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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2021, RV/7105428/2019

Keine Maßnahme nach § 48 BAO zur Beseitigung einer Doppelbesteuerung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0042. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Elisabeth Hafner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch die Rittmann KG, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung, Braintnerstraße 36, 2500 Baden, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , GZ. BMF-010221/0213, mit dem ein Antrages gemäß § 48 BAO auf Beseitigung der Doppelbesteuerung für die Jahre 2010 - 2013 (betreffend Malta) abgewiesen worden ist, zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (BF) errichtete (über einen Treuhänder) in der Republik Malta im Jahr 2009 die Limited (Kurz: Ltd). Die Ltd wurde im November 2009 ins maltesische Handelsregister zur Nummer C 4823 eingetragen.

Seit Februar 2015 befand sich die Ltd in Liquidation. Die Liquidation ist mittlerweile beendet und die Firma im maltesischen Handelsregister gelöscht ("struck off"). Der BF war alleiniger Gesellschafter der Ltd (Handelsregisterauszüge Malta, vorgelegte Treuhandverträge, Vorbringen des BF).

In den Jahren 2010 - 2013 erklärte die Ltd Gewinne, die vorab mit 35 % maltesischer Körperschaftsteuer versteuert wurden. Ein Teil der entrichteten Steuer wurde im Zuge eines Antrags rückvergütet, wodurch sich die maltesische Körperschaftsteuer auf einen effektiven Prozentsatz von 5 % vom Gewinn vermindert hat.

Die in Malta erklärten Gewinne der Ltd und deren (endgültige maltesische) Steuerbelastung stellte der BF wie folgte dar:

Im Dezember 2015 wurde betreffend das österreichische Einzelunternehmen des BF eine abgabenbehördliche Prüfung abgeführt. Im Zuge dieser Prüfung (Bericht vom , ABNr. 121089/15) wurde die Ansicht vertreten, dass die Ltd die von ihr fakturierten Leistungen mangels organisatorischer und personeller Ausstattung nicht habe erbringen können. Diese Leistungen seien vielmehr ebenso wie die aufgrund derselben erwirtschafteten (in der obigen Tabelle dargestellten) Gewinne dem BF zuzurechnen.

Gegen die diesen Feststellungen Rechnung tragenden im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheide wurde keine Beschwerde eingebracht. Der BF begründete diese damit, dass nach eingehender Beratung mit seinem (neuen) Steuerberater den Schlussfolgerungen der Betriebsprüfung zugestimmt werden müsse, weil es keine validen Argumente gegen die Zurechnung der Einkünfte gebe.

Aufgrund der Prüfungsfeststellung ist eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes der gewerbsmäßigen Steuerhinterziehung gemäß § 33 iVm § 38 FinStrG erstattet worden. Das Verfahren ist von der Staatsanwaltschaft noch im Ermittlungsverfahren eingestellt worden. Vom Spruchsenat ist das Verfahren ebenfalls (mit Erkenntnis vom ) eingestellt worden. Dieses Erkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen (E-Mail des Prüfers vom an das Bundesministerium für Finanzen).

Zu Rechtfertigung für seine Vorgangsweise führte der BF aus (Sachverhaltsdarstellung vom ), dass die Ltd auf Anraten eines Finanzberaters in erster Linie deshalb errichtet worden sei, um eine Liegenschaft in Baden, zu erwerben. Der BF habe bereits einmal eine Liegenschaft aus Anlass einer Scheidung verloren, und das Risiko eines derartigen Vermögensverlustes nicht noch einmal eingehen wollen. Die Liegenschaft sei (zivilrechtlich) von der Ltd mit Kaufvertrag vom erworben und mit Vertrag vom dem BF geschenkt worden.

Der BF habe dem Finanzberater seinerzeit vertraut. Der Finanzberater sei mittlerweile wegen schweren Betruges rechtskräftig zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Deswegen habe sich der BF von diesem Finanzberater mittlerweile ebenso getrennt wie von seinem damaligen Steuerberater, der das Konstrukt unbeanstandet belassen habe.

Den BF treffe jedenfalls kein Verschulden.

Anträge des BF

Noch während der laufenden abgabenbehördlichen Prüfung in Österreich hat der BF mit dem Treuhänder der Ltd in Malta Kontakt wegen einer mögliche Rückerstattung der in Malta entrichteten Steuer aufgenommen (E-Mail an den Treuhänder T vom ).

