Antrag auf Neuzustellung der Grundlagenbescheide, Einwand der Unionsrechtswidrigkeit, Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Michal Slany, Museumstraße 5/14, 1070 Wien, über die Beschwerden vom sowie gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom sowie , Steuernummer N-1, betreffend I. Antrag auf Neuzustellung sowie II. Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung gemäß § 18 AbgEO zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde vom betreffend Antrag auf Neuzustellung wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde vom betreffend Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der G-1 in Höhe von € 17.111,89 herangezogen.
Die dagegen am rechtzeitig erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
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Mit Schreiben vom gab der rechtsfreundliche Vertreter des Bf. I. seine Vollmacht bekannt und beantragte II. die Vorlage der Beschwerde vom (Beschwerdevorentscheidung vom ) an das Bundesfinanzgericht, III. die (neuerliche) Zustellung des Haftungsbescheides, in eventu der Beschwerdevorentscheidung, in eventu die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, IV. (erneut) die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung der Umsatzsteuer 2015 sowie V. die Aufschiebung der Exekution.
Dazu ist festzustellen, dass der Vorlageantrag die Beschwerde gegen den einheitlichen Vollstreckungstitel vom betrifft, über die bereits mit dem Erkenntnis des , entschieden wurde. Ebenso sind weder der Eventualantrag auf Wiedereinsetzung noch der Wiederaufnahmeantrag verfahrensgegenständlich, weshalb auf die Wiedergabe des diesbezüglichen Vorbringens verzichtet werden konnte.
Begründend wurde vorgebracht:
III. Antrag auf (neuerliche) Zustellung des Haftungsbescheides vom , in eventu der dazu ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom
Der Einschreiter sei der deutschen Sprache nicht mächtig. Er habe sämtliche Zustellungen nicht (ausreichend) verstanden und sämtliche seine Eingaben mittels Google-Translator übersetzt. Es sei für die Behörde erkennbar gewesen, dass der Einschreiter der deutschen Sprache nicht mächtig sei.
Gemäß § 11 ZustellG seien Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetzes- oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden solle, oder die internationale Übung zuließen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen. Aus § 11 ZustellG ergebe sich eine abgestufte Reihenfolge, die bei der Prüfung, ob eine entsprechende Zustellung in einem anderen Staat möglich und zulässig sei, anzuwenden sei. Entscheidend seien in erster Linie bestehende internationale Vereinbarungen.
Gemäß Art. XIII Abs. 4 zweiter und dritter Satz des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen und in Erleichterung seiner Anwendung, BGBl. Nr. 28/1996, gelte die Zustellung in beiden Vertragsstaaten als nicht bewirkt, wenn das zuzustellende Schriftstück nicht mit einer Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates versehen sei.
Gemäß Art. 5. Abs. 3. des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl. III. Nr. 65/2005, sei, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Zustellungsempfänger der Sprache, in der die Urkunde abgefasst sei, nicht kundig sei, die Urkunde - oder zumindest deren wesentlicher Inhalt - in die Sprache oder in eine der Sprachen des Mitgliedstaates, in dessen Hoheitsgebiet der Empfänger sich aufhalte, zu übersetzen. Sei der Behörde, die die Verfahrensurkunde ausgestellt habe, bekannt, dass der Empfänger nur einer anderen Sprache kundig sei, so sei die Urkunde - oder zumindest deren wesentlicher Inhalt - in diese andere Sprache zu übersetzen.
Die Behörde habe aufgrund der Hinweise seitens des Einschreiters, dass er seine Eingaben mit Google-Translator übersetze, in Verbindung mit der Tatsache, dass die Eingaben des Einschreiters grammatikalisch unrichtig bzw. - zumindest zum Teil - unverständlich bzw. sprachlich unschlüssig seien, ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass er der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sei.
Vor diesem Hintergrund sei die Zustellung des Haftungsbescheides sowie der in weiterer Folge auf diesen Haftungsbescheid erlassenen Beschwerdevorentscheidung sowie in weiterer Folge erlassenen Vollstreckungstitel bzw. -bescheide sowie die hiermit bekämpfte Beschwerdevorentscheidung nicht gesetzmäßig erfolgt, weil die genannten Schriftstücke nicht in die slowakische Sprache übersetzt gewesen seien.
V. Antrag auf Aufschiebung der Exekution
Die vom Einschreiter erhobenen Anträge seien schlüssig (und jedenfalls nicht von vornherein aussichtslos). Durch die Fortsetzung der Exekution gegen den Einschreiter würde ihm ein erheblicher Schaden entstehen.
Insbesondere würde dem Einschreiter durch die Fortsetzung der zwangsweisen Pfändung und der Fahrnisexekution ein unwiederbringlicher Schaden dadurch entstehen, dass seine der Pfändung unterliegenden Sachen versteigert bzw. verwertet werden würden. Eine Wiederbeschaffung wäre mit das Meistbot wesentlich übersteigenden Kosten verbunden. Diese gerichtsnotorische Tatsache bedürfe keiner Begründung.
Die Einschreiter stelle daher den Antrag, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den vorgenannten Vorlageantrag sowie den vorgenannten Antrag auf neuerliche Zustellung, in eventu auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, sowie bis zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung die Exekution gegen den Einschreiter aufzuschieben.
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Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Aufschiebung der Exekution ab und führte begründend aus:
Aus § 19 Abs. 2 AbgEO ergebe sich, dass die Exekution nur aufgeschoben werden dürfe, wenn der Beginn oder die Fortführung für den Aufschiebungswerber mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles verbunden wäre.
§ 19 Abs. 2 AbgEO schränke das gemäß § 18 AbgEO der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen, eine Aufschiebung zu bewilligen, ein, indem er die Bewilligung verbiete, wenn die in Aussicht genommene Vollstreckungshandlung dem Abgabenpflichtigen keinen unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteil zufüge. Vgl. dazu auch Liebeg, Tz 8 zu § 18 AbgEO mit Verweis auf :
"Die Vollstreckung auf eine Geldforderung kann nur dann aufgeschoben werden, wenn ausreichend glaubhaft gemacht wird, dass die Vermögenslage des betreibenden Gläubigers derart sei oder sein werde, dass der Anspruch auf Rückstellung des beim Drittschuldner zu Unrecht hereingebrachten Forderungsbetrages ganz oder teilweise uneinbringlich werden würde."
Bei Einbringungsmaßnahmen durch die Abgabenbehörde könne keine Rede davon sein, dass "der Anspruch auf Rückstellung" (eines allenfalls zu Unrecht eingebrachten Betrages) bei der Republik Österreich (Finanzamt) "ganz oder teilweise" uneinbringlich werden würde und somit für den Schuldner die Gefahr eines schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles bestünde.
Die Rechtskraft des Haftungsbescheides und der Umstand, dass der Antragsteller in Österreich weder einen Wohnsitz habe noch einer Erwerbstätigkeit nachgehe und sich Einbringungsmaßnahmen daher als schwer umsetzbar darstellten, ließen ein Zuwarten mit Vollstreckungshandlungen auch nicht als zweckmäßig erscheinen.
