Fruchtgenussvertrag - echte Scheidungsklausel
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2012 und 2013 sowie gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Festsetzung des ersten Säumniszuschlages von der Umsatzsteuer 2013 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 sowie der Bescheid betreffend Festsetzung des ersten Säumniszuschlages von der Umsatzsteuer 2013 werden ersatzlos aufgehoben.
Die Einkommensteuerbescheide 2012 und 1013 werden abgeändert.
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Bemessungsgrundlage | Abgabe | |||
Jahr | Art | Höhe | Art | Höhe |
2012 | Einkommen | 30.159,81 € | Einkommensteuer | 7.339,78 € |
Festgesetzte Einkommensteuer (Abgabenschuld) | 7.340,00 € | |||
2013 | Einkommen | 30.537,79 € | Einkommensteuer | 7.503,12 € |
Festgesetzte Einkommensteuer (Abgabenschuld) | 7.503,00 € |
Die Berechnung der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der Abgaben ist dem als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen, die einen Bestandteil dieses Erkenntnisspruches bilden. Die Berechnung der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der Abgaben entspricht den Erstbescheiden.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Angefochten sind die Einkommensteuerbescheide und Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013, sowie der Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages von der Umsatzsteuer 2013.
Der Beschwerdeführer erklärte in den beschwerdegegenständlichen Jahren neben Einkünften aus selbständiger Arbeit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 9.346,68 € (2012) bzw. 9.052,28 € (2013), die zunächst erklärungsgemäß veranlagt wurden (Einkommensteuerbescheide vom , ).
Im Zuge einer bei der Ehefrau des Beschwerdeführers durchgeführten Nachschau wurde der Vertrag über die Einräumung von Fruchtgenussrechten zur Liegenschaft EZ ** Grundbuch E vorgelegt, in dem ihr die Erträge aus der Vermietung der Liegenschaft eingeräumt werden. Das Finanzamt rechnete jedoch aufgrund einer im Vertrag aufscheinenden Bedingung die Erträge 2012 und 2013 dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaft zu (Bescheide vom : Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2012, Aufhebung gemäß § 299 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2013, Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013; SZ-Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2013 vom ). Auf die Bescheidbegründungen wird verwiesen.
Gegen die Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide sowie den SZ-Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom durch seine steuerliche Vertreterin Beschwerde und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und die Erlassung neuer Bescheide entsprechend den Steuererklärungen 2012 und 2013. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift verwiesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Auf die nähere Begründung wird verwiesen.
Der Beschwerdeführer beantragte durch seine steuerliche Vertreterin mit Vorlageantrag vom , seine Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Hinsichtlich der Begründung und der beantragten Änderungen verwies er auf seine Beschwerde vom .
Das Finanzamt legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Mit Schreiben vom wurden die Anträge auf Entscheidung durch den Berufungssenat und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Mit Kaufvertrag vom erwarb der Beschwerdeführer ("Käuferseite") von P ("Verkäuferseite") die Liegenschaft EZ ** Grundbuch E zu einem Gesamtkaufpreis von 243.750 € (Pkt. 1 und Pkt. 2).
Vertragspunkte:
1.1 Die Verkäuferseite ist Eigentümerin der Liegenschaft Einlagezahl 61 des Grundbuches E, bestehend aus den Grundstücken .Z* Baufläche (Gebäude) und ZZ* Gärten im grenzkatastermäßigen Gesamtausmaß von 5.000 m2, samt den darauf befindlichen Baulichkeiten "G-Straße Z". Gegenstand dieses Kaufvertrages und somit Kaufobjekt ist diese Liegenschaft mit den darauf befindlichen Baulichkeiten (zwei Gebäude) und dem vorhandenen Bewuchs.
1.2 Festgehalten wird, dass sich das Kaufobjekt in gewerblicher Nutzung als Steinmetzbetrieb der Verkäuferseite befindet - dieser Betrieb ist nicht Gegenstand dieses Kaufvertrages.
1.3 Die Verkäuferseite verkauft und übergibt an die Käuferseite und diese kauft und übernimmt von der Ersteren das vorstehend beschriebene Kaufobjekt in ihr Alleineigentum.
