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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.02.2021, RV/5100960/2015

Zurückweisung einer Beschwerde

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0015. Mit Erkenntnis vom wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/5100465/2024 erledigt.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***11***, Steuerberater, nunmehr in ***10*** ***2***, ***12***, über die Beschwerde vom gegen die "Bescheide" des Finanzamtes ***13*** vom betreffend Kapitalertragsteuer Dezember 2009, Dezember 2010 und Dezember 2011 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Für den Beschwerdeführer (Bf.) wurde mit Bescheiden datiert vom Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 11/ 2009, 11/2010, und 12 /2011 festgesetzt, welche sich nach Ansicht des Finanzamtes aus den Ergebnissen der Außenprüfung bei der ***15*** zu FBNr. ***5*** und der darüber verfassten Niederschrift Tz 4 ergaben. Die Zustellung der KEST- "Bescheide" erfolgte am zu Handen der bevollmächtigten stl. Vertretung.

Umfang der Vollmacht:

Als steuerlicher Vertreter war Herr ***11*** mit Geldvollmacht und elektronischer Akteneinsicht ausgewiesen. Eine gesonderte Zustellvollmacht des Steuerberaters für seinen Klienten war damals weder zur St.Nr.***BF1StNr1*** (abgesondert durchgeführte Verbuchung gem.§ 213 Abs. 2 BAO bei nicht wiederkehrend zu erhebenden Abgaben im Falle einer Direktvorschreibung von KEST) noch zur St.Nr.***17*** an der Adresse des Steuerberaters lautend auf ***9***, ***10*** ***2***, ausgewiesen.

Der Hauptwohnsitz des Bfs. war ***7*** (seit ***8***).

Nach einem Fristverlängerungsansuchen v. (Fristverlängerung bis ) wurde mit Schriftsatz vom von der steuerlichen Vertretung gegen die Bescheide betreffend Kapitalertragsteuer für die im Spruch ausgewiesenen Zeiträume Bescheidbeschwerde erhoben. Es wurde inhaltliches zum Thema der verdeckten Ausschüttung und Verrechnungskonto ausgeführt. Der Inhalt der Beschwerde wird mangels Entscheidungsrelevanz nicht wiedergegeben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Am wurde der Vorlageantrag erhoben. Auf diesen wird verwiesen.

Aus dem Vorlagebericht des Finanzamtes v. ging Folgendes hervor:

"Die ***1*** KEG wurde am im Firmenbuch des Landesgerichts ***2*** zu FN ***3*** eingetragen. Persönlich haftender Gesellschafter ist der Beschwerdeführer ***Bf1*** und einzige Kommanditistin Frau ***4*** mit einer Vermögenseinlage von € 400. Mit Gesellschaftsvertrag vom wurde die ***1*** GmbH gegründet, die am im Firmenbuch des Landesgerichts ***2*** zu FN ***5*** eingetragen wurde. Geschäftsführer der ***1*** GmbH ist der Beschwerdeführer, wobei an dieser Gesellschaft der Beschwerdeführer und Frau ***4*** jeweils zu 50% beteiligt sind. Es hat sich um eine Bargründung gehandelt. Mit Schreiben vom wurde dem Finanzamt ***13*** namens der ***1*** KEG als auch der ***1*** GmbH mitgeteilt, dass rückwirkend zum der gesamte Betrieb der ***1*** KEG in die ***1*** GmbH eingebracht worden sei und zwar aufgrund eines Einbringungsvertrages vom . In der Bilanz der ***1*** GmbH zum wurde auf der Passivseite aufgrund dieser dargestellten Einbringung eine nicht gebundene Kapitalrücklage iHv € 239.239,72 gebildet. Im Firmenbuch wurde die ***1*** KEG am ***14***.8.2010 gelöscht (FN ***3*** des LG ***2***) und zwar infolge Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB durch die ***1*** GmbH. Zu AB.Nr. ***14*** fand bei der ***1*** GmbH im Zeitraum bis (Datum der Schlussbesprechung) eine Außenprüfung gem. § 147 Abs. 1 BAO statt, die sich unter anderem auch auf die Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer für die Zeiträume 2009 bis 2011 erstreckt hat. Im Rahmen dieser Außenprüfung wurde unter anderem folgende Feststellung getroffen (vgl. Tz 4. Verrechnungskonto Gesellschafter des Betriebsprüfungsberichtes): Auf Konto 3650 "Verrechnungskonto ***6***" wurde per ein Saldo iHv 30.120,20 € lt. E-Bilanz erfasst. Dieser Betrag erhöhte sich bis um 19.448,34 € auf 49.578,54 €, bedingt durch Entnahmen iHv 63.177,07 € und Einlagen iHv 43.728,73 €. Im Jahr 2011 wurden Entnahmen iHv 192.017,2 € und Einlagen iHv 40.312,17 € (ohne Umbuchung der nicht gebundenen Kapitalrücklage zur Abdeckung iHv 201.283,57 €) erfasst. Der Saldo stieg daher um € 151.705,03. Da diesen Entnahmen kein Rechtsgrund im Sinne der Angehörigenjudikatur (Darlehensvereinbarung) im Zeitpunkt der jeweiligen Entnahmen zugrunde gelegen sind, wurde von der Betriebsprüfung von einer verdeckten Ausschüttung dieser Entnahmen ausgegangen und die Kapitalertragsteuer dem Beschwerdeführer als Gesellschafter direkt vorgeschrieben und zwar für die Jahre 2009 bis 2011. Gegen diese KESt-Vorschreibungen richtet sich die gegenständliche Beschwerde. Vom Finanzamt wurde die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auf die Begründung der Niederschrift zur Außenprüfung bei der ***1*** GmbH vom (Tz 4) und die im Beschwerdefall ergangene Beschwerdevorentscheidung wurde vom Finanzamt verwiesen."

