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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 22.02.2021, RV/7500860/2020

Verschulden an Gebrauchsabgabeverkürzung für unter dem Gehsteig liegender Ölfüllleitung und Rohrleitung, die dem Hauseigentümer unbekannt waren, bestritten.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 16 Abs. 1 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom , LGBI. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBI. Nr. 71/2018 in der Fassung des LGBl für Wien Nr. 50/2013 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 GAG und Tarifposten B 1 und B 8 über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen, vom , Zahl: MA6/***1***, zu Recht erkannt:

I.) Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnisse aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2. VStG eingestellt.

II.) Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III.) Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen, vom , Zahl: MA6/***1***, wurde der nunmehrige Beschwerdeführer [...] (in weiterer Folge kurz Bf. genannt) für schuldig befunden,

1. Datum:
Ort: Adresse2 (Front Adresse3)

Er habe im Jahr 2019 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr diene, durch die Belassung eines Einfüllschachtes (< 0,25 m2) genutzt, wobei er hiefür bis zum oben angeführten Tag weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe.
Er habe dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2019 bis zum oben angeführten Tag mit dem Betrag von € 23,70 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

2. Datum:
Ort: Adresse2 (Front Adresse3)

Er habe im Jahr 2019 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr diene, durch die Belassung einer Rohrleitung (< 1 Längenmeter) genutzt, wobei er hiefür bis zum oben angeführten Tag weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe.
Er habe dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2019 bis zum oben angeführten Tag mit dem Betrag von € 8,10 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen würden über ihn gemäß § 16 Abs. 1 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom , LGBI für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBI. Nr. 45/2013, folgende Strafen verhängt:

2 Geldstrafen von je € 40,00, falls diese uneinbringlich seien, 2 Ersatzfreıheitsstıafen von je 12 Stunden.

Ferner habe der Bf. gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 20,00 als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren, das seien 10% der Strafen, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafen/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 100,00.

Zur Begründung wird im angefochtenen Straferkenntnis ausgeführt:

"Gemäß § 1 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.

Im vorliegenden Fall geht aus einer Anzeige eines Kontrollorganes der Magistratsabteilung 46 hervor, dass Sie den öffentlichen Gemeındegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, durch die oben angeführten Taten ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen haben.

In Ihrem fristgerechten Einspruch vom sowie der Ergänzung zum Einspruch vom wurde im Wesentlichen eingewendet, dass Ihr Verhalten weder schuldhaft noch fahrlässig gewesen sei, weshalb rechtlich keine substanzielle Grundlage für die Strafverfügung vorhanden wäre. Zudem wurde auf Ihre - in einem weiteren anhängigen Strafverfahren bei der Magistratsabteilung 64 zur Zahl MA [...] - getätigten Vorbringen vom verwiesen; zusammenfassend wurde hier wie bereits im Vorverfahren zur Zahl MA6/[...] ausgeführt, dass der gegenständliche Öltank im Keller von einer beauftragten Firma entfernt und fachgerecht entsorgt worden und dieser bereits vor dem Liegenschaftskauf im Jahre 2001 vom Voreigentümer [...] außer Betrieb genommen worden sei. Sie hätten sich korrekt an die maßgebenden Baubescheide gehalten und sich auf die eingesetzten Fachorgane verlassen. Daher werde um Einstellung des Verfahrens unter Beachtung des Grundsatzes "in dubio pro reo" ("im Zweifel für den Angeklagten") ersucht.

Hiezu wird Folgendes festgestellt:

Hinsichtlich der Frage der Steuerpflicht wurde bereits im Abgabenbemessungsverfahren festgestellt, dass der gegenständliche Einfüllschacht und die Rohrleitung gebrauchsabgabepflichtig im Sinne des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes sind und Sie als Miteigentümer mit den überwiegenden Miteigentumsanteilen herangezogen wurden. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird daher auf die ausführliche Begründung in der Berufungsvorentscheidung vom , MA46/[...], verwiesen. Gleichermaßen wird im Bezug auf Ihre Vorbringen im Strafverfahren der Magistratsabteilung 64 auf die dortige ausführliche Begründung im Straferkenntnis vom , zur Zahl MA64/***2***, verwiesen.