Der Treuhänder teile dem Finanzamt Baden mit E- Mail vom mit, dass die maltesische Steuerbehörde eine Steuerrückerstattung infolge der Liquidation der Ltd nicht ins Auge fasse. Eine diesbezügliche Bestätigung erteile die maltesische Steuerbehörde nicht.

Die steuerliche Vertretung des BF beantragte daraufhin mit Schreiben vom beim Bundesministerium für Finanzen die Einleitung eines Verständigungsverfahrens mit Malta. Das Verständigungsverfahren scheiterte. Die maltesische zuständige Behörde hielt an ihrer Position fest, dass aufgrund der Liquidation der Ltd keine Möglichkeit mehr besteht, Steuern zurückzuerstatten - unabhängig davon, ob Malta nach dem DBA-Malta ein Besteuerungsrecht zukommt oder nicht (Vorlagebericht des .

Mit Schreiben vom stellte die steuerliche Vertretung des BF folgenden Antrag (wörtlich):

"Betrifft: Eventualantrag nach § 48 BAO
Ergänzung zum Antrag auf Einleitung eine Verständigungsverfahrens
vom

Mit wurde für meinen Klienten, Herrn BF, die Einleitung eines Verständigungsverfahrens betreffend einer Doppelbesteuerung zwischen Osterreich und Malta geführt. In Ergänzung zu diesem Antrag, der unter der oben angeführten GZ geführt wird, stellen wir nun in eventu einen Antrag nach § 48 BAO.

Solle die Doppelbesteuerung im Zuge des verständigungsverfahren nicht aufgehoben werden, liegt ein Anwendungsfall des § 48 BAO vor: es unterliegt eine in Österreich steuerpflichtige Person auch in einem anderen Staat (Malta) auf Grund desselben Steuertatbestandes für denselben Zeitraum der Steuerpflicht."

Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom

Mit diesem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Finanzen den Antrag des BF ab.

Begründend wurde ausgeführt, dass § 48 BAO i.d.g.F. BGBl I 2009/20, unter der Voraussetzung, dass der abgabepflichtige der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliege, die Anordnung bestimmter steuerlicher Entlastungsmaßnahmen gestatte, soweit dies

1. Zur Ausgleichung der in-und ausländischen Besteuerung oder

2. zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich sei.

Diese Kriterien stellten die Rechtsvoraussetzungen der Entsteuerung dar. Daneben vermittelten sie durch die Formulierung der mit der Regelung verfolgten Ziele die Leitlinien für die Ausübung des durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens (z.B. ; , 95/15/0043).

Im gegenständlichen Fall seien Einkünfte sowohl in Malta (von der Ltd) als auch in Österreich (vom BF) versteuert worden.

Es sei fraglich, ob im gegenständlichen Fall eine Entlastungsmaßnahme nach § 48 BAO erforderlich sei. Der BF hätte nämlich zum einen die Steuerpflicht in Österreich durch Erhebung einer Bescheidbeschwerde bekämpfen können. Zum anderen hätte der BF - wenn er davon ausgegangen wäre, dass die Besteuerung in Malta entgegen seiner ursprünglichen Steuereinrichtung unrichtig war - in Malta im Veranlagungsweg von seinem Recht eine Erstattung der Steuer Gebrauch machen können.

Selbst wenn man zum Ergebnis gelangen sollte, dass die Rechtsvoraussetzungen des § 48 BAO im Grundsatz gegeben wären, liege es im Handlungsermessen der Behörde, "ob überhaupt ein auf die genannte Bestimmung gestützt der Begünstigungsbescheid erlassen werden solle oder nicht" (Ellinger/Sutter/Urz, BAO3, § 48 Anm. 8).

Ermessensentscheidungen seien gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei sei dem Begriff Billigkeit die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen (z.B. ; , 2006/15/0257; , 2009/15/0161). Die Ermessensübung habe sich im Wesentlichen am Zweck der Norm zu orientieren (Ritz-BAO, 6. Aufl. 2017, § 20 Anm.8 m.w.N.).

Auf die Erwägungen des Bundesministers für Finanzen im Einzelnen wird in weiterer Folge im Erwägungsteil eingegangen werden.

