Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.02.2021, RV/7300014/2021

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei behauptetem Zustellmangel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch ***1*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, Adresse, über die Beschwerde des Bestraften vom (richtig: ) gegen den Bescheid des Finanzamtes H-Land als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer
001, betreffend Wiedereinsetzung gemäß § 167 Abs. 2 Finanzstrafgesetz (FinStrG) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4
Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem Erkenntnis des Finanzamtes H-Land als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 001, wurde der Beschwerdeführer (Bf.) als Geschäftsführer der X.GmbH der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und der Finanzordnungswidrigkeiten nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 € verhängt.
Die Zustellung des Erkenntnisses erfolgte an die Adresse Straße, D-12345 D.
Das Erkenntnis wurde der Finanzstrafbehörde mit dem Vermerk der Deutschen Post "Nicht abgeholt" zurückgestellt.

Am stellte das Finanzamt auf der Grundlage zweier Rückstandsausweise ein Vollstreckungsersuchen im Rechtshilfeverkehr an die Bundesrepublik Deutschland über insgesamt 6.180,88 €.

Im Schriftsatz vom teilte der Bf. dem Finanzamt mit, er habe nunmehr seinen Wohnsitz in D-12345 D, Straße, nachdem er seinen Wohnsitz in A aufgegeben habe.
Am sei sein Wohnraum in den Räumlichkeiten der X.GmbH gewaltsam von Vollziehungsbeamten des Finanzamtes A geöffnet und Bargeld beschlagnahmt worden.
Er gehe davon aus, dass es sich um die Geldstrafe aus dem Jahr 2018 handle, gegen die er aber einen Einspruch eingelegt habe.

Im Schriftsatz vom führte der Bf. aus:
Vielen Dank für die Übersendung der Unterlagen.
Die am durch den Vollstreckungsbeamten des Finanzamt
A zugegangene Vollstreckung ihrerseits besteht aus zwei Forderungen.
Die Forderung besteht aus zwei Verfahren und zwar aus einer Strafverfügung vom unter der Strafkontonummer
002 über 2.220 €. Diese Forderung ist rechtskräftig, konnte aber aus Zahlungsunfähigkeit von mir nicht gezahlt werden.
…..
Die zweite Forderung besteht aus einer Erkenntnis vom über 4.400 €. Diese Erkenntnis wurde wohl an die Adresse in
C zugestellt. Seit dem hatte ich den Wohnsitz in A, Straße. Da ich keine Kenntnis dieses Straferkenntnis hatte, wurde diese rechtskräftig, ohne daß ich Wiederspruch einlegen konnte, der eine aufschiebende Wirkung zu Folge gehabt hätte. Eine Kopie der Meldebescheinigung füge ich anbei.
Ich lege jetzt gegen diese Erkenntnis Wiederspruch ein und beantrage ersatzweise eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Wie bereits mitgeteilt habe ich seit habe ich meinen Hauptwohnsitzin
D-12345D; Straße,

Mit dem Bescheid vom wies das Finanzamt H-Land als Finanzstrafbehörde die Beschwerde des Bf. gegen das Erkenntnis vom gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG zurück, weil die Rechtsmittelfrist bereits am abgelaufen sei. Begründend wurde auszugsweise ausgeführt:
Vorangegangen war bereits ein langwieriges Verfahren, in welchem es immer wieder Probleme mit der Zustellung von Poststücken an Herrn NN gegangen ist.

Auf Grund einer telefonischen Kontaktaufnahme durch Herrn NN Ende Mai 2018, in welcher Herr NN von einer erfolglosen Zustellung der Strafverfügung in Kenntnis gesetzt wurde, erhob Herr NN mit Schriftsatz vom Einspruch und legt zugleich einen Meldezettel des Einwohnermeldeamtes der Gemeinde C vor, wonach Herr NN seit an der Adresse Straße gemeldet sei.

Mit Datum erging sodann an diese Adresse nochmals die Strafverfügung, welche auch an diese Adresse ordnungsgemäß zugestellt wurde.

Auf Grund des erfolgten Einspruches gegen die Strafverfügung wurde dann an die Adresse in C eine Vorladung zu einer mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß zugestellt und von Herrn NN auch persönlich übernommen.

Mit Schriftsatz vom ersuchte Herr NN um eine Terminänderung, worauf eine neuerliche Ladung für erfolgte. Diese Ladung wurde von Herrn NN auch persönlich übernommen. Der Poststempel von C ist datiert mit .
Zur mündlichen Verhandlung am um 10 Uhr ist Herr
NN nicht erschienen.

Am erfolgt um kurz von 10 Uhr ein Anruf von Herrn NN, welcher mitteilt, dass er eine Autopanne hätte und er nicht wisse, ob er rechtzeitig zur Verhandlung erscheinen könne.
Daraufhin wird ihm mitgeteilt, dass die Verhandlung bereits am stattgefunden habe und das Erkenntnis schriftlich ergehen werde. …..