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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass der Bescheid an wesentlichen Verfahrensmängeln leide und inhaltlich unrichtig sei.
Unrichtig sei, dass das Zuwarten mit Vollstreckungshandlungen nicht zweckmäßig erscheine.
Gegenständlich habe die belangte Behörde bereits ein exekutives Pfandrecht an einer im Eigentum des Bf. stehenden Liegenschaft in der Slowakei erworben. Sollte die Exekution fortgesetzt werden, wäre eine allfällige Verwertung dieser Liegenschaft für ihn mit einem unwiederbringlichen Schaden verbunden. Eine Wiederbeschaffung wäre mit das Meistbot wesentlich übersteigenden Kosten verbunden. Diese gerichtsnotorische Tatsache bedürfe keiner Begründung. Durch das Vorliegen des exekutiven Pfandrechtes liege eine ausreichende Absicherung der belangten Behörde vor. Die Ansicht der belangten Behörde, dass sich (spätere) Einbringungsmaßnahmen als schwer umsetzbar darstellten, sei falsch. Richtigerweise hätte die belangte Behörde dem Antrag auf Aufschiebung der Exekution stattgeben müssen.
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Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die Anträge auf (neuerliche) Zustellung des Haftungsbescheides vom sowie der Beschwerdevorentscheidung vom ab und führte aus:
Der an den Bf. gerichtete Haftungsbescheid vom sei laut Vermerk auf dem internationalen Rückscheinbrief am dem Einschreiter zugestellt worden. Auch die Beschwerdevorentscheidung vom sei dem Einschreiter mit internationalem Rückscheinbrief am zugestellt worden. Die Zustellungen seien daher rechtmäßig und rechtswirksam erfolgt. Anders als das AVG (§ 18 Abs. 2) kenne die BAO keine Bestimmung des Inhalts, dass Erledigungen schriftlich zu ergehen hätten, wenn dies von der Partei verlangt werde. Den im Anbringen vom gestellten Anträgen auf (neuerliche) Zustellung des Haftungsbescheides vom bzw. auf (neuerliche) Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom , jeweils zu Handen des ausgewiesenen Rechtsanwaltes, könne daher nicht entsprochen werden.
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Dagegen erhob der Bf. am rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und wandte ein, dass der Bescheid an wesentlichen Verfahrensmängeln leide und inhaltlich rechtswidrig sei. Die Rechtsansicht der Behörde sei unrichtig.
Der ursprüngliche Haftungsbescheid sowie der in weiterer Folge aufbauend auf diesen Bescheid erlassene Haftungstitel seien ihm nicht wirksam zugestellt worden.
Der Bf. sei der deutschen Sprache nicht mächtig. Er habe sämtliche Zustellungen nicht (ausreichend) verstanden und sämtliche seine Eingaben mittels Google-Translator übersetzt. Es sei für die Behörde jedenfalls erkennbar gewesen, dass der Bf. der deutschen Sprache nicht mächtig sei.
Gemäß § 11 ZustellG seien Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetzes- oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden solle, oder die internationale Übung zuließen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen. Aus § 11 ZustellG ergebe sich eine abgestufte Reihenfolge, die bei der Prüfung, ob eine entsprechende Zustellung in einem anderen Staat möglich und zulässig sei, anzuwenden sei. Entscheidend seien in erster Linie bestehende internationale Vereinbarungen.
Gemäß Art. XIII Abs. 4 zweiter und dritter Satz des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen und in Erleichterung seiner Anwendung, BGBl. Nr. 28/1996, gelte die Zustellung in beiden Vertragsstaaten als nicht bewirkt, wenn das zuzustellende Schriftstück nicht mit einer Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates versehen sei.
Gemäß Art. 5. Abs. 3. des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl. III. Nr. 65/2005, sei, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Zustellungsempfänger der Sprache, in der die Urkunde abgefasst sei, nicht kundig sei, die Urkunde - oder zumindest deren wesentlicher Inhalt - in die Sprache oder in eine der Sprachen des Mitgliedstaates, in dessen Hoheitsgebiet der Empfänger sich aufhalte, zu übersetzen. Sei der Behörde, die die Verfahrensurkunde ausgestellt habe, bekannt, dass der Empfänger nur einer anderen Sprache kundig sei, so sei die Urkunde - oder zumindest deren wesentlicher Inhalt - in diese andere Sprache zu übersetzen.
Die Behörde hätte aufgrund der Hinweise seitens des Bf., dass er seine Eingaben mit Google-Translator übersetze, in Verbindung mit der Tatsache, dass die Eingaben des Einschreiters grammatikalisch unrichtig bzw. - zumindest zum Teil - unverständlich bzw. sprachlich unschlüssig seien, ausreichend Anhaltspunkte dafür gehabt, dass er der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sei.
Vor diesem Hintergrund sei die Zustellung des Haftungsbescheides sowie der in weiterer Folge auf diesen Haftungsbescheid erlassenen Beschwerdevorentscheidung (sowie in weiterer Folge erlassenen Vollstreckungstitel bzw. -bescheide) nicht gesetzmäßig, insbesondere seien die genannten Schriftstücke nicht in die slowakische Sprache übersetzt gewesen.
Interessant sei weiters die Vorgehensweise der Behörde im gegenständlichen Verfahren. Der Bf. habe am im Rahmen einer einheitlichen Eingabe einen Antrag auf (neuerliche) Zustellung, in eventu auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
Anstatt über die einheitlichen Anträge (Hauptbegehren und ein Eventualbegehren) einheitlich zu entschieden, habe die Behörde zunächst am über den Eventualantrag entschieden und das Hauptbegehren unerledigt gelassen. Gegen die Entscheidung vom habe der Bf. eine Beschwerde erhoben, dieses Beschwerdeverfahren sei anhängig. Offenbar aufgrund der erhobenen Beschwerde habe die Behörde ihren Fehler erkannt und nunmehr die gegenständlich bekämpfte Entscheidung erlassen. Das Vorgehen der Behörde sei rechtswidrig und führe im Widerspruch zum Grundsatz der Verfahrensökonomie dazu, dass mehrere (sich widersprechende / unlogische) Entscheidungen der Behörde vorlägen bzw. vorliegen könnten und der Bf. mehrere Beschwerden erheben müsse; dadurch würden die Verfahrensrechte des Bf. sowie seine Grundrechte massiv beschnitten, zumal er mit mehreren Beschwerdeverfahren (anstatt eines einheitlichen Verfahrens) konfrontiert sei.
Die Behörde hätte richtigerweise über sämtliche vom Bf. am gestellten Anträge mit einem einheitlichen Bescheid entscheiden müssen, was allerdings nicht erfolgt sei. Hilfsweise hätte die Behörde das bereits eingeleitete Beschwerdeverfahren abwarten müssen und erst nach Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung des anhängigen Beschwerdeverfahrens das weitere Verfahren fortsetzen dürfen.