Der Sachverhalt selbst wurde auch gar nicht bestritten. Die Einwände beschränken sich lediglich darauf, hieven keine Kenntnis gehabt zu haben.

Das Vorbringen, Sie hätten nicht gewusst, dass vor vielen Jahren (vom Vorbesitzer) eine Rohrleitung verlegt und ein Einfüllschacht errichtet worden sei und Sie diese nicht verwendet hätten, ändert nichts daran, dass allein durch das weitere Vorhandensein dieser Einrichtungen öffentlicher Grund im Sinne des Gebrauchsabgabegesetzes genützt wurde. Diese Nutzung ist Ihnen als Grundstücks(mit)eigentümer zuzurechnen.

Als (Mit-)Eigentümer des Objektes sollten Sie sich anlässlich der Übernahme der Baulichkeit auch über diese, sowie alle dazugehörigen Anlagen - schon allein um Ihrer lnstandhaltungspflicht nach § 129 Abs. 2 der Wiener Bauordnung nachkommen zu können - informiert haben. Diese Verpflichtung des Eigentümers (jedes Miteigentümers) zur Instandhaltung besteht ex lege und nicht erst aufgrund eines Bauauftrages ( ZI. 2003/05/0195).

Nachdem Sie aufgrund der lnstandhaltungspflicht um die Leitung und den Schacht hätten Bescheid wissen müssen, stellt Ihr Vorbringen keinen geeigneten Schuldausschließungsgrund dar.

Aufgrund der Aktenlage und Ihres Vorbringens war daher als erwiesen anzusehen, dass Sie den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, in Anspruch genommen haben, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken und die darauf entfallende Gebrauchsabgabe zu entrichten. Sie haben somit die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt.

Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverküızung gehört der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung (Selbstbemessung) und Entrichtung der Abgabe kommt ( Zl.: 87/17/0349).

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der Fassung des LGBI. Nr. 45/2013 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis EUR 21.000 zu bestrafen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird. Im Falle der Uneinbringlichkeit ist gemäß § 16 VStG eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen festzusetzen.

Als erschwerend war eine zum Tatzeitpunkt rechtskräftige Vorstrafe, als mildernd kein Umstand zu werten.

Die Verschuldensfrage war aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."

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In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde des Beschuldigten vom wird wie folgt ausgeführt:

"Ich beantrage (wie schon zu MA 6/196000000689/2019) die Einstellung des Verfahrens oder zumindest eine Herabsetzung des Strafbetrages mit folgender Begründung:

1) Die als erschwerend angeführte Verwaltungsstrafe wurde lapidar aus dem Register abgeleitet, sie beruht lediglich auf einem Fristversäumnis, ein dazu korrespondierendes Verfahren wurde vom UVS zu meinen Gunsten entschieden.

2) Aus unverständlichen Gründen wurden naheliegende Milderungsgründe wie folgt nicht beachtet:

> Der Beschwerdeführer hat sich in jedem Verfahrensabschnitt ab der ersten Gehsteigkommissionierung () durch die MA 37 trotz eines bürgerunfreundlichen/aggressiven Referenten sachlich sowie durch die Aktenlage nachweisbar kooperationsbereit gezeigt und letztlich mit hunderprozentiger Kostentragung auch für die übrigen Miteigentümer dafür Sorge getragen, dass das kleine Rohrleitungsstück letztlich fachgerecht entsorgt und der Gehsteig von einem schlechten Zustand in diesem Abschnitt in einen neuwertigen Zustand gebracht wurde. Das hat der Gemeinde Erhaltungskosten erspart.

> Die Versäumnisse der Behörde über einen Zeitraum von 15 Jahren sowie die damit verbundenen Ärgernisse für den Beschwerdeführer hätten für sich allein schon zu einer bürgerfreundlichen Amtshandlung führen sollen.

