Schätzung wegen Nichtabgabe der Steuererklärung - Berücksichtigung der Vorsteuerbeträge aus den Verfahrenskosten des Konkursverfahrens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***2***, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Umsatzsteuer 2018, zu Recht erkannt:
1) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
2) Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, als der Gesamtbetrag der Vorsteuern für das Jahr 2018 6.245,71 Euro beträgt und die Umsatzsteuer 2018 in der Höhe von -6.245,71 Euro festgesetzt wird.
2) Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
In den für das abweichende Wirtschaftsjahr 2018 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen erklärte der Beschwerdeführer (Bf.) Vorsteuern für 06/2017 (701,97 Euro), für 07/2017 (150,26 Euro), für 08/2017 (287,64 Euro) und für 02/2018 (6.245,71 Euro) in der Höhe von insgesamt 7.385,58 Euro.
Wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuer Jahreserklärung 2018 hat die belangte Behörde die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO geschätzt und die Umsatzsteuer für das Jahr 2018 mit Bescheid vom mit Null festgesetzt, sodass es zu einer Nachforderung in der Höhe der geltend gemachten Vorsteuern im Ausmaß von 7.385,58 Euro kam.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde wendete der Bf. ein, dass die offenbar erwarteten Steuererklärung 2018 nicht haben eingereicht werden können, da es keine Betriebstätigkeit mehr gegeben habe.
Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte die belangte Behörde um Vorlage der Umsatzsteuererklärung für das abweichende Wirtschaftsjahr 06/2017 bis 05/2018 sowie um Übermittlung der Belege, aus welchen sich die geltend gemachten Vorsteuerbeträge ergäben.
Das Ergänzungsersuchen wurde an eine der ehemaligen Geschäftsadressen des Bf. zugestellt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und verwies im Wesentlichen auf die Nichtbeantwortung des Ergänzungsersuchens sowie auf die daraus folgende Schätzungsberechtigung.
Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte aus, dass er weder das abweichende Wirtschaftsjahr beantragt noch die Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht habe und auch nicht im Besitz der entsprechenden Belege sei. Vielmehr sei sein Unternehmen vom bis von seinem Masseverwalter, ***3***, geführt worden.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
In der Folge übermittelte der Masseverwalter auf Rückfrage des Bundesfinanzgerichts einen vollständigen Auszug aus der Ediktsdatei betreffend das Konkursverfahren des Bf., Aktenzeichen ***4***, seinen Drittbericht vom sowie seinen Schlussbericht vom . Aus dem Schlussbericht geht hervor, dass die Verfahrenskosten (Entlohnungsanspruch des Insolvenzverwalters in der Höhe von 30.828,57 Euro netto zuzüglich Barauslagen in der Höhe von 400 Euro netto) des Insolvenzverfahrens des Bf. 31.221,57 Euro zuzüglich 6.245,71 Euro (20% USt) betragen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Feststellungen
Der Bf. betrieb bis einen Einzelhandel mit Oster- und Weihnachtsware. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom wurde über das Vermögen des Bf. der Konkurs eröffnet, mit Beschluss vom die Teilschließung des schuldnerischen Unternehmens und mit Beschluss vom die Schließung des Unternehmens angeordnet.
In der Folge hat der Masseverwalter angezeigt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu erfüllen (Masseunzulänglichkeit). Mit Beschluss vom wird der Konkurs aufgehoben, die Aufhebung des Konkurses ist am in Rechtskraft erwachsen.
Der Bf. gab für das Streitjahr keine Steuererklärungen ab.
Umsatzsteuervoranmeldungen liegen für 06/2017, 07/2017, 08/2017 sowie 02/2018 vor. Darin wurden Vorsteuerbeträge im Ausmaß von insgesamt 7.385,58 Euro erklärt.
Der Bf. hat weder ein Rechnungswesen noch eine Lagerbuchhaltung geführt.
Die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen erfolgte im Schätzungsweg.