Beschwerde vom , Vorlagebericht vom und ergänzender Schriftsatz vom

In der Beschwerde hob der BF vorweg (wiederholend und ergänzend) hervor, dass die Gründung der Ltd im Rahmen der Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie in Baden als Firmen-und Wohnsitz und ausschließlich auf Anraten eines dafür lizenzierten - mittlerweile aber rechtskräftig verurteilten - Finanzberaters erfolgt sei. Wie die Einstellung sowohl der beim Landesgericht Wiener Neustadt als auch beim Spruchsenat des Finanzamtes Wien gegen den BF angestrengten Finanzstrafverfahren erweise, habe der BF zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, Steuern vorsätzlich zu hinterziehen. Die Steuerschulden seien mittlerweile vom BF auch zur Gänze getilgt worden.

Sodann beanstandet der BF, dass die belangte Behörde zu Unrecht das Vorliegen der Rechtsvoraussetzungen des § 48 BAO verneint habe. Zudem sei das Ermessen unrichtig geübt worden (Die Beanstandungen des BF werden im Erwägungsteil den Ausführungen des Bundesministers für Finanzen gegenübergestellt).

Die belangte Behörde legte die Beschwerde (wie von § 262 Abs. 4 BAO vorgesehen) ohne Erlassung eine Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Im (dem BF zugestellten) Vorlagebericht hielt die belangte Behörde ihre Ansicht aufrecht.

Im Schriftsatz vom an das Bundesfinanzgericht legte der BF Wert auf die Feststellung, dass es sich bei der Ltd jedenfalls um kein Scheinkonstrukt gehandelt habe. Vielmehr sei die Ltd allein zum Zweck des Erwerbs der Liegenschaft des BF im Baden als Bestandteil des Finanzierungskonzeptes errichtet worden. Von seinem (mittlerweile in ähnlicher Sache rechtskräftig verurteiltem) Finanzberaters, habe sich der BF zudem, nachdem in die Sicht der Finanzbehörden vermittelt worden sei, sofort distanziert.

Im angesprochenen Schriftsatz regte der BF zudem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung an.

ÜBER DIE BESCHWERDE WURDE ERWOGEN:

Das Bundesfinanzgericht legt seiner Entscheidung den eingangs dargestellten (durch beigebrachte Unterlagen belegten und unstrittigen) Sachverhalt zugrunde.

Wie bereits im angefochtenen Bescheid ausgeführt wurde, normiert § 48 BAO Folgendes:

"Das Bundesministerium für Finanzen kann bei Abgabepflichtigen, die der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegen, soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist anordnen, bestimmte Gegenstände ganz oder teilweise aus der Abgabepflicht auszuscheiden oder ausländische, auf solche Gegenstände entfallende Abgaben ganz oder teilweise die inländischen Abgaben anzurechnen."

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (228 der Beilagen IX GP) zur Bundesabgabenordnung in ihrer Stammfassung BGBl. 1961/194 führen zu § 48 BAO aus:

" ... enthält in wesentlich eingeschränktem Umfang Bestimmungen, wie sie in Österreich schon seit dem vor dem Jahr 1938 in Geltung gestandenen Personalsteuergesetz bestanden haben und auch nach der gegenwärtigen Rechtslage bestehen. Diese dem Bundesministerium für Finanzen erteilte Ermächtigung erweist sich auf Grund der bisherigen Erfahrungen als unbedingt erforderlich, um insbesondere im Verhältnis zu solchen Staaten, mit denen eine staatsvertragliche Regelung zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen nicht besteht oder nicht zu erwarten ist, für die in Betracht kommenden Besteuerungsfälle Abhilfe gegen Doppelbesteuerungen zu schaffen oder eine der Gegenseitigkeit entsprechende Behandlung zu gewährleisten. Bei Fehlen einer solchen Bestimmung bestünde keine Möglichkeit, in den vorerwähnten Fällen Störungen der für Österreich besonders bedeutsamen Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland zu beseitigen.

1.) zum Vorliegen der Rechtsvoraussetzungen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. bereits das Erkenntnis unter Hinweis auf die Erkenntnisse vom , 89/16/0069 und , 90/13/0007) ist das Tatbestandsmerkmal "Abgabenhoheit mehrerer Staaten" des § 48 BAO im völkerrechtlichen Sinn zu verstehen, d. h. in der Bedeutung der völkerrechtlichen Berechtigung der Staaten, Steuertatbestände zu schaffen.