Dazu komme, dass die Grundsätze der "Sachentscheidung" sowie der "materiellen Wahrheitsfindung" im Verwaltungsverfahren verankert sei. Der Bf. habe der Behörde bereits wiederholt dargelegt (und bewiesen), dass die seinerzeit erlassenen Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheide der Gesellschaft sowie der darauf aufbauende gegen den Bf. erlassene Haftungsbescheid falsch seien. Die belangte Behörde hätte (auch von Amts wegen) die inhaltlichen Einwände des Bf. berücksichtigen und den gegen den Bf. erlassenen Haftungsbescheid ersatzlos beheben müssen. Stattdessen erlasse die Behörde im genannten Verfahren immer wieder irgendwelche Bescheide (z.B. erkenne sie dem Bf. aus formellen Gründen die Antragslegitimation ab), die an der sachlichen Kernproblematik des Falles vorbeigingen. Die Behörde handle dadurch willkürlich.
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Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde betreffend Neuzustellung als unbegründet ab und führte aus:
Sowohl der Haftungsbescheid vom als auch die Beschwerdevorentscheidung vom seien vom Postapparat der Slowakei angenommen und von diesem dem Bf. nach den in der Slowakei geltenden diesbezüglichen Zustellvorschriften nachweislich mit internationalem Zustellschein und damit rechtens zugestellt worden. Im angefochtenen Bescheid habe das Finanzamt daher zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zustellungen rechtmäßig und rechtswirksam erfolgt seien. Würden die beiden Bescheide neuerlich gleichlautend an den Bf. erlassen, wären die zuletzt erlassenen Bescheide aufgrund bereits entschiedener Sache (ne bis in idem) rechtswidrig.
Zum Vorbringen, der Bf. sei der deutschen Sprache nicht mächtig, er habe sämtliche Zustellungen nicht (ausreichend) verstanden und habe sämtliche seine Eingaben mittels Google-Translator übersetzt:
Gemäß Art. 8 B-VG sei die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik Österreich. Dies bedeute, dass die deutsche Sprache die offizielle Sprache sei, in der alle Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen hätten und mittels derer die Staatsorgane mit den Parteien und untereinander zu verkehren hätten.
Habe der (sich auf mangelnde Sprachkenntnisse berufende) Bf. die ihm zugestellte behördliche Erledigung als Bescheid erkannt, sei er verpflichtet, sich - notfalls unter Beiziehung eines Übersetzers - mit dessen Inhalt einschließlich der Rechtsmittelbelehrung vertraut zu machen (vgl. dazu auch ).
Informativ würden ihm beiliegend eine Kopie des Haftungsbescheides vom und eine Kopie der Beschwerdevorentscheidung vom , jeweils mit Zustellnachweis, übermittelt.
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Mit weiterer Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt auch die Beschwerde betreffend Aufschiebung der Exekution als unbegründet ab und führte aus:
Der Bf. habe seinen Antrag auf Aufschub der Exekution offensichtlich auf § 18 Z 6 AbgEO gestützt. Nach dieser Gesetzesstelle könne die Aufschiebung der Vollstreckung auf Antrag bewilligt werden, wenn ein Antrag gemäß § 15 AbgEO eingebracht worden sei. Dazu sei auszuführen, dass der Antrag nach § 15 AbgEO betreffend Berichtigung des einheitlichen Vollstreckungstitels vom mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen worden sei.
Hintergrund
Mit Bescheid vom sei der Bf. als Vertreter (Geschäftsführer) der Firma G-1 für deren aushaftende Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von 17.111,89 Euro gemäß den Bestimmungen der §§ 9, 80 BAO zur Haftung herangezogen worden. Gegen diesen Haftungsbescheid habe der zur Haftung Herangezogene das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht, das vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen worden sei. Diese sei in Rechtskraft erwachsen. Die Haftungsschuld sei mit Schreiben vom eingemahnt worden (vgl. § 227 Abs. 1 BAO). Die Mahnfrist sei fruchtlos abgelaufen. Auch die Zahlungsaufforderung vom sei erfolglos geblieben. Infolge Nichtentrichtung der Haftungsschuld habe das Finanzamt, gestützt auf Artikel 10 der Richtlinie 2010/24/EU, am an die Slowakei ein Beitreibungsersuchen gerichtet. Dazu sei dem ersuchten Staat ein "einheitlicher Vollstreckungstitel" (vgl. Kap. IV Art. 10 Abs. 1 der RL 2010/24/EU) übermittelt worden.
Zur Aufschiebung der Exekution
Bei der Ermessensentscheidung nach § 18 AbgEO sei nach den Umständen des Einzelfalles die Zweckmäßigkeit der Aufschiebung zu prüfen. Weitere Anhaltspunkte ergäben sich aus § 19 Abs. 2 AbgEO, wonach die Aufschiebung der Vollstreckung nur bewilligt werden dürfe, wenn für den Verpflichteten die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer ersetzlichen Nachteiles bestehe. Bloße Anmerkungen von Pfandrechten im Grundbuch und Drittverbote stellten für sich allein aber keinen unersetzbaren oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteil dar.
Selbst unter der Voraussetzung, dass die Aufschiebung mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles verbunden wäre, müsse der Aufschub nicht bewilligt werden, wenn ein Einstellungsantrag von vornherein unbegründet oder aussichtslos erscheine bzw. nur dem Zweck diene, die Exekution im letzten Moment zu verhindern (vgl. Liebeg, Kommentar zur Abgabenexekutionsordnung, § 18 TZ 8).
Wie bereits oben erwähnt, sei der Haftungsbescheid vom in Rechtskraft erwachsen. Die Haftungsschuld sei vom Bf. nicht entrichtet worden. Demzufolge sei das Finanzamt nach § 5 AbgEO verpflichtet gewesen, gegen den Bf. die Vollstreckung von Amts wegen einzuleiten und durchzuführen. Im Hinblick auf die Bestimmungen der Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen seien die zuständigen Behörden der Slowakei verpflichtet gewesen, Amtshilfe zu leisten. Dem diesbezüglichen Beitreibungsersuchen des Finanzamtes sei ein rechtsgültiger Exekutionstitel (der vom Finanzamt ausgestellte einheitliche Vollstreckungstitel vom ), in dem die von der Haftung betroffenen Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 17.001,45 Euro ausgewiesen gewesen seien, zu Grunde gelegen. Die Ausstellung des Vollstreckungstitels durch das Finanzamt sei zu Recht erfolgt, da die Haftungsschuld bei Fälligkeit nicht entrichtet worden sei, für sie eine Einbringungshemmung iS des § 230 BAO bzw. eine Aussetzung der Einbringung iS des § 231 BAO nicht aufrecht gewesen sei und auch keine anderen gesetzlichen Vorschriften der Vollstreckung entgegengestanden seien.
