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Konteneinschau Rekurs - Senat - Beschluss, BFG vom 09.02.2021, KR/2100003/2021

Keine Konteneinschau ohne Information des Abgabepflichtigen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***SenV***, den Richter ***Ri*** und die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** über den Rekurs von

***Rw***, ***Rw-Adr***, vertreten durch Kanzlei Kleiner Eberl Brandstätter Steuerberatung GmbH, Burgring 22, 8010 Graz,

vom gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , KE/7100001/2020 betreffend Bewilligung eines Auskunftsverlangens nach § 8 KontRegG für die Jahre 2014 bis 2017 bezüglich der Konten bei der

Bank1
***1***
.***2***
***3***

und bei der Bank2
***4***
***5***
.***6***
***7***

beschlossen:

Die Konteneinschau wurde zu Unrecht bewilligt.

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Begründung

Mit dem hier rekursgegenständlichen Beschluss vom , KE/7100001/2020 bewilligte das Bundesfinanzgericht durch Einzelrichter das Auskunftsverlangen.
Der Begründung des Beschlusses ist zu den Voraussetzungen zu entnehmen:

Zu Zweifeln an der Richtigkeit:

"Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen ergeben sich auf Grund der nach dem Kapitalabfluss-Meldegesetz erstatteten, den Ausgangspunkt für die Durchführung einer Abfrage aus dem Kontenregister bildenden Meldungen von Kapitalabflüssen auf Konten und Depots des Abgabepflichtigen und seiner Gattin (mit Zeichnungsberechtigung des Abgabepflichtigen), sie sind auch begründet.(…) Der durch diese Kapitalabflüsse indizierte Vermögenszuwachs auf den Konten ist, um überprüfen zu können, ob dieser aus bisher steuerlich nicht ein bekannten Einnahmen herrührt, jedenfalls aufklärungsbedürftig, zumal das vom Abgabepflichtigen ein bekannte Einkommen von rd. 330T Euro im Zeitraum 2011 bis 2016, auf das sich das Finanzamt in der Begründung der Konteneinschau bezieht und aus dem der Abgabepflichtige noch seinen Lebensunterhalt bestreiten musste, sowie der auf das Konto ***1*** überwiesene Erlös aus dem Liegenschaftsverkauf in Höhe von rd. Euro dessen Herkunft nur zum Teil erklären können. Im Übrigen ist die Behauptung in der Stellungnahme vom , sämtliche Steuerpflichtige Einnahmen der Jahre 2011 bis 2015 seien auf das Konto ***1*** eingegangen, unbelegt geblieben.Im Hinblick auf die durch die Meldungen nach dem Kapitalabfluss-Meldegesetz offenbar gewordenen Kapitalabflüsse, die der Abgabepflichtige mit seinen allgemein gehaltenen und unbelegten Erläuterungen nicht durch entsprechende Zuflüsse auf die betreffenden Konten aufklären konnte, und die Grund zu der Annahme geben, dass auf den Konten des Abgabepflichtigen bzw. auf Konten, für die er zeichnungsberechtig ist bzw. war, Beträge eingegangen sind, die aus steuerlich bisher nicht ein bekannten Einkünften des Abgabepflichtigen herrühren, sind die Zweifel des Finanzamtes an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen begründet."

Zur Eignung

"Die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen beziehen sich im Wesentlichen auf die Herkunft der in den Kapitalabfluss-Meldungen gemeldeten Geldmittel. Es liegt auf der Hand, dass die Einsicht in die in Rede stehenden Konten geeignet ist, die Zweifel, ob in dem vom Auskunftsverlangen umfassten Zeitraum bis über diese Konten dem Abgabepflichtigen zurechenbare, bislang steuerlich nicht erfasste Zahlungsflüsse stattgefunden haben, aufzuklären. "

Zum Eingriff in schutzwürdige Interessen

"Da nicht auszuschließen ist, dass sich die steuerliche Bemessungsgrundlage bei Bestätigung des vom Finanzamt gehegten Verdachts wesentlich erhöht und die zweifelhafter Angaben des Abgabepflichtigen durch keine anderen zweckmäßigen Ermittlungsmaßnahmen überprüft werden können, ist auch nicht zu erwarten, dass der mit der Auskunftserteilung verbundene Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Kunden der beiden Kreditinstitute außer Verhältnis zum Zweck der Ermittlungsmaßnahme steht. "

Der Rekurswerber hat mit Schreiben vom den Rekurs gegen diesen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes eingelegt und in der Begründung das Vorliegen der Berechtigung der Abgabenbehörde, im gegenständlichen Fall Auskunft über Tatsachen einer Geschäftsverbindung vom Kreditinstitut zu verlangen (§ 8 Abs. 1 KontRegG), bestritten.

