bezug auf die vom jeweiligen Kauf-/Verkaufsoptionsverkäufer gehaltenen Kaufs-/Verkaufsoptionsanteile in das jeweilige Options-SPA eintreten.

Nach Pkt. 6.1 POA übt der Käufer die Kaufoption aus, indem er dem jeweiligen Verkäufer eine Mitteilung über die Ausübung ("Call Option-Exercise Notice") der jeweiligen Kaufoption zustellt, im Falle der Verkaufsoption übt der Verkäufer die jeweilige Verkaufsoption aus, indem er dem Käufer eine Mitteilung über die Ausübung der jeweiligen Verkaufsoption zukommen lässt, die eine Annahme des jeweiligen Kaufangebots darstellt ("Put Option-Exercise Notice", Pkt. 6.1 SPOA). Gem. Pkt. 6.2 POA darf der Käufer die Kaufoptionen nur während des Zeitraums zwischen und , nach Pkt. 6.2 SPOA darf der Verkaufsoptionsverkäufer die jeweilige Verkaufsoption nur während des Zeitraums vom bis einschließlich ausüben.

Das als Anhang zum POA und SPOA genannte Option-SPA enthält in Abs. 2 und Abs. 3 der Präambel die Verweise, dass der Käufer mit gem. den Bestimmungen des SPA ca. 83% der Zielanteile erworben und das POA und SPOA mit den stillen Gesellschaftern abgeschlossen hat. In Absatz 4 wird das Datum der Ausübung der Option btr. der verbleibenden Anteile genannt, wobei im vorliegenden Fall statt der genauen Datumsangabe lediglich "on [●], 2011," angeführt ist.

Das Bundesfinanzgericht stellt nach Vergleich der Texte des SPSPA und des Option-SPA fest, dass das SPSPA hinsichtlich des Aufbaus ident mit dem Option-SPA ist und sich die Dokumente lediglich durch die Titulierung ("Option Share Purchase Agreement" bzw. "Silent Partner Share Purchase Agreement") und durch folgende unterschiedliche Ausführungen in der Präambel, in Artikel 1 Abschnitt 1.1 und in den "Definitions" sowie in den Abschnitten 1.5, 1.6, 5.1, 5.2 unterscheiden: In der Präambel des Option-SPA existiert ein zusätzlicher Absatz 3 bezügl. des Abschlusses des POAs und ist in der Präambel des SPSPA in Absatz 3 (= Absatz 4 Option-SPA) die volle Datumsangabe "on August 2, 2011" enthalten. In Artikel 1 Abschnitt 1.1 wird im Option-SPA im ersten Satz zusätzlich das POA angeführt. In den Option-SPA Definitions wird zusätzlich das "Silent Partner Option Agreement" und die "SP Option Agreements", in den SPSPA-Definitions zusätzlich das "Primary Purchase Closing" angeführt. Diese Unterschiede lassen sich dadurch erklären, dass das Option-SPA als Beilage zu den am abgeschlossenen POA und SPOA als Muster-Vertrag angehängt wurden und zu diesem Datum der Abschlusszeitpunkt hinsichtlich Tag und Monat noch nicht bekannt sein konnte, weshalb dieser Teil des Vertrags mit einem Platzhalter (= "on [●], 2011,") versehen wurde. Auch der zusätzliche Absatz in der Präambel und Artikel 1 Abschnitt 1.1 lässt sich damit erklären, dass bei Abschluss des SPSPA eine nochmalige Bezugnahme auf das POA - welches die Voraussetzung für den Abschluss des SPSPA ist - entbehrlich war.

  • Beurteilung der Spekulationsfrist gemäß § 30 EStG idF vor BudBG 2011:

Aus den soeben dargelegten Ausführungen ist es für das Bundesfinanzgericht zweifelsfrei feststellbar, dass das SPSPA der Kaufvertrag zur Übertragung der restlichen, von den stillen Gesellschaftern und damit auch vom Bf. gehaltenen, Anteile darstellt. Das Ergebnis der Beurteilung deckt sich mit der Erklärung des steuerlichen Vertreters vom , in welcher er dem Bundesfinanzgericht mitteilte, dass es sich beim Option-SPA um das SPSPA handle.

Wie oben dargestellt wurde/n
- das SPA, das POA und das SPOA am , abgeschlossen; im Zuge des Abschlusses des SPA wurden vom Käufer 83% der gegenständlichen Aktien von den Aktionären erworben;
- das SPSPA am abgeschlossen um - nach diesbezüglicher Anzeigen vom (siehe die beiden "Call Option-Exercise Notices") - nunmehr auch die restlichen 17% der ausstehenden Aktien von den stillen Gesellschaftern zu erwerben (vgl. Abs. 1 und Abs. 2 der Präambel; Artikel 1 Abschnitt 1.1 SPSPA).