Die vielen Anträge im Anbringen vom hätten offenkundig nur der Exekutionsverschleppung gedient. Hintergrund dafür sei erkennbar der Umstand, dass aufgrund des erwähnten Beitreibungsersuchens von der zuständigen Abgabenbehörde in der Slowakei gegen den Bf. Exekutionsmaßnahmen durchgeführt worden seien (die auch durchzuführen gewesen seien). Aus dem Zusammenhalt des oben Dargelegten folge, dass keine Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit in einem Aufschub der Vollstreckung zu sehen sei, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
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Der Bf. beantragte am rechtzeitig die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht, wiederholte das bisherige Vorbringen und wandte betreffend Antrag auf neuerliche Zustellung ergänzend ein, dass sich die zitierte Judikatur des auf das AVG beziehe und einen Inlandssachverhalt betreffe, sodass diese gegenständlich nicht anwendbar sei. Das nationale Recht könne verbindliche völkerrechtliche Vereinbarungen (Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik) nicht aushebeln.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (Antrag auf Neuzustellung)
Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen festgestellt:
Der Haftungsbescheid vom , dessen Abgaben dem Rückstandsausweis bzw. darauf basierenden gegenständlichen Pfändungsverfahren zugrunde liegen, wurde dem Bf. mit internationalem Rückschein am durch persönliche Übernahme des Empfängers bzw. Ersatzempfängers (unleserliche Unterschrift) an der Abgabestelle A-1, rechtswirksam zugestellt. Die Beschwerdevorentscheidung vom , mit der die vom Bf. am erhobene Beschwerde abgewiesen wurde, wurde dem Bf. ebenfalls mit internationalem Rückschein an der genannten Abgabestelle am durch persönliche Übernahme des Empfängers bzw. Ersatzempfängers (unleserliche Unterschrift) rechtswirksam zugestellt.
Beide abgabenbehördliche Dokumente waren in deutscher Sprache abgefasst, ohne Beifügung einer Übersetzung ins Slowakische.
Ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wurde nicht eingebracht.
Rechtsgrundlagen:
Art. 47 GRC lautet:
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht
Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungenbei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.
Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.
Das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des am in Kraft getretenen Protokolls, BGBl. III Nr. 193/2014 i. d. g. F., zu dessen Vertragsparteien Österreich und die Slowakei zählen, lautet auszugsweise:
Artikel 1
Ziel des Übereinkommens und unter das Übereinkommen fallende Personen
(1) Vorbehaltlich des Kapitels IV leisten die Vertragsparteien einander Amtshilfe in Steuersachen. Diese Amtshilfe kann gegebenenfalls auch Maßnahmen von Justizbehörden umfassen.
(2) Die Amtshilfe umfasst
a) den Informationsaustausch, einschließlich gleichzeitiger Steuerprüfungen und der Teilnahme an Steuerprüfungen im Ausland,
b) die Unterstützung bei der Beitreibung, einschließlich Sicherungsmaßnahmen, und
c) die Zustellung von Schriftstücken.
Artikel 17
Zustellung von Schriftstücken
(1) Auf Ersuchen des ersuchenden Staates stellt der ersuchte Staat dem Empfänger die Schriftstücke, einschließlich derjenigen zu Gerichtsentscheidungen, zu, die aus dem ersuchenden Staat stammen und eine unter das Übereinkommen fallende Steuer betreffen.
(2) Der ersuchte Staat nimmt die Zustellung von Schriftstücken wie folgt vor:
a) in einer Form, die sein innerstaatliches Recht für die Zustellung im Wesentlichen ähnlicher Schriftstücke vorschreibt;
b) soweit möglich in einer besonderen vom ersuchenden Staat gewünschten Form oder in einer dieser am nächsten kommenden Form, die das innerstaatliche Recht des ersuchten Staates vorsieht.
(3) Eine Vertragspartei kann die Zustellung von Schriftstücken an eine Person im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei unmittelbar durch die Post vornehmen.
(4) Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als bewirke es die Nichtigkeit einer durch eine Vertragspartei in Übereinstimmung mit ihrem Recht vorgenommenen Zustellung von Schriftstücken.
(5) Wird ein Schriftstück nach diesem Artikel zugestellt, so braucht keine Übersetzung beigefügt zu werden. Ist jedoch der ersuchte Staat überzeugt, dass der Empfänger die Sprache, in der das Schriftstück abgefasst ist, nicht versteht, so veranlasst der ersuchte Staat die Übersetzung in seine Amtssprache oder eine seiner Amtssprachen oder die Anfertigung einer Kurzfassung in seiner Amtssprache oder einer seiner Amtssprachen. Andernfalls kann er den ersuchenden Staat bitten, das Schriftstück entweder in eine der Amtssprachen des ersuchten Staates, des Europarats oder der OECD übersetzen oder eine Kurzfassung in einer dieser Sprachen beifügen zu lassen.
Die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG lautet auszugsweise:
Artikel 13
Zustellungsersuchen
(1) Auf Antrag der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats stellt die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der Rechtsvorschriften für die Zustellung entsprechender Akte im ersuchten Mitgliedstaat dem Adressaten alle Akte und Entscheidungen von Verwaltungsbehörden des ersuchenden Mitgliedstaats zu, die mit der Anwendung der Rechtsvorschriften über die unter diese Richtlinie fallenden Steuern in dessen Gebiet zusammenhängen.
(2) Das Zustellungsersuchen enthält Angaben über den Gegenstand des zuzustellenden Akts oder der zuzustellenden Entscheidung sowie Namen und Anschrift des Adressaten und alle weiteren Informationen, die die Identifizierung des Adressaten erleichtern können.
(3) Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behörde unverzüglich mit, was aufgrund des Zustellungsersuchens veranlasst wurde, und insbesondere, an welchem Tag der Akt oder die Entscheidung dem Adressaten zugestellt wurde.
(4) Die ersuchende Behörde stellt nur dann ein Zustellungsersuchen nach diesem Artikel, wenn sie nicht in der Lage ist, die Zustellung nach Maßgabe der Rechtsvorschriften für die Zustellung der betreffenden Akte im ersuchenden Mitgliedstaat vorzunehmen, oder wenn die Zustellung unverhältnismäßige Schwierigkeiten aufwerfen würde. Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats kann einer Person im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats jedes Dokument per Einschreiben oder auf elektronischem Wege direkt zustellen.
Artikel 21
Praktische Regelungen
(4) Ersuchen um Zusammenarbeit, einschließlich Zustellungsersuchen, und beigefügte Schriftstücke können in den Sprachen abgefasst werden, die zwischen der ersuchten und der ersuchenden Behörde vereinbart wurden.
Solchen Ersuchen wird eine Übersetzung in die Amtssprache oder in eine der Amtssprachendes Mitgliedstaats der ersuchten Behörde nur in besonderen Fällen beigefügt, wenn die ersuchte Behörde die Anforderung einer solchen Übersetzung begründet.
Das Bundesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (EU-Amtshilfegesetz - EU-AHG), BGBl. I Nr. 112/2012 i. d. g. F., lautet auszugsweise:
Zustellungsersuchen an andere Mitgliedstaaten
§ 13 (1) Das zentrale Verbindungsbüro kann einen anderen Mitgliedstaat um Zustellung aller Akte und Entscheidungen der zuständigen Abgabenbehörde, die mit der Anwendung der Rechtsvorschriften über die unter dieses Bundesgesetz fallenden Steuern in Österreich zusammenhängen, an den Adressaten ersuchen.
(2) Das Zustellungsersuchen enthält Angaben über den Gegenstand des zuzustellenden Akts oder der zuzustellenden Entscheidung sowie Namen und Anschrift des Adressaten und alle weiteren Informationen, die die Identifizierung des Adressaten erleichtern können.