1.4 Das Kaufobjekt wird mit allen Rechten und Befugnissen verkauft, wie die Verkäuferseite dieses bisher besessen und benützt hat oder zu besitzen und zu benützen berechtigt war.
Auf die restlichen nicht zitierten Vertragspunkte wird verwiesen.
Mit Notariatsakt vom räumte der Beschwerdeführer (W) seiner Ehefrau (W) das Fruchtgenussrecht über obige Liegenschaft ein.
Vertrag über die Einräumung von Fruchtnießungsrechten:
Erstens: Vertragsgegenstand
Herr W ist aufgrund des Kaufvertrages vom (siebenundzwanzigster Juli zweitausendzwölf) außerbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft Einlagezahl 61 Grundbuch E, bestehend aus den Grundstücken .Z* Baufläche (Gebäude) und ZZ* Gärten im grenzkatastermäßigen Gesamtausmaß von 5.000 m2 (fünftausend Quadratmetern).
Zweitens: Rechtsbegründung
2.1 Herr W räumt hiemit seiner Ehegattin W in Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung sowie auch aus arbeitswirtschaftlichen Gründen an der ihm gehörigen Liegenschaft, angeführt unter Punkt "Erstens", auf Dauer der bestehenden Unterhaltsverpflichtung im Sinne der Paragraphen 509 (fünfhundertneun) fortfolgende des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches das Recht der Fruchtnießung ein.
2.2 Frau W erklärt hiemit, diese Rechtseinräumung anzunehmen.
Drittens: Inhalt der Fruchtnießungsrechte
3.1 Herr W ist grundsätzlich berechtigt, unter Einhaltung einer dreimonatigen Aufkündigungsfrist diese Fruchtnießung jährlich zum 31.12. (einunddreißigsten Dezember) ohne Angabe von Gründen für beendet zu erklären. Herr W verpflichtet sich, für die Dauer von 10 (zehn) Jahren ab Beginn dieses Rechtes auf eine Kündigung zu verzichten.
3.2 Das Fruchtnießungsrecht beginnt mit (erster September zweitausendzwölf).
3.3 Die Vertragspartner halten fest, dass hier Umsatzsteuer verrechnet wird.
3.4 W hat während der Dauer dieses Fruchtnießungsrechtes Anspruch auf sämtliche Einnahmen aus dieser Liegenschaft. Sie muss aber dafür auch sämtliche mit dieser Liegenschaft verbundenen Ausgaben, Steuern und Gebühren, Betriebs-, Strom- und Heizungskosten, sowie die Kosten der ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft übernehmen und verpflichtet sie sich zur Substanzabgeltung gegenüber ihrem Ehegatten W, diesem im Nachhinein einen Betrag in der Höhe der von ihrem Ehegatten W jeweils beim Finanzamt geltend gemachten Abschreibung für Anlagevermögen (AFA) zu bezahlen. Sie verpflichtet sich weiters, die Fruchtnießungsräumlichkeiten in einem guten Zustand zu erhalten, insbesondere aus den Erträgnissen die Ausbesserungen und Instandsetzungen zu besorgen und alle mit dem Rechtsbesitz des Liegenschaftshälfteanteiles verbundenen Lasten aus den Mietzinseinnahmen zu bestreiten.
3.5 Dieses Fruchtgenussrecht wird nur auf die Dauer des aufrechten Bestandes der Ehe der Vertragsparteien vereinbart. Dieses Fruchtgenussrecht gilt mit Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe der Vertragsparteien als aufgehoben und zwar ohne Rücksicht auf irgendeine Verschuldensfrage.
Viertens: Vermietungsregelung
4.1 W ist berechtigt, ungeachtet der Kündigungsmöglichkeit über die genannte Liegenschaft befristete Mietverhältnisse mit einer Befristungsdauer von jeweils 5 (fünf) Jahren, wiederholt auch mit denselben Mietern, abzuschließen. Längerfristige Mietverhältnisse bedürfen im Abschlusszeitpunkt der Genehmigung des W.
4.2 W ist berechtigt, ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer einmonatigen Ankündigungsfrist ihr Fruchtnießungsrecht für beendet zu erklären.