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom wies die Finanzstrafbehörde den Antrag vom betreffend Wiedereinsetzung des Finanzstrafverfahrens 001 in den vorigen Stand gemäß § 167 Abs. 2 FinStrG zurück.
Das Erkenntnis vom sei nicht behoben, aber rechtswirksam am zugestellt worden. Die Antragsfrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei daher am abgelaufen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Vorweg wird ausgeführt:

Der Bf. war Geschäftsführer der X.GmbH mit dem Sitz in H, über die mit dem Beschluss des Landesgerichtes H vom das Konkursverfahren eröffnet wurde. Dieses wurde im Jahr 2018 mangels Kostendeckung aufgehoben. Die Firma ist mittlerweile im Firmenbuch gelöscht.

Im Handelsregister beim Amtsgericht A wird eine Zweigniederlassung der Gesellschaft (X.GesmbH) mit der Firmenadresse Straße, D-12345 D, geführt.

Im Jahr 2018 leitete das Finanzamt H gegen den Bf. ein Finanzstrafverfahren wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und der Finanzordnungswidrigkeiten nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG ein.
Mit dem Schriftsatz vom legte der Bf. einen Einspruch gegen die Strafverfügung ein. Gleichzeitig legte er einen Meldezettel des Einwohnermeldeamtes der Gemeinde C vor, wonach er seit an der Adresse Straße gemeldet sei.

Dem Bf. wurden in der Folge zwei Ladungen zur mündlichen Verhandlung an der Adresse Straße, D-12345 D, zugestellt und von ihm persönlich übernommen.
Im Zuge eines Telefonats mit der Verhandlungsleiterin wurde dem Bf. am mitgeteilt, dass die mündliche Verhandlung zwei Tage zuvor stattgefunden habe und das Erkenntnis schriftlich ergehen werde.
Erst im Schriftsatz vom gab der Bf. bekannt, dass er am seinen Wohnsitz nach A, Straße, verlegt hatte.

Gemäß § 8 Abs. 1 Zustellgesetz hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Gemäß § 2 Z 4 Zustellgesetz ist als "Abgabestelle" die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort anzusehen.

Welche Abgabestelle die Behörde wählt, liegt in ihrem Ermessen. Da der Bf. im Strafverfahren selbst die Firmenanschrift der X.GesmbH als Zustelladresse bekannt gegeben und diese Adresse auch nach seinem Wohnsitzwechsel im Briefkopf des Schreibens vom verwendet hat, in dem er um eine Vertagung der mündlichen Verhandlung ersuchte, erfolgte die Zustellung des Erkenntnisses vom ordnungsgemäß an die Adresse Straße, D-12345 D.
Die wider besseres Wissen vom Bf. nicht bekannt gegebene Verlegung des Wohnsitzes im August 2018 von der Firmenadresse nach A hat daher für die Zustellung des Erkenntnisses keine Bedeutung.
Da der Bf. eine Ortsabwesenheit von der Abgabestelle weder behauptet noch nachgewiesen hat, erfolgte die Zustellung des Erkenntnisses nach der Aktenlage (Posteingangsstempel) spätestens am . Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde ist daher spätestens am abgelaufen.

Gegenstand dieses Verfahrens ist die vom Bf. als "Widerspruch" bezeichnete Beschwerde gegen den Bescheid vom , in dem die Finanzstrafbehörde den Antrag des Bf. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen hat.

§ 167 FinStrG lautet auszugsweise:
(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass dem Beschuldigten oder dem Nebenbeteiligten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht gestellt werden, je nachdem, ob die Frist bei der Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht wahrzunehmen war oder dort die Verhandlung stattfinden sollte. Diese sind auch jeweils zur Entscheidung über den Antrag berufen. Das Bundesfinanzgericht entscheidet mit Beschluss. War die Frist beim Spruchsenat wahrzunehmen oder sollte die Verhandlung vor dem Spruchsenat stattfinden, entscheidet der Vorsitzende des Spruchsenates über den Wiedereinsetzungsantrag.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen. …..

§ 168 FinStrG lautet auszugsweise:
(1) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintreten der Versäumung befunden hat.
….
(4) Nach Ablauf eines Jahres, vom Ende der versäumten Frist oder vom Zeitpunkt der versäumten Verhandlung an gerechnet, ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung nicht mehr zulässig.

Mit dem Vorbringen, das Erkenntnis sei ihm nicht zugekommen, er habe seinen Wohnsitz im August 2018 nach A verlegt zu haben, weshalb die Zustellung des Erkenntnisses vom in D nicht rechtmäßig erfolgt sein könne, behauptet der Bf. einen Zustellmangel. Ein solcher stellt keinen Wiedereinsetzungsgrund dar, weil bei mangelhafter Zustellung - eine solche liegt im gegenständlichen Fall nach den obigen Ausführungen ohnedies nicht vor - nicht zu laufen beginnt ().

§ 168 Abs. 4 FinStrG schließt eine Wiedereinsetzung in jedem Fall aus, wenn seit dem Ende der versäumten Frist bzw. der versäumten Handlung ein Jahr verstrichen ist. Der Wiedereinsetzungsantrag vom erfolgte daher im Hinblick auf den Ablauf der Rechtsmittelfrist spätestens am jedenfalls verspätet.

Ist aber der Wiedereinsetzungsantrag verspätet, so ist dieser zurückzuweisen.
Der angefochtene Bescheid erging daher zu Recht, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 168 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7300014.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at