Der Rekurswerber erklärte dazu:

"Die gegenständliche Begründung des Auskunftsverlangens kann niemals geeignet sein, die Konten, schon gar nicht alle Konten, zu öffnen, da

> die in der Begründung von der Abgabenbehörde vorgebrachten Zweifel dem Rekurswerber nachweislich aktenkundig in den 42 Monaten des Verfahrens zu keinem Zeitpunkt zur Äußerung vorgehalten wurden (Verletzung des Parteiengehörs),

> die als Begründung genannten Kapitalabflüsse nicht alle zur Öffnung beantragten Konten betreffen, somit der Umfang der beantragten Öffnung viel zu umfassend ist,

> sowie auch die Zeiträume der beantragten Öffnung zu wenig konkret sind und der Rekurswerber nachweislich aktenkundig nicht schriftlich über das Vorhaben einer Konteneinschau in Kenntnis gesetzt wurde (Verletzung des Parteiengehörs!)."

(…)

"Die Abgabenbehörde übersieht, dass die steuerliche Vertretung die Außenprüfung wiederholte Male, dies auch im Zuge des Telefonats vom und in den Besprechungen vom und vom gefragt hat, wieso die Abgabenbehörde in die Konten Einschau nehmen wolle und um Bekanntgabe allfälliger Fragen ersucht hat, die durch eine solche Einschau einer Aufklärung zugeführt werden sollen. Darauf hat die steuerliche Vertretung aber bis zur Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung der Konteneinschau vom keine Antwort erhalten."

(…)

"Die Begründungen des Finanzamt Graz-Stadt zur Konteneinschau waren dem Rekurswerber bis zur Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung der Konteneinschau (!) - aktenkundig jederzeit nachgewiesen - zu keinem Zeitpunkt schriftlich vorgehalten worden.

Die Abgabenbehörde hat sich niemals dazu geäußert, welche Angaben des Rekurswerbers die Abgabenbehörde in Zweifel zieht und inwieweit die angeforderten Kontobelege geeignet wären, diese Zweifel zu beseitigen."

(…)

"Die Abgabenbehörde hat den Rekurswerber nicht über ihr Vorhaben, einen Antrag auf Konteneinschau beim Bundesfinanzgericht zu stellen, informiert und auch nicht darüber, aus welchen Gründen sie eine Konteneinschau zu beantragen beabsichtigt.

Der Rekurswerber hat sohin keine Möglichkeit erhalten, seine Rechte zu wahren und sich zur beabsichtigten Konteneinschau zu äußern, geschweige denn zu allfälligen Zweifeln der Abgabenbehörde. Das Finanzamt Graz-Stadt hat gegenüber dem Rekurswerber auch auf wiederholte Nachfrage in keinem Verfahrensstadium jemals irgendwelche Bedenken kundgetan."

(…)

"Keinesfalls schlüssig ist, dass das Bundesfinanzgericht die Bewilligung der von der Abgabenbehörde beantragten Konteneinschau mir den Zeitraum bis

mir die Konten bei der Bank1
***1***
.***2***
***3***

bei der Bank2
***4***
***5***
.***6***
***7***

auf die vorliegenden Kapitalabflussmeldungen stützt.

Tatsächlich erfolgten Kapitalabflussmeldungen aber nur für die Konten

***1***
***3***
***5***

Wieso und mit welcher Begründung das Bundesfinanzgericht allerdings auch eine Einschau in die Konten und Depots

.***2***
***4***
.***6***
***7***

bewilligte ist keinesfalls nachvollziehbar und vollkommen überschießend.