Fünftens: Belastungs- und Veräußerungsverbot
W räumt hiemit hinsichtlich der ihm gehörigen Liegenschaft EZ ** Grundbuch E seiner Ehegattin W das Belastungs- und Veräußerungsverbot in der Form ein, dass er sich hiemit verpflichtet, die Liegenschaft ohne deren Zustimmung weder zu belasten noch zu veräußern. Dieses Recht wird hiemit von W angenommen. Dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot wird aber nur auf die Dauer des aufrechten Bestandes der Ehe der Vertragsparteien vereinbart. Es endet mit Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe und zwar ohne Rücksicht auf irgendeine Verschuldensfrage.
Sechstens: Grundbücherliche Sicherstellung
Die Vertragsparteien erteilen die Einwilligung, dass in Einlagezahl 61 Grundbuch E nachstehende Eintragungen vorgenommen werden können:
6.1 die Einverleibung des Fruchtgenussrechtes gemäß Punkt Drittens dieses Vertrages, sowie
6.2 die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes
je zu Gunsten W, geboren ZZ.ZZ.ZZZZ.
Siebentens: Allgemeine Bestimmungen
7.1 Die Kosten der Errichtung und Vergebührung dieser Vereinbarung werden zur Gänze von W getragen.
Auf die restlichen nicht zitierten Vertragspunkte wird verwiesen.
Mit Mietvertrag vom vermietete die Ehefrau des Beschwerdeführers ("Vermieter bzw. Vermieterin") die gegenständliche Liegenschaft zu einem monatlichen Nettomietzins von 2.500 € für eine Laufzeit bis August 2015 und danach zu einem monatlichen Nettomietzins von 2.100 € an die P GmbH ("Mieter bzw. Mieterin") (Pkt. 1 bis Pkt. 3).
Vertragspunkte:
1. Mietgegenstand
1.1 Die Vermieterin ist auf Grund eines Zuwendungsfruchtgenussvertrages mit dem Liegenschaftseigentümer z W, geb. ZZ.ZZ.ZZZZ, dieser ist aufgrund des Kaufvertrages vom außerbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft Einlagezahl 61 des Grundbuchs E, bestehend aus den Grundstücken .Z* Baufläche (Gebäude) und Z* Gärten im grenzkatastermäßigen Gesamtausmaß von 5.000 m2, samt den darauf befindlichen Baulichkeiten "G-Straße Z", berechtigt zum Abschluss des gegenständlichen Mietvertrages. Gegenstand dieses Mietvertrages und somit Mietobjekt ist diese Liegenschaft mit den darauf befindlichen Baulichkeiten (zwei Gebäude) und dem vorhandenen Bewuchs.
1.2 Die Vermietung erfolgt ausschließlich zu Geschäftszwecken und zwar zur Verwendung als Steinmetzbetrieb samt Büro- und Lagergebäude. Jede Änderung des Verwendungszweckes bedarf der schriftlichen Zustimmung des Vermieters.
1.3 Dem Mieter ist das gegenständliche Mietobjekt bestens bekannt, da dieses am heutigen Tage vom Mieter an den Vermieter verkauft wurde. Der Vermieter übernimmt keine Haftung für die tatsächliche und/oder rechtliche Tauglichkeit der Bestandsache zu dem vom Mieter beabsichtigten Verwendungszweckes sowie für sonstige - nicht ausdrücklich bedungene Eigenschaften des Mietobjektes.
2. Vertragsdauer
2.1 Das Mietverhältnis beginnt am (erster September zweitausendzwölf) und wird befristet auf 5 (fünf) Jahre abgeschlossen.
2.2 Beiden Vertragsteilen kommt ansonsten (gesetzliche Kündigungsmöglichkeiten) das Recht zur gerichtlichen Aufkündigung des Vertrages unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten zu.
Auf die restlichen nicht zitierten Vertragspunkte wird verwiesen.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist unstrittig, es handelt sich um eine reine Rechtsfrage.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Rechtslage
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Gemäß § 2 Abs 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
Gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28) der Einkommensteuer.
Rechtliche Erwägungen
Strittig ist, ob die Einkünfte aus der Vermietung der gegenständlichen Liegenschaft der Ehefrau des Beschwerdeführers als Fruchtgenussberechtigte oder dem Beschwerdeführer als Fruchtgenussbesteller zuzurechnen sind.