Unter dem Punkt "Milderung" hätte auch ernsthaft die Überlegung angestellt werden sollen, dass der Sachverhalt aus mehrfachen Gründen nicht wiederholbar ist und daher im Ergebnis wohl unzweifelhaft einen begründbaren Milderungsgrund liefert. Auf die weitere Ausführung, siehe MA6/196000000689/2019, wird hingewiesen. Die Einstellung des Verfahrens wird beantragt."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

§ 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 1 Abs. 1 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.

Gemäß § 2 Abs. 1 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) ist die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nur auf Antrag zulässig. Wenn für die Durchführung eines Vorhabens eine Gebrauchserlaubnis erforderlich ist, gilt als Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis
1. das Ansuchen um Erteilung der baupolizeilichen oder straßenpolizeilichen Bewilligung,
2. die Einreichung nach § 70a der Bauordnung für Wien.

Gemäß § 9 Abs. 1a GAG ist derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, sowie derjenige, der nach § 5 zur Beseitigung der Einrichtungen verpflichtet ist und diese nicht nachweislich beseitigt haben - unbeschadet der §§ 6 und 16 - die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten. Die Abgabe ist durch Bescheid festzusetzen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Wird die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt, so ist die vom Abgabepflichtigen nach diesem Absatz bereits entrichtete Abgabe anzurechnen.

Gemäß § 12 Abs. 1 GAG ist die Selbstbemessungsabgabe im Sinne des § 10 Abs. 1 lit. b vom Abgabepflichtigen für jeden Kalendermonat nach dem sich aus dem Tarif ergebenden Hundertsatz bis zum 15. des darauffolgenden Monats zu entrichten.

Gemäß § 16 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 21.000 Euro zu bestrafen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Gemäß § 45 Abs. 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind gemäß § 22 Abs. 2 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.

Gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn
1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2. sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Sachverhalt und objektive Tatseite:

Aus der Aktenlage des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes im Zusammenhalt mit den Aussagen der Beschuldigten ergibt sich somit folgender Sachverhalt:

Für das Haus [...] (Front [...]) war mit den Bescheid vom, GZ.: MA 46-[...], Herrn [...] (Rechtsvorgänger des Bf.) die Gebrauchserlaubnis gemäß § 1 GAG für einen Ölfüllschacht unter 0,25m² und für eine Rohrleitung bis 1 Meter im Gehsteig erteilt und die Gebrauchsabgabe festgesetzt. Am wurde die Gebrauchserlaubnis nach Verzicht mit gelöscht.

Der Bf. hat das genannte Haus im Jahr 2001 erworben und die Ölfeuerungsanlage nie in Betrieb genommen. 2003 hat er die Teile der Anlage, die sich im Keller befanden, entfernen lassen. Von dem hier gegenständlichen Ölfüllschacht und Rohrleitung, welche sich unbestritten außerhalb des Gebäudes unter öffentlichen Grundes befanden, hat er nach seiner unwiderlegten Verantwortung keine Kenntnis gehabt und diese auch nie benutzt.

Nach Überprüfung seitens der MA 37 am wurde der Bf. mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37-[...], vom aufgetragen, binnen zwei Monaten, die unter dem Gehsteig (= öffentliches Gut) befindliche Füllstelle und Füllleitung zu entfernen.

Im Rahmen einer weiteren Überprüfung durch die Magistratsabteilung 37-Baupolizei vom wurde in der Folge festgestellt, dass lediglich die Füllstelle (Schacht) auftragsgemäß entfernt wurde. Die Füllleitung befinde sich jedoch noch im Erdreich und wurde nicht entfernt.

Am legte der Bf. sodann eine Bestätigung einer Baufirma vor, aus der hervorgeht, dass auch die Füllleitung sachgerecht entfernt und entsorgt wurde.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , MA 46-[...], wurde die Gebrauchsabgabe 2019 für eine Rohrleitung und einen Einfüllschacht in Höhe von insgesamt € 31,80 festgesetzt.