(3) Das zentrale Verbindungsbüro stellt nur dann ein Zustellungsersuchen nach dieser Bestimmung, wenn es der zuständigen Abgabenbehörde nicht möglich ist, die Zustellung gemäß den Vorschriften des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen, oder wenn die Zustellung unverhältnismäßige Schwierigkeiten aufwerfen würde. Das zentrale Verbindungsbüro bzw. die zuständige Abgabenbehörde kann einer Person im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats jedes Dokument per Einschreiben oder auf elektronischem Wege direkt zustellen.
(4) Das zentrale Verbindungsbüro leitet Informationen über veranlasste Zustellungen anderer Mitgliedstaaten den zuständigen Abgabenbehörden weiter.
Sprachen
§ 20 (1) Ersuchen um Zusammenarbeit, einschließlich Zustellungsersuchen, und beigefügte Schriftstücke können in den Sprachen abgefasst werden, die zwischen der ersuchten und der ersuchenden Behörde vereinbart wurden.
(2) Solchen Ersuchen wird eine Übersetzung in die Amtssprache oder in eine der Amtssprachendes Mitgliedstaats der ersuchten Behörde nur in besonderen Fällen beigefügt, wenn die ersuchte Behörde die Anforderung einer solchen Übersetzung begründet.
Die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des europäischen Parlaments und des Rates vom über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates lautet auszugsweise:
Artikel 1
Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung ist in Zivil- oder Handelssachen anzuwenden, in denen ein gerichtliches oder außergerichtliches Schriftstück von einem in einen anderen Mitgliedstaat zum Zwecke der Zustellung zu übermitteln ist. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte ("acta iure imperii").
(2) Diese Verordnung findet keine Anwendung, wenn die Anschrift des Empfängers des Schriftstücks unbekannt ist.
(3) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff "Mitgliedstaat" alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks.
Artikel 5
Übersetzung der Schriftstücke
(1) Der Antragsteller wird von der Übermittlungsstelle, der er das Schriftstück zum Zweck der Übermittlung übergibt, davon in Kenntnis gesetzt, dass der Empfänger die Annahme des Schriftstücks verweigern darf, wenn es nicht in einer der in Artikel 8 genannten Sprachen abgefasst ist.
(2) Der Antragsteller trägt etwaige vor der Übermittlung des Schriftstücks anfallende Übersetzungskosten unbeschadet einer etwaigen späteren Kostenentscheidung des zuständigen Gerichts oder der zuständigen Behörde.
Artikel 8
Verweigerung der Annahme eines Schriftstücks
(1) Die Empfangsstelle setzt den Empfänger unter Verwendung des Formblatts in Anhang II davon in Kenntnis, dass er die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks bei der Zustellung verweigern oder das Schriftstück der Empfangsstelle binnen einer Woche zurücksenden darf, wenn das Schriftstück nicht in einer der folgenden Sprachen abgefasst oder keine Übersetzung in einer der folgenden Sprachen beigefügt ist:
a) einer Sprache, die der Empfänger versteht, oder
b) der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats oder, wenn es im Empfangsmitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll.
(2) Wird der Empfangsstelle mitgeteilt, dass der Empfänger die Annahme des Schriftstücks gemäß Absatz 1 verweigert hat, so setzt sie die Übermittlungsstelle unter Verwendung der Bescheinigung nach Artikel 10 unverzüglich davon in Kenntnis und sendet den Antrag sowie die Schriftstücke, um deren Übersetzung ersucht wird, zurück.
(3) Hat der Empfänger die Annahme des Schriftstücks gemäß Absatz 1 verweigert, kann die Zustellung dadurch bewirkt werden, dass dem Empfänger im Einklang mit dieser Verordnung das Dokument zusammen mit einer Übersetzung des Schriftstücks in eine der in Absatz 1 vorgesehenen Sprachen zugestellt wird. In diesem Fall ist das Datum der Zustellung des Schriftstücks das Datum, an dem die Zustellung des Dokuments zusammen mit der Übersetzung nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats bewirkt wird. Muss jedoch nach dem Recht eines Mitgliedstaats ein Schriftstück innerhalb einer bestimmten Frist zugestellt werden, so ist im Verhältnis zum Antragsteller als Datum der Zustellung der nach Artikel 9 Absatz 2 ermittelte Tag maßgeblich, an dem das erste Schriftstückzugestellt worden ist.
(4) Die Absätze 1, 2 und 3 gelten auch für die Übermittlung und Zustellung gerichtlicher Schriftstücke nach Abschnitt 2.
Abschnitt 2
Artikel 14
Zustellung durch Postdienste
Jedem Mitgliedstaat steht es frei, Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Postdienste per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg zustellen zu lassen.
Wirksame Zustellung
Es ist zunächst zu prüfen, ob an den Bf. ein mit datierter Haftungsbescheid für Abgabenschulden der G-1 überhaupt wirksam ergangen ist.
Gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.
Gemäß § 11 Abs. 1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.
Die Zustellung der von Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Dokumente ist im Zustellgesetz (ZustG) geregelt. Dieses Gesetz regelt in § 11 ZustG auch die Grundsätze für Zustellungen im Ausland.
Tatsächliche Übergabe
Ebenfalls ist unstrittig, dass dem Bf. oder einem Ersatzempfänger die Dokumente des Finanzamts vom bzw. von der slowakischen Post tatsächlich übergeben wurden.
Eine entsprechende Urkunde über die erfolgte Zustellung (nach österreichischem Recht: Beurkundung auf dem Zustellnachweis, gegenständlich dem internationalen Rückschein, § 22 ZustG) liegt vor.
Maßgebendes Zustellrecht
Da sowohl die Kenntnis ausländischen Rechts und im Zusammenhang damit die Frage, ob bei der Zustellung eines Haftungsbescheides und einer Beschwerdevorentscheidung von einer internationalen Übung ausgegangen werden kann, Tatsachenfragen darstellen, waren diese in einem Ermittlungsverfahren zu klären (vgl. ; 2001/03/0045; ).
Die Voraussetzungen und Wirkungen einer im Ausland vorzunehmenden Zustellung sind grundsätzlich nach dem im Zustellstaat geltenden Verfahrensrecht zu beurteilen (vgl. ; ).
Das slowakische Recht (siehe Europäisches Justizportal, https://beta.e-justice.europa.eu/371/DE/service_of_documents_official_transmission_of_legal_documents?) entspricht hinsichtlich Zustellungen durch die Post (Art. 14 VO (EG) 1393/2007, die zwar auf Steuersachen nicht anwendbar ist, aber die Regelung über Zustellung durch Postdienste entspricht Art. 7 Abs. 2 des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen), im Wesentlichen dem österreichischen Zustellrecht:
Postalische Zustellung aus dem Ausland (Artikel 14 der Zustellungsverordnung)
Wird ein ausländisches Schriftstück einem Zustellungsempfänger durch die Post mit Rückschein zugestellt (Artikel 14 der Zustellungsverordnung), stellt die Post das Schriftstück nur dem Empfänger persönlich zu oder kann das Schriftstück nach für die postalische Zustellung geltenden nationalen Rechtsvorschriften auch einer anderen Person an derselben Anschrift übergeben werden?
