Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.02.2021, RV/4100508/2020

Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.a ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch T plus M Steuerberatung GmbH, Hans-Sachs-Straße 16, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit dem Bescheid vom hat das Finanzamt (FA) unter Zugrundelegung des in den beiden Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Einkommens des Beschwerdeführers (Bf.) und seiner Ehegattin (Gesamteinkommen € 45.404,63) die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld iHv € 2.999,70 angeordnet. IE betrugen die in den Jahren 2007 und 2008 ausbezahlten Zuschüsse € 1.151,40 (2007) und € 1.848,30 (2008). Begründend wurde auf § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG verwiesen, wonach im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)Partner zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet seien und es im Ermessen der Behörde liege, wem und in welchem Ausmaß die Abgabe vorgeschrieben werde. Im Jahr 2014 seien die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgebenden Einkommensgrenzen nach § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG überschritten worden. Die Behörde habe nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände den Bf. auf Grund seiner Einkommensverhältnisse und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durch den anderen Elternteil zur Rückzahlung herangezogen.

Gegen den Rückzahlungsbescheid erhob der Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde und beantragte die Rückzahlung der ausbezahlten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld 2014 mit € 0,00 festzusetzen. Die Berechnung des Rückzahlungsanspruches werde der Höhe nach nicht bestritten. Dem Grunde nach sei jedoch festzuhalten, dass ein Rückzahlungsanspruch, der bescheidmäßig Anfang des Jahres 2020 geltend gemacht werde, völlig unbillig erscheine. Ihn und seine Frau treffe der Rückforderungsbescheid völlig unvorbereitet. Die dem Bescheid zugrunde gelegten Einkommenssteuerbescheide seien seit mehreren Jahren rechtskräftig, sodass sie nun in einer Situation mit vergleichsweisem geringen Einkommen die Konsequenzen der Überschreitung der Einkommensgrenzen in einem 6 Jahren zurückliegenden Betrachtungszeitraum tragen müssten. Die Vorgangsweise lasse sich mit dem Rechtsempfinden keines Steuerpflichtigen nachvollziehen.

Es werde aufgrund der überlangen Verfahrensdauer um Nachsicht des Rückzahlungsbetrages und um bescheidmäßige Nichtfestsetzung mit € 0,00 beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde mit nachfolgender Begründung ab:

"Für Ihr Kind ***2***, geb. am ***3***, wurden Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gemäß Kinderbetreuungsgesetz (KBGG) ausbezahlt. Im Jahr 2014 wurde die Einkommensgrenze gem. § 19 (1) KBGG von 35.000,-- Euro (Anm.: richtig: € 45.000) (Mag. ***Bf1*** und ***4***) überstiegen.

Nach § 207 Abs. 2 BAO beträgt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, grundsätzlich fünf Jahre. Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Daher endet die fünfjährige Verjährungsfrist betreffend dem Kalenderjahr 2014 gemäß § 207 Abs. 2 iVm § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit Ablauf des Kalenderjahres 2019.

Entsprechend der Bestimmung des § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 KBGG erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.
Da das Kind
***2*** 2007 geboren wurde und die Einkommensgrenze 2014 erstmals überschritten wurde, ist der Abgabenanspruch erstmals im Jahr 2014 entstanden.
Da der Abgabenanspruch erst 2014 entstanden ist, beginnt mit diesem Zeitpunkt die Verjährung (§ 207 BAO - 5 Jahre), wobei im Jahr 2019 eine Verlängerungshandlung (
§ 209 BAO) durch das Übersenden der Abgabenerklärungen erfolgte (Schreiben über die Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld - Erklärung des Einkommens für das Jahr 2014 - zugestellt mit RSb - übernommen durch die Steuerberatungskanzlei am ) daher die Verjährung ein weiteres Jahr verlängert wurde. Somit ist im Jahr 2020 noch keine Verjährung eingetreten."

Mit Schreiben vom beantragte der Bf. die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht (BFG).

Das FA legte die Bescheidbeschwerde mit Vorlagebericht vom dem BFG vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Dem Bf. wurde nachweislich am eine Erklärung iSd § 23 KBGG für das Jahr 2014 zugesandt.

Das Einkommen des Bf. betrug laut dem Einkommensteuerbescheid 2014 € 18.209,61, jenes der Kindesmutter laut Einkommensteuerbescheid 2014 € 27.195,02 (in Summe daher: € 45.404,63.

Damit war die maßgebliche Einkommensgrenze nach § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG überschritten und wurde dem Bf. mit Bescheid vom ein Rückzahlungsbetrag idHv 9 % des Gesamteinkommens, ds € 2.999,70 vorgeschrieben.
Der Bf. wurde zur Rückforderung herangezogen.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und dem Vorbringen des Bf.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Vom Bf. wird in der Beschwerde die Berechnung des Rückzahlungsbetrages nicht bestritten.

Wohl aber bestreitet der Bf., dass ein Anspruch auf Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2014 bestehe, weil der Anspruch erst Anfang des Jahres 2020 geltend gemacht worden sei und auf Berechnungsgrundlagen aus dem Jahr 2014 fuße. Diesbezüglich liege eine Unbilligkeit vor.