Dieses Tatbestandsmerkmal ist nach dem Vorbringen des BF erfüllt, weil Einkünfte sowohl in Malta (von der PCMS) als auch in Österreich (vom BF) einer Besteuerung unterzogen worden sind.

Nun kann zwar diesem Tatbestandsmerkmal auch dann genüge getan sein, wenn die (doppelte) Besteuerung bei unterschiedlichen Abgabepflichtigen erfolgt (Ritz, BAO6, unter Hinweis auf - Weniger, SWI 1999,207, und Stoll/Bramersdorf, FJ 2009,7; sowie weiters Kofler in Tanzer-Festschrift 390 ff, ).

Im gegenständlichen Fall gilt es jedoch zu bedenken, dass in Malta von der PCMS gar kein Steuertatbestand verwirklicht worden ist, weil die PCMS in Malta keinerlei der dortigen Abgabenhoheit unterliegende Einkünfte erwirtschaftet hat, hinsichtlich derer die Republik Malta die völkerrechtliche Berechtigung gehabt hätte, Steuerfolgen zu knüpfen. Vielmehr wurden in Malta (lediglich) dem BF höchstpersönlich in Österreich zuzurechnende Einkünfte erklärt (ohne Bestehen eines Besteuerungsanspruches der Republik Malta).

Maßnahmen gemäß § 48 BAO müssen zudem zur ,Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung "erforderlich" und nicht nur etwa lediglich dienlich sind. Übereinstimmend mit dem Wortlaut soll entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers § 48 BAO nur subsidiär zur Anwendung kommen" (Schohaj, [264]; vgl. Seydl, ÖStZ 2020, 238 [240]; ).

Vom Vorliegen der "Erforderlichkeit" einer Maßnahme kann im gegenständlichen Fall nicht die Rede sein: Wie auch im angefochtenen Bescheid ausgeführt wird, hat nämlich zum einen der BF selbst durch sein Verhalten die Erhebung von Steuern in Malta verursacht. Zum anderen hat der BF durch Unterlassung (Abstandnahme von der Erhebung eines Rechtsmittels in Österreich) und sein aktives Tun (Liquidierung der maltesischen Gesellschaft) eine Steuerrückerstattung verunmöglicht.

Die Zulässigkeit der Setzung einer Maßnahme nach § 40 BAO vermag auch mit dem Vorbringen nicht begründet werden, dass der BF dem Rat eines lizenzierten Finanzberaters gefolgt sei und niemals die Absicht gehabt habe, Steuern zu hinterziehen. Mangels des Vorliegens eines Vorsatzes seien schließlich auch die gegen den BF geführten Finanzstrafverfahren eingestellt worden.

Die Folgen der letztlich durch den BF selbst erfolgten Umsetzung des Rates eines lizenzierten Finanzberaters hat der BF nämlich immer auch selbst zu tragen. Im Übrigen wurde die PCMS dem Vorbringen des BF zufolge auf Anraten des Finanzberaters in erster Linie deshalb errichtet, um eine Liegenschaft in Baden zu erwerben, und nicht, um in Malta Einkünfte zu erklären. Zudem stellt - wie bereits ausgeführt worden ist - eine Maßnahme nach § 48 BAO auf eine (im gegenständlichen Fall eben nicht gegebene) Erforderlichkeit, und nicht auf etwaige finanzstrafrechtliche Vorsatzformen ab.

Der BF meint noch, dass - entgegen der Ansicht des Bundesministers für Finanzen - der Umstand, dass die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels gegen die im Anschluss an die abgabenbehördliche Prüfung ergangenen Bescheide die Setzung einer Maßnahme nach § 48 BAO nicht hindere. Zum einen sei im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch von der Rückerstattung der Steuern in Malta ausgegangen worden. Zum anderen habe sich die zugehörigen steuer- und rechtsanwaltsrechtlichen Vertretungen für den BF als sehr kostspielig erwiesen. Es sei auch fraglich, inwiefern eine Bekämpfung der Korrekturen der Außenprüfung im Rechtsmittelweg überhaupt zu einer Beseitigung der Doppelbesteuerung geführt hätte. Denn es ist keineswegs davon auszugehen, dass eine Anrechnung der in Malta entrichteten Steuern in Österreich im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens erreicht worden wäre.

Auch Maltas Rechtsansicht im Rahmen des Verständigungsverfahrens hätte sich durch ein Rechtsmittel in Österreich nicht geändert.