Wenn eine Empfangsbestätigung benötigt wird, händigt die Post (Slovenská pošta, a.s. als traditioneller Postdienstleister) die Schriftstücke nur aus, wenn sich der Empfänger oder (falls diesem die Schriftstücke nicht übergeben werden können) ein bevollmächtigter Empfänger bei der Annahme ausweisen kann und den Empfang mit Angabe seiner Ausweisnummer bestätigt. Bevollmächtigte Empfänger, die Schriftstücke für eine natürliche Person annehmen dürfen, sind der Ehegatte des Empfängers und jede haushaltszugehörige erwachsene Person über 15 Jahre. Ein persönlich zuzustellendes Schriftstück darf jedoch an keine dieser Personen übergeben werden.
Wie kann die Zustellung ausländischer Schriftstücke auf der Grundlage von Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 nach den im Zustellungsmitgliedstaat für die postalische Zustellung geltenden Vorschriften bewirkt werden, wenn weder der Zustellungsempfänger noch eine andere (falls nach den nationalen Vorschriften für die postalische Zustellung möglich - siehe oben) zustellungsbevollmächtigte Person an der Zustellungsanschrift angetroffen wurde?
In diesem Fall hinterlässt der Postzusteller eine schriftliche Benachrichtigung im (Haus-) Briefkasten des Empfängers über die Hinterlegung des Schriftstücks beim Postamt. Der Empfänger oder ein Bevollmächtigter kann die Schriftstücke innerhalb einer Frist von 18 Kalendertagen abholen. Auf Antrag des Empfängers kann diese Frist verlängert werden. Wenn die Schriftstücke innerhalb der Frist nicht abgeholt werden, gelten sie als nicht zustellbar; die Post sendet die nicht zustellbaren Schriftstücke zurück an den Absender.
Unionsrecht
Bei Anwendung des nationalen Rechts ist dafür Sorge zu tragen, dass die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sichergestellt wird. Eine nationale Vorschrift, die nur im Hinblick auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt ausgearbeitet worden ist, ist daher unionsrechtskonform auszulegen, um sie auf einen grenzüberschreitenden Sachverhalt anzuwenden (vgl. , Leffler, Rn 51).
Mit dem Haftungsbescheid vom soll ein Besteuerungsanspruch der Republik Österreich gegenüber einem in der Slowakei wohnhaften und erwerbstätigen slowakischen Staatsbürger im Wege einer Bescheidzustellung in der Slowakei geltend gemacht werden. Es liegt daher ein mitgliedstaatsübergreifender Sachverhalt und somit ein Anwendungsbereich des Unionsrechts - und damit der Grundrechtecharta - vor.
Würden nicht das Unionsrecht, bilaterale und multilaterale Vereinbarungen oder internationale Gepflogenheiten eine Zustellung mit der Post zulassen, läge ein völkerrechtswidriges Verhalten des Finanzamts vor, wenn dieses einen österreichischen Hoheitsakt, nämlich die Zustellung eines behördlichen Dokuments, auf dem Staatsgebiet der Slowakei ohne entsprechende Grundlage im internationalen Recht vornähme.
Die Zustellung des Bescheids einer österreichischen Behörde im Hoheitsgebiet der Slowakei fällt auch unter das Unionsrecht.
Die GRC beruht auf den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten. Der Grundsatz eines fairen Verfahrens, wenn auch möglicherweise nicht in der detaillierten Ausprägung des Art. 47 GRC, ist den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, auch Österreichs, immanent.
Das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen, zu dessen Vertragsparteien Österreich und die Slowakei zählen, sieht Amtshilfe bei der Zustellung von Schriftstücken vor (Art. 1 Abs. 2 lit. c leg. cit.).
Art. 17 dieses Abkommens regelt die Zustellung von Schriftstücken. Diese hat gemäß Art. 17 Abs. 1 leg. cit. grundsätzlich im Weg der Amtshilfe zu erfolgen, wobei Art. 17 Abs. 3 leg. cit. eine unmittelbare Zustellung durch die Post durch eine Vertragspartei im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei zulässt.
Die Zustellung eines Haftungsbescheides und einer Beschwerdevorentscheidung an den Bf. in der Slowakei im Wege der österreichischen und in weiterer Folge der slowakischen Post unter Beachtung der slowakischen Zustellvorschriften war daher nach Art. 17 Abs. 3 leg. cit. zulässig.
Österreich und die Slowakei sind Mitglieder der Europäischen Union.
Die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG sieht in ihrem Art. 13 vor, dass Zustellungen in einem Mitgliedstaat durch dessen zuständige Behörde über Antrag der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der für Zustellungen im ersuchten Mitgliedstaat maßgebenden Rechtsvorschriften vorzunehmen sind.
Ein Zustellersuchen soll nach Art. 13 Abs. 4 leg. cit. allerdings nur dann gestellt werden, wenn die ersuchende Behörde nicht in der Lage ist, die Zustellung nach Maßgabe der Rechtsvorschriften für die Zustellung der betreffenden Akte im ersuchenden Mitgliedstaat vorzunehmen, oder wenn die Zustellung unverhältnismäßige Schwierigkeiten aufwerfen würde. Letztere Bestimmung lässt auch die Zustellung jedes Dokuments per Einschreiben im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zu.
Nach § 13 Abs. 3 EU-AHG ist ein Zustellersuchen im Amtshilfeweg nur dann zu stellen, wenn es der zuständigen Abgabenbehörde nicht möglich ist, die Zustellung gemäß den Vorschriften des Zustellgesetzes vorzunehmen, oder wenn die Zustellung unverhältnismäßige Schwierigkeiten aufwerfen würde. Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Abgabenbehörde einer Person im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats jedes Dokument per Einschreiben direkt zustellen.
Nach hA lässt die internationale Übung die Zustellung abgabenbehördlicher Schriftstücke auf dem Postweg im Ausland grundsätzlich zu (Ritz, BAO6, § 11 ZustG, Rz 3; ).
Übersetzung
Dem Vorbringen des Bf., dass die Zustellung der genannten Bescheide nicht gesetzmäßig erfolgt sei, da diese nicht in die slowakische Sprache übersetzt worden seien, wird entgegengehalten, dass die eingewendeten Verträge und Übereinkommen zwischen Österreich und der Slowakischen Republik bzw. zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union keine Anwendung auf die vorliegende Haftungsinanspruchnahme findet, da diese lediglich die Rechtshilfe in Strafsachen behandeln, nicht aber Einhebungsmaßnahmen von Abgabenbehörden.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 B-VG ist die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.
Die Behörden haben sich nach Art. 8 Abs. 1 B-VG der deutschen Sprache als Amtssprache - abgesehen von der in Art. 8 Abs. 1 B-VG vorgesehenen Ausnahme betreffend sprachliche Minderheiten - zu bedienen; die deutsche Sprache ist die offizielle Sprache, in der alle Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen und mittels derer die Staatsorgane mit den Parteien und untereinander zu verkehren haben ().
Art. 17 Abs. 5 des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen regelt, dass bei Zustellungen von Schriftstücken nach diesem Artikel keine Übersetzung beigefügt zu werden braucht.