Fruchtgenuss ist das dingliche Recht auf volle Nutzung einer fremden Sache unter Schonung der Substanz. Es handelt sich hiebei um eine Personaldienstbarkeit, welche in der Regel mit dem Tod des Fruchtgenussberechtigten erlischt. Der Fruchtgenussberechtigte kann die Sache in jeder Hinsicht nutzen (zB auch vermieten), ist verpflichtet, diese nach den Regeln ordentlicher Wirtschaftsführung gemäß § 513 ABGB zu erhalten und kann sich mit der Servitutsklage schützen. Nach § 511 ABGB steht ihm der volle Ertrag einschließlich Zubehör und Zuwachs zu. Die Auslagen hat er bis zur Höhe der Erträge zu übernehmen. Der Fruchtnießer bezieht originäre Einkünfte nach § 2 EStG, wenn die Einräumung des Fruchtgenusses als Übertragung der Einkunftsquelle angesehen werden kann (Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 43 ff).
Bei dem zu überprüfenden Vertrag über die Einräumung eines Fruchtgenussrechtes handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen. Dieser Umstand ist nach der Judikatur grundsätzlich nicht ungewöhnlich (vgl. ; ). Da es aber bei nahen Angehörigen in der Regel an dem zwischen Fremden üblicherweise bestehenden Interessensgegensatz, der aus dem Bestreben von Vorteilsmaximierung jedes Vertragspartners resultiert, fehlt, sind die von der Rechtsprechung zu den Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien zu beachten (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 157/1). Verträge zwischen nahen Angehörigen werden ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Gültigkeit im Steuerrecht nur dann anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).
Im beschwerdegegenständlichen Fall erfolgte die Fruchtgenussvereinbarung durch Notariatsakt, sodass das Publizitätserfordernis jedenfalls erfüllt ist. Zudem ist ein klarer eindeutiger Inhalt gegeben. Hinsichtlich des Fremdvergleiches ist zu überprüfen, ob der Vereinbarung ein angemessener Leistungsaustausch vorliegt oder ob durch das Naheverhältnis die Ernsthaftigkeit des Vertrages zu bezweifeln ist (Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 56).
Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Die Einkunftsquelle kann sich auf das (wirtschaftliche) Eigentum, auf ein Mietrecht (zur Weiter- oder Untervermietung), auf ein Nutzungsrecht oder eine bloße Tätigkeit gründen (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 142).
Wird - wie im Beschwerdefall - der Fruchtgenuss ohne Übereignung einer Sache eingeräumt, bleibt also das zivilrechtliche Eigentum unverändert, handelt es sich um einen Zuwendungsfruchtgenuss. Hinsichtlich des Zuwendungsfruchtgenusses hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt judiziert, Voraussetzung für die Beurteilung der Einkünfte eines Fruchtnießers als (originäre) Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG sei die Übertragung der Einkunftsquelle (zB ). Unmaßgeblich dabei ist, ob die Einkunftsquelle in Erfüllung einer Unterhaltspflicht, freiwillig, entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird. Wird eine Einkunftsquelle nicht übertragen, dann bleiben die aus dieser Quelle fließenden Einkünfte grundsätzlich solche des Inhabers der Einkunftsquelle, auch wenn er die "Einkünfte" im Voraus einem anderen abtritt. Die Verfügung des Steuerpflichtigen über die ihm zuzurechnenden Einkünfte bedeutet in einem solchen Fall lediglich eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung (vgl. ; ).
Eine Einkunftsquelle gilt dann als dem Fruchtnießer überlassen, wenn dieser das Unternehmerwagnis (Verlustgefahr) trägt. Insbesondere muss der Fruchtnießer einen gestalterischen Einfluss auf die Einkünfteerzielung haben, also die Möglichkeit besitzen, die Marktchancen auszunützen und Leistungen zu erbringen oder zu verweigern, am Wirtschaftsleben teilzunehmen und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen zu gestalten. Dazu gehört, dass der Fruchtnießer die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses (in erster Linie den Erhaltungsaufwand) trägt (vgl. ). Auch muss der Fruchtnießer bei einer Fruchtnießung an einem Gebäude, aus dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fließen, den Bestandnehmern gegenüber als Bestandgeber auftreten (bei Übernahme bestehender Verträge ist die Vertragsübernahme den Bestandnehmern zumindest anzuzeigen). Der Fruchtnießer muss (neue) Bestandzinsvereinbarungen mit den Bestandnehmern treffen, er muss Anpruchspartner für die Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis sein und die Mieten müssen auf sein Konto überwiesen werden.