Zur Frage des Spekulationstatbestands vertritt das Bundesfinanzgericht folgende Rechtsansicht:

Mit Abschluss des SPA, welcher den Kaufvertrag für 83% der Aktien darstellt, wurden gleichzeitig das POA (für die Call-Option) und das SPOA (für die Put-Option) unterzeichnet. Aufgrund der unter B und C getätigten Feststellungen handelt es sich bei den beiden Verträgen (POA und SPOA) gemäß den unter A angeführten Definitionen um Optionsverträge. Mit dem POA wurde dem Käufer (X.Y.GmbH) die Kaufoption für jene verbleibenden 17% Anteile, welche von den stillen Gesellschaftern (darunter der Bf.) gehalten wurden, eingeräumt und handelte es sich bei diesem Vertrag um den Erwerb der Option. Die Option selbst wurde erst mit Abgabe der beiden "Exercise Notices" gezogen.
Den von der Lehre und Rechtsprechung geforderte Inhaltserfordernissen - Optionsverträge müssen alle wesentlichen Vertragsbestimmungen bereits enthalten, weil die Ausübung der Option durch einseitige Erklärung ohne neuerlichen Vertragsabschluss das Schuldverhältnis selbst hervorruft - werden das POA und das SPOA gerecht. Entsprechend wird an dieser Stelle nochmals auf Abschnitt 5. POA verwiesen, in dem es unter Punkt 5.1. heißt: "Im Falle der Ausübung einer Kaufoption treten der jeweilige Kaufoptionsverkäufer und der Kaufoptionskäufer automatisch (ohne weitere Maßnahmen der Parteien) in Bezug auf die vom jeweiligen Kaufoptionsverkäufer gehaltenen Kaufoptionsanteile in den jeweiligen Optionsvertrag ein. Eine Kopie von jedem Options-SPA ist als Anhang ./5.1 (das ,Options-SPA') beigefügt."
Da vom Bf. dem Bundesfinanzgericht zwei "Call Option-Exercise Notice" vorgelegt wurden, ist im Beschwerdefall das POA, also die Kaufoption, mit dem festgesetzten Optionsausübungzeitraum bis (Pkt. 6.1 POA) und nicht die erst im Anschluss an diese Ausübungsfrist anschließende Verkaufsoption mit der Ausübungsfrist bis (Pkt. 6.1 SPOA) schlagend geworden. Aufgrund der unterschiedlichen Optionsfristen, aber auch aufgrund der fehlenden Beschränkung der Gesellschaftsrechte zugunsten des Käufers (vgl. Pkt. 6.4 POA) während der Optionslaufzeiten lag keine deckungsgleiche Doppeloption vor und ist durch den Kauf- bzw. Verkaufsoptionsvertrag (= POA bzw. SPOA) beim erstmaligen Einandergegenüberstehen am kein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Käufer zustande gekommen.
Durch den Optionsvertrag (= POA) wurde der Optionsberechtigte (= Käufer) in die Lage versetzt die darin getroffene Vertragsabrede (= Kauf der restlichen Anteile) durch die Abgabe der Ausübungserklärung (= "Exercise Notice") innerhalb des Ausübungszeitraums ( bis ) wirksam werden zu lassen.
Mit den am unterzeichneten und übermittelten einseitigen Optionsausübungserklärungen (= zwei Call Option-Exercise Notices) wurde der Erwerb der restlichen 17% Aktienteils (= in Aussicht genommenes Rechtsgeschäft) von den stillen Gesellschaftern (darunter auch der Bf.) und damit das Verpflichtungsgeschäft in Geltung gesetzt. Erst mit diesem Akt und dem Abschluss des Kaufvertrags vom (SPSPA), welches bereits als Muster ("Option-SPA") dem POA beigefügt war, wurden die streitgegenständlichen Anteile veräußert. Dass bis zum Ausübungszeitraum der Call-Option kein bindender Vertrag in Form einer Punktation oder eines Vorvertrages vorgelegen ist zeigt zum einen die obige Vertragsanalyse. Gegenständlich liegen mit dem SPA hinsichtlich der Anteile der Aktionäre und dem SPSPA bzgl. der Anteile der stillen Gesellschafter zwei Kaufverträge bzw. mit dem POA und dem SPOA zwei nicht idente Optionsverträge (btr. Call-Option und Put-Option) vor. Zum anderen konnte der Bf. im Erörterungstermin glaubhaft machen, dass es aufgrund der drohende Insolvenzsituation der Z.Z. nicht auszuschließen war, dass der Käufer X.Y.GmbH von der Call-Option nicht gebraucht machen hätte können. Im Falle der Put-Option war in der hohen Fremdfinanzierung eine Unsicherheit gelegen. Entsprechend verlieb ein erhebliches wirtschaftliches Risiko bei den stillen Gesellschaftern als Anteilseigner.

Da für die Berechnung der Frist iSd § 30 EStG idF vor BudBG 2011 der Zeitpunkt des Zustandekommens der auf die Eigentumsübertragung ausgerichteten Rechtsgeschäfte (Verpflichtungsgeschäft) bei Anschaffung und Veräußerung maßgeblich ist, und nach der bereits zitierten Judikatur des VwGH - und im Übrigen von beiden Vertragsparteien unbestritten - eine bloße Kaufoption keinen Anschaffungs- bzw. Veräußerungsvorgang bewirkt, ist im Beschwerdefall die Spekulationsfrist nicht schon mit Abschluss des Optionsvertrags (POA) vom , sondern erst mit der Ausübung der Option am (= das relevante Verpflichtungsgeschäft) zu berechnen.
Im Beschwerdeverfahren war somit hinsichtlich der mit dem SPSPA veräußerten, einbringungsgeborenen, Aktien die Spekulationsfrist gemäß § 30 EStG idF vor BudBG 2011 zum Veräußerungszeitpunkt abgelaufen.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und die Einkommensteuer 2011 mit 44.365,00 Euro - bisher 50.738,00 Euro - festzusetzen (Einkünfte aus Spekulationsgeschäfte, Kz 801, 1.544,27 Euro; Einkünfte aus Veräußerung von Beteiligungen, Kz 802, 82.844,61 Euro).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts stützt sich auf die angeführte höchstgerichtliche Judikatur. Zudem handelt es sich im Beschwerdefall um auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösenden Sachverhaltsfrage. Es war daher die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.

Graz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise



Zitiert/besprochen in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner in BFGjournal 2021, 218
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100717.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at