Nach Art. 21 Abs. 4 der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG ist eine Übersetzung in die Amtssprache oder in eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde nur in besonderen Fällen beizufügen.
Auch nach Art. 20 Abs. 2 EU-AHG ist eine Übersetzung in die Amtssprache oder in eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde nur in besonderen Fällen beizufügen.
Allerdings ergibt sich aus verschiedenen internationalen Abkommen und Rechtsakten des Unionsrechts, dass es zu den Grundsätzen des internationalen Zustellrechts gehört, dass der in einem anderen Staat wohnhafte Empfänger eines zuzustellenden Schriftstücks dessen Annahme verweigern kann, wenn dieses Schriftstück weder in einer Sprache, die der Empfänger versteht, noch in der Amtssprache des Mitgliedstaats, in welchem zugestellt werden soll, oder, wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll, abgefasst ist oder wenn keine Übersetzung in einer dieser Sprachen beigefügt ist.
Faires Verfahren
Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet in ständiger Rechtsprechung, dass der Empfänger eines behördlichen Schriftstücks ein Recht zur Verweigerung der Annahme hat, wenn dies notwendig ist, um die Verteidigungsrechte des Empfängers des betreffenden Schriftstücks entsprechend den Anforderungen an ein faires Verfahren zu schützen, wie es in Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in Art. 6 Abs. 1 der am in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist. Hierbei dürfen in keiner Weise Abstriche bei der effektiven Wahrung der Verteidigungsrechte der Empfänger der betreffenden Schriftstücke gemacht werden (vgl. , Alpha Bank Cyprus, Rn 49; , Alta Realitat, Rn 61; , Henderson, Rn 51; , Frank Sleutjes, Rn 34; , Catlin Europe SE, Rn 33).
Es ist daher nicht nur dafür Sorge zu tragen, dass der bestimmungsgemäße Empfänger eines Schriftstücks dieses tatsächlich erhält, sondern auch dafür, dass er in die Lage versetzt wird, die Bedeutung und den Umfang des im Ausland gegen ihn eingeleiteten Verfahrens tatsächlich und vollständig in einer Weise zu erfahren und zu verstehen, die es ihm ermöglicht, seine Verteidigung sachgerecht vorzubereiten und seine Rechte vor dem Gericht des Übermittlungsmitgliedstaats wirksam geltend zu machen (vgl. , Henderson, Rn 52 f.; , Catlin Europe SE, Rn 34 f.).
Im Fall einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung beginnt eine Rechtsmittelfrist nicht zu laufen und tritt Vollstreckbarkeit nicht ein (vgl. , C-119/13, eco cosmetics, Rn 41 bis 43; EuGH C-120/13, Raiffeisenbank St. Georgen, Rn 48).
Es ist mit einem fair geführten Verfahren im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK unvereinbar, wenn ein Empfänger im nichtdeutschsprachigen Ausland verfahrenseinleitende Schriftstücke unmittelbar durch die Post zugestellt erhält, die nicht in der Amtssprache des Ortes der Zustellung abgefasst und auch nicht übersetzt sind und die er nicht versteht (vgl. ).
Mit Art 47 GRC wird der sich aus Art 6 Abs 1 EMRK ergebende Schutz im Unionsrecht gewährleistet (vgl. ).
Abgabenverfahren fallen zwar nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK. Im Anwendungsbereich des Unionsrechts ergibt sich jedoch aus Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union das Recht auf ein faires Verfahren und ein unparteiisches Gericht. Inhaltlich entsprechen die Garantien des Art. 47 GRC jenen des Art. 6 EMRK (vgl. ; Tanzer/Unger, BAO 2016/2017 Aufl. 5 (2017), Seite 8, C.2 Grundrechte-Charta).
Das sich aus Art 47 GRC ergebende Recht, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen, setzt ungeachtet dessen, dass das abgabenbehördliche Verfahren als solches nicht von dieser Bestimmung erfasst ist, voraus, dass der Bescheidadressat erkennen kann, um welche Sache es sich handelt und dass er die im § 93 Abs. 3 lit. b BAO vorgesehene Rechtsmittelbelehrung auch verstehen kann.
Das Übersetzungserfordernis dient der Wahrung des rechtlichen Gehörs. Geheilt ist daher der Mangel der fehlenden Übersetzung insbesondere dann, wenn der Bescheidadressat den Inhalt eines in fremder Sprache abgefassten Schriftstücks tatsächlich verstanden hat oder er - als Angehöriger des Absendestaates - der Landessprache mächtig sein musste (vgl. )
Allerdings ist zu prüfen, ob eine Annahmeverweigerung infolge fehlender Sprachkenntnisse gerechtfertigt war oder nicht, wobei alle in den Akten enthalten Informationen gebührend zu berücksichtigen sind, um zum einen die Sprachkenntnisse des Empfängers des Schriftstücks festzustellen (vgl. , Weiss und Partner, Rn 80, 85). Versteht der Empfänger die Sprache, in der das Schriftstück abgefasst ist, ist eine Annahmeverweigerung unberechtigt (vgl. , Alpha Bank Cyprus, Rn 53).
Das Erfordernis einer Übersetzung ist daher nur dann geboten, wenn der Adressat den Inhalt des Schriftstücks tatsächlich nicht versteht (etwa ; ).
Dem Vorbringen des Bf., dass ihm das Verständnis des Inhaltes der angesprochenen Dokumente auf Grund mangelnder Deutschkenntnisse nicht ohne weiteres möglich gewesen sei, da diese ausschließlich in deutscher Sprache verfasst und keine Übersetzungen in die slowakische Sprache beigelegt worden seien, ist allerdings entgegenzuhalten, dass er in Österreich einen Geschäftsbetrieb als Geschäftsführer einer GmbH unterhielt, weshalb er sich nicht auf die Unkenntnis der deutschen Sprache berufen kann (vgl. ).
Der Umstand, dass eine zum Geschäftsführer bestellte Person rechtsunkundig bzw. der deutschen Sprache nur mangelhaft mächtig ist, enthebt sie nicht der abgabenrechtlichen Obliegenheiten, weil der Geschäftsführer einer GmbH nach der Rechtsprechung dafür einzustehen hat, dass er über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt ().
Angesichts der Tatsache, dass der Bf. mit der G-1 einen Mineralölhandel in Österreich betrieb, konnte davon ausgegangen werden, dass er der deutschen Sprache ausreichend mächtig war, schon allein um den Erfordernissen eines Geschäftsführers iSd GmbHG entsprechen zu können.
Auch handelte es sich bei dem gegenständlichen Haftungsverfahren zwar um ein vom Abgabenfestsetzungsverfahren der Gesellschaft gesondertes Verfahren, das dem Bf. erstmals durch den gegenständlichen Haftungsbescheid zur Kenntnis gebracht wurde, allerdings musste er angesichts der Abgabenrückstände im Zeitpunkt der Beendigung der Liquidation der Gesellschaft (Löschung im Firmenbuch am ) mit einer Inanspruchnahme als Haftender rechnen.