Auch der allgemeine Zeitraum 01 .01 .2014 bis , mir den das Bundesfinanzgericht die beantrage Konteneinschau bewilligte, ist nicht zutreffend, da die Kapitalabflüsse einerseits nur die Jahre 2015 bis 2017 betrafen sowie andererseits
das Depot .***2*** und das dazugehörige Wertpapierverrechnungskonto ***3*** erst am eröffnet wurden,
das Depot .***6*** und das dazugehörige Wertpapierverrechnungskonto ***4*** erst am eröffnet wurden,
das Einlagenkonto ***5*** am eröffnet und am geschlossen wurde,
das Konto ***7*** am eröffnet und am geschlossen wurde."

(…)

"Der Rekurswerber wurde vor Antrag auf Konteneinschau zu keinem Zeitpunkt mit den in der Begründung des Auskunftsverlangens formulierten Zweifeln der Abgabenbehörde schriftlich konfrontiert."

Über den Rekurs wurde erwogen:

Rechtslage

Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, BGBl. I Nr. 116/2015 idF BGBl. I Nr. 62/2018 (gültig im Dezember 2020)

Auskunftsverlangen an Kreditinstitute

§ 8 (1) Die Abgabenbehörde ist berechtigt, in einem Ermittlungsverfahren nach Maßgabe des § 165 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, über Tatsachen einer Geschäftsverbindung von Kreditinstituten Auskunft zu verlangen, wenn

1. begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen,

2. zu erwarten ist, dass die Auskunft geeignet ist, die Zweifel aufzuklären und

3. zu erwarten ist, dass der mit der Auskunftserteilung verbundene Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Kunden des Kreditinstitutes nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der Ermittlungsmaßnahme steht.

(2) Auskunftsverlangen bedürfen der Schriftform und sind vom Leiter der Abgabenbehörde zu unterfertigen. Auskunftsersuchen und ihre Begründung sind im Abgabenakt zu dokumentieren.

(3) Im Verfahren zur Veranlagung der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer sind Auskunftsverlangen (Abs. 1) nicht zulässig, außer wenn - nach Ausräumung von Zweifeln durch einen Ergänzungsauftrag nach § 161 Abs. 1 BAO - die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hat, ein Ermittlungsverfahren gemäß § 161 Abs. 2 BAO einleitet und der Abgabepflichtige vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Die Würdigung der Stellungnahme ist aktenkundig zu machen. § 8 Abs. 1 gilt sinngemäß.

(4) Wenn der Abgabepflichtige nicht Inhaber des Kontos, sondern vertretungsbefugt, Treugeber oder wirtschaftlicher Eigentümer ist, darf ein schriftliches Auskunftsverlangen erst dann gestellt werden, wenn der Inhaber des Kontos vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Die Würdigung der Stellungnahme ist aktenkundig zu machen. § 8 Abs. 1 gilt sinngemäß.

§ 9 (1) (Verfassungsbestimmung) Das Bundesfinanzgericht entscheidet durch Einzelrichter mit Beschluss über die Bewilligung einer Konteneinschau.

(2) Auskunftsverlangen (§ 8) bedürfen der Bewilligung durch das Bundesfinanzgericht. Dazu hat die Abgabenbehörde folgende Unterlagen elektronisch vorzulegen:

1. die Niederschrift über Anhörung des Abgabepflichtigen oder den diesbezüglichen Schriftverkehr, wenn es aus Gründen, die beim Abgabepflichtigen liegen, nicht zu einer Anhörung gekommen ist; in den Fällen des § 8 Abs. 4 auch die Würdigung der Stellungnahme der Person, die nicht Partei des Abgabenverfahrens ist,

2. das vom Leiter der Abgabenbehörde unterfertigte Auskunftsverlangen, und

3. die Begründung.

(3) Das Bundesfinanzgericht prüft auf Basis des vorgelegten Auskunftsverlangens das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Konteneinschau nach diesem Gesetz. Die Entscheidung ist tunlichst binnen 3 Tagen zu treffen.

(4) (Verfassungsbestimmung) Gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts nach Abs. 1 kann ein Rekurs eingelegt werden, über den das Bundesfinanzgericht durch einen Senat entscheidet. § 288 BAO ist sinngemäß anzuwenden.

(5) Entscheidet das Bundesfinanzgericht nach Abs. 4 dass die Konteneinschau zu Unrecht bewilligt wurde, dann gilt bezüglich der bei dieser Konteneinschau gewonnenen Beweise ein Verwertungsverbot in dem Abgabenverfahren, in dem das Auskunftsverlangen gestellt wurde.