Diese Vorbingen rechtfertigen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes die Setzung einer unilateralen Entlastungsmaßnahme ebenfalls nicht. Den Rechtsmittelweg hat der BF eben nicht beschritten, sodass die Beantwortung von Fragen betreffend den Ausgang eines nicht erhobenen Rechtsmittels dahingestellt bleiben kann. Zudem hat der BF selbst ausgeführt, dass es "keine validen Argumente gegen die Zurechnung der Einkünfte" (an den BF) gebe. Zudem hat der BF sehr wohl selbst wissen müssen, wer die fakturierten Leistungen ausgeführt hat.

Nach all dem scheitert nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes das Beschwerdebegehren bereits am Vorliegen der Rechtsvoraussetzungen für eine Maßnahme nach § 48 BAO.

2.) zur Ermessensübung:

Die Erlassung von auf § 48 BAO gestützten Begünstigungsbescheiden liegt stets im Ermessen des Bundesministers für Finanzen.

Ermessensentscheidungen sind gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Dabei wird dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Begriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beigemessen.

Von all diesen Grundsätzen gehen auch die Verfahrensparteien übereinstimmend aus.

Während jedoch der Bundesminister für Finanzen dem BF die Begünstigungen aus Zweckmäßigkeitserwägungen verwehrt, meint der BF eine solche sehr wohl beanspruchen zu können, weil Billigkeitsgründe überwiegen.

Das Bundesfinanzgericht schließt sich der Ansicht des Bundesmisters für Finanzen an, die der BF nicht zu entkräften vermochte. Im Einzelnen ist den Ausführungen des BF Folgendes zu entgegnen:

2.1.) Zur Billigkeit:

a) Im angefochtenen Bescheid wird beanstandet, dass der BF in seinem Antragsschriftsatz nicht behauptet hat, dass eine maßgebliche Unbilligkeit vorliegen würde, die das Setzen einer Maßnahme nach § 48 BAO rechtfertigt.

Dem wird vom BF entgegnet, dass sich die "Billigkeit" per se aus dem Faktum ergebe, dass ein Antrag auf Anrechnung der Steuer gemäß § 48 BAO erfolgt sei. Diese "Billigkeit" quantifiziere sich zudem weiter aus dem seit der Außenprüfung geführten und der Behörde vorliegenden Schriftverkehr. Insbesondere sei der Behörde der Ausgang des Verständigungsverfahrens mit Malta bekannt, da sonst kein Antrag auf Anrechnung der in Malta entrichteten Steuern gemäß § 48 BAO gestellt worden wäre. Insofern erscheine fraglich, ob eine Unbilligkeit somit im Rahmen des Antrags gemäß § 48 BAO nochmals ausdrücklich behauptet werden müsse, da sich diese kausal ergebe. Selbstverständlich stellte die Anrechnung der in Malta entrichteten Steuer zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten) ein berechtigtes Interesse seitens des BF dar.

Dazu merkt das Bundesfinanzgericht an, dass diese Ausführungen des Bundesministers für Finanzen im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes stehen. So hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt (siehe das Erkenntnis vom , Ro 2018/15/0025, unter Hinweis auf Vorjudikatur, und zwar ) hervorgehoben, dass es sich bei § 48 BAO um einen Begünstigungstatbestand handelt. Somit hat der Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Dies hat der BF in seinem Antrag unterlassen.

Der BF meint nur, dass sich aufgrund des der Behörde bekannten Ausganges des Verständigungsverfahrens die Billigkeit von selbst kausal ergebe. Dieser Hinweis entspricht den oben aufgezeigten, vom Verwaltungsgerichthof aufgezeigten Grundsätzen nicht. Zudem vermögen auch die im weiteren Verfahren getätigten Ausführungen des BF eine Billigkeitsgründe nicht zu belegen (siehe im Folgenden).

b) Konkret wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides betreffend "Billigkeit" angeführt, dass bei einer Effektivbesteuerung in der Höhe von lediglich 5 % eine maßgebliche Unbilligkeit nicht evident sei.

Dies Ausführungen bemängelt der BF mit der Begründung, dass die in Malta entrichteten Steuern keinesfalls nur geringfügig seien. Es handle sich vielmehr um in Malta entrichtete Steuern von Euro 33.394,-- . Dieser Betrag liege in der Größenordnung eines durchschnittlichen Jahresnettoeinkommens des BF (gerechnet über die letzten 5 Jahre).