Darüber hinaus kann ein entsprechender Mangel (iSd § 7 ZustG) ohnehin dann als geheilt angesehen werden, wenn ein solcher Bescheidadressat den Inhalt des in deutscher Sprache abgefassten Bescheides tatsächlich verstanden hat (vgl. ) bzw. wenn es zu einer Heilung durch Einlassung gekommen ist (vgl. ).
Dass der Bf. mit seiner Beschwerde vom dem Zustellinhalt gemäß (rechtzeitig) reagiert hat, zumal er dort einwandte, lediglich über geringfügige Einkünfte zu verfügen, steht unbestritten fest, womit auch ein etwaig bestehender Mangel der fehlenden Übersetzung geheilt war.
Da der Haftungsbescheid vom sowie die Beschwerdevorentscheidung vom somit am bzw. durch persönliche Übernahme des Empfängers bzw. Ersatzempfängers rechtswirksam zugestellt wurden, kommt die beantragte Neuzustellung nicht in Betracht.
Zu Spruchpunkt II. (Aufschiebung der Vollstreckung)
Gemäß § 18 AbgEO kann die Aufschiebung der Vollstreckung auf Antrag bewilligt werden,
1. wenn die Aufhebung des über den Abgabenanspruch ausgestellten Exekutionstitels beantragt wird;
2. wenn in Bezug auf einen der im § 4 angeführten Exekutionstitel die Wiederaufnahme des Verfahrens oder die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wird;
3. wenn gemäß § 16 die Einstellung beantragt wird;
4. wenn gemäß §§ 12 oder 13 Einwendungen erhoben werden;
5. wenn gegen einen Vorgang des Vollstreckungsvollzuges Beschwerde geführt wird und die für die Entscheidung darüber erforderlichen Erhebungen nicht unverzüglich stattfinden können;
6. wenn ein Antrag gemäß § 15 eingebracht wurde;
7. wenn nach Beginn des Vollzuges der Vollstreckung ein Ansuchen um Zahlungserleichterung (§ 212 BAO) eingebracht wird.
Gegen den Anspruch können gemäß § 12 Abs. 1 AbgEO im Zuge des abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Exekutionstitels eingetreten sind.
Wenn der Abgabenschuldner bestreitet, dass die Vollstreckbarkeit eingetreten ist oder dass die Abgabenbehörde auf die Einleitung der Vollstreckung überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, so hat er seine bezüglichen Einwendungen gemäß § 13 Abs. 1 AbgEO bei der Abgabenbehörde (§ 12 Abs. 2) geltend zu machen.
Im Exekutionstitel (§ 4) unterlaufene offenbare Unrichtigkeiten sind gemäß § 15 Abs. 1 AbgEO von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners zu berichtigen.
Eine gesetzwidrig oder irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit ist gemäß § 15 Abs. 2 AbgEO von der Abgabenbehörde, die den Exekutionstitel ausgestellt hat, von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners aufzuheben. Mit diesem Antrag kann der Antrag auf Einstellung oder Aufschiebung der Vollstreckung verbunden werden.
Mit dem Erkenntnis vom , RV/7103106/2020, stellte das Bundesfinanzgericht fest, dass der Bf. mit der "Beschwerde" vom sowie dem "Einspruch" vom in Wahrheit Anträge gemäß § 15 AbgEO einbrachte, die das Finanzamt in weiterer Folge mit Bescheid vom als unbegründet abwies.
Erkennt die Behörde, die den Exekutionstitel ausgestellt hat (Titelbehörde), von selbst, dass der Exekutionstitel an den im § 15 AbgEO angeführten Mängeln leidet (offenbare Unrichtigkeit, gesetzwidrig oder unrichtig erteilte Vollstreckbarkeitsklausel), so hat sie ihn von Amts wegen zu berichtigen, bzw. aufzuheben (formlos, ohne dass es eines förmlichen Bescheides bedarf). Ebenso hat die Behörde vorzugehen, wenn sie auf solche Mängel durch einen Antrag des Vollstreckungsschuldners hingewiesen wird und den Antrag für gerechtfertigt erachtet. Glaubt jedoch die Behörde, einem solchen Vorbringen nicht oder nicht voll entsprechen zu können, muss das Vorbringen als eine Einwendung nach § 13 AbgEO in Behandlung genommen und hierüber mit Bescheid abgesprochen werden ().
Da über die Anträge nach § 15 AbgEO vom und mangels Einbringung eines Rechtsmittels bereits mit dem Bescheid vom rechtskräftig abgesprochen wurde, kommt eine Aufschiebung der Vollstreckung nach § 18 Z 6 AbgEO nicht mehr in Betracht, da die Aufschiebung der Exekution mit rechtskräftiger Entscheidung über diesen Antrag endet, wenn dieser den Aufschiebungsgrund bildet (vgl. ).
Aus dem Umstand, dass der Bf. auch einen Eventualantrag gestellt hat, nämlich im Falle der Abweisung des Antrages auf (neuerliche) Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Haftungsinanspruchnahme gemäß § 9 BAO (siehe Punkt I.) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Einbringung eines Vorlageantrages, über die (zu Recht) noch nicht bescheidmäßig abgesprochen wurde, da dieser Eventualantrag erst mit dem die Beschwerde abweisenden vorliegenden Erkenntnis schlagend wurde, lässt sich nichts gewinnen, da auch diesfalls weder ein Aufschiebungsgrund gemäß § 18 Z 6 AbgEO noch gemäß § 18 Z 4 AbgEO vorliegt.
Es kann nämlich im Vollstreckungsverfahren gemäß § 13 AbgEO nicht vorgebracht werden, dass die Steuerbescheide noch nicht rechtskräftig sind, da die Vollstreckbarkeit eines Rückstandsausweises nicht wirksam mit der Begründung bekämpft werden kann, dass gegen den Abgabenbescheid rechtzeitig ein Rechtsmittel eingebracht wurde, da gemäß § 254 BAO die Wirksamkeit eines angefochtenen Bescheides, insbesondere die zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgeschoben wird, weshalb die Erhebung eines Rechtsmittels für die Frage der Vollstreckbarkeit völlig unerheblich ist ().
Gleiches muss für den hier gegenständlichen Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten, weil im Falle dessen Stattgabe über den gleichzeitig erhobenen Vorlageantrag bzw. die Beschwerde vom zwar noch zu entscheiden sein wird, aber mangels Einbringung und Bewilligung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung kein Anwendungsfall des § 12 AbgEO (bzw. in weitere Folge des § 18 Z 4 AbgEO) vorliegt (Liebeg, Abgabenexekutionsordnung - Kommentar, § 12 Rz 13).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt III. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH, des OGH sowie des EuGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 15 Abs. 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 Art. 8 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 18 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 12 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 13 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 15 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom S. 389 Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen, BGBl. III Nr. 193/2014 RL 2011/16/EU, ABl. Nr. L 64 vom S. 1 EU-AHG, EU-Amtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2012 VO 1393/2007, ABl. Nr. L 324 vom S. 79 § 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 11 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 Art. 14 VO 1393/2007, ABl. Nr. L 324 vom S. 79 § 13 Abs. 3 EU-AHG, EU-Amtshilfegesetz, BGBl. I Nr. 112/2012 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104874.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at