Würdigung der Einwände

Berechtigung zur Konteneinschau

Im Rekursfall hat das BFG die Einschau bewilligt, weil begründete Zweifel an den Angaben des Abgabepflichtigen vorlagen, die Einschau in die Konten geeignet war, diese Zweifel zu beseitigen und der Eingriff in die schutzwürdigen Interessen verhältnismäßig war.

Der Rekurswerber bestreitet die Rechtmäßigkeit im Wesentlichen damit, dass ihm keine konkreten Zweifel bekannt gegeben wurden und er so keine Gelegenheit hatte, die Zweifel anders als durch Öffnung der Konten zu beseitigen.

Nach § 119 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen. Diese Offenlegungspflicht betrifft - auch aufgrund der Buchführungsvorschriften des § 131ff BAO - sämtliche Belege, also jedenfalls auch die Kontoauszüge der Konten, auf denen steuerpflichtige Einnahmen vereinnahmt wurden.

Dementsprechende hat das BFG in seiner Bewilligung KE/7100001/2020 auch festgehalten, dass "im Hinblick darauf, dass nur die Einsichtnahme in die Konten Aufklärung bringen kann, im Sinne des § 165 BAO Verhandlungen mit dem Abgabepflichtigen nicht zum Ziel führen bzw. keinen Erfolg versprechen. "

Die gesetzlich vorgesehene Vorlage von Belegen, die für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, soll es der Abgabenbehörde ermöglichen, die Richtigkeit der Erklärungen zu überprüfen. Die gebotene Offenlegung kann auch nicht dadurch vermieden werden, dass der Abgabepflichtige (nur) detaillierte Fragen des Finanzamtes beantwortet, ohne die dazu gehörigen Kontoauszüge offenzulegen. Besteht beispielsweise der (begründete) Verdacht, dass zusätzlich zum erklärten Kaufpreis weitere Gelder auf Privatkonten geflossen sind, dann kann dieser Verdacht nur durch die Offenlegung der Privatkonten ausgeräumt werden.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes dient die Aufbewahrung - und in weiterer Folge die Offenlegung - der Belege nämlich der verlässlichen Prüfung der Richtigkeit von Buchungen im Interesse der Abgabenerhebung ( oder ). Dieser Grundsatz muss sinngemäß auch für außerbetriebliche Einkünfte gelten (wie hier den Verkauf des Grundstückes).

Im Rekursfall hat der Rekurswerber die Vorlage der Bankauszüge verweigert. Die Abgabenbehörde war so nicht in der Lage zu überprüfen, ob alle Einnahmen ordnungsgemäß erklärt wurden. Zweifel daran hatte sie aufgrund der hohen Zahlungsflüsse, die ein Vielfaches der erklärten Gewinne ausmachten.

Genau für einen solchen Fall ist nach den Erläuternden Bemerkungen (685 der Beilagen XXV.GP) die Konteneinschau vorgesehen:
"Nach § 165 BAO sollen andere Personen erst dann befragt oder zur Vorlage von Büchern und Aufzeichnungen herangezogen werden, wenn die Verhandlungen mit dem Abgabepflichtigen nicht zum Ziel führen oder keinen Erfolg versprechen. Dieser Grundsatz gilt auch für an Kreditinstitute gerichtete Auskunftsverlangen der Abgabenbehörden. Solche Verlangen werden beispielsweise bei Außenprüfungen ( § 147 BAO) in der Regel nur dann zweckmäßig und mit § 165 BAO vereinbar sein, wenn der Abgabepflichtige sich weigert, die vollständigen Kontenunterlagen auf Verlangen des Prüfungsorgans vorzulegen. "

Die in § 8 Abs 1 KontRegG genannten Voraussetzungen für die Bewilligung eines Auskunftsverlangens (Konteneinschau) liegen damit vor.

Einhaltung formeller Vorschriften

Für die Konteneinschau besteht nach Ansicht des Gesetzgebers der Bedarf eines besonderen Rechtsschutzes (Erläuternde Bemerkungen zu § 9 KontRegG, 685 der Beilagen XXV.GP). Dieser drückt sich nicht nur durch ein förmliches Bewilligungsverfahren, sondern auch dadurch aus, dass der Abgabepflichtige in dieses Bewilligungsverfahren durch eine verpflichtende Stellungnahme eingebunden ist.