Die für 02/2018 erklärten Vorsteuern in der Höhe von 6.245,71 Euro wurden durch die Bekanntgabe der Verfahrenskosten im vorgelegten Schlussbericht vom nachgewiesen.
Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.
Das Konkursedikt ist aktenkundig, die Masseunzulänglichkeit unstrittig gegeben.
Dass keine Steuererklärungen abgegeben wurden ist unstrittig, ebenso das Vorliegen der Umsatzsteuervoranmeldungen für 06/2017, 07/2017, 08/2017 sowie 02/2018.
Der Schlussbericht des Masseverwalters vom ist aktenkundig. Daraus geht hervor, dass sich die in der Umsatzsteuervoranmeldung 02/2018 erklärten Vorsteuerbeträge aus den Verfahrenskosten des Konkursverfahrens des Bf. (Entlohnungsanspruch des Insolvenzverwalters zuzüglich Barauslagen) ergeben. Damit sind die für 02/2018 geltend gemachten Vorsteuerbeträge als nachgewiesen anzusehen. Es ist daher sachgerecht, den Betrag in der Höhe von 6.245,71 Euro im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 2018 als Vorsteuern anzuerkennen.
Die übrigen Vorsteuerbeträge der Umsatzsteuervoranmeldungen für 06/2017, 07/2017 und 08/2017 im Ausmaß von insgesamt 1.139,87 Euro wurden nicht nachgewiesen, weswegen sie bei der Umsatzsteuerjahresveranlagung nicht anzuerkennen sind.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat eine Schätzung zu erfolgen, soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Abgaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag, oder weitere Auskünfte über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind. Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 3 BAO ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher und Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher- und Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formellen Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Da im gegenständlichen Fall keine Abgabenerklärungen abgegeben wurden, Umsatzsteuervoranmeldungen nur für 06-08/2017 und 02/2018 vorliegen und die geltend gemachten Vorsteuerbeträge seitens des Bf. nicht nachgewiesen wurden, war die Schätzungsberechtigung und -verpflichtung der Behörde gegeben, da eine Berechnung der Besteuerungsgrundlagen mangels Mitwirkung nicht möglich war (§ 184 Abs. 2 BAO).
Jeder Schätzung ist ein gewisses Maß an Ungenauigkeit immanent, doch hat diese Konsequenz nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Abgabepflichtige als der zur Schätzung Anlass Gebende zu tragen (z.B. bis 0122).
Vorsteuern sind ein Teil der Besteuerungsgrundlage, für die eine Schätzung iSd § 184 BAO grundsätzlich in Betracht kommt (vgl. Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) zu § 12 UStG Rz 57 57). Demnach ist Ziel der Schätzung die Ermittlung sachlich richtiger Besteuerungsgrundlagen. Ziel des Vorsteuerabzuges ist die Wahrung der Kostenneutralität der Umsatzsteuer im Unternehmensbereich.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Schätzung der abzugsfähigen Vorsteuern nur dann in Betracht, wenn es als erwiesen angenommen werden kann, dass dem Unternehmer entsprechende Vorsteuern im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 iVm § 11 UStG 1994 in Rechnung gestellt worden sind (vgl. mwN).
Im gegenständlichen Fall hat der Masseverwalter des Bf. durch Vorlage seines Schlussberichts vom und der darin erfolgten Bekanntgabe der Verfahrenskosten des Konkursverfahrens nachgewiesen, dass dem Bf. 6.245,71 Euro an Umsatzsteuern in Rechnung gestellt wurden.
Die übrigen Vorsteuerbeträge der Umsatzsteuervoranmeldungen für 06/2017, 07/2017 und 08/2017 im Ausmaß von insgesamt 1.139,87 Euro wurden nicht nachgewiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (zB. ). Da gegenständlich nur einzelfallbezogen für die Höhe der Schätzung maßgebliche Sachverhaltsfragen zu beurteilen waren, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor, weswegen die Revision spruchgemäß nicht zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100469.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at