Die bloß rechtliche Begründung der Fruchtnießung genügt in Anbetracht der im Einkommensteuerrecht maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht. Vielmehr müssen auch die tatsächlichen entsprechend den rechtlichen Verhältnissen gestaltet werden (vgl. ). So muss der Fruchtgenussberechtigte nicht nur in der Lage sein, die Dispositionen zu Erzielung der Einkünfte selbst zu treffen, der Fruchtgenuss muss auch für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position eingeräumt werden (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 142).
Es ist nunmehr zu prüfen, ob der Beschwerdeführer seiner Ehefrau eine Einkunftsquelle übertragen hat oder ob in der gegenständlichen Konstruktion lediglich die Übertragung von Einkünften zu sehen ist.
Zusammenfassend kann von der Übertragung einer Einkunftsquelle dann ausgegangen werden, wenn der Fruchtnießer (1) über die Leistung disponieren kann, (2) die Aufwendungen trägt und (3) für eine gewisse Dauer abgesichert ist (Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 45):
(1) Er muss am Wirtschaftsleben teilnehmen und die Nutzungsmöglichkeit nach eigenen Intentionen gestalten (); maßgeblich ist die tatsächlich, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge.
Der Beschwerdeführer erwarb mit Kaufvertrag vom die Liegenschaft EZ ** Grundbuch E von P. Unter Pkt. 1.2 wurde Folgendes vereinbart: Festgehalten wird, dass sich das Kaufobjekt in gewerblicher Nutzung als Steinmetzbetrieb der Verkäuferseite befindet - dieser Betrieb ist nicht Gegenstand dieses Kaufvertrages. Es handelt sich hiebei um die P GmbH.Bei einer weiteren Nutzung der Liegenschaft war auf diesen Umstand Rücksicht zu nehmen; diese Einschränkung traf gleichermaßen den Erwerber der Liegenschaft als auch die Fruchtgenussberechtigte und kann bei dieser daher nicht als Einschränkung ihrer Dispositionsbefugnis gesehen werden. Die Vereinbarungen hinsichtlich der Vermietung der gegenständlichen Liegenschaft wurden zwischen der P GmbH und W getroffen. Die tatsächliche unternehmerische Initiative von W während der Vermietung ist unbestritten.
(2) Der Fruchtnießer muss Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses tragen (zB Abgaben, Zinsen, Erhaltungsaufwendungen). Fruchtziehung und Verwaltungstätigkeit müssen zur Gänze in der Hand des Fruchtnießers liegen (dazu auchMoser taxlex 14, 408).
In Pkt. 3.4 des Fruchtnießungsvertrages ist geregelt, dass W während der Dauer des Fruchtnießungsrechtes Anspruch auf sämtliche mit dieser Liegenschaft verbunden Einnahmen hat; dafür muss sie sämtliche mit dieser Liegenschaft verbundenen Ausgaben, Steuern und Gebühren, Betriebs-, Strom- und Heizungskosten, sowie die Kosten der ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft übernehmen; weiters muss sie zur Substanzabgeltung gegenüber ihrem Ehemann diesem im Nachhinein einen Betrag in der Höhe der geltend gemachten Abschreibung bezahlen; weiters ist sie zur Erhaltung der Fruchtnießungsräumlichkeiten in einen guten Zustand insbesonders durch Ausbesserungen und Instandsetzungen verpflichtet.