Dem Gesetzgeber war diese Stellungnahme offenbar so wichtig, dass er bei den für die Bewilligung der Konteneinschau gem. § 9 Abs 2 KontRegG vorzulegenden Unterlagen die Niederschrift über Anhörung des Abgabepflichtigen (oder den diesbezüglichen Schriftverkehr, wenn es aus Gründen, die beim Abgabepflichtigen liegen, nicht zu einer Anhörung gekommen ist ) an erster Stelle genannt hat und erst danach das Auskunftsverlagen und die Begründung auflistet.

Obgleich die Anhörung des Abgabepflichtigen gem. § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG nicht zu den explizit genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. § 8 KontRegG zählt, ist der Umstand, dass gem. § 8 Abs 1 Z 1 KontRegG "begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen " müssen, in Verbindung mit der Vorschrift des § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG so zu lesen, dass die Konfrontation des Abgabepflichtigen mit der möglichen Konteneinschau eine zwingende Anwendungsvoraussetzung für die Bewilligung darstellt, da es ja um die Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen geht. Nur dann, wenn er Gelegenheit hatte, seine ursprünglichen Angaben zu verbessern oder Unterlagen vorzulegen, können Zweifel an den Angaben bestehen bleiben.

Ungeklärt ist die Rechtsfrage, was unter "Anhörung" iSd § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG zu verstehen ist. Die erläuternden Bemerkungen zu § 9 in der Stammfassung des KontRegG (685 der Beilagen XXV.GP) äußern sich nicht dazu, worüber genau eine Niederschrift aufzunehmen ist.

Dem Sinn nach betrifft die in § 9 Abs 2 KontRegG angesprochene Niederschrift über die Anhörung des Abgabepflichtigen seine Einwendungen zur Konteneinschau (vgl Rauscher, Auskunftsverlangen der Abgabenbehörden an Kreditinstitute und deren Bewilligung durch das BFG, SWK 2019, 727) und nicht seine Einwendungen zu den Zweifeln an der Richtigkeit seiner Angaben.
Die Niederschrift wird in einem Absatz mit dem Auskunftsverlangen genannt und muss sich demnach nach der im Rekursfall geltenden Rechtslage (§ 9 Abs 2 Z 1 KontRegG idF BGBl I Nr. 62/2018) auf das Auskunftsverlangen beziehen (erst mit BGBl I Nr. 25/2021 wurde in § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG die Wortfolge: "als Nachweis betreffend die Wahrung des Parteiengehörs zu § 8 Abs. 1 Z 1 " eingefügt).

Soweit der Rekurswerber vermeint, die Abgabenbehörde hätte ihm im Verfahren zur Bewilligung des Auskunftsverlangens konkrete Fragen zu stellen bzw. ihn mit konkreten Verdachtsmomenten zu konfrontieren gehabt, die durch eine solche Einschau einer Aufklärung zugeführt werden sollen, verwechselt er das Betriebsprüfungsverfahren (Außenprüfung gemäß § 147 BAO) mit dem Verfahren der Konteneinschau:

Im Rahmen des Betriebsprüfungsverfahren wird der Abgabepflichtige zunächst zur Vorlage von Unterlagen (idR der Buchhaltungsunterlagen) aufgefordert. Wenn der Prüfer nach Durchsicht der Unterlagen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben (idR der Steuererklärungen) hat, konfrontiert er den Abgabepflichtigen mit diesen Fragen und ersucht um Aufklärung.

Diese Vorgehensweise der Außenprüfung ist in § 8 Abs 3 KontRegG für das Innendienst-Verfahren zur Veranlagung der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer (idR der Erstveranlagung) nachgebildet. (Das Gesetz unterscheidet zwischen Außenprüfungsverfahren - § 8 Abs 1 KontRegG und Veranlagungsverfahren im Innendienst - § 8 Abs 3 KontRegG; vgl Erläuternde Bemerkungen zu § 8 Abs 1 und 3 KontRegG in 685 der Beilagen XXV. GP).
Auch bei einer Einschau außerhalb eines Betriebsprüfungsverfahrens sollen zunächst Unterlagen angefordert werden (Ergänzungsauftrag nach § 161 Abs. 1 BAO)und danach der Abgabepflichtige mit Fragen zu aufklärungsbedürftigen Sachverhalten konfrontiert werden (Bedenkenvorhalt nach § 161 Abs. 2 BAO).