Dazu hält das Bundesfinanzgericht fest, dass dieser Belastung in Malta von bloß 5% eine Spitzensteuerbelastung des Einkommens des BF in Österreich von 48% gegenübersteht. Überdies sind diese Ausführungen im angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit jenen des Nachstehend unter Punkt c) wiedergegebenen zu sehen:

c) In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird hervorgehoben: "Steuerpflichtige dürfen daher in Steuerumgehungsfällen nicht mit einer nachträglichen Sanierung durch eine auf § 48 gestützt Entlastungsmaßnahmen rechnen. [...] Weiters hat der BF die [maltesische Gesellschaft] liquidiert und damit laut maltesischer Behörde die Rückerstattung nach dem DBA-Malta verunmöglicht. Auch aus grundsätzlichen Erwägungen kann es nicht unbillig sein, dass der Antragsteller die Risiken des gewählten Steuervermeidungsmodelles und der vorzeitigen Liquidation selbst zu tragen hat, anstatt diese auf die Allgemeinheit abzuwälzen.

Der BF bringt dazu vor, dass der angefochtene Bescheid in diesem Zusammenhang unter anderem auf Ritz, BAO 6, Rz 10 zu § 48, verweise. Der angefochtene Bescheid lasse unberücksichtigt, dass nach Ritz auch in Steuerumgehungsfällen die Erlassung von Begünstigungsbescheiden mit dem Ziel "Beseitigung des Übels der Doppelbesteuerung " für zulässig erachte. Es sei nämlich problematisch, bei der Ermessensübung dem steuerlichen Verhalten des Abgabepflichtigen generell größere Bedeutung beizumessen als dem Ziel der Ermessensnorm selbst und dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. Ritz BAO6, § 48 Rz 10).

Das Bundesfinanzgericht weist vorweg darauf hin, dass Ritz selbst in der zitierten Kommentarstelle zum einen auf die seiner Meinung entgegenstehenden Ansichten von Loukota (in Stoll - FS, 415; und Weninger SWI 1999, 2005; Phillipp / Loukota / Jirousek, internationales Steuerrecht, Z 00 Rz. 4001) hinweist, wonach in Steuerumgehungsfällen kein Begünstigungsbescheid zu erlassen sein wird.

Zum anderen ist es Ziel des § 48 BAO - wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage hervorgeht - Störungen der für Österreich besonders bedeutsamen Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland zu beseitigen. Dabei hatte der Gesetzgeber wohl immer aktive wirtschaftliche Betätigungen vor Augen, die nicht durch Doppelbesteuerung gestört werden sollten. Gerade eine derartige bedeutsame wirtschaftliche Tätigkeit liegt im beschwerdegegenständlichen Fall nicht vor: Vielmehr wurden vorgeblichen Einkünften, die dem BF selbst zuzurechnen sind, willkürlich in Malta (von der PCMS) erklärt.

Auch der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung spricht nicht für das Begehren des BF, sondern verbietet dieses im Gegenteil geradezu: Wollte man diesbezüglich den Ausführungen des BF folgen bedeutete dies, der Mehrheit der Abgabepflichtigen die Verminderung ihrer Steuerbelastungen durch Anrechnung von im Ausland (willkürlich zu Unrecht) entrichteten Beträgen zuzugestehen. Eine derartige Vorgehensweise gebietet der Gleichheitssatz jedoch nicht.

d) Im angefochtenen Bescheid wir argumentiert, dass durch die Liquidation der PCMS in Malta eine Rückerstattung in Malta entrichteten Steuern unmöglich gemacht wurde und dieses Risiko vom BF zu tragen ist.

Dem hält der BF entgegen, dass es - selbst wenn die maltesische Gesellschaft nicht liquidiert worden wäre, - nicht sicher sei, ob die in Malta entrichtete Steuer zurückgezahlt worden wäre. Zudem sei im Zeitpunkt der Liquidation nicht absehbar gewesen, dass diese der Steuerrückerstattung entgegenstehen werde. Es sei auch noch anzumerken, dass es bei vergleichbarer Situation (Liquidation einer Gesellschaft) in Österreich nicht zu einer Versagung der Steuerrückerstattung gekommen wäre, sondern vielmehr zu einer Nachtragsliquidation. Letztlich habe die Zuteilung des Besteuerungsrechtes auch im Rahmen des Verständigungsverfahrens nicht geklärt werden können.