Der Umstand, dass der Ölfüllschacht sowie die Rohrleitung nicht mehr zur Betankung einer Ölfeuerungsanlage verwendet worden sind, ist für das Entstehen der Verpflichtung zur Entrichtung der Gebrauchsabgabe nicht maßgeblich, da der Tatbestand des § 9 Abs. 1a GAG auf die Nutzung des öffentlichen Grundes abstellt. Der öffentliche Grund wurde im Beschwerdefall aber durch die Anbringung und das fortgesetzte Bestehen von besagtem Öleinfüllschacht samt Rohrleitung, also durch die Gebrauchsarten der Tarifpost B 1 und der Tarifpost B 8, im Sinne des GAG 1966 benutzt.

Die Abgabepflicht nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz und die Höhe der Abgabenbemessung bestehen zB auch unabhängig davon, ob die Abgabepflichtigen von der ihnen erteilten Gebrauchserlaubnis Gebrauch gemacht haben oder nicht ().

Die vom Bf. unbestrittene objektive Tatseite der Verwaltungsübertretungen ist somit erfüllt.

Subjektive Tatseite

Zur subjektiven Tatseite bringt der Bf. in der Beschwerde vor, dass er keine Kenntnis davon hatte, dass sich im Gehsteig ein Einfüllstutzten oder eine Leitung befinde, zumal er keine Ölheizung betreibe und ihm auch beim Kauf der Liegenschaft keine entsprechenden Informationen erteilt wurden.

Nach Überprüfung seitens der MA 37 am und Beauftragung des Bf. mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37-BB/769647/2018, vom , binnen zwei Monaten, die unter dem Gehsteig (= öffentliches Gut) befindliche Füllstelle und Füllleitung zu entfernen, wurde dem Bf. nach seinem subjektiven Verständnis jeder Gebrauch untersagt und es wäre nicht mehr möglich gewesen, für das Entfernen der Füllstelle und Füllleitung noch eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken.

Angesichts des Ergebnisses der erwähnten Amtshandlung vom kann dem Bf. subjektiv kein Vorwurf gemacht werden, für das Jahr 2019 keine Gebrauchserlaubnis beantragt bzw. die Gebrauchsabgabe nicht entrichtet zu haben, da hier ein entschuldbarer Irrtum im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG dahingehend vorlag, dass mangels Gebrauchsmöglichkeit und aufgrund der von der Behörde angeordneten Entfernung der Füllstelle und Füllleitung auch keine Gebrauchsabgabe schulden würde. Dem Beschuldigten ist daher die Gebrauchsabgabeverpflichtung trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Es bestand als Folge dieser Amtshandlung für den Bf. keine Veranlassung, sich über einschlägige weitere Normen näher zu informieren, da er davon ausgehen konnte, dass die MA 37 bereits von Amtswegen tätig geworden ist, und - sollte tatsächlich noch eine weitere Magistratsabteilung einschreiten - auch diese von Amtswegen entsprechende Amtshandlungen setzen würde.

Da dem Bf. aus den dargestellten Erwägungen eine fahrlässige Handlungsweise im Sinne des § 5 VStG für die Gebrauchsabgabeverkürzung 2019 nicht angelastet werden kann, war der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtenen Straferkenntnis aufzuheben und das gegen den Bf. geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß nach § 45 Abs. 1 Z. 2. VStG einzustellen.

Selbst wenn man jedoch von einer fahrlässigen Handlungsweise des Bf. ausgehen würde, wäre das Verschulden des Bf. als gering zu beurteilen und bei einem Verkürzungsbetrag an Gebrauchsabgabe 2019 in Höhe von € 31,80 liegen auch geringe Folgen der Tat vor, sodass auch die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat gering sind, weswegen auch aus diesem Grund gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG mit Verfahrenseinstellung vorzugehen gewesen wäre.

Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung:

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wird gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 VwGVG zum Absehen von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gegeben, weil ein Beschluss zu fassen ist und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Es deutet nichts darauf hin, dass Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dem Entfall der mündlichen Verhandlung entgegenstünden.

Kostenentscheidung:

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Kosten waren somit wegen Stattgabe der Beschwerde nicht festzusetzen.

Zur Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständliche Beschwerdeverfahren war insbesondere das Vorliegen eines Verschuldens im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 16 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966
§ 5 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500860.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at