Am wurde von der steuerlichen Vertretung der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgezogen.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von den Parteien des Verfahrens vorgelegten Unterlagen und dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung.

Verfahrensrechtliche Beurteilung:

Dem Gericht lagen insbesondere zur verfahrensrechtlichen Frage folgende Beweismittel vor:

- Niederschrift über die Außenprüfung bei der ***1*** GmbH vom

- Bericht über die Außenprüfung bei der ***1*** GmbH für den Zeitraum 2009 bis 2011 vom

- "KEST-Bescheide" v.

- Bescheidbeschwerde v.

Die restlichen vorgelegten Beweismittel waren für die zu beurteilende verfahrensrechtliche Frage nicht mehr von Relevanz. Auf eine Darstellung wird daher im Rahmen dieses Beschlusses verzichtet.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO würden Erledigungen (insbesondere Bescheide) dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben würden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt seien. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen sei, durch Zustellung.

Nach § 98 BAO idF BGBl I 2007/99 sind, soweit in der Bundesabgabenordnung nicht anderes bestimmt ist, Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 (in der Folge: ZustellG), vorzunehmen.

Die Anwendbarkeit des ZustellG im Abgabenverfahren ergibt sich auch aus dessen § 1 Abs. 1.

Gemäß § 9 Abs 1 Zustellgesetz in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. Ritz, BAO 6.Auflage, § 9 ZustG Tz 19). Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren enthält doch der Beschwerdeschriftsatz keinen dezidierten Hinweis, dass eine Zustellvollmacht an den Steuerberater erteilt worden wäre (Vertretungsanzeige). Auch in den - dem Gericht - zur Verfügung stehenden Datenbanken fand sich kein Hinweis auf eine Zustellvollmacht.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes v. wurde unrichtigerweise beim Vertreter von einer aufrechten Zustellvollmacht ausgegangen. Eine gesonderte Zustellvollmacht für den Steuerberater aber lag im gegenständlichen Beschwerdefall - damals wie auch aktuell - nicht vor (vgl. Schriftsatz v. ).

Wäre ein Zustellungsbevollmächtigter in der Person der steuerlichen Vertretung bestellt gewesen, so wäre die Bescheiadressierung (Empfängerbezeichnung) korrekt gewesen. Auf die Bestimmung des § 83 Abs. 2 BAO (Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis) wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

Für die Wirksamkeit einer Zustellung sei es daher erforderlich, dass sowohl in der Zustellverfügung der Behörde, als auch auf dem Zustellstück selbst der nach dem jeweils anzuwendenden Verfahrensrecht richtige Empfänger, diesfalls der Bf. selbst, zu dessen Handen zuzustellen sei, genannt sei (RIS-Justiz RS0106442, RS0083644; Stumvoll in Fasching/Konecny2 II/2, § 7 ZustG Rz 17; Gitschthaler in Rechberger3 § 87 Rz 4).

Nach § 9 Abs. 3 ZustellG hat die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, dann, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Ein tatsächliches Zukommen setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhalts des Schriftstücks beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht. Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstücks (ohne tatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht (vgl. etwa ; sowie im Ergebnis bereits ).

Die BAO enthält in Verbindung mit dem ZustG Regelungen über die Heilung von Zustellmängeln; eine "Heilung durch Einlassung" kennen diese Bestimmungen nicht (vgl. Ro 2020/16/0004; nochmals Fr 2018/15/0011).

Dass der Bf. Kenntnis über den Bescheidinhalt erlangt hat, konnte aufgrund der Aktenlage nicht festgestellt werden. Der Erhalt einer Kopie ist dem Zugang einer Originalausfertigung nicht gleichzuhalten (RIS-Justiz RS0083731 [T4]).

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid zurückzuweisen (;, 93/17/0318; vgl auch Ritz, BAO6, Tz 8 zu § 260).

Da die als "Kapitalertragsteuerbescheide" intendierten Erledigungen des Finanzamtes vom daher nicht rechtswirksam zugestellt wurden, war die dagegen erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Ob die Ermessenshandhabung durch das Finanzamt - der damalig kurzzeitig herrschenden Rechtsansicht folgend - im Sinne des Gesetzes war, spielte im konkreten Fall keine Rolle mehr, wurden doch die entsprechenden "KEST-Bescheide" fälschlicherweise an die steuerliche Vertretung zugestellt.

Es lagen daher nach Meinung des Gerichtes Nichtbescheide vor, weswegen spruchgemäß zu entscheiden war.

Hinweis:

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes besteht ebenfalls keine gesonderte Zustellvollmacht der steuerlichen Vertretung (lt. Mitteilung der stl. Vertretung v. ). Es war daher direkt dem Bf. zuzustellen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich dieser Beschluss auf die Beweiswürdigung und das unmittelbares Anwenden des Gesetzestextes beschränkt, wurde keine Rechtsfrage berührt, deren Bedeutung über die Entscheidung dieses Einzelfalls hinausgeht.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 83 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
keine Heilung eines Zustellmangels
Zurückweisung
Nichtbescheid
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100960.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
WAAAC-26758