Zu all dem wird seitens des Bundesfinanzgerichtes (wiederholend) ins Treffen geführt, dass der BF den Umstand einer Erklärung vorgeblicher Gewinne in Malta durch eine dortige Gesellschaft, selbst zu verantworten hat. Der Vergleich mit einer in Österreich ansässigen Gesellschaft geht alien schon deshalb ins Leere, weil im gegenständlichen Fall eben keine Gesellschaft in Österreich errichtet worden ist.

2.2.) Zur Zweckmäßigkeit:

In der Begründung des bekämpften Bescheides wird angeführt, dass eine Anrechnung von Steuern im vorliegenden Fall auch aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht zu erfolgen hat, da für Gewinnverschiebungspraktiken und sorgloses Verhalten kein Anreiz geboten werden soll. Auf das Judikat des , wonach die österreichische Außenprüfung ad absurdum geführt werden würde, wenn man im gegenständlichen Fall § 48 BAO anwenden wollte, wurde ebenfalls verwiesen. Zudem ist die Bestimmung des § 48 BAO nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage notwendig, um Störungen der für Österreich besonders bedeutsamen Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland zu beseitigen.

(Auch) Dem hält der BF entgegen, dass das Verhalten des BF weder vorsätzlich noch sorglos gewesen sei, da er sich der sich eines mit der Materie vertrauten und für diese Beratung lizenzierten Fachberaters bedient und auch seinen damaligen Steuerberater hinzugezogen habe. Im Übrigen bestehe (wie bereits weiter oben angemerkt) in der Literatur zu § 48 BAO die Meinung, dass auch in "Steuerumgehungsfällen" Begünstigungsbescheide mit dem Ziel der "Beseitigung des Übels der Doppelbesteuerung" erlassen werden könnten.

Auch sei im Zeitpunkt des Abschlusses der Außenprüfung nicht ersichtlich gewesen, dass eine Steuerrückerstattung in Malta nicht möglich sein werde. Daher habe der BF die Feststellung der Außenprüfung widerspruchslos akzeptiert. Die Konsequenzen der Feststellung der Außenprüfung seien allerdings nicht absehbar gewesen. Im gegenständlichen Fall solle durch den Antrag auf Steueranrechnung gemäß § 48 BAO keineswegs die österreichische Außenprüfung ad absurdum geführt werden, sondern soll vielmehr die faktisch bestehende Doppelbesteuerung aufgehoben werden.

Unter diesen Umständen erscheine die Anwendung des § 48 BAO zweckmäßig, wenn nicht zuvor geboten, denn § 48 BAO sei seitens des Gesetzgebers für Fälle geschaffen worden, bei denen eine tatsächliche Doppelbesteuerung vorliege, welche im anderen Staat nicht beseitigt werden könne.

Was die Ausführungen des BF betreffend die Zweckmäßigkeitserwägungen anlangt, verweist das Bundesfinanzgericht auf seine einschlägigen obigen Erwägungen zur Billigkeit. In jenem Maße, in denen diese Erwägungen gegen eine Billigkeit der Vornahme einer Maßnahme nach § 48 BAO sprechen, stützen sie die Zweckmäßigkeit der Nichtvornahme einer solchen Maßnahme: Das Vorbringen des BF ist nicht geeignet, das öffentliche Interesse des Abgabengläubigers an der Einhebung von Abgaben auszuhebeln.

Zusammenfassend wird festgehalten, dass die Ermessensübung zum Ergebnis führt, dass ein Verursacher die finanziellen Risiken für funktionslose Auslandsgesellschaften selbst zu tragen hat und diese nicht auf die Allgemeinheit abwälzen kann.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Abschließend wird festgehalten, dass ein Begehren auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit a) BAO bereits im Beschwerdeschriftsatz gestellt werden muss. Der diesbezügliche Antrag erst im Schriftsatz vom nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ist daher verspätet. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht im Sinne des § 274 Abs. 1 Z. 2 BAO erforderlich, weil der Sachverhalt unstrittig feststeht.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das vorliegende Erkenntnis stützt sich auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 48 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
Lang in SWI 2024, 228
Schmidjell-Dommes in SWI 2021, 510
Schmidjell-Dommes in SWI 2021, 233
Bendlinger/Heidrich in SWK 22/2024, 1009
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7105428.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at