Verfahrensgegenständlich für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum sind die Bestimmungen der §§ 9 und 13 des Abschnittes 3 KBGG. Diese lauten auszugsweise:

§ 9 (1): Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben

2. Verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 13 ….

Abschnitt 4 des KBGG lautet auszugsweise:
§ 18 (1): Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:
1. …
2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde…

§ 19 (1): Die Abgabe beträgt jährlich….
2. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von
mehr als 45.000 € ……9 %
des Einkommens…

§ 21. Der Abgabenanspruch entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

Gemäß § 49 Abs. 23 KBGG treten die Abschnitte 3 und 4 jeweils in der Fassung BGBl.I Nr. 24/2009 mit Ablauf des außer Kraft, sind jedoch auf Geburten bis weiter anzuwenden, wenn kein Anwendungsfall des Abs. 22 vorliegt.

§ 207 Abs. 1 BAO bestimmt, dass das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung unterliegt.
Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre [...].

Gemäß § 208 Abs. 1 lit a. BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

§ 209 Abs. 1 normiert: Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Die Fristverlängerung setzt die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 209 Tz 3 mit Hinweis auf ; ; ; ).

Unstrittig ist, dass im Kalenderjahr 2014 die maßgeblichen Einkommensgrenzen gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG überschritten wurden. Wie bereits oben ausgeführt, entstand der Abgabenanspruch daher mit Ablauf des Jahres 2014 (). Die fünfjährige Verjährungsfrist begann somit mit Ablauf des Jahres 2014 zu laufen und endete damit grundsätzlich am . Da jedoch innerhalb der Verjährungsfrist dem Beschwerdeführer nachweislich am eine Erklärung im Sinne des § 23 KBGG für das Jahr 2014 zugegangen ist und somit eine erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommen wurde (vgl. dazu Ritz, BAO, 5. Auflage, § 209 Tz6 mit Hinweis auf sowie § 209 Tz 20 mit ergänzenden Hinweisen auf ; ), verlängerte sich die Verjährungsfrist um ein Jahr bis zum . Die dem Beschwerdeführer vor Ablauf der Verjährungsfrist zugesendete Erklärung gemäß § 23 KBGG war mit "Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld" überschrieben und wies bereits den für das Jahr 2014 voraussichtlich zurückzuzahlenden Betrag aus. Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, dass diese Amtshandlung auf die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches gerichtet war. Der Abgabenanspruch wurde daher mit dem angefochtenen Bescheid vom innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht.

Soweit der Bf. meint, es sei unbillig einen Rückzahlungsanspruch, der auf Berechnungen aus dem Jahre 2014 basiert, 6 Jahre später - somit 2020 - geltend zu machen, ist darauf hinzuweisen, dass § 21 KBGG dezidiert festlegt, wann ein Abgabenanspruch entsteht. Leg. cit. iVm den Verjährungsbestimmungen (§§ 207 ff BAO) sehen eine bescheidmäßige Festsetzung ausbezahlter Zuschüsse nach einem derart langen Zeitraum vor; widrigenfalls würden zwingend anzuwendende gesetzliche Bestimmungen verletzt werden. § 21 KBGG iVm §§ 207ff BAO lassen für eine Ermessensübung keinen Raum.

Hinzuweisen ist idZ darauf, dass nach den Erläuternden Bemerkungen zum § 21 KGBB die Bewilligung des Zuschusses nicht endgültig, sondern als vorläufige Sozialleistung ausgestaltet war. Der Zuschuss war als Kredit ausgestaltet, der zurückzuzahlen ist, wenn innerhalb der in § 21 KBGG bestimmten Frist das Einkommen der Eltern den im § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG angeführten jeweiligen niedrigsten Einkommensbetrag übersteigt. Bleibt das Einkommen unter der jeweils niedrigsten Einkommensgrenze, so wird die Bewilligung des Zuschusses endgültig. Wird die Einkommensgrenze innerhalb des Überprüfungszeitraumes überschritten, so unterstellt der Gesetzgeber, dass es billig erscheint vom Bezieher den Zuschuss in Höhe eines einkommensabhängigen Teiles zurückzuverlangen. Den Abgabenbehörden obliegt daher eine Überprüfung im Hinblick auf die Förderwürdigkeit der beziehenden Personen (vgl. Erkenntnis BFG, RV7102775/2016 vom ).

Soweit der Bf. auf das nunmehrige im Vergleich zur Berechnungsgrundlage (Einkommensteuerbescheide 2014) geringe Einkommen von 2020 verweist, und er damit seine finanziell schwierige Situation ins Spiel bringt, ist einerseits festzuhalten, dass das Einkommen für 2020 in den Datenbanken der Finanzverwaltung noch nicht aufscheint, andererseits ist er auf die Möglicheit hinzuweisen, beim Finanzamt einen Antrag nach § 212 BAO auf Zahlungserleichterung bzw. nach § 236 BAO auf Nachsicht einzubringen. Im Rahmen dieser Rechtsinstitute ist das Ermessen gesondert zu prüfen.

Im gegenständlichen Verfahren ist die finanzielle Situation des Bf. (mangels Zuständigkeit des BFG) nicht zu prüfen. Weshalb dem Antrag des Bf., die Rückzahlung der ausbezahlten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld 2014 mit 0,00 € festzusetzen, auch nicht entsprochen werden kann. Wie dargelegt wird auf die §§ 212 bzw. 236 BAO verwiesen.

Die Rückforderung mit Bescheid erfolgte innerhalb der Verjährungsfrist und damit zurecht.

Es war wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt im beschwerdegegenständlichen Fall nicht vor, das sich die Rückforderungsverpflichtung direkt aus dem Gesetz, dem KBGG, ergibt.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 18 Abs. 1 Z 2 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 19 Abs. 1 Z 2 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 209 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 23 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100508.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at