Anders als bei Auskunftsverlangen im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens, bei dem die gesetzten Ermittlungsschritte gemäß § 8 Abs 1 KontRegG bzw. gemäß § 9 Abs 2 KontRegG weder aktenkundig zu machen sind, noch eine direkte Voraussetzung für eine Bewilligung darstellen (sie sind nur wegen des Erfordernisses von Zweifeln gemäß § 8 Abs 1 Z 1 KontRegG indirekt relevant), zählen Ergänzungsauftrag und Bedenkenvorhalt im Fall eines Auskunftsverlangens im Rahmen eines Innendienstverfahrens gemäß § 8 Abs 3 KontRegG zu den Voraussetzungen für die Bewilligung.

Erst nach dem abgabenbehördlichen Überprüfungsverfahren beginnt das Verfahren zur Konteneinschau (Bewilligung des Auskunftsverlangens). In diesem Verfahren wird der Abgabepflichtige (gesondert) darüber informiert, dass die Abgabenbehörde Einschau in die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegten Konten begehrt.
Der Abgabepflichtige muss vor der Beantragung der Bewilligung Gelegenheit zur Stellungnahme zur begehrten Konteneinschau haben, wobei die Würdigung seiner Stellungnahme aktenkundig zu machen ist (vgl. § 8 Abs 1 und 3 KontRegG).

Im Rekursfall erfolgte der Antrag auf Bewilligung der Konteneinschau im Rahmen eines abgabenbehördlichen Überprüfungsverfahrens. In diesem Verfahren wurden dem Abgabepflichtigen u.a. Kontoabflussmeldungen vorgehalten und zT auch mündlich der eine oder andere Verdacht geäußert, was u.a. durch den vorgelegten Schriftverkehr dokumentiert ist. Die verbleibenden Zweifel lassen sich der Begründung des Auskunftsverlangens entnehmen.

Nach Ansicht des erkennenden Senates ist § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG idF BGBl 62/2018 , demzufolge die Abgabenbehörde dem BFG durch die Vorlage einer Niederschrift oder eines Schriftverkehrs nachzuweisen hat, dass der Abgabepflichtige vom Vorhaben des Auskunftsverlangens durch die Abgabenbehörde in Kenntnis gesetzt wurde, zwingende Voraussetzung für die Bewilligung eines Auskunftsverlangens.

Im Rekursfall hat der Prüfer laut Aktenvermerk vom bei der steuerlichen Vertretung zwar das Vorhaben der Konteneinschau angesprochen, die Konteneinschau dem Abgabepflichtigen jedoch nicht - wie auch in Punkt 2.3.1. des Kontenregister- und Konteneinschau-Anwendungserlasses des BMF vorgeschrieben - nachweislich angekündigt und in Folge auch keine Niederschrift über dessen Äußerung erstellt (eine Niederschrift aus dem Jahr 2020 ist nicht aktenkundig).
Das Finanzamt kann somit nicht nachweisen, dass der Rekurswerber Gelegenheit gehabt hat, sich zur beabsichtigten Kontoöffnung zu äußern. Der Rekurswerber bestreitet das auch ausdrücklich.

Da das Bundesfinanzgericht der Bestimmung des § 9 Abs 2 Z 1 KontRegG idF BGBl I Nr. 62/2018 die Bedeutung beimisst, dass eine dokumentierte Konfrontation des Abgabepflichtigen mit der beabsichtigten Konteneinschau und eine Niederschrift seiner Stellungnahme dazu Anwendungsvoraussetzung für die Bewilligung ist und im Rekursfall nicht vorgenommen wurde, erfolgte die Einschau zu Unrecht.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Rekursfall gibt es keine Rechtsprechung zur Frage, ob eine Konteneinschau trotz fehlender Äußerung des Abgabepflichtigen zulässig ist. Die Revision war daher zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:KR.2100003.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at