(3) Die Bestellung des Fruchtgenussrechtes sollte für eine gewisse Dauer erfolgen, nach EStR 116 für den Zuwendungsfruchtgenuss zehn Jahre (so auch ); lebenslänglicher Fruchtgenuss verschafft eine gesicherte Rechtsposition (). Wird die Nichtanerkennung der Fruchtgenussbestellung nur auf die fünfjährige Dauer der Rechtseinräumung gestützt, genügt dies nicht; zur bloßen Dauer müssen weitere Elemente hinzutreten, die Aufschluss über die Rechtsposition des Fruchtgenussberechtigten geben (, da auch eine kürzere Frist genügen kann. So auch Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 57: Die Gültigkeit der Übertragung von Einkunftsquellen im Rahmen von Fruchtgenussvereinbarungen ist insbesondere vom Vorliegen einer rechtlich abgesicherten Position abhängig). Entscheidend ist im Ergebnis die Kombination aus längerer Dauer des Fruchtgenusses und weiterer Elemente (Kündigungsbeschränkungen, Sicherstellung usw), sodass die Gesamtumstände die rechtlich abgesicherte Position ergeben müssen; eine Mindestdauer von 10 Jahren ist somit nicht erforderlich.
Zudem darf die Rechtsposition durch den Fruchtgenussbesteller nicht einseitig abänderbar sein (Ausnahme "echte" Scheidungsklausel, Verweis auf ; sh. Auch Leyrer/Prodinger SWK 18, 1362, Pkt. 1.2). Bei echten Scheidungsklauseln wird die Auflösung der Fruchtgenussvereinbarung nicht in die ausschließliche Entscheidungsbefugnis des Fruchtgenussgebers gestellt. Die Folgen treten auch nicht unmittelbar mit dessen Willensentschluss ein. Sieht die Klausel dagegen bereits bei Auflösung der ehelichen Gemeinschaft den Wegfall des Fruchtgenusses vor, ist die Aufhebung ausschließlich vom Willensentschluss des Fruchtgenussgebers abhängig. Der Fruchtgenussnehmer befindet sich in diesem Fall keinesfalls in einer rechtlich abgesicherten Position. (Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 45).
Der Beschwerdeführer räumt in Pkt. 2.1 seiner Ehegattin W in Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung sowie auch aus arbeitswirtschaftlichen Gründen an der gegenständlichen Liegenschaft auf Dauer der bestehenden Unterhaltsverpflichtung im Sinne der §§ 509 ff ABGB das Recht der Fruchtnießung ein. Sein Kündigungsrecht, unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist jährlich zum 31.12. ohne Angabe von Gründen für beendet zu erklären, wird durch den Kündigungsverzicht für die Dauer von zehn Jahren eingeschränkt (Pkt. 3.1). Allerdings ist das Fruchtgenussrecht an die Bedingung einer aufrechten Ehe der Vertragsparteien gebunden.
Zu prüfen ist nunmehr, ob die im Fruchtgenussvertrag enthaltene Bedingung einer aufrechten Ehe die geforderte rechtlich abgesicherte Position gefährdet. In Pkt. 3.5 wurde folgende Regelung getroffen: Dieses Fruchtgenussrecht wird nur auf die Dauer des aufrechten Bestandes der Ehe der Vertragsparteien vereinbart. Dieses Fruchtgenussrecht gilt mit Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe der Vertragsparteien als aufgehoben und zwar ohne Rücksicht auf irgendeine Verschuldensfrage.
Es handelt sich hiebei um eine echte Scheidungsklausel, da die Auflösung der Fruchtgenussvereinbarung nicht in die ausschließliche Entscheidungsbefugnis des Beschwerdeführers als Fruchtgenussgeber gestellt ist wie zB bei Auflösung der Ehegemeinschaft. Durch die Bindung Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe sind die Folgen auch von der Reaktion des Ehepartners und dem Vorgehen des Gerichtes abhängig. Die rechtlich gesicherte Position der Ehegattin des Beschwerdeführers als Fruchtgenussnehmerin ist daher zu bejahen ( zum Fruchtgenussrecht am Hälfteanteil an zwei Wohnungen des Gatten; Leyrer BFGj 17,397; Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 2 Rz 45).
In einer Zusammenschau aller Umstände kommt das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis, dass die im Fruchtgenussvertrag enthaltene Bedingung nicht schädlich ist und die weiteren geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. W hat eine Einkunftsquelle übertragen erhalten, die daraus stammenden Umsätze und Einkünfte sind ihr zuzurechnen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wird über ein Zuwendungsfruchtgenussrecht bzw. die Zurechnung von Einkünften (§ 2 EStG 1988) abgesprochen. Zu dieser Problematik liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Zudem wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung berührt. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100539.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at